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Geschichte, Wirtschaft und Kultur IM SCHWARZWALD

Geschichte, Wirtschaft und Kultur IM SCHWARZWALD

Schwarzwaldgeschichte im Überblick

Der »Schwarzwald« ist kein historischer Begriff, auch wenn es auf seinem Gebiet viele geschichtliche Zeugnisse gibt. In der Geschichtswissenschaft spricht man eher n der schwabisch-alemannischen, der fränkischen und österreichischen, der badischen und der württembergischen Geschichte. Dabei stehen die verschiedenen Herrscherhäuser im Vordergrund, z. B. die Zähringer, die Habsburger, die Markgrafen n Baden, die Württemberger und viele weitere größere oder kleinere Adelsfamilien.
Trotzdem ist es möglich, die Geschichte der Kulturlandschaft Schwarzwald, in der die Ursachen und Wirkungen verschiedenster historischer Einflüsse auftauchen, in einem Zusammenhang darzustellen. Oft ist es jedoch nötig, die geschichtlichen Ereignisse der ganzen südwesldeutschen Region in den Vordergrund zu stellen, um darüber auf die geschichtlichen Auswirkungen auf den Schwarzwald zu kommen - in mehr oder weniger großen Ausmaßen. Für die Hirsauer Klosterbewegung und den Bauernkrieg spielt der Schwarzwald beispielsweise eine zentrale Rolle, während er für die Industrialisierung nur n untergeordneter Bedeutung war.

Von der Jungsteinzeit bis zur Hallstattzeit




5000-800 v. Chr.
In der Jungsteinzeit (5000 v. Chr.) ist der Schwarzwald fast menschenleer. Dennoch ist jene Epoche erwähnenswert, weil es aus der Umgebung, insbesondere der Schwäbischen Alb, sehr bedeutende Funde aus der Steinzeit gibt. Am Rand des eigentlichen Schwarzwalds muß es jedenfalls schon im 4. Jt. v. Chr. Bauern gegeben haben.
Auch aus den ersten Metallzeit-Epochen, der Bronzezeit oder der Hallstattzeit, sind nur Funde n den Randgebieten des Schwarzwalds (südlich, bei Bad Säckingen) bekannt.

Kelten
600 v. Chr.-Christi Geburt
Ab dem 6. Jh. treten die Kelten mit ihrer höher entwickelten Kultur an den Schwarzwaldrändern ganz massiv auf. Wenn man heute das Wort »Kelten« hört, denken die meisten
zuerst an Irland oder Großbritannien; die eigentliche
Stammlandschaft dieses Kulturlks, das an der Schwelle
zur Schriftentwicklung stand, war jedoch ein Gebiet, das sich n Ostfrankreich über den Schwarzwald und Bayern bis nach Westböhmen erstreckte.
387 v. Chr. führen die Kelten einen vernichtenden Fold-zug gegen die Römer in Mittelitalien. Aus dem 2. Jh. v. Chr. kennen wir eine Reihe n keltischen Höhensiedlungen und Städten, die sogenannten Oppida. Ein Beispiel dafür ist im Schwarzwald die Anlage Tarodunum bei Kirchzarten. Darüber hinaus legen die Kelten Viereckschanzen an und verehren in der Natur Plätze wie Quellen, Schluchten, Felsen oder alte Bäume. Bei Villingen (Magdalenenbergle) gibt es ein großes keltisches Fürstengrab.

Kurz r Christi Geburt wandern die Kelten aus, ohne einen großen Krieg mit den erobernden Römern begonnen zu haben, abgesehen n einzelnen Feldzügen. In Irland und auf den Britischen Inseln entstehen keltische Siedlungen, die später das Christentum übernehmen, ohne aber jemals n den Römern erobert worden zu sein. Im 7. Jh. kommen die reiselustigen irischen Mönche mit ihrem urtümlichen, keltisch geprägten Christentum auf den Kontinent zurück, wo die Franken die christliche Religion bereits n obcn herab, auf staatlich-imperiale Weise (n den Römern übernommen) durchgesetzt haben. Die lreni schaffen es, die Menschen durch ein klösterlich-rbildliches Leben n unten zu erreichen. Im Schwarzwald wirkt wahrscheinlich der hl. Trudpert aus Irland im 7. Jh. auf diese Weise (s. S. 174). St. Cyriakus in Sulzburg, obwohl erst im 10. Jh. gegründet, vermittelt einen Eindruck n dieser irischen Zeit (s. S. 176).

Römer
Christi Geburt-3. Jh.
Ab 58 v. Chr. dringen die Römer immer mehr zum Schwarzwald hin r. Schließlich beherrschen sie das Gebiet, das den Grenzen ihres Reiches (Limes) nahe kommt. Sie bauen u. a. Gutshöfe, Badeanlagen und Villen am Rand des Schwarzwalds, eine gut ausgebaute Slraßenverbindung gehl mitten hindurch (s. o.). Der innere Schwarzwald bleibt unbewohnt.

Alemannen und Franken
3.-l0. Jh.
In der Mitte des 3. ]h. n. Chr. dringen die Alemannen in das Gebiet zwischen Rhein und Bodensee ein und beenden die Herrschaft der Römer. Seitdem ist dieser Teil Südwest-dcutschlands m Alemannischen geprägt. 496 besiegen die Franken unter Chlodwig die Alemannen. Sie zwingen die Besiegten, die fränkische Herrschaft der Herzöge und Gaufürsten anzuerkennen. Die nördlichen Vorlande werden darüber hinaus n fränkischer Bevölkerung besiedelt, was sich noch heute in einer Dialektvariante zeigt. Die Besiedlung ist insgesamt sehr dünn, nur einzelne Höfe oder Hofgruppen verteilen sich in der unbesiedclten und unbearbeiteten Natur, der Wald bleibt in großen Teilen unberührt.
Die Besiedlung des Waldgebiets m Rand her geht r allem n Klöstern aus, die m 7. Jh. an n irischen, schottischen und fränkischen Missionaren gegründet werden. Rodungen und die weiträumige Besiedlung setzt im 11. Jh. ein und erreicht bis zum 14. Jh. einen Höhepunkt.
Die ältesten Ortsnamen enden auf »-ingen« oder »-heim«, dann folgen die Gründungen auf »-weiler«, »-dorf«, »-stetten« und »-holen«, später lauten die Endungen »-ach«, »-bach«, »-berg« und »-au«, die letzten Rodungen, die den Wald verschwinden lassen, enden mit »-schwend« oder »-schwand«. Zuerst siedeln die Menschen in den Tälern, dann auf den höhergelegenen Flächen. Die Waldwirtschaft läßt letztlich kein Stück des Waldes ungenutzt.
Im Jahr 868 taucht im St. Galler Urkundenbuch der Name »saltus Svarzwald« auf. Diese Charakterisierung als »schwarzer Wald« weist auf negative Sinnescindrücke hin, die die Menschen bei dessen Anblick empfanden, z. B. die Gefährlichkeit, die Undurchdringlichkeit oder gar das Walten finsterer Mächte. Diese Vorstellungen bleiben bis ins 18. Jh. bestehen.

Kloster- und Adelsherrschaften
10.-l6. Jh.
Nach dem Zerfall der fränkischen Herzogsherrschaft im 10. Jh. beginnen zunächst die Klöster, Machtzentren aufzubauen (Hirsau, St. Trudpert, St. Blasien usw.), indem sie ihr Umland weiter erschließen und besiedeln lassen. Spätestens ab dem 12. Jh. kommen einzelne Adelsfamilien hinzu (Zähringer, Staufer, Habsburger, Markgrafen n Baden, Grafen n Württemberg und kleinere Familien). Unabhängig n ihnen können sich im 13. Jh. einzelne Städte als Reichsstädte elieren (Offenburg, Zell oder Gengenbach).
Nach dem Aussterben der Zähringer (1218) und der Staufer (1268) zersplittert der Herrschaftsbereich der einzelnen Grundherren stark, weil die zentralen Dynastien fehlen.

Kriege und Reformation
16.-l9. Jh.
Das Regiment der zersplitterten Herrschaften wird zunehmend als ungerecht wahrgenommen. Einige Großbauern fühlen sich selbst wie Herrenc, andererseits haben Kleinbauern, Knechte, Mägde und Bergarbeiter sehr wenige Rechte. Doch alle, auch die Großbauern, gelten nach wie r als Leibeigene.
Die verschiedenen Lehnsherren - Fürsten, Ritter und Grundherren - fordern n ihren Untertanen unterschiedlich hohe Abgaben. Diese Ungerechtigkeiten führen besonders im Schwarzwald und dann in ganz Süddcutschland zum Bauernkrieg, der 1525 seinen Höhepunkt erreicht. Am 18. November 1524 fordern die Bauern in 12 bzw. 62 Artikeln u. a. die Einschränkung der Frondienste und die Abschaffung n Sondersteuern. Auch soll der Grundherr keinen Untertanen beerben können, wenn noch Verwandte am Leben sind.
Die adeligen und geistlichen Herren (Klöster) sind mit ihrem Bewußtsein n der gottgewollten Macht ihrer Familien noch so in den mittelalterlichen Strukturen verhaftet, daß ihnen allein die Forderungen der Bauern als ein Rütteln an der Weltordnung erscheinen. Also rotten sich die Bauern zu Haufen zusammen und stürmen Burgen, Schlösser und Klöster, im Schwarzwald r allem zwischen Freiburg und Rottweil. Schon im Sommer 1525 sind die Bauern besiegt und werden n den adeligen Herren grausam bestraft; die Abgabenregelungen werden z. T. jedoch gerechter gestaltet.
Ab 1534 führt Herzog Ulrich n Württemberg die Reformation ein, so daß in seinem Land alle Untertanen zum Protestantismus überwechseln müssen. Ahnlich geschieht es auch in anderen Regionen des Schwarzwalds, denn allgemeine Regel ist, daß der Fürst die Konfession seiner Untertanen bestimmen kann. Der größte Teil des Schwarzwalds bleibt jedoch katholisch, was heute noch an den Marien-und Heiligenbildern in den Bauernstuben zu sehen ist. In den protestantischen Gebieten entwickeln sich jedoch interessante Einzeltradilionen, z. B. die Förderung einer Schule im ehemaligen Kloster Maulbronn (s. S. 53), die so bekannte Absolventen wie Kepler, Hölderlin und Hesse (s. S. 55) haben wird.
Vom 14.-l6. Jh. werden immer wieder jüdische Bewohner aus dem Schwarzwald ausgewiesen. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-l648) fordern die immer wieder aufflammenden Kämpfe viele Opfer. Vor allem im Breisgau und in den badischen Markgrafschaften sterben fast drei Viertel der Gesamtbevölkerung im Krieg oder an dessen Folgen (Seuchen, wirtschaftlicher Notstand).
Nach dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs wird der Schwarzwald ab den 1670er jähren in die Kriege des französischen Königs Ludwig XIV. hineingezogen, bis 1748 zusätzlich in die Osterreichischen Erbfolgekriege.

Industrialisierung
19. Jh.
Nach der Französischen Relution wird im jähr 1805 ganz
Europa neu geordnet und der Schwarzwald in das Großherzogtum Baden und das Königreich Württemberg aufgeteilt. Der Adel verliert insgesamt an Bedeutung.
Durch Verbesserungen in der Medizin beginnen die Bevölkerungszahlen Anfang des 19. jh. zu steigen. Außerdem weitet sich der Handel aus, da sich die Produktions- und Transporttechniken enorm verfeinern. Das gilt auch für die Uhrenindustrie oder den Bergbau. Der Stand des Kaufmanns und des Manufaktur- oder Fabrikbesitzers gewinnt enorm an Bedeutung.
Aber noch bleiben die neuen Arbeitsmöglichkeiten hinter dem Anstieg der Bevölkerungszahlen zurück. Soziale Probleme wie Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit treten in der beginnenden Massengesellschaft auf. Bei Bauern und Handwerkern erbt jeweils der älteste Sohn den Betrieb, die anderen Söhne - Frauen haben ihr Auskommen fast ausschließlich als Hausfrauen und Mütter - suchen Arbeit in den anwachsenden Städten. Doch nur ein kleiner Teil n ihnen findet einen Arbeitsplatz. Der Rest leidet Hunger, viele wandern aus. 1815 beginnt im Schwarzwald eine größere Hungersnot, die während der ganzen ersten Hälfte des 19. jh. andauert.
Aus der Masse der arbeitslosen jungdeutschen wachsen relutionäre Bewegungen, die u. a. eine geeinte deutsche Nation (mit Auflösung der einzelnen Adelsherrschaften) fordern. Höhepunkt ist die Badisches Relution mit bewaffneten Aufständen in den Jahren 1848/49, denen allerdings eine Zeit der Resignation folgt. Immerhin verbessert sich die soziale Situation in dem Maße, in dem die Industrialisierung ranschreitet: 1809 entsteht eine erste Maschinenfabrik im ehemaligen Kloster n St. Blasien. Drei Jahre nach dem Bau der ersten Eisenbahnstrecke Deutschlands (Nürnberg -Fürth, 1835) entsteht die Zugstrecke Mannheim - Basel. Die Eisenhütten werden technisch ausgebaut, 1870 jedoch stillgelegt. Die Glashütten verstärken seit dem 18. Jh. ihre Produktion; die damals am meisten zukunftsweisende Textilindustrie faßt im Schwarzwald Fuß und breitet sich aus, bis sie zu Beginn der 1990er Jahre in eine schwere Krise gerät.

Südwestdeutsche Zeitgeschichte
1871 - Gegenwart
Seit dem Krieg gegen Frankreich (1871) gehört der Schwarzwald zum Deutschen Reich, und ein gewisser Aufschwung in Landwirtschaft, Handwerk und Kleinindustrie festigt die Verhältnisse. In dieser Zeit wird das Bild m idyllischen Schwarzwald geprägt, u. a. durch den sich ausweitenden, auch internationalen Tourismus. 1864 gründet sich der Badische Schwarzwaldverein, 1884 der Württembergische (Zusammenschluß 1934). Ziele sind insbesondere das Bekanntmachen des Waldgebirges und die Förderung des Wanderns.
Nach dem Ersten Weltkrieg und der folgenden Weimarer Republik beginnt die Nazi-Herrschaft 1933, der über 40 % der Schwarzwälder Bevölkerung zustimmt. Auch hier setzen Verfolgungen gegen Bürger jüdischen Glaubens, aber auch gegen bekennende Christen oder politisch Andersdenkende ein. In den 1940er Jahren werden viele Deutsche und Menschen aus den im Zweiten Weltkrieg Überfallenen Gebieten in Konzentrationslagern grausam ermordet. Im Schwarzwald werden traditionsreiche jüdische Gemeinden, z. B. Sulzburg, ausgelöscht.
1951 entsteht das Bundesland Baden-Württemberg als Teil der Bundesrepublik Deutschland. 1973 wird hier die (Gemeinde-) Gebietsreform durchgeführt. Seit den 70er und 80er Jahren hat sich im Schwarzwald eine starke Umweltschutzbewegung formiert, die r allem das Waldsterben und den Einsatz der Atomkraft anprangert (s. S. 40).

Ausbeutung der Natur -der Holzhandel

Holzverarbeitung und -handel waren im Schwarzwald naturgegebene Wirtschaftszweige, da die Bauern die Flächen, auf denen sie etwas anbauen wollten, zuvor meist roden mußten (zur Waldgeschichte, s. S. 17).

Die gefällten Stämme wurden vorrangig als Bau- und Brennholz verwendet. Für den Bau eines größeren Schwarzwaldhauses in traditioneller Bauweise (s. S. 37) benötigte man fast 300 Baumstämme. In den fertigen Höfen wurden im Winter nur die Küche und die allgemeine Stube geheizt, wofür man wiederum eine ähnliche Menge an Baumstämmen verbrauchte. Weiteres Holz ging ebenfalls als Bau-und Brennholz in die Städte, außerdem verlangten die Bergwerke nach Grubenholz. Köhler, Eisen-und Glashütten verbrannten das vor Ort oder in der näheren Umgebung vorhandene Holz, wertvolle Stämme mußten die Flößer in entfernte Gebiete, insbesondere nach Holland, liefern.
Die Flößerei war vom Spätmittelalter bis ins 19. Jh. hinein eine wichtige Transportart und ein bedeutender Wirtschaftszweig. Im Hochmittelalter war es mehr ein Abschwemmen des Brennholzes (kürzere, nicht so dicke Scheite) aus den höheren Schwarzwaldregionen, im Spätmittelalter kam das Flößen von Langholz auf. Transportiert wurde es z. B. über die Nagold- und die Kinzig-Flußsysteme. Im 18. Jh. gründeten sich große Unternehmensgesellschaften, die Tausende von Hektar Wald besaßen und vor allem mit den holländischen Schiffbauern lukrative Geschäfte abschlössen. Die Gesellschaften organisierten auch die Flößerei. Herbert Lange weist in seinem »Schwarzwaldbuch« darauf hin, daß die geflößten Baumstämme 18 bis 21 m lang und am oberen Ende noch 40 cm dick sein mußten. Die Flöße wurden mit Hilfe von ca. 140 000 Tannenstämm-chen zusammengebunden und mit über 5000 Flößerstangen dirigiert. Fast 40 000 Baumstämme wurden auf diese Weise geflößt.

Dem ökologischen Gleichgewicht war diese starke Nutzung des Waldes natürlich nicht zuträglich. Vielleicht wäre ihr der Wald sogar ganz zum Opfer gefallen, wäre nicht der Langholzbedarf zurückgegangen, da die Schiffe schließlich nicht mehr aus Holz gebaut wurden. Nicht nur Hunderttausende von Festmetern (große, dicke Holzstämme) wurden im Wald geschlagen; es fielen auch große Mengen an Ästen und kleineren Bäumen an, die nicht geflößt wurden, sondern einfach als Brennholz im Kamin landeten.
Darüber hinaus veränderte sich die natürliche Waldstruktur völlig, da erst einmal alle Bäume in der Nähe von Flüssen oder Bächen gefällt werden mußten. Auf den entstandenen Kahlflächen ließen die Bauern Rinderherden weiden, später wurden die Kahlbereiche durch die Holztransporte immer wieder aufgeschürft. Um die Stämme aus dem Hochwald an die Gewässer zu bringen, hauten die Flößer riesige Schneisen in den Wald, sogenannte Riesen, die sie am Boden mit Holz oder Sandsteinplatten auskleideten. Die Riesen halten ein starkes Gefälle, so daß die Stämme mit hoher Geschwindigkeit zum Lagerplatz hinuntersausten.
In der Rückschau verklärten die Schwarzwaldbewohner die Flößerei, die im 19. jh. durch den Eisenbahntransport ersetzt wurde, hatte sich doch im Zusammenhang mit den vielen Menschen, die damit beschäftigt waren, eine ganze Kultur entwickelt: Das Zusammenbinden und Dirigieren der Flöße, das Anlegen von Dämmen und Riesen - all das bei geringem Lohn -machten das harte Leben der Flößer aus, das gar nicht romantisch war.
Seitdem ab der Mitte des 19. )h. der Schwarzwald wieder aufgeforstet wird und es Gesetze zum Schutz des Waldbestandes gibt, finden sich heute wieder viele wertvolle Baumstämme im Schwarzwald, die z. T. sogar in der Möbelindustrie verarbeitet werden können. Auch im Bauwesen und - zum geringsten Teil - in der Papierindustrie wird wieder Schwarzwaldholz verwendet, ohne daß der Wald andererseits großen ökologischen Schaden erleidet. Das Waldsterben hat schließlich mit den Luftschadstoffen und weniger mit einer zurückhaltenden Holzwirtschaft zu tun. Vielleicht wäre es aber für den Fortbcstand des Schwarzwalds von Nutzen, wenn man zumindest einige Gebiete völlig ohne menschliche Eingriffe sich selbst überlassen würde, wie es z. B. in den Nationalparks geschieht.

Obwohl viele Hölzer nach Deutschland importiert werden, kommt rund die Hälfte des Wirtschaftsholzes aus heimischen Wäldern, ein großer Teil davon aus dem Schwarzwald (ca. 2 Mio. Festmeter jährlich). Mit schweren Maschinen (Motorsägen, Entrindungsmaschinen, Transportfahrzeugenl werden die Stämme gefällt, bearbeitet und zu den Sägewerken befördert, die neuerdings jeweils auf eine ganz bestimmte Weiterverarbeitungsart spezialisiert sind (z. B. nur Laubholz für Furniere oder Nadelholz für den Bau). Nach wie vor ist die Holzwirtschaft also ein bedeutender Wirtschaftszweig im Schwarzwald. Wenn dem Waldsterben allerdings nicht bald Einhalt geboten wird, muß die Politik auch hier die Notbremse ziehen (s. S. 40).
Wichtiges Standbein des Wirtschaftslebens im Schwarzwald ist auch der Tourismus. Über 6 Mio. Touristen kommen pro Jahr und bringen Geld in die Region. Einen ähnlich großen Umfang haben die schwarzwaldtypischen Branchen und Produkte wie Uhrenherstellung und Uhrenverkauf, Schnäpse, Kirschtorten, Schinken, Trachten, Musikinstrumente usw.

Konservatismus und Protestkultur

Auf ihre Spezialitäten und Regionalsten, vom Schnaps bis zum Bollenhut, sind Schwaben und Badener stolz - sie fühlen sich überhaupt in jeder Hinsicht eng mit ihrer Heimat verbunden. Sie sind 'konservative im Sinne von bewahrend.

Andererseits bockt man gerade in Baden gern mit der Stimme des Volkes« gegen die Obrigkeit. Und neben dem biedermeierlichen Typ, der irgendwie an Mörike oder die »Schwarzwälder Dorfgeschichten« erinnert, leben hier viele intellektuelle Ausbrecher, die sich in jungen Jahren als Rebellen aufführen und nach einer gewissen Altersmä-ßigung zu unabhängigen, großen Geistern entwickeln, so z. B. der Dichter Johann Peter Hebel. Ursprünglich streng konservativ erzogene Rebellen waren oftmals Absolventen von kirchlichen Schulen oder Instituten, etwa der Schriftsteller Hermann Hesse in Maulbronn (s. S. 531 oder der CDU-Politiker Heiner Geißler in St. Blasien.

Kein Wunder, daß im Schwarzwald und am Rhein immer wieder lokale Protestbewegungen politische Geschichte machten. Zu Beginn der 90er Jahre bot etwa in Schönau im Südschwarzwald die Bürgergemeinschaft einem Stromkonzern wie David dem Goliath die Stirn: Am Ende war der Wirtschaftsriese abserviert (s. o.).
Diese neue Mischung aus intellektuell organisiertem, gleichzeitig von den Bürgern getragenem Profest entstand Mitte der 70er )ahre in einem Rheinort namens WyhI. Hier gab es 1975 einen Bauplatz für die Errichtung eines 1200-Megawatt-Atomreaktors, der so lange und nachhaltig, aber friedlich besetzt wurde, daß man das Projekt für das 20. |h. vorerst aussetzte.
Neu war die Beteiligung der alteingesessenen, bürgerlichen Bevölkerung, u. a. protestierten nämlich auch die lokalen Honoratioren gegen das Projekt, vor allem der Apotheker und der Pfarrer.
In WyhI waren die gewaltlosen äußeren Formen des Protests der 68er-Bewegung (Demonstrationen, Besetzung des Bauplatzes, Diskussionsveranstaltungen, Flugblattkampagnen usw.) einfach von den bürgerlichen Initiativen übernommen worden. Die bürgerlich-konservativen Rebellen, die sich so gegen den Atomreaktor stark machten, waren weitgehend unangreifbar, zumal auch wissenschaftlich sehr gut orientierte Fachleute mitargumentierten.

Neu war auch das engagierte und breite Einsetzen für die Natur in weiten Kreisen der Bevölkerung. Ein Auwäldchen am Rhein war von dem Großprojekt bedroht, und sowohl die fortschrittlich Denkenden als auch die naturliebenden Hcimatvereine hatten genug von der immer blindwütigeren Umweltzerstörung.
Neu war in WyhI auch der Erlolg. Das Atomkraft-Projekt konnte bis auf weiteres gestoppt werden. All das hatte eine enorme überregionale Wirkung in Deutschland, die an der Wende zum 3. |t. auf die anderen europäischen Länder überzugreifen beginnt. Bürgerinitiativen setzten sich immer häufiger und oft auch erfolgreich gegen die Umweltzerstörung ein, in Zusammenarbeit mit dem Bund Naturschutz und der Grünen-Partei (mit einer Hochburg in Südbadenl entstand eine eigene Alternativkultur, die von der alternativen Ernährung bis zur Alternativbank reicht. Andererseits wird sich die Landschaft seit 1970 bis ins |ahr 2000 mehr verändert haben als jemals zuvor in der Geschichte des Schwarzwalds.

Knöpfle, Kirschtorte und Kirschwasser

Der Schwarzwald ist berühmt für seine Küche. Mehr als im benachbarten Elsaß liegen hier die Akzente auf den deftigen Speisen, siehe die üppige Schlachteplatte (vor allem mit Blut- und Leberwurst).
Touristen lernen die Küche einer Region meist über die gastronomischen Betriebe kennen, seltener in Privathaushalten. Das macht im Schwarzwald oft keinen großen Unterschied; denn die guten Restaurants orientieren sich häufig an der »Hausmannskost!, sie dient ihnen jedenfalls als Vorbild. Im Restaurant wird diese Hausmannskost noch etwas angereichert und verfeinert - und schon hat man das ideale Schwarzwaldrestaurant.

Wo gibt es dieses ideale Restaurants Die Suche danach, keine Frage, kann eine der interessantesten Urlaubsbeschäftigungen im Schwarzwald sein. Und das Gute daran ist: Man braucht sich weder um bekannte Restaurant-Führer noch um hohe oder niedrige Preise zu scheren. Denn enttäuscht wird man eigentlich nirgendwo. Auch in der Tageszeit ist man kaum festgelegt: Es gibt immer wieder Vesperstuben, wo die Wirtsleute kalte Wurst, Schinken oder auch etwas Käse mit herrlich duftendem, frischem Brot servieren. Diese deftigen Speisen zwischen den Hauptmahlzeiten, vor allem nach einer langen Wanderung oder nach dem Baden, gibt es im ganzen süddeutschen Sprachraum (Bayern: Brotzeit, Österreich: Jause) - aber im Schwarzwald finden sie mit dem hervorragenden Schinken wohl ihren Höhepunkt.

Eine gute Küche läßt sich am besten an den Suppen und Soßen messen. Die Schwarzwaldküche spart nicht mit feinem Rahm, vermeidet andererseits mehlige, dicke Soßen, z. B. auf dem Gemüse. Hechtklößchen- oder Gemüsesuppe sind immer wieder zu empfehlen, aber selbst Flädlesuppe (mit Pfannkuchenstreifen) ist erfahrungsgemäß nicht so mächtig, daß der Appetit für die folgenden Speisen vergeht. Solche Suppen sind der beste Einstand für ein üppiges Menü.

Als Hauplgang kommen im Schwarzwald mit Vorliebe verschiedene Varianten von gekochtem oder gebratenem Rindfleisch auf den Tisch, besonders gut macht sich auch Rostbraten oder Schäufele (Schweineschulter) zu den nudelartigen Beilagen - Pasta auf schwäbisch oder badisch! Die Palette ist sehr reichhaltig. Immer wieder gilt es neu zu erforschen: Wie sind hier und heute die Spätzle gelungen? Ihre genaue Zubereitung (Mehl und Ei) verraten die Köche nicht. Das ist eine »geheime* Kunst. Sie erreicht ihren Höhepunkt bei den Kässpätzle oder Knöpfle (badisch), die als eigene Mahlzeit gereicht werden und geradezu süchtig machen können.
Ahnlich verhält es sich mit den Maultaschen (Nudeltcigtaschen mit Füllung) oder Schupfnudeln (Kartoffelteig). Diese Beilagen, die auch zu Hauptgerichten werden können, sind eine ausgemachte Spezialität des Südwestens. Und auf alle sonstigen Zutaten, wie Gemüse oder Salate, verwenden die Köche meist genausoviel Sorgfalt. Selten stellt ein Kellner einfach nur Kartoffeln auf den Tisch, z. B. die guten Bratkartoffeln; meist wurde noch ein interessantes Gewürz drüber gestreut oder ein nettes Söß-le beigegeben.

Im Frühjahr genießt man den Spargel mit einer guten holländischen Soße und mit Kratzete (zerpflückten und gebratenen Pfannkuchenslücken). Dazu noch etwas Wein vom warmen Rheintal, z. B. vom Kaiserstuhl, und der kulinarische Genuß ist perfekt.
Krönung der Schwarzwälder Kochkunst sind die Süßspeisen, zuallererst denkt man natürlich an die berühmte Schwarzwälder Kirschtorte. Ganz zu schweigen von den Desserts: Alle Arten von Mehlspeisen, mit Sahne, Eis und allerlei Früchten garniert, kann man getrost auf sich zukommen lassen, ohne die Überfüllung fürchten zu müssen. Die Kirschtorte sollte man allerdings zu reichlich Kaffee lieber nachmittags separat verzehren. Zum Abschluß einen Schnaps, der schmeckt im Schwarzwald nun einmal besonders gut. Das berühmte Kirschwasser jedenfalls ist unübertroffen.







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