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Das 20. Jahrhundert

Das 20. Jahrhundert

Um 1900 zeichnete sich ein Ende des ungeordneten Wachstums im Ruhrrevier ab. Wenngleich es für überregionale ungstätigkcit angesichts der bereits geschaffenen Fakten< nun zu spät war, so ermöglichte eine Ara wirtschaftlicher Hochkonjunktur doch vielerorts einzelne Bauten von beachtlicher architektonischer Qualität. Bergwerksanlagen der 1890er Jahren beeindrucken durch sorgfältig gestaltete Prunkfassaden, bei denen helle Putzflächen mit rote Ziegelsteinumrahmungen in lebhaftem Kontrast stehen. Auf eindrucksvolle Weise markiert die Zeche Zollern 2/4 in Dortmund-Bövinghau-sen dann den Schritt vom Historismus zur modernen Architektur (1898-l903). Während der erste Bauabschnitt noch aus massiven Ziegclgcbäuden von neugotischer Grundstruktur besteht, errichtete man die Maschinenhalle bereits aus unvcrkleidetem Stahlfachwerk. Das Hallcnportal und die marmorne Schaltwand (mitsamt großer Uhr) wurden im Jugendstil gestaltet. Im Innern der Halle dokumentieren zwei frühe Elektro-Fördermaschincn den allmählichen Abschied von der Dampfkraft im Bergbau.

Mit dem Ersten Weltkrieg ging 1914 im Ruhrgebiet eine Ara zu Ende, die jahrzehntelang von Wirtschaftswachstum und relativem Wohlstand geprägt gewesen war. Im Rahmen der Kriegsrüstung wurde die schwerindustriellc Waffenproduktion des Reviers -namentlich der Kruppschen Kanonenschmiede - proandistisch zum Mythos überhöht. Die militärische Niederlage von 1918 und der Sturz der Hohenzollcrn-Monarchic wurden von konsertiven Kreisen als existentielle Katastrophe verinnertlicht, was für die neue deutsche Demokratie eine schwere Belastung darstellen sollte. Die Anfangsjahrc der Weimarer Republik waren im Ruhrrevier nachhaltig von revolutionären Unruhen, Separatismusbestrebungen und der französischen Ruhrbesetzung überschattet. Demzufolge litt die Wirtschaft hier noch stärker als im übrigen Deutschland unter politischer Insilität und ökonomischer Depression.




Ehrgeizige Bauvorhaben waren damals nur mühsam zu finanzieren. Vereinzelte Prestigeprojekte wie das >Tausendfensterhaus< in Duisburg oder das Lagerhaus der Gutehoffnungshütte in Oberhausen wurden als politische >Trotzreaktionen< gefeiert. Nach dem Abzug der Franzosen kulminierten die Anstrengungen, die wiedergewonnene Leistungskraft der deutschen Montanindustrie zu demonstrieren, bei der Errichtung der Zeche Zollverein 12 in Esscn-Katern-berg: Diese Zentralschachtanlage entstand 1927-32 als funktionales Ensemble von gut gestalteten Baublöcken aus Stahlfachwerk. Das gigantische Doppelbock-Fördcrgerüst wurde für mehrere Jahrzehnte ein zentrales Markenzeichen für den gesamten Ruhrbergbau.
Trotz aller Krisen und Sparzwänge kam es auch im Sakralbau des Ruhrreviers in den Weimarer Jahren zu bemerkenswerten Leistungen: In verschiedenen Städten entstanden kühne Parabel-Kirchen und expressionistische >Gottesburgen< in den Stilformen der frühen Moderne (Herz-Jesu-Kirche in Bottrop, Heilig-Kreuz-Kirche in Gel-senkirchcn-Ückendorf). Unter den zeitgenössischen Wohnungsbauprojekten sind die Duisburger >Sparsiedlungcn< hervorzuheben: Auf kleiner Grundfläche errichtete man 1925-30 schlichte Reihenhäuser mit gut durchdachter Raumaufteilung und schmalem, intensiv zu nutzendem Gartenstreifen (Dickelsbach-Siedlung in Wanheimerort, Ratingsee in Meiderich). Während der Weltwirtschaftskrise beschäftigten verschiedene Kommunen ihre Arbeitslosen u. a. durch die Anlage von großzügigen Grünzügen und öffentlichen Parks. Auch die Secnlandschaft im Ruhrtal (Hengsteyscc, Harkortsee, Kcmnader See, Baldeneysee) entstand maßgeblich durch kommunale >Arbeits-beschaffungsmaßnahmenThea-terwundcrDritten Reichs« von Unrecht und Verfolgung geprägt: Man zerschlug die sozialistische Arbeiterbewegung, unterdrückte die Kirchen, schikanierte die jüdischen Mitbürger und deportierte sie schließlich in die Konzentrationslager, d. h. zumeist in den sicheren Tod Im Zweiten Weltkrieg wurden hunderttausende ausländischer >Fremdarbciter< ins Ruhrrevier verschleppt, wo sie in Zechen und Hüttenwerken - oft unter unmenschlichen Bedingungen - Frondienst zu leisten hatten. Als zentrale Mahn- und Gedenkstätten für die Opfer des > Dritten Reichs< dienen heute in Essen die Alte Synagoge, in Dortmund die Steinwache, das ehemalige Gestapogefängnis. Im Dortmunder Süden erinnert das Bittermark-Denkmal an 226 Zwangsarbeitcr und Widerstandskämpfer, die von der Gestapo noch kurz vor Kriegsende, am Karfreitag des Jahres 1945, ermordet wurden. An das Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjet-Union wird in der Krypta der Heimkehrer-Dankes-Kirche in Bochum-Weitmar erinnert.

Der Wiederaufbau nach dem Bombenkrieg bescherte dem Ruhrrevier die vorerst letzte wirtschaftliche Blütezeit. Noch für fast zwei Jahrzehnte war die Steinkohle erneut stark gefragt. Die Förderung wurde wieder gesteigert, die Industrie modernisiert. In relativ kurzer Zeit baute man die Zentren der zerstörten Hellwcg-Städte wieder auf. Dabei setzte man sich weitgehend über die überlieferten Strukturen hinweg und schuf zeitgemäße Innenstädte mit z. T. neuer Straßenführung und modernen Großbauten für Kommerz, Verwaltung und Kultur. Das Erbe der Gründerzeit wurde zumeist aufgegeben und blieb allenfalls noch an den (bald zu Fußgängerzonen umgewandelten) Einkaufsstraßen partiell erhalten. Trotz starker Bombenschäden baute man die Stadtkirchen aus dem Mittelalter sämtlich wieder auf. Dabei orientierte man sich allerdings nicht sklavisch an der alten Form, sondern setzte gelegentlich zeitgenössische Akzente. So erhielten St. Petri und St. Rcinoldi in Dortmund nun höhere Turmhelme, wohl damit sie mit den neuen Hochhäusern der Innenstadt besser konkurrieren konnten.
In manchen Städten äußerte sich der öffentliche Wohlstand damals in spektakulären Projekten. So wurde bereits 1953 in Marl ein Theaterneubau eingeweiht. Mehrere Revierstädte versuchten, mit Hilfe moderner Kunstsammlungen kulturelles Profil zu gewinnen (u. a. Dortmund, Witten, Gelsenkirchen, Bottrop, Oberhausen, Marl). Der Wohnungsbau schuf in den ersten >Wirtschaftswunderjahren< vorwiegend überschaubare Häuserblocks und kinderfreundlich gestaltete Eigenheimsiedlungcn. Zu gigantomanischen Trabantenstädten ist es im Ruhrgebict nur noch vereinzelt gekommen (Essen-Steelc-Horst, Dortmund-Scharnhorst). Um 1960 setzte nämlich die große Absatzkrise für die Ruhrkohle ein, die im Vergleich zur Importkohle aus Amerika und Südafrika (die im Tagebau gewonnen werden konnte) inzwischen zu teuer geworden war. Auch neue Energieträger (Erdöl, Atomkraft) setzten nun die Steinkohle zunehmend unter Druck. Seit ca. 1975 expandierte zudem die Stahlproduktion des Ruhrreviers nicht mehr, sondern baute ebenfalls Arbeitsplätze ab. Für die Verantwortlichen, die mehr als hundert Jahre lang monopolistisch auf Kohle und Stahl gesetzt hatten, begann damit der Zwang, sich neuen Ideen zu öffnen. Man plädiert seither für wirtschaftliche Vielfalt und wissenschaftliche Innotionskraft. Noch heute ist der Prozess der ökonomischen Umstrukturierung des Ruhrgebiets nicht abgeschlossen, wenngleich die Talsohle überwunden scheint.







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