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Transformation in den postsozialistischen Staaten

Transformation in den postsozialistischen Staaten

Die Rückkehr Ostmitteleuropas nach Europa und die damit verbundene Transformation von Gesellschaft, Raum und Staat zählen zu den fundamentalen Veränderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts.

Die Grundaussage lautet, dass in den postsozialistischen Staaten nach dem Ende des kommunistischen Systems eine zum Westen analoge, nur zeitlich verschobene Entwicklung nicht stattgefunden hat und auch nicht stattfinden wird. Die Transformationsprozesse von Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Siedlungssystem erfolgen nach unterschiedlichen Zeithorizonten.

Die Transformationsprozesse der Gesellschaft weisen einen langfristigen Zeithorizont auf, wie etwa die Anderung der gesellschaftlichen Basisideologie oder die Normen und Werthaltungen der Bevölkerung. Sie betreffen die toyalität und Steuermoral des Bürgers gegenüber den Behörden.
Andere Transformationsprozesse haben dagegen schlagartig eingesetzt. Hierzu zählen die vom internationalen Kapital gesteuerten Investitionen, in erster Linie auf dem Immobilienmarkt sowie bei der Gründung von Banken, Versicherungen, Großhandelsketten, Industriebetrieben usw. Zu den Negativeffekten gehören die Entindustrialisierung und Entstaatlichung des Arbeitsmarktes. Diese führten zum schlagartigen Auftreten von Arbeitslosigkeit, ebenso wie das Ende des staatlichen Wohnungsbaus und die Privatisierung des bisher staatlichen Mietshausbestandes eine neue Wohnungsnot bedingt haben.



Wenn man die positiven Effekte der Liberalisierung, Privatisierung und Kommerzialisierung betrachtet, so kann von einer "neuen Gründerzeit gesprochen werden, die im Wesentlichen nur über die Metropolen eine vereinheitlichende internationale Decke ausgebreitet hat. Die Metropolen sind die Transformationsgewinner, denen auf der anderen Seite die Transformationsverlierer gegenüberstehen. Zu den Letzteren zählen die Industriereere und -Städte, allen voran das aus der Gründerzeit stammende oberschlesische Industriereer.

Persistenz sozialistischer Strukturen

Das planwirtschaftliche System hat in allen Staaten neue physische Strukturen geschaffen. Auf die Kollektivierung und Verstaatlichung der Landwirtschaft wurde bereits hingewiesen. Selbst dort, wo die rechtlichen Möglichkeiten bestehen, hat keine Rückkehr zu einer kleinbetrieblichen Landwirtschaftstattgefunden. Damit wird sich die Entwicklung des Agrarsektors, aber auch des ländlichen Raums anders vollziehen als im westlichen Europa.

Ähnliches gilt für die in Form von "Neuen Städten konzipierten großflächigen Areale des Ausbaus der Metropolen und Großstädte. Es ist aufgrund der Dimensionen des sozialistischen Wohnbaus undenkbar, dass die sozialistischen Neustädte niedergerissen und neu bebaut werden könnten.


Die Effekte der Privatisierung des Boden-und Immobilienmarktes

Die Privatisierung des Bodenmarktes gehört zu den wesentlichen Konsequenzen der Liberalisierung. Ein Vergleich mit der Aufhebung feudaler Nutzungsrechte und der Umwandlung in marktfähige Eigentumstitel in den liberalen Revolutionen des bürgerlichen Zeitalters liegt nahe. Ähnlich wie damals sind in der postsozialistischen Gesellschaft neue Klassengrenzen nach dem Einkommen und dem Vermögen an Realitäten entstanden. Gleichzeitig ist eine neue "Proletarisierung eingetreten.

Im ländlichen Raum trennten sich Besitzende und Nichtbesitzende. In den Städten haben sich analog zur britischen Gesellschaft segmentierte Wohnungsklassen herausgebildet.
Die Stadtplanung sieht sich mit dem Problem der Preisbildung nach Lagequalitäten und wachsenden Segregationsprozessen der städtischen Bevölkerung konfrontiert. Die Frage des Grunderwerbs durch Ausländer in den attraktiven Lagen der großen Städte und in Freizeitregionen hat mit dem EU-Beitritt eine neue Akzentuierung erfahren. Dieses aus dem westlichen Europa bekannte Dilemma von Planungsbehörden, zwischen den Interessen der örtlichen Bevölkerung und denen von ortsfremden Investoren einen Ausgleich zu finden, driftet nunmehr von den großen Städten zu den kleineren hinunter.
Im Zuge der Internationalisierung von Produktion und Kapital haben sich Großunternehmen und Banken transnational gestreuten Immobilienbesitz als Finanzanlage oder Portfolio-Investment zugelegt. Diese Entwicklungen spiegeln sich in den Metropolen in Form von großen Bürokomplexen, neuen Konsumpalästen und exklusiven Wohnprojekten wider.
Damit entspricht das schlagartige Entstehen eines internationalen Immobilienmarktes vor allem in den postsozialistischen Hauptstädten der Akzelerationsthese vom Plan zum Markt.

Die Privatisierung des staatlichen Wohnungssektors

Viel gesprochen wird von der Privatisierung des staatlichen Wohnungssektors. Es handelt sich dabei vor allem um die nach Moskauer Modell entstandenen Großwohnanlagen am Rande nahezu aller Großstädte in den postsozialistischen Staaten. Darüber hinaus wird jedoch der Begriff Privatisierung auch noch für andere Phänomene verwendet, darunter die Restitution des Mietshausbesitzes und die Ausgliederung von Wohnungen aus dem staatlichen Altbausektor und deren Übergang in privates Eigentum. Unterschiede der nationalen Wohnungsmarktmodelle wirken sich entscheidend auf die Besitzverhältnisse und letztlich auf das Sozialsystem aus.

Grundsätzlich hat sich damit eine Segmentierung des Wohnungsmarktes unter staatsweise unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Finanzierung vollzogen, wobei gleichzeitig mehrere Reformen in Richtung auf den Abbau zentralisti-scher Strukturen zugunsten lokaler Einheiten erfolgt sind. Für den Übergang von Munizipalregierungen zu Bezirksverwaltungen hin bieten Budapest bzw. Prag Fallbeispiele.
Zu beachten sind die Unterschiede in der Privatisierungspolitik zwischen Tschechien und Ungarn. Es ist bezeichnend für die tschechische Entwicklung, dass Prager Wissenschaftler und Politiker mit dem Urban Research Center in Washington zusammenarbeiten, so dass die amerikanische Wohnungsmarktideologie in Tschechien Eingang gefunden hat. Dies führt dazu, dass im Anschluss an die Bautätigkeit in der Zwischenkriegszeit nunmehr das Reihenhaus wieder als Idealbild erscheint und ebenso wie damals die Frage diskutiert wird, ob durch die Reduzierung der Geschosshöhe, der Mauerstärke oder die Verwendung von billigeren Materialien die Kosten gesenkt werden können.

Anders ist die Situation in Ungarn, wo mit den Niederlanden zusammengearbeitet wird, womit die Konzeptionen des sozialen Wohlfahrtsstaates Eingang finden, eine forcierte Privatisierung bereits auf Kritik stößt, die Konsequenzen in Bezug auf eine mögliche extreme Segregation der Einkommens- und Altersgruppen der Bevölkerung erkannt werden und Subjekt- an Stelle von Objektförderung als Allheilmittel dient. Ungarn unterscheidet sich aber nicht nur auf dem Wohnungsmarkt, sondern auch auf dem Arbeitsmarkt deutlich vom tschechischen Modell. Infolge der frühen Einführung der Reformen innerhalb des planwirtschaftlichen Systems bildet Ungarn überhaupt einen speziellen Typ in der Umwandlung vom Plan zum Markt in Ostmitteleuropa.
Infolge des Abbruchs der sozialistischen Städtebaupolitik auf dem Wohnungsmarkt hat in allen Staaten im engeren Stadtumland eine neue Welle der anarchischen Urbanisierung in Form von Einfamilienhäusern begonnen, mitgetragen von der steigenden Motorisierung und ebenso den steigenden Mieten in den Kernstädten der Metropolen.

Die Umstrukturierung des Arbeitsmarktes

Während der Wohnungsmarkt aufgrund des dominierenden privaten Einfamilienhausbesitzes dem großstädtischen Umland, aber auch kleineren Städten und dem ländlichen Raum in guter Erreichbarkeit einen neuen Anwert zugeschrieben hat, weisen bisher auf dem Arbeitsmarktsektor nur die großen Städte, in erster Linie die Hauptstädte, positive Effekte auf. Hier ist bereits ein klarer Technologieschub erfolgt und vor allem mittels ausländischen Kapitals der quartäre Sektor geradezu blitzartig aufgebaut worden. Damit konnte der Verlust an Arbeitsplätzen infolge der Schließung vieler staatlicher Industriebetriebe kompensiert werden. Die großen Städte sind bisher und auch in mittelfristiger Zukunft die Innovationszentren für die Transformation des Arbeitsmarktes. Nur in ihnen hat ein größerer Teil der Arbeitsbevölkerung die Chance, Erfahrung mit selbst wählbaren Karrierepfaden zu machen und die eigene Ausbildung in ein marktfähiges Gut zu verwandeln.
Insgesamt unterscheiden sich die Arbeitsmärkte der Metropolen in Ostmitteleuropa von jenen Westeuropas. Es fehlt nicht nur die hohe, vielfach sogar über dem nationalen Durchschnitt liegende Arbeitslosigkeit, wie sie vor allem die südeuropäischen Metropolen belastet, sondern offene Stellen können vielfach nicht besetzt werden, wenn die Entindustrialisierung durch die Tertiärisierung überkompensiert wird, wie dies in Prag und Budapest der Fall ist.
Darüber hinaus hat die Gewerbefreiheit auch eine massive Gründungswelle unter der jeweiligen lokalen Bevölkerung hervorgerufen. Kleine Firmen entstanden. Zum Teil unterstützt durch Subventionen des Staates wagten viele Arbeitslose den Schritt in die Selbständigkeit. Erdgeschosswohnungen in den Plattenbauten wurden in Lebensmittelgeschäfte und Friseursalons umfunktioniert, ehemalige Betriebsleiter von staatlichen Betrieben machten sich als Unternehmensberater selbständig, Sozialwissenschaftler gründeten Markt- und Meinungsforschungsinstitute. Verstärkt wird diese Tendenz durch das Investitionsverhalten des ausländischen Kapitals. In den jeweiligen Ländern konzentrieren sich 62% der Auslandsinvestitionen auf Budapest, 61% auf Bratislava, 49% auf Prag und 40% auf Warschau (Fassmann 1997, S. 27). Die Metropolen etablierten sich als Wachstumspole der nationalen Wirtschaft.
In diesen großen Städten hat sich zuerst auch ein Phänomen manifestiert, welches als "Hinterfrontphänomen der modernen Kaufhaus- und Konsumgesellschaft bezeichnet werden kann und äußerst rasch im städtischen System nach unten diffundiert ist, aber ebenso in einer West-Ost-Bewegung die Grenzen der EU-Erweiterungsstaaten inzwischen überschritten hat. Es handelt sich einerseits um die massenhafte Neuauflage des Wanderhandels, der zunächst in Polen als ein Produkt des polnischen Gesellschaftssystems aufge-fasst wurde, aber ebenso in anderen Staaten aufgetreten ist. In einem handelsmäßigen Vakuum sind im Zuge der Liberalisierung neue Formen des ambulanten Kleinhandels mit Waren aller Art entstanden, ebenso aber auch dauerhafte Formen des Kleinladens und des kleinen gastgewerblichen Betriebs. Insgesamt handelt es sich um ein Übergangsphänomen, welches in einer Gründungswelle großen Stils und begünstigt durch Kredite für Arbeitslose zu Beginn der 1990er Jahre die Passagen und Hinterhöfe der ungarischen Metropole zu Tausenden besetzt hat, inzwischen aber im Vorfeld der EU-Erweiterung und der westlichen Investitionen von Kettenläden und Filialen verdrängt wird und als ein echtes Übergangsphänomen an der Peripherie der Europäischen Union verstärkt auftritt.

Soziale Polarisierung und Probleme

Parallel zu den Investitionen von ausländischem Kapital in den quartären Sektor, in Banken, Finanzwesen, Versicherungen und Bürozentralen von großen Firmen, ist eine neue plutokratische Oberschicht entstanden, die z.T. einen luxuriöseren Lebensstil pflegen kann als im westlichen Europa.
Umgekehrt führten die Redimensionierung des öffentlichen Sektors und der sozialen Leistungen sowie der massive Rückbau der Grundstoffindustrie zu einem tiefgreifenden Wandel sozialer Strukturen. Die alte soziale Mitte - öffentlich Bedienstete, Lehrer, Verwaltungsbeamte, Angehörige des Militärs - verlor gesellschaftliches Prestige und Status. Dazu kommen Facharbeiter, Pensionisten und Rentner, die keinen Arbeitsplatz mehr finden, um das bescheidene Einkommen aufbessern zu können. Nahezu zwei Drittel der Gesellschaft sind aus der kargen Sicherheit der sozialistischen Planwirtschaft in die Unsicherheit und Risken des Marktes transferiert worden und mit einer bisher nicht bekannten neuen Armut und Existenzunsicherheit konfrontiert.
Mit der Privatisierung des Wohnungsmarktes stiegen die Mieten rapide an. Die Immobilität der Bevölkerung wurde aufgebrochen. Eine sich sozial restratifizierende Gesellschaft hat relativ rasch begonnen, ein nach Lage, Größe und Rechtsform differenziertes Wohnungsangebot in Anspruch zu nehmen. Von Seiten wohlhabenderer Schichten kommt es dabei zu einer stärkeren Nachfrage nach Eigenheimen und Wohnungen in den besseren Stadtteilen.
Sehr schnell haben Prozesse der Segregation nach sozialen, demographischen und ethnischen Kriterien eingesetzt. Die Verfallsphänomene des nordamerikanischen Städtesystems finden sich in den Transformationsstaaten wieder. Im Gefolge von Entstaatlichung, Entagrarisierung und Entindus-trialisierung hat sich eine breite Pufferzone von Subsistenz- und Doppelexistenzen auf dem agra-ren und kommerziellen Sektor herausgebildet.
Die Internationalisierung der Ökonomie hat andererseits das Entstehen spezifischer Formen des organisierten Verbrechens gefördert: vom Zwang zur Prostitution über den Drogenhandel bis zur interkontinentalen Vermarktung gestohlener westlicher Autos. Es ist ein Amalgam entstanden, welches sich aus Restgruppen von ehemaligen Ostagenten und aus dem Osten stammenden Geschäftsleuten, aus neu hinzukommenden Ost-West-Zeitwanderern und an zusätzlichem und raschem Geld interessierten jungen Leuten, die aus tristen sozialen Milieus stammen, zusammensetzt. Anders als in Südeuropa kann nicht die Jugendarbeitslosigkeit in den Metropolen dafür verantwortlich gemacht werden. Anders als dort ist jedoch eine neue postkommunistische halbkriminelle Zwischenschicht entstanden, welche nicht, wie die nordamerikanische Under-class, aus der Arbeitsgesellschaft in die unwirtliche Existenz der Obdachlosigkeit hinausgestellt wurde, sondern als eine neue Form der Doppelexistenz zwischen legitimer Arbeit und nicht gesetzlichem, teilweise kriminellem Nebenverdienst entstanden ist. Mit traurigem Zynismus lässt sich feststellen, dass die im kommunistischen System geläufige Form der Personalunion der Arbeitskräfte von Staatsbetrieben und privaten Wirtschaftsarbeitsgemeinschaften damit in einem Ableger weiter besteht.

Die samtenen Revolutionen haben mehrere schlagartige Überraschungen gebracht, wie etwa die Internationalisierung des Immobilien- und Finanzmarktes, die hohe Arbeitslosigkeit und damit- wohl am wenigsten erwartet - auch soziale Desorganisationserscheinungen in der Form des Kriminalitätssyndroms, welches hinsichtlich seines Ausmaßes gleich große Städte der EU-Kernstaaten inzwischen in den Schatten stellt.
Es ist offensichtlich, dass nach dem Wegfall der rigiden Kontrollmechanismen des Kommunismus eine Rechtsschwäche der innenpolitischen Ordnungsmacht besteht, welche in Verbindung mit einer aufgestörten und unzufriedenen Bevölkerung unter der Organisation von ausländischen Zeitwanderern dieses Kriminalitätssyndrom entstehen ließ.
Im Gegensatz zu den Metropolen ist der ländliche Raum nach wie vor eindeutig benachteiligt, so wie er es bereits im sozialistischen Planungssystem gewesen ist. Eine Transformation der Besitzverhältnisse ist nicht erfolgt und eine Rückkehr zum bäuerlichen Familienbetrieb auch in Zukunft nicht zu erwarten. Das Problem der Arbeitslosigkeit und der Unterbeschäftigung ist nicht gelöst. Diesen gravierenden Defiziten an Arbeitsplätzen steht ein Überhang an Siedlungshäusern im Privateigentum gegenüber, die wohl einen Nutzwert, jedoch oft keinen Marktwert besitzen.
Die positive ökonomische Entwicklung hat bisher die großen Städte und die Grenzgebiete zu Westeuropa hin bevorzugt. Nur die Zentralen Orte der oberen Stufe waren im sozialistischen System Objekt gezielter Förderung. Die Kleinstädte waren Stiefkinder der öffentlichen Hand. An dieser Situation hat sich auch in der Gegenwart nichts geändert. Im Gegenteil, durch die wachsende Motorisierung und die Ansiedlung von großflächigen Verbrauchermärkten im Umkreis der Städte wurde eine Renaissance des privaten Einzelhandels unmöglich gemacht. Die kleinen und selbst die mittleren Zentralen Orte waren die Verlierer im Staatssozialismus, und sie werden es auch in Zukunft bleiben. Ausnahmen stellen nur Klein- und Mittelstädte im Grenzbereich zu Westeuropa und in landschaftlich attraktiven Gebieten dar.

Die westlichen Grenzregionen der EU-Erweiterungsstaaten haben sich bereits unmittelbar nach 1989 in einer bevorzugten Position befunden. Hier erfolgten Betriebsverlagerungen und Betriebsneugründungen. Die Entwicklung in den Grenzregionen war bisher bereits beeindruckend und ausgesprachen dynamisch. Sie bewirkte geringere Arbeitslosigkeit und ebenso ein Ansteigen des Lebensstandards der Bevölkerung.
Auf der anderen Seite waren bereits vor der EU-Erweiterung klare negative Kreisläufe in den östlichen Staatsgebieten, welche die neue EU-Grenze tragen, zu erkennen. Teilweise handelt es sich um traditionell unterentwickelte Regionen. Es ist allerdings vorgesehen, dass diese neue Peripherie an der östlichen Grenze der Europäischen Union im nächsten Rahmenprogramm 2007-2013 besondere Fördermittel erhalten wird.

Nationale Sonderwege

Unabhängig von den allgemeinen Tendenzen werden die Veränderungen auf den Märkten von sehr spezifischen nationalen Modellen gesteuert. Grundsätzlich stehen hierbei liberale und keyne-sianische Modelle einander gegenüber. Darüber hinaus kommen nach dem Wegschieben der kommunistischen Doktrin allseits historische nationale Unterschiede im Entwicklungsstand der Wirtschaft, der technischen Infrastruktur, im Siedlungssystem und im Gesellschaftsaufbau zum Vorschein.
Tschechien war - unter unterschiedlichen Etiketten - immer schon ein integrierender Bestandteil von Mitteleuropa. Seit dem Mittelalter besaßen Böhmen und Mähren ein hoch entwickeltes Städtewesen; eine frühe Industrialisierung, getragen von einer bürgerlichen Gesellschaftsentwicklung, begründete in der Zwischenkriegszeit den bemerkenswerten siebten Rangplatz der Tschechoslowakei unter den Industrienationen der Erde. Eine ausgeprägte Arbeitsdisziplin und Arbeitsqualifikation haben, gestützt auf eine gute technische Infrastruktur, eine erstaunlich zügige Westorientierung der Exporte bewirkt.
Slowenien ist der zweite "Musterknabe unter den EU-Neuländern. Dieser Kleinstaat mit nur 2 Mio. Einwohnern hat sehr rasch die günstige geostrategische Position mit einem Zugang zum Mittelmeer und als Transferraum zwischen der Po-ebene und der Ungarischen Tiefebene genutzt und sich eine vorzügliche internationale Verkehrsposition geschaffen. Mit breiter Industrialisierung, lerneifriger Bevölkerung und natürlichen Ressourcen für den Tourismus hat Slowenien hinsichtlich des Bruttonationalprodukts pro Einwohner bereits "alte EU-Mitglieder wie Portugal und Griechenland überholt.
Für Ungarn gilt in Analogie zu Frankreich die Aussage "Budapest und die ungarische Wüste für die Transformation vom Plan zum Markt in verstärktem Maße. Hinter der glänzenden Fassade der Metropole Budapest steht der raschen Formierung eines internationalen Jetsets die Verarmung der Mittelschicht gegenüber, die stets nur schmal ausgebildet war. Dank der ökonomischen Reformen der 1960er Jahre hatte Ungarn den Vorteil eines früheren Kapitalzuflusses aus dem Ausland und -gemessen an den Einwohnerzahlen - mit Abstand den bedeutendsten Ausländertourismus und die größte Zahl von Joint Ventures in den ehemaligen COMECON-Staaten.
Die Slowakei hat sich mit der Metropole Bratislava auf Wien und Österreich ausgerichtet. Die Schwierigkeit des Ersatzes für die in schlechter Erreichbarkeit gelegenen Schwerindustriestädte bedingt eine hohe Arbeitslosigkeit, das gute Potential für einen internationalen Tourismus wäre gegeben, nur Investoren fehlen bisher. Hingegen wurde der Standort Bratislava, der bereits in der UdSSR ein Tor zum Westen war, durch den EU-Beitritt der Slowakei schlagartig aufgewertet, was sich, wie erwähnt, im Entstehen eines Clusters von Autofabriken ausgewirkt hat. Eine Euroregion Wien-Bratislava-Brünn ist in Sicht und wird weitere Investitionen anziehen.
Polen weist gegenüber Tschechien, Ungarn und der Slowakei die historische Bürde eines mehr als eineinhalb Jahrhunderte auf drei Nachbarreiche aufgeteilten Territoriums auf, dem aufgrund der kurzen Vergangenheit eine moderne, staatsübergreifende Bürokratie mit etablierter Rechtssicherheit fehlt. Andererseits hat sich ein bemerkenswerter Minikapitalismus inner- und außerhalb der Legalität entwickelt.
Ein wesentliches externes Potential besitzt Polen im Millionenheer von Emigranten, vor allem nach Nordamerika, aus dem sich viele als Aufsteiger in internationalen wirtschaftlichen Institutionen und wissenschaftlichen Kreisen etablieren konnten und wichtige Initiativen für die Entwicklung Polens beizusteuern bereit sind.








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