REFERAT-MenüArchaologieBiographienDeutschEnglischFranzosischGeographie
 GeschichteInformatikKunst und KulturLiteraturMarketingMedizin
 MusikPhysikPolitikTechnik

Die freie Reichsstadt in der Zeit der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges

Die freie Reichsstadt in der Zeit der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges

Köln und die religiösen Auseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts

Im Jahre 1519 wurde Köln erstmals mit den Thesen Luthers konfrontiert. Die Universität Löwen hatte der Kölner Hochschule Auszüge aus den Schriften des thüringischen Reformators übersandt und um eine Stellungnahme gebeten. Die Kölner Theologieprofessoren befanden die ihnen rgelegten Texte als Irrlehren - sie seien »gottlos und verdammungswürdig«. Diesem Urteil schloß sich Löwen an - die Gutachten beider Universitäten bildeten dann die Grundlage für die Bannandrohungsbulle, die der Papst 1520 gegen Luther erließ. Der Kölner Rat beschloß daraufhin, Druck und Verbreitung lutherischer Schriften zu verbieten. Als Karl V. im November 1520 in Köln weilte, wurden auf Betreiben eines päpstlichen Bellmächtigten auf dem Domhof Texte Luthers öffentlich verbrannt.

Nachdem der Wormser Reichstag den Reformator 1521 in die Acht erklärt hatte, ging die Stadt mit aller Schärfe gegen Anhänger der neuen Lehre r - die Anlehnung an das habsburgi-sche Kaiserhaus, das dem katholischen Glauben die Treue hielt, war oberstes Prinzip der Kölner Politik in jenen Tagen; umgekehrt erwartete man m Kaiser Schutz und Bestätigung aller Privilegien, r allem der Reichsstandschaft. Ein besonderer Gerichtshof wurde eingesetzt, r dem sich diejenigen verantworten mußten, die der »Ketzerei« verdächtigt wurden. Ein trauriger Höhepunkt im Kampf der Stadtobrigkeit gegen relormatorische Bestrebungen wurde 1529 erreicht: Am 27. September schritten zwei der Ketzerei bezichtigte Anhänger Luthers zum Richtplatz zu Melaten - Adolf Ciarenbach und Peter n Fliesteden, die das Hohe weltliche Gericht in einem fragwürdigen Prozeß zum Tode verurteilt hatte. Prozeß und Hinrichtung dienten wohl eher der Abschreckung, denn in der Stadt, selbst in Kreisen der Universitätsdozenten, hatte evangelisches Gedankengut Anklang gefunden. Die beiden »Ketzer« wurden mit besonderem Einverständnis des Erzbischofs dem Feuertod überantwortet. Auf dem Kölner Erzstuhl saß zu jener Zeit Hermann n Wied, mit dessen Namen jene Vorgänge verknüpft sind, die als »Kölner Reformation« in die rheinische Kirchengeschichte eingehen sollten. Zunächst ein unbeugsamer Gegner jeglicher »Ketzerei« - so wurden auch die Wiedertäufer in Stadt und Erzstift blutig verfolgt - wandelte er sich zu einem Verfechter eines gemäßigten Reformkurses. Eine 1536 n ihm einberufene Kirchenversammlung beschloß stärkere Einflußnahme auf den Lebenswandel der Geistlichen und eine Verbesserung der Glaubensverkündigung. Als Hermann 1546 offen zum lutherischen Bekenntnis übertrat, hatte das seine Absetzung und Exkommunikation zur Folge - mit der Wahl seines streng katholischen Nachfolgers Adolf n Schauenburg war der Versuch gescheitert, die Reformation im Rheinland »n oben« einzuführen. Nicht n ungefähr gründeten die Jesuiten, die später bei der Verteidigung des katholischen Glaubens in rderster Linie stehen sollten, damals ihre Niederlassung in Köln, die erste der »Societas Jesu« in Deutschland.




In eine schwierige Situation geriet Köln in den 60erjahren des 16. Jahrhunderts, als die Niederlande, die nach einer Erbteilung im Hause Habsburg an dessen spanische Linie gefallen waren, n einem blutigen Religionskrieg erschüttert wurden; um dem Schreckensregiment zu entkommen, das die Spanier in den niederländischen Provinzen errichtet hatten, flüchteten rund 150 Familien, r allem aus der Kaufmannsschicht, nach Köln. Die Flüchtlinge, hauptsächlich aus den südniederländischen Städten Gent, Brügge und Antwerpen, hofften natürlich, daß ihnen die Kölner, ihre traditionellen Handelspartner, Gastfreundschaft gewährten. Doch auch im katholischen Köln beanspruchten sie das Recht der Glaubensfreiheit, was dazu führte, daß sich in ihrem Gefolge drei calvinistisch-refor-mierte Gemeinden bildeten, nach Herkunft und Sprache ihrer Mitglieder als niederländisch, französisch und hochdeutsch bezeichnet. Die niederländische Gemeinde gab dem Friedhof an der Kerpener Straße seinen Namen; der Rat hatte nämlich schon 1560 Begräbnisse n Protestanten innerhalb der Stadtmauern verboten - so wurde für sie ein eigener Friedhof außerhalb der Stadt angelegt und nach den Angehörigen der zahlenmäßig stärksten Gruppe (die den Spottnamen »Geusen« = Bettler übernommen hatten) »Geusenfriedhof« genannt. Auf Druck der Spanier und unter dem Einfluß der Gegenreformation, die in Köln n den Jesuiten und der Kartause St. Barbara betrieben wurde, erließ der Rat seit 1570 wiederholt Ausweisungsbeschlüsse für »Geusen«, »fremde Kalviner« und Lutheraner, so etwa im Sommer 1582.

Im Dezember desselben Jahres gab indessen der Kölner Kurfürst und Erzbischof Gebhard Truchseß n Waldburg seinen Übertritt zum Calvinismus bekannt - eigentlich nur aus privaten Gründen, da er eine Stiftsdame aus Gerresheim zu ehelichen gedachte. Auf Eingebungen protestantischer Kreise hin wollte er allerdings nicht aufsein Amt als Erzbischof verzichten; Gebhards Schritt wurde weder m Reichsrecht noch m Augsburger Religionsfrieden noch n der Verfassung des kurkölnischen Staates gedeckt, so daß er allseits auf erbitterten Widerstand stieß. Das Domkapitel erwirkte seine Absetzung durch Papst und Kaiser - in Köln wählte man den Wit-telsbacher Ernst n Bayern zum neuen Erzbischof. Diese Wahl bildete einen wichtigen Meilenstein im Kampf für ein katholisches Rheinland. In diesem Zusammenhang muß man auch die Einfuhrung des »Gregorianischen Kalenders« (der n Papst Gregor XIII. veranlaßten Reform der christlichen Zeitrechnung) sehen - am 28. Oktober 1583 beschloß der Rat die Übernahme des neuen Kalenders; damit wies sich Köln als »treue Tochter der römischen Kirche« aus, wie es das Stadtsiegel seit Jahrhunderten verkündete.

Gebhard Truchseß war allerdings nicht gesonnen, seine Absetzung hinzunehmen - ein blutiger Krieg, genannt der Kölnische oder »truchsessische«, brachte dem Erzstift jahrelange Verheerungen; es war eine Auseinandersetzung n beinahe europäischer Dimension, spanische Truppen traten zugunsten des Witteisbachers auf, die Anhänger Gebhards drohten mit dem Eingreifen Frankreichs. 1585 konnte sich Ernst n Bayern im gesamten Erzstift durchsetzen - der »Kölnische Krieg« war damit entschieden, doch durch die Ausweitung des Krieges in den Niederlanden fanden die Rheinlande auch dann keinen Frieden.

Köln und die »Konkurrentin« Mülheim

Seit dem Amtsantritt Ernst von Bayerns wurden Protestanten in Köln nur noch geduldet. Der Rat machte die Verleihung des Bürgerrechts indessen von der Zugehörigkeit zum katholischen Glaubens abhängig; Protestanten wurde der Eintritt in die Gaffeln und damit jegliche Einflußnahme auf die öffentlichen Angelegenheiten verwehrt, Erwerb von Grundeigentum war ihnen verboten, sie wurden auch vom Einzelhandel ausgeschlossen. Fortan führten die kleinen evangelischen Gemeinden Kölns (man schätzt die Zahl ihrer Mitglieder auf höchstens 300 - bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 35.000 Einwohnern) eine Art Untergrunddasein. Da die Protestanten keine öffentlichen Gottesdienste halten durften, trafen sie sich heimlich, in Privathäusern oder auf Schiffen - viele wanderten aber auch ins rechtsrheinische Städtchen Mülheim ab. Vor allem durch den Zuzug reicher protestantischer Kölner Familien, die den Schikanen des Rates entgehen wollten, erlebte Mülheim - eine 1098 erstmals erwähnte Siedlung, die zum Herrschaftsbereich der Grafen/Herzöge von Berg gehörte - nach 1575 einen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung. Schon zweimal (in den Jahren 1286 und 1417) hatte Köln den Ausbau Mülheims zur Festung verhindert - 1612 aber planten die Herzöge von Berg, den Ort zu einem bevorrechteten Wirtschaftszentrum von der Größe Frankfurts zu erweitern. Schon während des Kölnischen Krieges war in Mülheim mit dem Bau einer neuen Befestigung begonnen worden, deren Fortgang man in Köln mit großem Mißtrauen verfolgte. Um die Jahrhundertwende kamen die Arbeiten vorübergehend ins Stocken. Als aber nach dem Aussterben des jülich-bergischen Herzogshauses der Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuerburg und Kurfürst Sigismund von Brandenburg 1609 gemeinschaftlich die Regierung in Berg übernahmen, wurden sie wiederaufgenommen. Im Jahre 1612 erließen die beiden Landesherren einen Aufruf, in dem zur Ansiedlung in Mülheim eingeladen und allen Neubürgern erhebliche wirtschaftliche Vorteile sowie volle Religionsfreiheit zugesagt wurde. Neben vielen Familien aus allen Teilen Deutschlands zogen auch protestantische Kölner in den bergischen Ort um und halfen mit, den großzügigen Erweiterungs- und Befestigungsplan zu verwirklichen, den die Landesherren entworfen hatten. Das Projekt bedeutete in mehrfacher Hinsicht eine Bedrohung Kölns - die reich privilegierte Neustadtanlage hätte sich zu einer wirtschaftlichen Konkurrenz entwickeln können, die dort herrschende Rel igionsfreiheit war dem Kölner Rat ohnehin ein Dorn im Auge, und in der Anlage der neuen Befestigungen sahen die Ratsherren eine eindeutige militärische Gefährdung Kölns. Deshalb setzte der Rat alle politischen Hebel in Bewegung, um das Projekt zu stoppen. Die Schiedssprüche von Kaiser und Reichskammergericht, die die Einstellung der Arbeiten anordneten, verhallten indessen ungehört.

Erst die Uneinigkeit der beiden Landesherren, von denen sich der Pfalzgraf der kaiserlichen Entscheidung unterwarf und zugleich zum Katholizismus übertrat, brachte das Werk zum Stillstand. Der Pfalzgraf half dann auch 1614 mit, die Mauern und Türme Mülheims niederzulegen und die Wallgräben einzuebnen - das Zerstörungswerk wurde hauptsächlich von spanischen Truppen des Generals Ambrogio Spinola durchgeführt, den die Kölner um Hilfe gebeten hatten. Ein Jahr später ließ der Kölner Rat in Vollzug eines Urteils des Reichsgerichtshofs auch die neuerrichteten Wohnviertel Mülheims niederreißen. Was die Protestanten in Deutschland als erbarmungslose Gewalttat anprangerten, feierten die Kölner Ratsherren als Sieg ihrer Sicherheitspolitik.

Der Kölner Raum im Dreißigjährigen Krieg - Jan von Werth

Diese Sicherheitspolitik wurde konsequent beibehalten, als drei Jahre später jener große Krieg ausbrach, der als der »Dreißigjährige« in die Geschichte einging. Wegen ihrer weitreichenden Handelsbeziehungen auch zu protestantischen Mächten wie England und den Niederlanden wahrte die katholische Reichsstadt Köln in dieser Auseinandersetzung strikte Neutralität. Begünstigt wurde diese Politik dadurch, daß das Rheinland zunächst nicht zum Kriegsschauplatz wurde. Dennoch mußten auch die rheinischen Städte Truppendurchmärsche und Einquartierungen hinnehmen. Nur einmal, im Dezember 1632, geriet Köln ernsthaft in Gefahr, unmittelbar in die Kriegshandlungen hineingezogen zu werden. Obwohl man mit dem schwedischen König Gustav IL Adolf, der zugunsten seiner protestantischen Glaubensbrüder im Deutschen Reich interveniert hatte, schon längere Zeit verhandelte, bedrohte eine schwedische Armee unter General Baudissin den Kölner Raum. Von Siegburg kommend, wandten sich die Schweden gegen Deutz, dessen Befestigungen die Kölner mit Einverständnis des Erzbischofs verstärkt und mit städtischen Soldaten besetzt hatten. Ein Augenzeugenbericht des Deutzer Mönches Rupertus Hollwegh schildert den schwedischen Angriff: »Am 20. Dezember 1632 fiel der schwedische General Baudissin in Deutz ein. Er raubte und plünderte den Flecken aus und überfiel auch die Abtei in der Absicht, die Geistlichen gefangenzunehmen. Diese aber hatten sich in aller Eile in einen hohen Turm gerettet und die Brücke, über die sie gelaufen waren, zu sich in den Turm hochgezogen. Die Kölnischen schössen zudem vom anderen Ufer aus unablässig auf die Schweden. Auch wurden die Bürger, Soldaten und Handwerker in der Nacht durch Trommelschlag versammelt; sie setzten am nächsten Tag am frühen Morgen mit vielen Schiffen über und trieben die Schweden aus der Abtei und aus Deutz. Am folgenden Tage, dem 22. Dezember, lagen kölnische Wachschützen auf dem Kirchhof und warfen - ich weiß nicht, aus welchem Grunde - Feuer in die Pfarrkirche. Dieses hei in das Pulver, das die Schweden zurückgelassen hatten, und sprengte die Kirche in die Luft.« Die Explosion kostete 300 Menschen das Leben. Angesichts des unerwartet starken Widerstandes zog sich Baudissin schließlich zurück und marschierte mit seinen Truppen in Richtung Siegburg. Nach diesem Intermezzo blieb Köln von kriegerischen Handlungen weitgehend verschont; eine Bittstunde für den Frieden, die der Rat im August 1633 in allen Pfarrkirchen an jedem Donnerstag abzuhalten anordnete, trug offensichtlich Früchte. Natürlich litt die Stadt allgemein unter den Auswirkungen des Krieges, waren doch Handel und Gewerbe immer wieder schweren Störungen ausgesetzt.
Andererseits brachte der Krieg gerade den Kölnern, die die Befestigungen der Stadt weiter ausbauten und auch das kurkölnische Deutz in das städtische Verteidigungssystem einbezogen, auch einigen Gewinn. So war Köln ein beliebter Zufluchtsort für Arm und Reich, für die vertriebenen Bischöfe von Osnabrück, Worms und Würzburg wie für die Bauern des Umlandes, die bei drohender Gefahr ihre Höfe aufgeben mußten. Die Bauern vom platten Land brachten sogar ihre Erntevorräte in der Stadt unter; in den Wällen und in den Mauerbögen unter den Wehrgängen kampierten sie mit ihren Familien und ihrem Vieh. Von weit her zog man darüber hinaus Pferde in der Stadt zusammen, um sie vor der Requisition zu bewahren. Die ungebetenen Gäste wurden mit möglichst hohen Preisen und Mieten geschröpft. In der Bevölkerung war auch die Hehlerei sehr verbreitet, bereitwillig nahm man Beutestücke aus Plünderungen an. Als in den 1630er Jahren kurz die Pest in Köln wütete, mußte der Rat gar gegen Handwerker vorgehen, die für Särge Wucherpreise verlangten. Schließlich lockerte man in der Endphase des Krieges sogar das Aufenthaltsverbot gegenüber den Juden, die Stadt belegte aber die Wertsachen jüdischer Ärzte und Geschäftsleute mit einer zehnprozentigen Steuer.

Der führende Rang Kölns im Vieh-, Wein- und Getreidehandel wurde durch den Krieg keineswegs gemindert, nur die Herkunftsländer der Waren änderten sich je nach Kriegslage und Ernteverhältnissen. So konnten während des gesamten Krieges die Kölner Brauer und Schnapsbrenner ihren Betrieb aufrechterhalten, was nur in wenigen deutschen Städten vorkam. Die Neutralität Kölns wurde im allgemeinen geachtet - das hatte zur Folge, daß auch die Schweden die Handelsgüter der freien Reichsstadt unbehelligt passieren ließen, daß ihre Truppen in Köln aber auch Verpflegung, Waffen und Munition einkaufen konnten. Überhaupt war die Versorgung der zahlreichen Armeen ein großes Geschäft für verschiedene Branchen. So bestellte die kaiserliche Armee 1634 unter anderem 2.000 kleine Rüstungen, 1.000 Paar Pistolen und 3.000 Karabiner bei Schmieden und Büchsenmachern in der Stadt. Auch Tuchmacher, Schneider und Schuhmacher profitierten von den umfangreichen Bestellungen an Uniformen, Stiefeln, Sätteln und Riemen. Es läßt sich ohne Übertreibung sagen, daß Köln den großen Krieg weitaus glimpflicher als andere deutsche Städte überstand. Problematisch wurde für die Stadt allenfalls die große Zahl zugewanderter »Habenichtse«; sie wurden seit den 1630er Jahren zum Festungsbau verpflichtet, zudem gründete man auf Vorschlag zweier Geistlicher'das 'Werkhaus St. Salvatoris«, das sich der Armen annahm, wo Lohnfragen geregelt, Unterbringung und Ernährung sichergestellt wurden, wahrscheinlich der älteste Versuch in Deutschland, Armenarbeit durchzuführen.

Einer der kaiserlichen Befehlshaber hält bis heute die Erinnerung an den Dreißigjährigen Krieg in Köln lebendig: Jan von Werth, der legendäre Reiterführer, der 1636/37 einige Zeit in der Stadt weilte und in der Gereonstraße ein Haus erwarb, das »Raitzenhaus«, in das seine Mutter einzog. 1636 wurde er von den Kölner begeistert gefeiert, nachdem er einen tollkühnen Streifzug bis vor die Tore von Paris unternommen hatte; im Sommer 1637 vertrieb er die Franzosen aus der Festung Ehren-breitstein, von wo aus die Rheinschiffahrt empfindlich gestört worden war. Zum Dank schenkte ihm die Stadt Köln eine goldene Kette im Wert von 400 Goldgulden. Die Eroberung Eh-renbreitsteins blieb als eine der größten Leistungen Jan von Werths im Bewußtsein der Kölner haften. Um den General, dem der Kaiser die Herrschaft Benatek in Böhmen verlieh (dort starb er 1652), rankt sich eine Reihe von Legenden und Sagen, unter anderem die von »Jan und Griet«; der arme Knecht Jan, so heißt es da, habe nur aus verschmähter Liebe die militärische Laufbahn eingeschlagen, Griet, die seinen Heiratsantrag abgelehnt hat, muß dann miterleben, wie aus Jan ein berühmter Kriegsmann wird. Als er Jahre später in Köln einreitet, sieht er die arme Krämerin Griet am Tor sitzen - in Anspielung auf seinen Antrag sagt er: »Griet, wer et hätt je-donn!« Griet seufzt, faßt sich aber und antwortet: »Jan, wer et hätt jewoß!«

Hexenprozesse und neuer Heiligen- und Märtyrerkult

Die Verfolgung von Frauen als »Hexen« hat auch in Köln eine lange Tradition - schon während des Aufstandes gegen Erzbischof Anno IL wurde eine Frau der Zauberei verdächtigt und ohne Prozeß von der Stadtmauer gestürzt. Eine systematische Hexenjagd setzte dann im 15. Jahrhundert ein, nachdem der Dominikaner Heinrich Institoris sein berüchtigtes Werk »Der Hexenhammer« veröffentlicht hatte - ein Handbuch zur Ausrottung »teuflischer« Frauen, mit ausführlichen Anleitungen für Verhör und Folter. In den dunklen Tagen des Dreißigjährigen Krieges fielen vor allem in Oberdeutschland und Mainfranken Tausende von Frauen dem kollektiven Wahn der Hexenverfolgungen zum Opfer. Im Vergleich zu anderen Städten fand in Köln indessen eine »geringere« Zahl von Hexenprozessen statt - der Kölner Rat, stets auf Gegenkurs zum Erzbischof, verhinderte zumeist Schlimmeres, indem er zahlreiche der Hexerei beschuldigte Frauen nicht der erzbischöflichen Blutgerichtsbarkeit übergab, sondern der Stadt verwies; dennoch wurden in Köln allein im Jahre 1628 mindestens zwölf Frauen als Hexen hingerichtet. Ein Jahr zuvor hatten Prozeß und Hinrichtung der Postmeistertochter Katharina Henoth über Köln hinaus großes Aufsehen erregt; sie war von Nonnen des St. Claren-Klosters am Römerturm der Hexerei bezichtigt worden. Trotz mehrfacher Folter legte die Witwe (die sich gerade in einem Rechtsstreit mit dem Taxiss-chen Generalpostmeister befand) kein »Geständnis« ab - sie wurde zum Tode verurteilt und im Mai 1627 auf Melaten verbrannt.
Möglicherweise hat dieser Prozeß den Jesuitenpater Friedrich Spee von Langenfeld, der damals vertretungsweise am Dreikö-nigengymnasium als Lehrer tätig war, veranlaßt, seine Schrift »Mahnung zur Vorsicht bei Hexenprozessen« zu schreiben, ein Buch, das mit den Folterknechten und ihren absurd-niederträchtigen Methoden abrechnete und dazu beitragen sollte, das Unwesen der Hexenverfolgungen allmählich einzudämmen. Man findet darin bemerkenswerte, heute selbstverständliche Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit: »Es ist ein aus dem Naturrecht selbst abgeleiteter, von Theologen und Rechtsgelehrten gleichermaßen anerkannter Grundsatz, daß man jeden so lange für gut zu halten hat, bis hinreichend nachgewiesen wird, er sei böse.« 1631 erschien das Buch, ohne Druckerlaubnis des Ordens. Spee, der auch als Dichter geistlicher Lieder bekannt wurde, starb vier Jahre später in Trier, wo er als Seelsorger und Krankenpfleger in Lazaretten und Siechenhäusern Dienst tat.

Daß in Köln zwischen 1630 und 1645 keine Hexenverbrennung mehr stattfand, lag allerdings nicht an Spees Schrift, sondern am Fall der Christine Plum: die bezichtigte sich selbst der Hexerei, beschuldigte aber gleichzeitig zehn bekannte Bürger, darunter den Domherrn Franz von Lothringen, am Hexentanz teilgenommen zu haben. Um den »Skandal« nicht auszuweiten, wurde die Plum in einem Schnellverfahren verurteilt und hingerichtet. Die Prozeßakten wurden dann vernichtet - um Spuren zu verwischen.
Krieg und Gegenreformation bewirkten in Köln indessen auch eine Wiederbelebung von Märtyrerkulten - so stiftete etwa der kaiserliche Gesandte Johann von Crane im Jahre 1643 der St. Ursula-Kirche den Bau der sogenannten »Goldenen Kammer«, des Reliquienraumes, in dem 122 goldene und silberne Büsten und Kopfreliquiare aufbewahrt werden, darunter auch die Halbfiguren der hl. Ursula und zweier ihrer Gefährtinnen. Den Namen erhielt der Raum vom vergoldeten Akanthusran-kenwerk, das die Nischen im unteren Teil der Kammer umrahmt. Der obere Wandbereich wurde mit zahlreichen Gebeinen belegt, die zu Symbolen und Ornamenten zusammengefügt wurden. Zehn Jahre zuvor hatte man im Dom die Gebeine des Erzbischofs Engelbert, des »Heiligen« (der 1225 ermordet, aber nie heilig oder selig gesprochen worden war), in einen kostbaren Schrein, den »Engelbertschrein«, umgebettet. Eine Gruppe von »unbeschuhten« Karmeliterinnen aus Brüssel und Antwerpen gründete 1637 ein Kloster in der Schnurgasse, genannt St. Maria vom Frieden - hier wurde Maria als Königin des ersehnten Friedens verehrt; das Gnadenbild stammte aus dem Nachlaß der französischen Königin Maria Medici, die - aus Paris vertrieben - ihre letzten Lebensjahre in Köln verbrachte. Sie hatte die Figur aus dem Holz der berühmten heiligen Eiche von Scharpenheuvel in Brabant anfertigen lassen. Noch bedeutender wurde das Gnadenbild der »Schwarzen Muttergottes« in der Kirche St. Maria in der Kupfergasse, die zum Kloster der Karmeliterinnen in der Schwalbengasse gehörte. Die Kölner riefen die »Schwarze Muttergottes« (die Herkunft des Gnadenbildes ist ungeklärt) in Notzeiten als »Trösterin der Bedrängten« an. Nach dem Krieg, am Ende einer großen Pestepidemie, entwickelte sich die Kalker Kapelle der »Schmerzhaften Muttergottes« zum bevorzugten Wallfahrtsziel der Kölner. Die Figur, die im 14. Jahrhundert entstand, war bis 1666 in einem kleinen Heiligenhäuschen untergebracht und nur für die nähere Umgebung bedeutsam. Die Wallfahrt nach Kalk wurde zum Ausdruck des Dankes derjenigen übernommen, die die todbringende Krankheit verschont hatte.







Haupt | Fügen Sie Referat | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen