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Man muß nur sehen und wissen

Man muß nur sehen und wissen

Da kommen Menschen aus idyllischen Gegenden und sähen Sachsen-Anhalt am liebsten aufgeteilt: den Westen an Niedersachsen, Ostelbier! an Brandenburg, Harz, Börde und Burgenland an Thüringen und den Norden an Mecklenburg. Man muß ihnen das nachsehen, sie gewöhnen sich erst an das neue Bundesland, das verwaltungsmäßig natürlich ein Kunstgebilde ist.
Mitteldeutschland, sagen die einen. Für die Bayern gehört es zu Norddeutschland. Für andere paßt es landschaftlich, historisch und auch wirtschaftlich, wenn man an Ackerbau und Bodenschätze denkt, zum Westen. Oder ist es schon dem spröden Osten verwandt? Inmitten der Bundesländer liegend, reicht es n der Altmark bis Thüringen, ist gegensätzlich, gebirgig und eben; es verfügt über Industrie und Wald, über Schwarzerde und Sandmoränen. Flüsse, die wie Adern auf einer kräftigen Hand das Land gestalten, fließen an tausendjährigen Städten und ehrwürdigen Domen rbei: die beherrschende Elbe an Coswig, Wittenberg, Magdeburg, Jerichow, Tangermünde und Havelberg; die vielbesungene Saale berührt Naumburg, Merseburg, Halle sowie Bernburg und führt ihr Wasser der Elbe zu.

Elbe und Saale bildeten jahrhundertelang die Trennlinie zwischen Ost und West. Hier war im Mittelalter Grenzland, n dieser Linie aus wurde christianisiert und nach Osten koloniali-siert; und hier, wo sich alte slawische Befestigungen befanden, entstanden Klöster und Pfalzen, Reichsmittelpunkte, denn die herrschenden Ottonen hatten das karolingische Verwaltungssystem übernommen. Die Ruinen der alten Königspfalz Memleben, wo die ersten beiden deutschen Kaiser starben, zeugen n einem der bedeutendsten Bauten der Ottonen. Dieses Geschlecht bewegte die Welt. Das Grenzgebiet war kein deutsches Herzland, das ist es erst im Laufe einer langen Geschichte geworden, aber es war seit uralten Zeiten mit den Menschen im Bunde: Hier fanden sich erste Waffen aus quarzigem Feuerstein und Harpunen aus Knochen, geschliffene steinzeitliche Werkzeuge sowie Tonwaren der Schnurkeramiker und zinnreiche Bronzen in Fürstengräbern. Viele Völker haben auf eiszeitlichem Boden Spuren hinterlassen: Thüringer, Slawen,auch die Kelten, die Gräber türmten und Kultsteine aufstellten. Die Römer aber betraten das Land nicht, ihr Stoßtrupp soll auf die Stimme einer Seherin gehört haben, die riet, nicht weiter als bis an Elbe und Saale rzudringen. Angesichts der Urwälder dürften sie sich an die Teutobur-ger Schlacht erinnert haben.




Kernland der Romanik

Hierzulande bildeten sich erst unter Heinrich I. im 10. Jahrhundert die Burgen und in ihrer Nähe die kleinen Dörfer, denen man oft noch das hohe Alter ansieht. So entengrützegrün dürfte schon immer der Dorfteich gewesen sein, so eisgrau die Reste der Mauern, so wehrhaft die Kirchen, so ernst die alten Straßen. Hier mußte der Boden erst entsumpft und gerodet werden. Mönche kamen aus dem Westen, gerufen n Bischöfen oder auch ungerufen, dem Vorbild ihres Apostels Bonifacius folgend. Sie züchteten Vieh und zogen Gebäude hoch, die zu architektonischen Kunstwerken wurden. Zeugen dieser Zeit sind das Kloster Michaelstein, Sankt Marien in Havelberg, die Basilika der Konradsburg, der Falkenstein, das Kloster Unser Lieben Frauen, die Stiftskirchen n Gernrode und Quedlinburg sowie Peter und Paul in Naumburg. Das Land, das wir heute Sachsen-Anhalt nennen, wurde ein Kernland der Romanik. Dabei gab es bis dahin keine Bautradition im Sinne römischer Vorbilder oder einer überlieferten Anlehnung an die Klassik. Die Romanik wurde der ruhige, archaisch erdennahe Baustil, wie die Basilika in Gernrode und die Krypten in den Domkirchen zu Zeitz und Merseburg r Augen führen. So zeigte man sich auch in der Plastik dem Königsgeschlecht verbunden. Die Stifteruren in Naumburg, ob Uta, Ekkehard oder die lachende Regelind is, sie tragen porträthafte Züge, wie auch der schwarze Mauritius im Magdeburger Dom und die Darstellung des Ritters auf der Grabplatte im Merseburger Dom kreuzgang.
In den folgenden Jahrhunderten warf man, dem französischen Vorbild folgend, manchen romanischen Bauten das gotische Gewand über. Aufsteigend und hoch wurde gebaut, mit kühnen Türmen, die sich wie Arme dem Christengott entgegenreckten. Die Baumeister des Doms zu Magdeburg befanden sich im Wettlauf mit dem französischen Kathedralbau: Noch lagen ja keine Erfahrungen r, wie sicher die hohen Konstruktionen waren. Aber der Austausch n Informationen funktionierte schon. Hausteinarm war hier das Land, so daß sich die Backsteingotik für Dome und Profanbauten wie in Tangermünde entwickelte.

Sind die Menschen wie Luther oder Händel?

Wurde m 11. bis zum 15. Jahrhundert viel gebaut, so verringerte sich das zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Es war, als hätten Hinterwäldler die Renaissance verschlafen, die sich in Italien lange durchgesetzt hatte. An Elbe, Saale und Bode erschien sie erst nach Reformation und Bauernkrieg. Kardinäle wollten nun wie die Medici in Florenz leben. Zwei Prediger aus Bergbaugebieten Mitteldeutschlands gehörten zu den Protagonisten humanistischen Denkens: Thomas Müntzer, radikaler Bauernführer, und Martin Luther, der berühmte Reformator. Der eine wurde nach kriegerischem Aufstand hingerichtet, der andere verkündete mit friedlichem Aufstand in Wittenberg die neue Lehre. Glaubensbewegte Zeiten.
Die Frage, ob die Menschen hier so sind wie der Luther war, also unpathetisch und spöttisch, kritisch und sachlich, die Frage läßt sich nicht leicht beantworten, denn aus dem Land stammen die Komponisten Telemann und Händel, der Reichskanzler Bismarck, die Dichter Klop-stock und Novalis oder der Philosoph Nietzsche, also sehr verschiedene Temperamente und Begabungen. Vielleicht sind die Menschen hier nicht so rasch wie anderswo, sondern nachdenklicher; sie überschlagen, rechnen durch und wirken rauh. Es zogen Thüringer, Niedersachsen und Pommern zu. Tolerante Landesfürsten gaben verfolgten Hugenotten nicht nur Asyl, sondern auch Bürgerrechte, so daß sie bald Familien gründen konnten. Und Flamen machten wüste Flächen urbar.
Generalissimus Tilly konnte seinen , die Reformation zu überwinden, nicht verwirklichen, obwohl der militärische Führer der Protestanten, Gustav Adolf, 1632 bei Lützen fiel.

Es blieben bewegte Zeiten. Nach dem Dreißigjährigen Krieg strichen Wölfe durch Städte und Dörfer. Preußen begann zu erstarken und über jene Gebiete zu herrschen, die unter brandenburgischer, kursächsischer oder erzbischöflicher Herrschaft gestanden hatten, bis auf Anhalt, das selbständig blieb.

"Wer't kann, der hewe an

In Stendal wollte zu reformatorischer Zeit die Gemeinde die neuen Lutherlieder singen. Der Pastor kannte sie noch nicht und forderte die Altmärkerauf: "Wer't kann, der hewe an, ik kann et nich. Die Handwerksburschen in der Gemeinde konnten. Stur soll der Altmärker sein. Wegen eines unerlaubten Schulbaus hatte der Papst die Stadt einst vierzig Monate lang exkommuniziert, die Bürgerschaft blieb stolz, und die Schule, aus der sich das Gymnasium entwickelte, wurde gebaut. In Stendal steht der größte Roland des deutschen Ostens, Wahrzeichen für stadtische Rechte und Freiheiten. Die Hanse konnte sich auf diese Stadt verlassen. Schustersohn Johann Joachim Winckelmann bereitete uns den Weg zur Klassik und wurde als "Herrscher der Geisteswelt verehrt. Altmark, das ist Wald und fruchtbares Tiefland, das sind Kirchen aus heimischem Backsteinmaterial. Altmark, das ist die Kaiserburg n Tangermünde, und das ist auch der Bär, das Wappentier der Askanier, die n Otto I. mit dem ehemals wendischen Land belehnt worden waren. Durch dieses grüne Land fließt die Elbe frei und schwappt, Arme und Teiche bildend, auf die saftigen Weiden über. Das geht so durch die Havelsche Mark bis Magdeburg.

Des Herrgotts Kanzlei

Schon 805 urkundlich erwähnt, trat Magdeburg unter den Ottonen in die Geschichte ein. Lieblingsort Edithäs, der Frau Ottos I., das romanische Kloster, in dem sich heute eine Konzerthalle und die größte Plastiksammlung des Ostens Deutschlands befinden. Der Magdeburger Reiter, die erste ürliche Reiterdarstellung überhaupt. Stärkste Festung Preußens, hier wußte Friedrich II. seine Familie und seinen Staatsschatz in Sicherheit. Der Schwermaschinenbau, der um das Überleben kämpft. Kein Glanz, kein Gloria. Die Hauptstadt des Landes holt tief Luft, müde ist sie nicht. Im fruchtbaren Löß der Börde, die sich baumarm mit Städtchen und großen Dörfern zeigt, wachsen Weizen und Zuckerrüben. Nach Süden hin wird das Land hügeliger, bis ein steinerner Rand aufragt, die Teufelsmauer bei Blanken-burg. Hinter ihr steht der Harz wie eine Festung. Vom Hexentanzplatz über dem schroffen Bode-tal aus flogen die Gespielinnen des Teufels auf den Brocken zur Walpurgisnacht, Anregung für Goethes Szenen. Sagen und struppiger Farn leben in diesen Felsspalten. Der Harz, obwohl viel kleiner als der Thüringer Wald, wirkt nicht idyllisch, sondern wie n einer geballten Spannung mit einem Höhepunkt, der Brocken heißt und ein Brocken ist, 1 142 Meter hoch und feucht und kahlköp im Nebel der ozeanischen Winde, n granitenen Felsbrocken übersät, wie n Riesenhand ausgestreut. In kleinen Orten stehen Fachwerkhäuser, ihr Holz wuchs in den Eichen rundum, und gebaut hat der Harzer selber. Es gibt einen Ostharz und einen Westharz, zum Glück nur noch im geographischen Sinn.
Nach Südosten zu in die Goldene Aue über den einem Raubgelnest ähnlichen Kyffhäuser hinweg, wo Barbarossa warten soll. Durch diese Landschaft sind die Mönche aus Franken gezogen, die sächsischen Königinnen, geschlagene Ungarn, Fürstenheere und aufständische Bauernhaufen, Wallensteins Reiter, schwedische Truppen, Napoleons Elite, bewaffnete Arbeiter und Freikorps.
Das klassische Bergbaugebiet Mansfeld ist arm geworden, viele Menschen leiden unter Arbeitslosigkeit, sie wirken matt wie ihr Land. Hier sollte bald wieder der Fleiß wohnen dürfen, die Tapferen haben es verdient. Und die Tapferen "begünstigt das Glück, heißt es in "Unseres Herrgotts Kanzlei, dem Roman Wilhelm Raa-bes (1831-l910), der den Kampf der lutherischen Stadt Magdeburg gegen kaiserliche Truppen und das Interim schildert.

Riesenwerke lagern r der Stadt: die Chemiegiganten Leuna und Buna. Die Saale fließt weiter nach Halle, der größten Stadt Sachsen-Anhalts, deren Lebensnerv die Salzquellen waren. Die Universität führte im Kampf um die geistige Freiheit. Berühmt sind die Franckeschen Stiftungen, die einzigartige Schulstadt mit dem Waisenhaus. Halle hat sich zur Kulturhauptstadt entwickelt. Über die Grenzen hinaus bekannt sind die Händel-Festspiele. Volkreich ist das Industriedreieck, zu dem noch Bitterfeld gehört, das an das Wandergebiet der Dübener Heide grenzt - und wieder diese Spannung: da Kraterlandschaft der Tagebaue, hier die Heide. Dessau ist nicht weit, die Stadt der Junkerswerke und des Bauhauses. Barocke und klassizistische Schlösser und Parks in Wörlitz und Mosigkau zeugen dan, wie anhaltinische Fürsten in ihrer Hauptstadt residiert haben, bis nach Luftangriffen dieses "zweite Weimar verbrannte.
Sachsen-Anhalt ist Lutherland. In Wittenberg wirkte der Reformator 38 Jahre. Von hier aus gingen seine Thesen in die Welt. Und noch r dem Wendejahr 1989 ließ der Pfarrer Schor-lemmer ein Schwert für einen gerechten Frieden zu einem Pflug umschmieden: als Aufforderung zur Tat.
Wir sehen nur, was wir wissen, sagt Goethe. Sachsen-Anhalt ist kein enges Land. Wie auf dem Gesicht eines alten Menschen gibt es viel zu lesen. Man muß nur sehen und - wissen.

Mit seinen 1142 Metern überragt der Brocken alle anderen Gipfel des Harzes. Mehr als seine Gestalt und Höhe hat der Mythos des alten Blocksberges, auf dem die Hexen in der Walpurgisnacht zusammenkommen sollen, die Menschen immer wieder in seinen Bann gezogen.

Die wildromantische Felsland-schafl nahe der Roßtrappe im Harz hat immer wieder Maler und Zeichenkünstler angezogen. Sagenumwoben ist ein hufeisenförmiger Abdruck im Gestein: Das Pferd der Prinzessin Emma soll ihn bei der Flucht r Ritter Bodo nach einem tollkühnen Sprung über das Tal hinterlassen haben.

Der Marktplatz und das Rathaus n Wernigerode mit seinen Türmen und Erkern aus dem 15. Jahrhundert. Die "bunte Stadt am Harz lohnt einen Besuch wegen ihrer Fachwerkhaus-Ensembles.

Schon n weitem sichtbar ruht auf einem Felsen hoch über der berühmten Fachwerkstadt Quedlinburg das Schloß, das n den beiden kantigen Türmen der Stiftskirche überragt wird.

Das Schöne mit dem Nützlichen zu verbinden war das Bestreben des Fürsten Leopold III. Friedrich Franz n Anhalt-Dessau. Angeregt durch Reisen nach England entstand Ende des 18. Jahrhunderts unweit der Städte Dessau, Wittenberg und Bitterfeld der Wörlitzer Park, die früheste Schöpfung des englischen Landschaftsgartens auf dem Kontinent. Hunderttausende n Besuchern erleben heute die Wörlitzer Anlagen als ein Kunstwerk besonderer Schönheit. Der Blick geht über den See auf das Schloß und die Kirche.

Die Landeshauptstadt Magdeburg spielte im Mittelalter als Zentrum der Slawenmission und Entstehungsort des "Magdeburger Rechts, verbriefter bürgerlicher Freiheiten, eine wichtige Rolle in der deutschen Geschichte. Die Türme des Doms St. Mauritius und die Elbe geben der Stadt ihre unverwechselbare Silhouette.

Unter neugotischen Baldachinen stehen auf dem Markt der einstigen Residenzstadt Wittenberg die Denkmäler Martin Luthers und seines Freundes und Mitarbeiters Philipp Melanchthon. Hier nahm die Reformation im Jahre 1517 ihren Ausgang.

Die spätgotische Schloßkirche n Wittenberg gilt als "Denkmal der Reformation. Rechts, unterhalb der Kanzel, ist das Grabmal Martin Luthers zu sehen.

Am Ufer der Saale liegt Merseburg mit seinem Schloß und dem doppeltürmigen Dom St. Johannes und St. Laurentius. In dieser Stadt entstanden im 8. Jahrhundert die "Merseburger Zaubersprüche. Es sind die ältesten Zeugnisse deutscher Literatur.

Ein Gesicht, dessen Anmut und zarte Schönheit die Menschen seit Jahrhunderten fasziniert. Die Markgräfin Uta n Ballenstedt steht als Stifterur im Westchor des Naumburger Doms, daneben ihr Ehemann Ekkehard. Der Name des genialen Bildhauers aus dem 13. Jahrhundert bleibt wohl für immer unbekannt.







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