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In Anlehnung an soziologische Modellvorstellungcn

In Anlehnung an soziologische Modellvorstellungcn

In Anlehnung an soziologische Modellvorstellungcn zum Wandel sozialer Systeme unterscheide ich in diesem Zusammenhang endogene und exogene Strategien zur Erhallung und Modernisierung. Unter exogenen Strategien verstehen wir beim Lilcratursystem etwa politische Zensurmaßnahmen und religiöse Indexierungen, ökonomisch motivierte Zusammenlegung von rlagsprogrammen, erziehungs- und bildungspolitisch begründete Anderungen des Lektürekanons in der Schule. Das sind Strategien, die in anderen gesellschaftlichen Handlungssystemen, etwa dem Religionssystem, dem Erziehungssystem, dem Mediensyslem oder dem politischen System nach deren konventionalisier-ten Regeln, nach deren Plänen und mit deren Ressourcen ausgehandelt und institutionalisiert werden. Sie können und müssen innerhalb des literarischen Handlungssyslems als "von außen" kommende Beeinflussungen nicht notwendig und hinreichend als Elemente des Literatursystems selbst erklärt oder legitimiert werden. Ihr Einfluß auf das Literatursyslem als soziales Handlungssy-stem mit einem konventionalisierten poetischen Diskurs erfordert vielmehr Theorien über intersystemische Beziehungen.
Endogene Strategien dagegen sind Maßnahmen und Ereignisse, die "innerhalb" des Handlungssyslems LITERATUR von den dominant literarisch Handelnden selbst entwickelt, ausgehandelt und ausformuliert werden. Es sind Strategien, die unter den Bedingungen des Handlungssyslems LITERATUR auf ränderungen der lebensweltlichen Koordinaten innerhalb wie auf solche des institutionalisierten Rahmens mit den diskursiven Mitteln der Literatur und ihm Rahmen der verständlichen, noch kommunizierbaren Innovationen des tra-ditionsbezogenen Diskurses reagieren.



Eine solche innersystemische Ausdifferenzicrung ist etwa die Entwicklung einer Romantheoric im 18. Jahrhundert und einer dadurch fest im literarischen Leben verankerten Romanpraxis, d.h. des Schreibens und Lesens von Romanen, wodurch dann z.B. für die Schriftsteller die Aufgabe zunehmend entfällt, durch ausführliche Vorwörter eine angemessene und - in ihren Augen verständnisvolle - Rezeption ihres erzählenden Textes durch ein solches Vorwort zu steuern und zu reglementieren37.


Das Material, das solche endogenen, strategischen Reaktionen der literarischen Autoren auf Entwicklungen dokumentiert, auf radikal erlebte ebenso wie auf bloß vermutete ränderungen im Handlungsbereich LITERATUR, ist dank der Überlieferung und Traditionsbildung (und natürlich gebrochen durch sie, cf. Kleinschmidt 1979) fast unüberschaubar. Von der immanenten Poetik des Barock, der erzähltechnischen Einführung der Perspektive durch Rollenreden im 17. Jahrhundert, der Vorwort- und Nachwortdidaktik des frühen 18. Jahrhunderts, der Entwicklung des Fortsetzungsromans im 19. Jahrhundert, bis zum dadaistischen Kurzroman oder dem »nouveau roman« der nachexistenzia-listischen französischen Schriftstellergeneration - und natürlich ebenso von den frühesten französischen Kolportageromanen bis zur Courths-Mahler und zeitgenössischen "Serienfortsetzungen" sogenannter Steady-Seller wie "Vom Winde verweht", fast alles Material zu solchen endogenen Strategien ist "vollständig" analysierbar, insofern und wenn es sich als Teil oder Moment der Gestaltung des literarischen Textes ausdrückt, was sowohl in "hoher" als auch in "niederer" Literatur der Fall ist, und insofern und wenn es als "Quellenmaterial" die kanonischen Distributions- und Sichtungsinstitutionen durchlaufen hat und als "Literatur" in Bibliotheken eingestellt worden ist.
Zusammenfassend: mit der gesamten (als Literaturgeschichte kodifizierten) Fülle literarisch produzierter Texte haben wir über die Jahrhunderle eine Materialsammlung vor uns, die nicht nur erlaubt, nach immanenten ästhetischen Sinnkrilerien geordnet und aus der Perspektive des Lesers als lebensweltlichen "Teilnehmers" interpretiert zu werden, sondern die auch untersucht werden kann als Ausdruck einer Strategie der Autoren, ihren Handlungsbereich, und damit insgesamt das LITERATURsystcm, unter dem Eindruck von endogenen und exogenen ränderungen zu modifizieren und zu erhalten, - und zwar so zu modifizieren und zu erhalten, daß sie selbst mit ihren jeweiligen literarischen Handlungsmöglichkeiten als Produzenten darin "überleben" können.







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