REFERAT-MenüArchaologieBiographienDeutschEnglischFranzosischGeographie
 GeschichteInformatikKunst und KulturLiteraturMarketingMedizin
 MusikPhysikPolitikTechnik

Tübingen

Tübingen

Württembergs Poetenschmiede

Wenn zu Semesterbeginn rund 22 000 Studenten in Tübingen einziehen, beherrscht die Jugend die Szene zwischen Neckarbrücke, Marktplatz und Stift. Extremer als in Deutschlands kleinster Unirsitätsstadt ist das Verhältnis von Einwohnern zu Studenten nirgendwo sonst: 4 zu 1. Die Uni ist die Lebensader und mit 8000 Angestellten der größte Arbeitgeber der Stadt. Kurzum: andere Städte haben eine Unirsität-Tübingen (83 000 Einw.) ist eine.

Entsprechend anspruchsvoll oder frech präsentiert sich das kulturelle Angebot, von Weltklasse-Ausstellungen in der städtischen Kunsthalte über Theater und Konzert bis zu einer ansehnlichen Rock-Jazz-Kleinkunst-und Kneipenszene. Doch alles blieb noch immer überschaubar und gemütlich - dafür sorgt schon die Topographie der Stadt zwischen dem Neckar und dem steilen Schlossberg. Ihr rdankt Tübingen seine besonders pittoresken Gassen mit Treppen - hier Staffele genannt - bis zum ansteigenden Marktplatz mit seiner schiefen Ebene.

Geschichte

Nicht wenige Städte und Dörfer zwischen Neckar und oberer Donau haben die Endung »ingen«. Das ist ein nahezu untrügliches Zeichen dafür, dass sie von den Alemannen gegründet wurden, die sich vor etwa 1500 lahren in dieser Region niederließen. Sie bauten sich auf einem Höhenzug zwischen dem Neckar und der Ammer eine Burg, nannten sich Grafen von Tübingen und konnten ihren Einfluss auf ein großes Gebiet ausdehnen.


Schriftlich erwähnt wurde Tübingen erstmals 1078,1146 erhielt Hugo von Tübingen die Würde eines Pfalzgrafen, und 1231 wurde Tübingen als »civi-tas«, sprich Stadt mit allen Rechten, bezeichnet. Doch dann verarmten die Tübinger und mussten 1342 die ganze Stadt an die Grafen von Württemberg verkaufen. Von nun an spielt Tübingen eine wichtige Rolle in der Geschichte Württembergs. 1477 gründete Graf Eberhard im Bari hier die erste Universität des Landes, und aus der 3000 Einwohner zählenden Handelsstadt wurde ein Hort des Geistes - erst recht, als nach Einführung der Reformation 1535 Herzog Ulrich von Württemberg das Evangelische Stift gründete, um den Pfarrernachwuchs auszubilden.

Im Lauf der folgenden Jahrhunderte ging aus dem Evangelischen Stift nicht nur die geistliche, sondern auch die geistige Elite des Landes hervor (s. S. i8f.). Und während sich das benachbarte Reutlingen - mit Tübingen seit eh und je in gegenseitiger Hassliebe verbunden - dank seiner Industrie zur »Stadt des Geldes« entwickelte, blieb Tübingen die »Stadt des Geistes«.

Im Zweiten Weltkrieg erwies sich dies auch materiell durchaus als Vorteil: Während Reutlingen sehr unter Kriegszerstörungen zu leiden hatte, blieb das mittelalterliche Tübingen weitgehend von Schäden verschont. Und in der Nachkriegszeit hatten die Stadtväter - wiederum im Gegensatz zu Reutlingen - kein Geld, um nennenswerte Bausünden zu begehen. So präsentiert sich das Zentrum heute als liebenswertes, verwinkeltes Städtchen mit jungem, von der Universität geprägtem Leben.

Die Neckarfront

Gleich von der Eberhardsbrücke
aus lässt sich erahnen, was Tübingen zu bieten hat. Das Panorama an der Neckarfront gehört zu den berühmtesten Stadtbildern Süddeutschlands: Spitzgiebelige, teilweise etwas alterskrumme Häuser kuscheln sich aneinander, behütet vom behäbigen Turm der Stiftskirche. Direkt am Wasser, wo Stocherkähne vertäut liegen, erhebt sich der dicke gelbe Hölderlinturm und hoch darüber thront - im Sommer von einigen üppigen Bäumen teilweise verdeckt - Schloss Hohentübingen.

Zwischen dem Fluss und einem parallel verlaufenden Seitenarm lädt die berühmte, im 19.1h. angelegte Platanenallee zum Bummeln ein. »Seufzerwäldchen« nannte man früher die im oberen Teil dicht bewachsene Anlage auf der Neckarinsel, denn zu Zeiten, als öffentliches Schmusen noch als unschicklich galt, waren hier so manche Liebesseufzer zu hören. Angeblich wurden dort mehr falsche (Liebes-) Schwüre geleistet als in allen Tübin ger Gerichtssälen zusammen.

Wie die vielen Kähne am Ufer beweisen, eignen sich beide Flussarme für eine Stocherkahnpartie. Bootsvermietung an der Neckarbrücke im Verkehrsverein.

Am Neckar verläuft der Zwinget, ein Fußweg mit einer bis ins 13.1h. zurückreichenden Zwingermauer, zum Hölderlinturm O. Eine Ausstellung im Turm erinnert an Hölderlins Studienjahre im Tübinger Stift und die Freundschaft mit Schelling und Hegel. Ausführlich ist auch die Zeit von 1807 bis zu seinem Tod (1843) dargestellt, die er ausschließlich im Turmzimmer verlebte (Öffnungszeiten: Di-Fr 10-12, 15-17, Sa, So, Fei 14-17 Uhr).

Jeweils am zweiten oder dritten Donnerstag im ]uni findet das berühmte Stocherkahnrennen rund um die Neckarinsel mit über 40 Kähnen statt - eines der lustigsten und wildesten Spektakel in Tübingen. Da bleibt kein Auge trocken.
Etwas oberhalb des Hölderlinturms erhebt sich die Bursa ©, ein zwischen 1478 und 1482 errichtetes Studentenwohnhaus. Es wurde 1803 im klassizistischen Stil zum ersten Tübinger Klinikum umgebaut. Wenige Schritte weiter folgt das Evangelische Stift O im Gebäude eines ehemaligen Augustinerklosters, seit 1535 Ausbildungsstätte und Wohnheim evangelischer Theologen.

Schloss Hohentübingen

Steile Treppen führen über die Burgsteige hinauf zum Schloss Hohentübingen in markanter Lage über der Stadt. Der kurze Aufstieg lohnt sich vor allem wegen des Ausblicks von der Burgsteige ins Neckartal und von der Terrasse über die Dächer der Altstadt ins jenseitige Ammertal. Das Schloss wurde ab 1505 an der Stelle einer Burg im Renaissancestil mit mächtigen Ecktürmen erbaut. Die vier Flügel des Schlosses umschließen einen rechteckigen Innenhof. Das Museum Schloss Hohentübingen zeigt eine bedeutende archäologische Sammlung. Glanzstücke sind altsteinzeitliche Elfenbeinschnitzereien, eine ägyptische Grabkammer sowie die griechische Bronzestatuette des »Tübinger Waffenläufers« (Öffnungszeiten: Mai-Sept. Mi-So u. Fei 10-18, Okt.-April Mi-So 10-17 Uhr).
Der Schlosskeller wird zur Zeit von Fledermäusen belagert und ist erst wieder zugänglich, wenn die kleinen Nachtschwärmer in die für sie hergerichteten Dachgeschosse umziehen. (Die aktuelle Lage erfährt man beim Verkehrsverein.)

Eher zum Gruseln ist das sogenannte »Femegericht«, ein rundes Verlies, wo in mannshohen Nischen mehrere Meter über dem Boden vermummte Richter Todesurteile über Delinquenten gesprochen haben sollen, die dann gleich lebendig eingemauert wurden. Doch reiner Mumpitz ist diese schaurige Geschichte und höchstwahrscheinlich eine Erfindung von Fremdenführern des vorletzten lahrhunderts - aber unheimlich fühlt man sich schon da unten.


Am Marktplatz

Am dreieckigen Marktplatz kann man bei einer Tasse Kaffee oder Tee im Cafe Pfuderer (Kronenstr. 11, Eingang auch vom Marktplatz aus zum Parterre) gemütlich verschnaufen und in aller Ruhe das prächtig bemalte Renaissance-Rathaus 0 mit rundem Erker und einem reich verzierten Giebelaufbau bewundern. Dort zeigt eine kunstvolle astronomische Uhr (1511) mit Glockenspiel den Lauf der Himmelsgestirne an. Einen Blick lohnt auch der pittoreske Neptunbrunnen (17. Jh.), der vor dem Rathaus sprudelt.

Beim Wochenmarkt Mo, Mi und Fr präsentiert sich der Marktplatz besonders fotogen.

Durch die Gögei

Durch die ludengasse hinter dem Rathaus, wo bis zu ihrer Vertreibung 1477 die Tübinger luden wohnten, geht es hinunter in die Unterstadt an den Ammerkanal, der im Mittelalter durch die Stadt gezogen wurde und streckenweise offen zwischen den Gassen und den über Brücken erreichbaren Häusern fließt. Einst musste der Kanal allen Schmutz und Unrat aufnehmen, der einfach ins Wasser gekippt wurde. »Gögei« nennt man diesen Teil der AltStadt nach den »Gögen«, wie die Weingärtner von Tübingen genannt wurden. Mittelpunkt des Viertels ist die Jakobuskirche, die um 1500 erbaut wurde und einen schönen gotischen Chor besitzt. An der Fruchtschranne . dem herzoglichen Fruchtkasten aus dem 15. Jh., bezaubert das besonders schöne alemannische Fachwerk. Ältestes urkundlich erwähntes Haus Tübingens ist der Stiefelhof von 1323, in dem einst Leder gegerbt wurde.

Das Kornhaus 0 von 1453 diente nicht nur dem Getreidehandel; vielmehr spielte sich in den Obergeschossen auch bürgerlich-geselliges Leben ab. Um 1600 gab es hier Theateraufführungen reisender Komödianten, heute fungiert es als Stadtmuseum (Di-Fr 15-18, Sa, So 11-18 Uhr).


Wilhelmsstift/Nonnenhaus

Der wuchtige Renaissance-Bau des Wilhelmsstifts ® kommt in den engen Gassen kaum zur Geltung. Zwischen 1588 und 1592 erbaut, war die vierflü-gelige Anlage anfangs eine Akademie für den Adel; seit 1817 werden im Kon-vikt katholische Theologiestudenten ausgebildet.

Ein Durchgang im Alten Schlachthaus, heute Ausstellungsgebäude des Tübinger Künstlerbundes, verbindet die Lange Gasse mit dem sanierten Altstadtteil um das Nonnenhaus . In diesem Fachwerkbau aus dem 14.1h. wohnten jahrhundertelang Franziskanerinnen. Der überdachte Treppenaufgang führt auf der einen Seite ins Haus, auf der anderen in einen brückenähnlichen Vorbau, das sogenannte »Sprachhaus«, das bis zum Ammerkanal reicht. Nach der Reformation 1534 wohnte hier der Medizinprofessor und Botaniker Leonhart Fuchs, Namensgeber der Fuchsie.

Am Holzmarkt

Vorbei am ehemaligen Pfleghof des Klosters Bebenhausen aus dem 15. |h. mit einer spätgotischen Marienkapelle gelangt man zum Holzmarkt. Hier in der Heckenhauerschen Buchhandlung erhielt von 1895 bis 1899 der Schriftsteller Hermann Hesse seine Ausbildung als Buchhändler.
Die eine Seite des Platzes säumen prächtige Fachwerkhäuser, die andere die 'Stiftskirche St. Georg ©, dazwischen erhebt sich der dem Heiligen gewidmete Brunnen. Weithin sichtbar beherrscht der Turm des spätgotischen Gotteshauses das Stadtbild. Im Mittelschiff fallen die reich verzierte Steinkanzel, ein Taufstein vom Ende des 15. Jhs. und das Altarbild des Dürer-Mitarbeiters Hans Schäufelein auf.

Das mit Büsten würdiger Chorherren verzierte Chorgestühl steht im Hauptschiff vor dem gotischen Lettner, weil der Chor seit Einführung der Reformation 1534 als Grablege der württembergischen Regenten diente. In den 14 Steinsarkophagen ruhen Herzöge und Grafen sowie deren Gemahlinnen, darunter die für die Stadt bedeutendsten Regenten Eberhard im Bart (Regierungszeit 1457-1496) und Herzog Ulrich (1498-1550).

Der allerschönste Ausblick auf Tübingen bietet sich vom Turm der Stiftskirche. Noch deutlich lässt sich das alte Universitätsviertel erkennen, das auf dem Bergrücken bis hin zum Schloss entstand - die obere Stadt der Akademiker und bürgerlichen Oberschicht; eng zusammengerückt folgt dann die »untere Stadt« der kleinen Leute, der Handwerker, Bauern und Weingärtner. Heute sind hier jedoch die Linien verwischt - und auch in der sanierten Altstadt lässt es sich jetzt schick und komfortabel wohnen.

Das Cottahaus gegenüber dem Haupteingang zur Stiftskirche war einst Sitz des berühmten Verlags. Hier wohnte auch Goethe bei seinen Besuchen in Tübingen, wenn er mit dem Verleger verhandelte.
In der Münzgasse befand sich das Zentrum der ersten Universität, die Alte Aula ©. Bei Stadtführungen wird auch der ehemalige Studentenkarzer mit seinen markigen Sprüchen an den Wänden geöffnet.

Die Kunsthalle

Die Kunsthalle in einem Neubaugebiet im Norden der Stadt ist zwar architektonisch bescheiden, hat jedoch wiederholt durch außergewöhnliche, großartige Ausstellungen international von sich reden gemacht (Philosophenweg 76, Öffnungszeiten: tgl. außer Mo 10 bis 18 Uhr).

Kleinod
3 km nördlich von Tübingen an der B464 Richtung Böblingen liegt das Kloster Bebenhausen. 1183/84 gründeten Prämonstratensermön-che im verschwiegenen Tal des Gol-dersbachs diese Niederlassung, die schon 1190 von Zisterziensern übernommen wurde. Sie besitzt hochgotische Meisterwerke wie den filigranen Dachreiter, den gewölbten Kreuzgang und das zweischiffige Sommerrefektorium.

Dass das Kloster Bebenhausen nach der Reformation 1535 aufgelöst wurde, erweist sich heute als Glücksfall: Umbauten blieben ihm fast völlig erspart. Ab 1807 gestaltete König Friedrich von Württemberg das ehemalige Abtshaus zu einem bescheidenen Jagdschloss um und ließ die gesamte, weitgehend erhaltene Anlage renovieren, ohne größere Veränderungen vorzunehmen. So gibt Bebenhausen heute einen guten Eindruck einer geschlossenen mittelalterlichen Klosteranlage (Öffnungszeiten: April bis Okt. tgl. 9-18, Nov. bis März 10-17 Uhr. Führungen April bis Okt. Sa, So, Fei 10-17 Uhr; Tel. o 70 71/60 2180).


Ausflüge

Wurmlinger Kapelle
Auf der Fahrt den Schönbuch entlang auf der B28 in Richtung Herrenberg taucht links auf einem markanten Hügel die Wurmlinger Kapelle auf. Sie zog schon seit der Romantik naturbewegte Wanderer an, darunter auch den jungen Ludwig Uhland: »Droben stehet die Kapelle, schauet still ins Tal hinab ...« setzte er der einst romanischen Kapelle ein literarisches Denkmal. Sie ist vom Parkplatz beim Rot-tenburger Ortsteil Wurmlingen zu Fuß erreichbar und stammt im Wesentlichen aus dem 17.1h. (Öffnungszeiten: So, sonst Schlüssel beim Pfarramt Wurmlingen, Lindenstr. 2.)

Romantiker sollten den Sonnenuntergang an der Wurmlinger Kapelle nicht versäumen - seit Generationen »Pilgerziel« für Verliebte.

Herrenberg
Im Halbrund schmiegt sich die Stadt (30800 Einw.) an den von einer Ruine gekrönten Schlossberg. Spitzgiebeli-ge Fachwerkhäuser, überwiegend nach dem Dreißigjährigen Krieg entstanden, bilden ein geschlossenes Altstadtensemble, das größtenteils als Fußgängerzone unbeschwertes Bummeln erlaubt und insgesamt unter Denkmalschutz steht. Besonders prachtvoll sind der Bebenhäuser Klosterhof in der Bronngasse nahe beim Marktplatz und der Stiftsfruchtkasten mit reich ornamentiertem Fachwerk. Den Mittelpunkt und die gute Stube der kleinen Stadt bildet der trapezförmige, leicht ansteigende Marktplatz mit Brunnen, klassizistischem Rathaus und schmucken Fachwerkhäusern drumherum. Darüber thront wie eine dicke Glucke die alles dominierende, weithin sichtbare gotische 'Stiftskirche, deren zierliches Zwiebeltürmchen so gar nicht zum massig wirkenden Turmstumpf passen will. Im Turm ist das größte süddeutsche Glockenmuseum mit 27 Exemplaren, das gelegentlich bei Führungen besichtigt werden kann.

Ein Fachwerkpfad mit 23 Stationen führt zu den lückenlos erhaltenen historischen Gebäuden der Altstadt. Dort erläutern illustrierte Tafeln die gesamte Fachwerkpalette -von fränkisch bis alemannisch. Am Marktplatz befindet sich ein Prospektautomat.

Fremdenverkehrsamt, Marktplatz 5, 71083 Herrenberg,
Tel. 07032/924224,
www.herrenberg.de

Hotel-Gasthof zum Hasen, Hasenplatz 6,Tel. 2040. Gehobenes Feinschmeckerlokal mit Biergarten, wechselnde Aktionstage.








Haupt | Fügen Sie Referat | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen