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Liberalismus und Industrialisierung

Liberalismus und Industrialisierung

Mit der Französischen Relution beginnt das Zeitalter des Liberalismus, welches im Gefolge der Europäisierung der Erde schrittweise den gesamten Globus umgreift. Europa nimmt darin insofern eine Sonderstellung ein, als auf allen Gebieten der Politik, der Wirtschaft, Siedlung und Gesellschaft die beschriebenen Artefakte n älteren politischen Systemen nachwirkten und damit im liberalen Zeitalter nicht auf einer ula rasa gewerkt werden konnte wie in den Neuländern der europäischen Kolonisation.

Administrative Reformen

Von entscheidender räumlicher Konsequenz war die innenpolitische Konzeption des Liberalismus. Dort, wo sie zuerst verwirklicht wurde, nämlich in Frankreich, brachte sie eine grundsätzliche Veränderung des inneren Aufbaus. Hatten sich die aus älteren territorialen Gebilden entstandenen Flächenstaaten des Absolutismus gleichsam von oben nach unten organisiert, so brachte der Liberalismus mit der Gemeindeautonomie den Aufbau des Staates von unten. Dabei ist allerdings nur Frankreich die Überwindung der älteren Länderstrukturen gelungen. 1789 wurden mit der neuen Einteilung der Departements die alten Herzogtümer (Aquitanien, Burgund usw.) zerschlagen und neue Hauptsitze der Departements geschaffen. Die Errichtung der Gemeinden beruhte ebenso wie in anderen Teilen Europas auf der Vermessungseinheit der Katastralgemeinde, welche bereits der aufgeklärte Absolutismus geschaffen hat.


Im Hintergrund der administrativen Reformen des Liberalismus stand die neue juristische Grundlage der Gleichheit der Staatsbürger vor dem Gesetz, wie sie erstmals im Code Napoleon ausformuliert wurde. Auch den Revolutionen von 18^8 im deutschen Sprachraum, in Italien und Spanien folgten große liberale Gesetzeswerke, welche die neuen juristischen Grundlagen für alle Bereiche des Lebens, von den Schul- und Hochschulgesetzen bis hin zur Gewerbegesetzgebung, neu formuliert haben.

Die vormals unter der Vormundschaft des Staates gestandenen Universitäten nahmen im liberalen Zeitalter, getragen vom Bildungsbürgertum, einen enormen Aufschwung. Mit Lern- und Lehrfreiheit ausgestattet, spielten sie die bis dahin dem Feudalismus nicht bewusste ethnische Problematik von Ost-, Mittel- und Südosteuropa hoch. Die Probleme, die der aufgeklärte Absolutismus mit seiner Toleranz gegenüber der Religion gelöst zu haben schien, kehrten zumal in der Donaumonarchie in neuem Gewand wieder. Amtsund Schulsprache wurden zum Zankapfel der Innenpolitik. Die in der Zeit der Kolonisation des 18. Jahrhunderts kaum beachtete Mengung von verschiedenen Sprachgruppen erwies sich nunmehr nicht nur als verhängnisvoll, sondern auch als auf friedlichem Wege unlösbar. Die seitdem aus den geistigen Konzepten Europas nicht mehr wegzudenkende Nationalitätenfrage wurde zu dem Problem, an dem die österreichisch-ungarische Monarchie zugrunde gegangen ist.

Wirtschaftspolitik

Mit dem Liberalismus verband sich in der Wirtschaftspolitik die Konzeption einer Aufgabenteilung hinsichtlich der Produktion. Diese erfuhr innerhalb Europas zwei Ausformungen. Während die Kolonialmächte wie Großbritannien und Frankreich derartige Arbeitsteilungen zwischen den Mutterländern und den Kolonien vornahmen, den Zweitgenannten die Erzeugung der Rohprodukte vorschrieben und den Erstgenannten die Entwicklung der Industrie vorbehielten, verlagerte sich diese Funktionsteilung in den mitteleuropäischen Staaten, Deutschland und Österreich-Ungarn, in die Staatsgebiete selbst. Dem entsprach das politische Konzept der österreichisch-ungarischen Monarchie, bei dem das ökologisch günstiger gestellte Ungarn die Aufgabe der Agrarproduktion übernahm, während in der österreichischen Reichshälfte die Industrialisierung forciert wurde. Diese Konzeption fand sich auch in Deutschland wieder, wo sich der Nordosten, der Raum östlich der Elbe, auf die Agrarwirtschaft spezialisiert, hingegen der Westen eine Industrie aufgebaut hat.


Die Industriestadt

Die Stadt des europäischen Bürgertums im Mittelalter und die barocke Residenzstadt des absolutistischen Landesfürstentums bilden wesentliche Bausteine des europäischen Sonderwegs. Sie sind in unserer Vorstellung zu einem vielschichtigen und gleichzeitig diffusen Begriff von Stadt verschmolzen. Mit unserem Begriff der Stadt verbindet sich aus europäischer Sicht eine Lebensform. Als eine überschaubare Lebenswelt konnte die Stadt architektonisch gestaltet und sinnlich repräsentiert werden.

Mit der Industrialisierung sind die beschriebenen Bezüge der städtischen Lebenswelt zu Ende gegangen. Die Fabrik als industrielle Produktionsstätte konnte in die Stadt nicht städtebaulich harmonisch integriert werden. Ein in der vorindustriellen Zeit nur undeutlich sichtbarer Nord-Süd-Gegensatz in Europa bricht auf. Großbritannien wird zum Anführer einer antiurbanen Kultur. Es setzte den Meilenstein der Liberalisierung bereits Ende des 17. Jahrhunderts und schuf den Prototyp der Industriestadt im 18. Jahrhundert. Mit der Industrialisierung und Verstädterung war auch der europäische Sonderweg der Stadtentwicklung zu Ende. Entsprechend dem Zeitpunkt der Anlagerung der Industrie an den älteren Stadtkörper entstand eine Vielfalt von Möglichkeiten der Landnutzung und der sozialen Organisation. Es begann eine Differenzierung, die im Prinzip den Ausbreitungsvorgang der Industrie von Westen nach Osten und von Norden nach Süden reflektiert.
Die britische Industriestadt brach mit der historischen Tradition der "sozialen Mitte der Stadt, ihre Schöpfung, die Fabrik, brachte ein von den Produktionsstätten ausgehendes zentrifugales Ordnungsmoment ins Spiel. In der britischen Stadt, in der - anders als in Kontinentaleuropa -niemals eine Urbanisierung des Adels stattgefunden hat, entstand daher ein neues Prinzip der Ordnung des Sozialraumes. Mit der Industrialisierung und der massenhaften Zuwanderung des vierten Standes gewann die "soziale Inversion den Vorrang, d.h., die Stadtmitte wurde von der sozialen Mitte zuerst im Gefolge der Citybildung zu einem "Bevölkerungskrater und schließlich zu einem "sozialen Krater. Es war von entscheidender Bedeutung, dass Nordamerika mit der Industrialisierung die Konzeption der Industriestadt von Großbritannien übernommen hat.
Verglichen mit Großbritannien vollzogen sich Verstädterung und Industrialisierung in Deutschland mit einer Phasenverschiebung von nahezu einem halben Jahrhundert. Die Hauptverstädte-rungs- und Industrialisierungsphase fällt hier in die Jahrzehnte zwischen 1870 und 1910 und damit in jene Periode, die auch als Hoch- und Spätgründerzeit bezeichnet wird.
Inzwischen waren, dem französischen Vorbild des Manufakturzeitalters folgend, vor den Toren der größeren Städte Gewerbevorstädte emporgewachsen. Konkurrenzangst des eingesessenen Gewerbebürgertums sowie die ständige Revolutionsfurcht der Herrscherhäuser und der Aristokratie verhinderten in vielen Städten die Niederlassung großer Fabriken in unmittelbarer Nähe der Stadt und bewirkten, dass sich die Industrie verhältnismäßig abgesetzt von der Wohnverbauung am Außenrand der Stadt ansiedelte. Die freien Flächen zwischen dem älteren Vorstadtraum und einer peripheren, hochgründerzeitlichen Industriezone wurden dann meist erst später durch die Miets-hausverbauung geschlossen.

In den südeuropäischen Großstädten ist die Industrialisierung der Verstädterung nicht wie in Großbritannien vorangegangen, sondern gefolgt. Ähnlich wie im kontinentalen West- und Mitteleuropa entwickelte sich eine gewerbereiche Vorstadtzone. Eine äußere Industriezone der Gründerzeit ist dagegen, wenn überhaupt, nur in Ansätzen vorhanden.

Der Erste Weltkrieg bedeutete einen massiven Einschnitt in der politischen Geschichte Europas, er bedeutete aber auch einen scharfen Einschnitt in der Entwicklung der europäischen Städte. Das Zeitalter des Liberalismus wurde von jenem des sozialen Wohlfahrtsstaates abgelöst. Seit der Zwischenkriegszeit geriet die Industriestadt überall dort in die Krise, wo es nicht gelang, synchron zur Entindustrialisierung einen tertiären Sektor aufzubauen.


Struktur der Gesellschaft

Verwaltungsreformen, Wirtschaftsliberalismus und wirtschaftspolitische Aufgabenteilungen haben die Gesellschaft selbst keineswegs grundsätzlich umstrukturiert, sondern ihren Pluralismus verstärkt. Ungeachtet der liberalen Gesetzesgrundlagen entstanden keine echten demokratischen Strukturen, sondern der Liberalismus bildete ein Bindemittel, um aus den Sozialstrukturen des Mittelalters und des aufgeklärten Absolutismus eine ständische Gesellschaft zusammenzusetzen, deren Existenz freilich gegen Ende der Phase des Liberalismus durch die Übermacht der sozialen Frage bereits entscheidend bedroht war.
Nur sehr kurzfristig konnte der Liberalismus die Struktur des mittelalterlichen Gewerbebürgertums erschüttern. Es zeigte sich vielmehr, dass infolge der Gewerbefreiheit die Zahl der Kleingewerbetreibenden auf dem Produktionssektor ebenso wie auf dem Handelssektor vor allem in Frankreich und Österreich-Ungarn außerordentlich zugenommen hatte.

In beiden Staaten wurde die Zunahme der Zahl der Geschäfte von einer Unzahl kleiner Existenzen getragen, welche als Mitglieder konservativer Parteien - vor allem in der Zwischenkriegszeit mit Antiwarenhausgesetzen - die Entwicklung von großbetrieblichen Organisationsformen im Handel außerordentlich verzögert haben.

Auf die Schaffung eines geschulten Beamtenstandes in der Zeit des aufgeklärten Absolutismus wurde bereits hingewiesen. Zusammen mit dem Image des Beamtenstandes wurde mit der Einführung des stehenden Heeres und der allgemeinen Wehrpflicht das Image des Offiziersstandes begründet.

Imperialistische Motive, welche sich hinter dem Liberalismus verbergen, verstärkten die Rolle des Militärs. Garnisonstädte entstanden in oft sehr abgelegenen Räumen. Nicht hoch genug einzuschätzen ist die wirtschaftliche Bedeutung der Armeen, die in den großen Staaten wie Frankreich, dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn vor dem Ersten Weltkrieg rund 10% der Arbeitsproduktivität abgeschöpft haben.
Die ständische Gesellschaft setzte der vertikalen sozialen Mobilität von aufstiegswilligen Bevölkerungselementen starke Widerstände entgegen. Die Grenzen, die durch Einkommen und Bildung gezogen wurden, ebenso wie die Vorschriften des Gewerbebürgertums zur Berufsausübung erschwerten den Aufstieg außerordentlich. Damit konnte der Liberalismus sein Prinzip der Gleichheit nicht wirklich durchsetzen.
Im Aufbau dieser ständisch gegliederten Gesellschaft nahm die Gruppe des Adels in Europa unterschiedliche Positionen ein. In Frankreich hatte die Französische Revolution den Adel zum Teil völlig vernichtet, die übrig gebliebenen Reste gingen im Bürgertum auf. Anders im deutschen Sprachraum. Hier entwickelte sich der Adel zu einem sehr vielschichtigen Komplex: Zum älteren Hof- und Landadel traten das nobilitierte Beamtentum, die gleichfalls nobilitierten Unternehmer und Bankiers. Der landständische Adel besaß die größte Bedeutung in England, wo er nicht wie auf dem Kontinent in der Barockzeit in die Städte gezogen war, sondern nach wie vor in seinen großen Manorhouses residierte. Er stellte die Spitzen der Armee ebenso wie die hohen Kolonialbeamten. Nirgends in Europa - von Einzelfällen abgesehen -hat sich der alte landständische Adel nennenswert in die industrielle Produktion eingeschaltet. Das industrielle Unternehmertum fußte im Großen und Ganzen auf bürgerlichen Schichten.

Wanderbewegungen der Bevölkerung

Eine der wichtigsten Auswirkungen des Liberalismus betraf die Freisetzung der Bevölkerung und damit die Auslösung großer Binnenwanderungsprozesse, ebenso aber auch die Auswanderung. Diese Freisetzung der Bevölkerung begann bereits 1688 in Großbritannien mit den Cromwell'schen Gesetzen und setzte sich von hier, mit einer Verzögerung von über 200 Jahren, über den Kontinent hinweg nach Russland fort. Als Marksteine sind in Frankreich die Revolution von 1789, in Deutschland als ein gewisses Vorspiel die Stein'schen Reformen von 1806 und dann durchgreifend ebenso wie in Österreich-Ungarn die Revolution von 1848 zu nennen, während Russland mit den Stolypin'schen Reformen 1906 und 1912 erst die Stufe der Stein'schen Reformen erreichte und es zur endgültigen Bauernbefreiung der Revolution des Jahres 1917 bedurfte.
Große Wanderungsbewegungen setzten ein, bei denen drei Richtungen zu unterscheiden sind:
1. Die Auswanderungsbewegung, welche Ende des 18.Jahrhunderts begann und im ^.Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte.
2. Großräumige Ost-West-Wanderungen in der Mitte Europas lösten die West-Ost-Wanderung in der Zeit des aufgeklärten Absolutismus ab. Berlin und Wien seien als Beispiele dafür angeführt, dass Liberalismus und Eisenbahnbau die Wende brachten.
Die ältere Einwanderungswelle nach Berlin umfass-te nicht nur die Hugenotten aus Frankreich, sondern kam vor allem aus den Rheinlanden. Es handelte sich um eine Zuwanderung aus dicht besiedelten Kleinbauernräumen. Mit dem Eisenbahnzeitalter drehte sich die Richtung der Zuwanderung um 180 Grad. Das Gros stellten nunmehr Zu-wanderer aus den damals zum Deutschen Reich gehörenden Gebieten von Posen, West- und Ostpreußen.
Ähnliches kann man für Wien feststellen, wo die ältere Einwanderungswelle donauabwärts ging und Schwaben, Bayern und Franken auf den Ulmer Schachteln nach Wien reisten. Mit Beginn des Eisenbahnzeitalters und mit bedingt durch die Herauslösung der Monarchie aus dem Deutschen Reich veränderte sich das regionale Zuwanderungsspektrum gleichfalls. Bis zum Ersten Weltkrieg kam der Hauptzustrom aus den agrarübervölkerten Räumen Böhmens, Mährens und der Slowakei, später auch aus Galizien.
Mit dieser Ost-West-Binnenwanderung wurde eine Bewegung eingeleitet, die dann in den großen politischen Grenzverschiebungen im Gefolge des Zweiten Weltkrieges ihre dramatische Fortsetzung fand.
Vergessen wir nicht, dass aus dieser Ost-West-Bewegung heraus auch der Aufbau des Ruhrgebietes erfolgte. Da das damalige Deutsche Reich auch größere Polnisch sprechende Bevölkerungsteile einschloss, haben auch Polen einen ganz wesentlichen Anteil unter den Zuwanderern gestellt.
3. Eine dritte Wanderungsbewegung vollzog sich schließlich innerhalb des hierarchischen Systems der Zentralen Orte. Von den Kleinstädten rückten die Menschen gleichsam in die Großstädte auf. Gerade diese Bewegung bedingte, dass das Zuwanderungsspektrum der großen Städte im Verhältnis zur Sozialpyramide keineswegs derartige Unausgewogenheiten aufgewiesen hat, wie sie die gegenwärtigen Migrationsprozesse kennzeichnen. Das Beispiel Wien demonstriert, dass am Ende des 19. Jahrhunderts nicht nur die Heerscharen der freigesetzten Agrarbevölkerung in die Metropole strömten und die Masse der Unterschicht stellten, das Heer der Dienstboten und gewerblichen Hilfskräfte, sondern dass vielmehr auch ein beachtlicher Prozentsatz der Gewerbetreibenden, Angestellten und Beamten fremder Herkunft war. So waren im Jahre 1890 nur 30% der Beamten und Gewerbetreibenden in Wien geboren worden, während die Tagelöhner mit 15% den niedrigsten Werterreichten.
Bereits bei der Frage der Freisetzung der Bevölkerung vom Lande wurde auf das wellenförmige Ausgreifen dieser Bewegung vom Zentrum Großbritannien nach Russland hingewiesen. Die folgende kleine Tabelle demonstriert den Zusammenhang zwischen der Freisetzung der Bevölkerung vom Land und dem Beginn der Industrialisierung.

Die Tabelle belegt die unterschiedlichen zeitlichen Abstände zwischen beiden Phänomenen und dass sich, in einem West-Ost-Profil gesehen, beide Bewegungen, einer Schere vergleichbar, im russischen Raum geschlossen haben.
Aus den generellen Verschiebungen beider Bewegungen von Westen nach Osten ergeben sich ähnliche Wellen von Auswanderungsbewegungen nach Übersee.
In Großbritannien hat die Abwanderung der Bevölkerung vom Lande am frühesten eingesetzt, überdies ist mehr als ein Jahrhundert bis zum Beginn der Industrialisierung vergangen. Es ist daher verständlich, dass Großbritannien den höchsten Anteil an der europäischen Auswanderung gestellt hat. Einschließlich Schottlands und Irlands sind bis zum Ersten Weltkrieg 25 Mio. Menschen ausgewandert, dagegen aus dem Deutschen Reich bis zum selben Zeitpunkt nur 3,5 Millionen!

Das politische Konzept des Gleichgewichts der Kräfte

Die französische Geschichtsschreibung interpretiert das napoleonische Kaiserreich als einen Versuch, die Einheit Europas auf neuer Grundlage wieder herzustellen. Allerdings bestand ein innerer Widerspruch zwischen dem autoritären Militärstaat des Kaiserreiches und dem liberalen Idealismus der Revolution. Trotzdem veränderte das revolutionäre Vierteljahrhundert zwischen 1789 und 1814 das Gesicht Europas. Die territoriale Macht der Papstkirche mit ihren geistlichen Fürstentümern und Pfründen wurde ebenso eliminiert wie der sakrale Charakter des Königtums.
Die Macht der "Heiligen Allianz und die Staatsmänner des Wiener Kongresses konnten diese revolutionären Änderungen der politischen Landkarte Europas nicht mehr rückgängig machen. Nichtsdestoweniger verdient der Wiener Kongress (1815) Beachtung. Es ist ihm besser als seinen Nachfolgern 1919 in Versailles oder 1944/45 in Dumbarton Oaks und San Francisco der Versuch gelungen, den Grundsatz vom Gleichgewicht der Kräfte, welcher die Neuzeit bestimmte, im Rahmen der neuen Gliederung Europas zu realisieren. Der Wiener Kongress bescherte Europa eine längere Friedenszeit, als sie je zuvor bestanden hatte. Freilich fehlte ein gemeinsames geistiges Prinzip, das stark genug gewesen wäre, die Zentrifugalkräfte zu überwinden. Die West-Ost-Gliederung Europas zwischen dem kolonisierenden westlichen Europa und dem gleichsam in sich ruhenden und teilweise in Kleinstaaten und engem Traditionalismus beharrenden mittleren Teil konnte nicht überwunden werden.

Das 19. Jahrhundert war das Zeitalter der Europäisierung der Erde, als neue Länder erobert und umgestaltet wurden. Europa selbst ist trotz aller Bemühungen um die politische Konzeption des Gleichgewichts der Kräfte von inneren Gegensätzen und widerstreitenden Kräften aufgebrochen worden. Der revolutionäre Liberalismus, der Nationalismus und die soziale Revolution zerstörten das Werk der Heiligen Allianz, waren jedoch nicht fähig, gemeinsam eine neue europäische Ordnung zu schaffen.







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