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Hordel, Hamme, Riemke, Gerthe

Hordel, Hamme, Riemke, Gerthe

In Rochum-IIordel blieb die Zeche Hannover 1/2/5 in Teilen erhalten und wurde als Standort des Westfälischen Industriemuseums inzwischen restauriert. Die Geschichte dieses Bergwerks begann bereits 1847 mit ersten Schürfbohrungen. 1856 übernahm der Bankier Carl Hostmann aus Celle im damaligen Königreich Hannover die Grubenfeldcr, womit sich auch der spätere Zechennamc erklärt. Nach mannigfaltigen technischen Schwierigkeiten konnte erst 1870 die regelmäßige Kohlenförderung aufgenommen werden. Zwei Jahre später erwarb Alfred Krupp die Anlage und baute sie zu einer >Mus-terzechc< aus. 1877 entwickelte der Bergwerksdirektor Friedrich Kocpc aus Hannover eine neue Fördertechnik, die Energie einsparen half: Bei einer >Koepc-Fördermaschine< wird das Förderseil nicht mehr auf eine große Trommel aufgewickelt, sondern als Endlos-Seil durch die Reibungskraft in Umlauf gebracht. Auch später blieb das Bergwerk Vorrciter bei der Einführung technischer Innovationen und ersetzte z. B. bereits 1892 die Grubenpferde durch eine mechanische Streckenförderung mit Hilfe n >SeilbahnenKinder-Bergwerkcnglische< Park des Gutes Dahlhausen wurde quasi zum Dorfanger umfunktioniert. Große Gärten trugen der Siedlung bald den Namen >Kappeskolonie< ein. Die Grundstücke sind zumeist eingezäunt. Anders als bei den Kolonien früherer Jahre fehlt der >halböffentliche Weg< entlang der Hinterfront der Häuser. Bei der Anlage dieser Gartenstadt dokumentierte Krupp, dass ihm der familiäre Rüekzug seiner Arbeiter wichtiger war als nachbarschaftliche Kommunikation.



Man kann die I läuser in ca. 45 verschiedene Typen aufgliedern, die allerdings in ihrer großen Mehrheit einem gemeinsamen Grundmuster folgen. Im Obergeschoss besitzt jede Wohnung zwei Schlafzimmer, die auch für kinderreiche Familien ausreichen mussten. Im Erd-geschoss gibt es ein Wohnzimmer und eine Wohnküche. Da die >Gute Stube« früher nur zu besonderen Anlässen benutzt wurde, spielte sich ein wesentlicher Teil des täglichen Lebens in der Wohnküche ab. Hin praktischer Mehrzweckraum - Treppenhaus, Diele und Waschplatz in einem - leitet n der Wohnküche zum Stalltrakt über, wo aus Gründen der Hygiene auch der Abort (zur Erbauungszeit der Siedlung noch ohne Wasserspülung!) untergebracht ist.

Die Doppelhäuser wenden in ihrer Mehrheit den Giebel der Straße zu. Besonders an exponierten Straßensituationen werden diese Giebel durch Bretterverkleidung, Schindeln oder heimattümelndes Fachwerk optisch aufgewertet. Man fühlt sich unwillkürlich an Bauernhäuser aus dem nahe gelegenen Münsterland erinnert. Offenbar ging es dem Bauherrn der Dahlhauser Heide auch darum, durch den Zauber einer altdeutsch-biedcrmeierlichen Idylle beiden Bewohnern für den Feierabend eine Stimmungslage zu erzeugen, die einen harten Arbeitsalltag (und eventuelle Wünsche, ihn mit Hilfe n Arbeitskämpfen zu humanisieren) vergessen ließ.
Im Süden der Dahlhauser Heide liegt das Zechcngelände n Carolinenglück 2/3 an der Carolinenglückstraße. Neben einem Deutschen Strebengerüst n 1910/11 steht hier ein weiterer Bochumer Malakoffturm, ein schlichtes Ziegelbauwcrk mit flachen Lisenen und hohen Rundbogenfenstern. Der Dachabschluss stammt vermutlich nicht mehr aus dem 19. Jh., sondern wurde später verän dert. Die Schachtanlage liegt im Stadtteil Hamme, wo sich auch eine Besichtigung n Sakralbauten lohnt. Die katholische Herz-Jesu-Kirche an der Dorstener Straße birgt einen urenreichen neugotischen Schnitzaltar n Ferdinand Langcnberg (1911). In der katholischen Dreifaltigkeitskirche an der l'eldsieperstraße überdauerte sogar ein monumentalter neubarocker Hochaltar den klerikalen Modernisierungswahn der Wirtschaftswunderzeit - ein durchaus sehenswertes Kunstwerk mit antikisierenden Säulen, Putten, F.ngels-köpfen, Apostelstatuen und der Trias n Gottvater, Sohn und Heiligem Geist. Die evangelische Kirchengemeinde an der Amtsstraße feiert ihre Gottesdienste noch heute in einer schlichten, würdigen Notkirchc der Nachkriegszeit. Der Polygonalbau in Holz-Binder-Konstruktion ist eines der wenigen erhaltenen Beispiele eines variablen Kirchentyps, den der Architekt Otto Bartning 1948 für ein überregionales Notkirchen-Programm des Hilfswerks der Evangelischen Kirche Deutschlands entworfen hatte. Bei diesem Projekt wurden die Bauteile serienmäßig rgefertigt und erst am Bestimmungsort in einer baukastenmäßgen Montage innerhalb n wenigen Wochen zusammengefügt. Beim Bochumer Beispiel besteht das Mauerwerk zwischen den abgewinkelten Holzbindern aus den Trümmern des alten Gemeindehauses. Auch Kanzel und Altar wurden aus Trüm-merzicgeln aufgemauert.
In der katholischen St. Franziskus-Kirche an der Herner Straße in Bochum-R/ew/ee sind beachtliche Teile der neugotischen Originalausstattung erhalten. Auf dem rechten Seitcnaltar wird das christliche Armutsclhos recht drastisch rgeführt: Der hl. Franziskus tritt achtlos auf einen Geldsack, sodass die Münzen in den Straßenstaub rollen. Gleichzeitig fixiert sein ekstatischer Blick das Kruzifix. Bei der katholischen St. Elisabeth-Kirche an der Hiltroper Landwehr in Bochum-Gerrfte ist das Bruchsteinmauerwerk an exponierten Stellen durch Jugendstil-Reliefs des oberschlcsischcn Bildhauers Matthias Beule verziert. Besonders aufwändig wurde das Hauptportal der großen neuromanischen Basilika gestaltet: Wir finden hier das >Roscnwunder< der heiligen Elisabeth sowie zwei mächtige Portal-Löwen. Bei der evangelischen Christuskirche an der Lothringer Straße, einem qualilätller Jugendstilbau des Bielefelder Architekten Karl Siebold, läuft der Glockenturm in einer originell gestalteten Zwiebelhaubc aus.
Der Vorort Gerthe im Nordwesten Bochums entstand um 1900 im Bannkreis der Zeche Lothringen. Reste n Tagesanlagcn dieses Bergwerks und seiner Nebenbetriebe - dekoratives Markenzeichen ist hier ein Wechselspiel zwischen gelben und roten Zicgelflächen -liegen südlich der Lothringer Straße. Weitläue Koloniebebauung schließt in nordöstlicher Richtung an. Auf dem Kommunalfriedhof an der Kirchharpener Straße erinnert ein Denkmal an die Opfer der Schlagwetter-Katastrophe m 8. 8.1912. Durch dieses Unglück, bei dem 117 Bergleute zu Tode kamen, erlangte die Zeche Lothringen eine zweifelhafte überregionale Berühmtheit. Kaiser Wilhelm IL, der damals gerade auf Villa Hügel das 100jährige Krupp-)ubiläum mitfeierte, stattete den Hinterbliebenen in Gerthc spontan einen publicityträchtigen Kondolenzbesuch ab, der nicht ohne makabre Begleitumstände ablief: »Während unter Tage die Toten im Grubenfeuer brennen, wird über Tage der Zechenplatz für den Kaiserbesuch geharkt. Die Blumen, mit denen die Kondolierenden die Toten ehren, haben tags zur noch die Tafel des Kruppschen Banketts geschmückt.« (Robert Laube, 1990)







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