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Projekt Literatur Odon von Horvath - Jugend ohne Gott



Projekt "Literatur des 20. Jahrhunderts"






Ödön von Horvath

Jugend ohne Gott






1. Inhalte

1.1 Inhalt:


Ein junger, idealistischer, an humanistischen Idealen orientierter Lehrer übernimmt im faschistischen Vorkriegsdeutschland eine neue Schulklasse. Er steht einer faschistisch eingestellten Klasse gegenüber, die ihn als Lehrer ablehnt. Als die Schulklasse in den Osterferien in ein militärisches Ausbildungslager fährt, kommt es unter den Schülern zu einem Diebstahl. Der Lehrer, der sich bemüht das Verbrechen aufzuklären, kommt im Verlauf seiner heimlichen Nachforschungen in den Besitz des Tagebuches eines Schülers, verschweigt aber aus Feigheit seine Tat und macht sich so am Streit zweier Schüler und dem folgenden Mord mitschuldig. Nachdem noch das Verhältnis einer der Jungen, der für den Diebstahl mitverantwortlich ist, mit einem fremden Mädchen ans Licht kommt, sieht sich der Lehrer verstrickt in ein "Leben des Elends und der Widersprüche". Bei einer Gerichtsverhandlung gesteht er die Wahrheit und rüttelt so das Gewissen der anderen Zeugen wach. Dadurch kann er, unterstützt von einigen Jugendlichen, den wahren Mörder entlarven.


1.2 Thematik:

Horvath porträtiert hier eine merkwürdige Mischung aus Nazideutschland und vorfaschistischem Österreich. Das faschistische Verhalten der Schulklasse soll den, in Deutschland am Vorabend der nationalsozialistischen Machtergreifung, herrschenden Geist enthüllen. Die Jugendlichen, die der Ideologie ihrer Zeit bzw. Eltern verfallen sind, spiegeln das Verhalten der meisten damaligen Deutschen wieder ( "alles Denken ist ihnen verhaßt." ). Die Ohnmacht des Lehrers vor dem unpolitischen Ethos zeigt die Aussichtslosigkeit der Situation in dieser Zeit.

Der Titel "Jugend ohne Gott" beinhaltet eine gewisse Zweideutigkeit. Einmal steht er für die Feststellung des Lehrers, der sagt: " das diese Burschen ablehnen, was mir heilig ist" (S.23) und die eines alten Mannes, der meint: " nicht nur die Jugend, auch die Eltern kümmern sich nicht um Gott. Sie tun, als wäre er gar nicht da" (S.95). So verdeutlicht dieser Titel die Abkehr von "göttlichen" Werten wie Toleranz oder Ehrlichkeit.

Die selbstauferlegte Schuld ist ein weiteres zentrales Thema des Romans. So beschreibt der Lehrer seine Situation als "ewiges Meer der Schuld" und sein Dasein als ein "Leben des Elends und der Widersprüche".

Die Konsequenzen seines Handelns stehen für eine, nur mit dem Dasein gesetzte Erbsünde. Durch seinen Glauben, dass ihn "einzig und allein die göttliche Gnade und der Glaube an die Offenbarung retten kann", kommt der religiöse Aspekt der Thematik zum Ausdruck.


2. Stilistik

2.1 Sprachliche Gestaltung insgesamt:

Als kurze Kapitel reihen sich einzelne selbständige Szenen aneinander. Der innere Monolog, in den der Ich-Erzähler immer wieder gerät, ist durch Fragen und Ausrufe dialogisch aufgelockert. Doch der Lehrer ist nicht nur Ich-Erzähler, der Leser wird gewissermaßen in ein Selbstgespräch hineingezogen. "Bei der Darstellung von Situationen läßt Horvath durch Tempuswechsel das Vergangene unmittelbar präsent werden. Eine untergründige Spannung erzeugt er durch oft telegrammartig verkürzte Sätze."1 So baut er eine Atmosphäre von ungreifbarer Bedrohung auf, welche die Spannung noch zusätzlich verstärkt. Damit lenkt er die Aufmerksamkeit des Lesers auf den Ablauf des Geschehens, so daß ihm die darin enthaltene zeitkritische Problemstellung beim Lesen nicht unmittelbar bewußt wird.

Horvath benutzt in seinen Volksstücken einen Sprachzustand, den er selbst den "Bildungsjargon" des Kleinbürgers nennt. Das hervorstechendste Merkmal ist dabei das sogenannte "vorgefertigte Sprachteil"2, bestehend aus Redewendungen und konventionellen Floskeln. Dabei "versprachlicht er die Klischees kleinbürgerlicher Moral und Verhaltensweisen."

Durch diese schlichte Alltäglichkeit erreicht Horvath eine "Unmittelbarkeit des Sprechens und der Sprache".4 Die Bedeutung des vorgeprägten Sprachteils ergibt sich "aus dem Kontext und wird erst deutlich, wenn die Intention, die hinter der klischeeartigen Sprache steht, sichtbar wird".

"Horvaths Theater ist nicht psychologosierend, sondern selektiv, d. h. er bereitet Handlung nicht vor, er zeigt sie als Resultat. Zwischen den Höhepunkten ist Spielraum , oft mit Anekdoten ausgefüllt, mit lyrischen Idyllen".6 Dieser szenische Witz bildet einen Gegensatz zum eigentlichen Ernst der Situation.


2.2 Analyse einer typischen Passage (S.23-26)

An dieser Szene zeigen sich die immer wiederkehrenden Selbstgespräche des Lehrers. So fragt er sich: "Oder versteh ich sie nicht? Bin ich denn . bereits zu alt?" (S.23). Ebenfalls ist ein fortwährender innerer Monolog zu sehen: "Doch Halt! Ist es nicht eine große Tugend." (S.24). Der telegrammartige Stil, in dem die Sätze aneinander gereiht sind, ist auch leicht zu erkennen: "In dem Café sitzt keiner, den ich kenne. Niemand. Was tun? Ich geh ins Kino." (S.25). Symbole, die im gesamte Werk auftreten ( z.B. Plebejer = Nazis ), fallen auch hier auf.

Als Methaper benutzt der Erzähler  "Bomben" (S.24) als Zeichen für Krieg und Tod.

Er beschreibt die Gedankengänge des Lehrers so genau, dass er den Wechsel zwischen der gedanklichen Auseinandersetzung mit dem Thema und seinen unvermittelt auftretenden Gedankenblitzen bezüglich des Alltags aufzeigt. "Unsere Seelen sind voller schwarzer Beulen, bald werden sie sterben. Dann leben wir und sind doch tot. Die Blumen,.., sind verwelkt. Sie kommen auf den Mist. Morgen ist Sonntag." ( S.25)

Horvath zeigt dem Leser im Selbstgespräch des Lehrers die Erziehung und Einstellung der Jugend ( .- doch noch lieber als Maschinen wären sie Munition Wie gerne würden sie krepieren auf irgendeinem Feld." ). So enthüllt er den militärischen Geist der jungen Generation dieser Zeit.

Die Schuld gibt er der derzeitigen Gesellschaft bzw. Zuständen in Deutschland: "Aber die Verbrechen wurden verschwiegen,. man hat sich ihrer geschämt. Heute ist man Stolz auf sie." (S. 24)




2.3 Angemessenheit der sprachlichen Mittel:

Horvath benutzt eine der Thematik angemessene Sprache. Durch die schlichte Unmittelbarkeit der Sprache des Bürgertums ist der Roman "Jugend ohne Gott" gut verständlich. So gelingt schon sehr früh die Verbindung zum Leser, der sich leicht in die Geschichte hineinversetzen kann. Durch den Ich-Erzähler wird der Leser annimiert, sich mit dem Lehrer zu identifizieren. So ist es nicht schwer einen Einstieg in die Geschichte zu finden.

Der bereits schnell zu erfassende Inhalt wird so noch leichter verständlich.


3. Biographische Bezüge


zu 3.1 Biographie des Autors:

Der Österreicher Ödön (Edmund)  von Horvath wird am 9. 12. 1901 in Rijeka geboren. Sein Vater, Dr. Ödön Josef von Horvath, ist Diplomat und gehört zum Stab des ungarischen Gouverneurs in Fiume. Seine Mutter, Maria Hermine von Horvath, geborene Prehnal, stammt aus einer ungarisch-deutschen Militärarztfamilie. 1903 wird Horvaths Bruder Lajos geboren. Ab 1909 ist er Schüler am Erzbischöflichen Konvikt in Budapest. Zwischen 1913 und 1916 besucht er ein Gymnasium in München, da sein Vater nach Deutschland versetzt wird. Er studiert ab 1919 in München und lebt ab 1924 in Deutschland u. a. in Berlin. Dort macht er Bekanntschaft mit Max Reinhardt und Gustav Gründgens. 1933 geht er zurück nach Österreich, weil er nach Hitlers Machtübernahme die Möglichkeit verliert, seine Stücke an deutschen Bühnen aufführen zu lassen. 1938 emigriert Horvath nach Paris. Seine Romane "Jugend ohne Gott" und "Ein Kind unserer Zeit" richten sich gegen die Diktatur.

Am 1. 6. 1938 stirb Horvath in Paris bei einem Unfall durch einen niederstürzenden Baum.

Am 7. 6. 1938 wird er auf dem Friedhof Saint Ouen in Paris beerdigt.7

Weitere Werke:

Schauspiele: Sladek, der schwarze Reichswehrmann (1929)

Geschichten aus dem Wienerwald (1931)

Glaube, Liebe, Hoffnung (1932)

Der jüngste Tag (1937)

Roman: Der ewige Spießer (1930)


3.2 Stellung des Werkes in der Vita des Autors:

Horvath wurde während der Zeit seines Wirkens immer wieder mit dem aufkeimenden Nationalsozialismus konfrontiert. So erlebte er Hitler schon früh bei Großkundgebungen in München. Nach Hitlers Machtübernahme verlor er zudem die Möglichkeit, seine Stücke auf deutschen Bühnen aufzuführen. Auslöser für Horvaths Flucht aus Deutschland war zudem eine Durchsuchung seines Elternhauses durch die Nazis. Nachdem er 1934 nach Berlin zurückkehrte, veranlaßten die Nationalsozialisten neue Untersuchungen gegen ihn. Als er in Deutschland keine Stücke mehr aufführen darf, beschließt Horvath einen Roman über den Nationalsozialismus zu schreiben.

Da sein Vater eine wichtige Position beim Militär bekleidete, gab es auch schon früh einen Bezug zu Militärmethoden und Krieg in Horvaths Leben.

"Jugend ohne Gott" war einer der letzte Romane im Leben Ödön von Horvaths. Da andere Romane oder Schauspiele, wie z. B. "Sladek, der schwarze Reichswehrmann" ebenfalls vom Nationalsozialismus und dessen Wirkung auf Individuen handeln, zählt dieser Roman zu den bedeutesten in Horvaths Schaffenszeit. Zudem war es Horvaths erstes Prosawerk, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Durch diesen Roman wurde Horvath erst international bekannt.


4. Bewertung


4.1 Bedeutung der Inhalte für den Leser:

4.1.1 Wird mit dem Individuellen auch Gesellschaftliches erfasst?:

Die Thematik beinhaltet eine Bewertung der Gesellschaft zur Zeit des Nationalsozialismus und ist deswegen von allgemeinem Interesse. Eine Auseinandersetzung mit diesem Thema ist gerade für uns Deutsche, als Nachkommen der Täter, wichtig. Horvath präsentiert hier ein wichtiges Thema in einer spannenden Geschichte.

Themen wie die Verführbarkeit und Manipulation der Jugend und deren tatsächliche Verführtheit sind immer aktuell. Gerade da in unserer Zeit neue faschistische Tendenzen bei Jugendlichen festzustellen sind.

Der Roman "Jugend ohne Gott" richtet sich zudem, wie mehrere Stücke Horvaths, gegen die Diktatur und ist daher von permanenter Aktualität.

4.1.2 Gelingt die Kontaktaufnahme zum Leser?:

Wie bereits unter 2.3 erwähnt, gelingt durch die unvermittelte Sprache leicht eine Kontaktaufnahme zum Leser. Durch den, immer wieder in Selbstgespräche verfallenden, Ich-Erzähler kann sich der Leser schnell in die Situation des Lehrers hineinversetzen. Insgesamt läßt sich der Roman flüssig lesen und ist in einem leicht verständlichen Deutsch geschrieben.


4.2 Bedeutung der Stilistik für den Leser:

Der Roman kann ohne Zweifel als "lesbar" eingestuft werden. Um die Thematik bzw. den Inhalt zu erfassen, ist weder ein Duden noch ein Germanistikstudium notwendig.

Horvath benutzt durchgängig einen verständlichen Sprachstil und schafft es trotzdem die Spannung bis zur letzten Seite des Romans aufrecht zu erhalten.


5. Skizze eines produktorientierten Interpretationsansatzes



Die Schüler in "Jugend ohne Gott"  stellen den in Deutschland, kurz vor Beginn des Nazi-Regimes, herrschenden Geist dar. Ihre Einstellung zum Militär ( "Der Name auf einem Kriegerdenkmal ist der Traum ihrer Pubertät" S.24 ) spiegelt die Einstellung der Deutschen nach den Niederlagen im ersten Weltkrieg wieder. Die gesamte Vor-nationalsozialistische Gesellschaft wird von Horvath heftig kritisiert ( "Aber die Verbrechen wurden verschwiegen,, man hat sich ihrer geschämt. Heute ist man Stolz auf sie." S.24 ).

Genauso prangert er die Lügen der damaligen Herrschenden an ( "Wenn kein Charakter mehr geduldet wird, sondern nur der Gehorsam, geht die Wahrheit, und die Lüge kommt. Die Lüge, die Mutter aller Sünden." S.112 ). Dabei richtet sich sein Roman auch gegen die Diktatur an sich .

Allgemein beschreibt Horvath ein dunkles und hoffnungsloses Bild der Gesellschaft ( " ich kann mich beherrschen, ein Kind in die Welt zu setzen. Nur damits in irgendeinem Krieg erschossen wird." S.18 ). Er beschreibt seine Welt als eine, die "einzig und allein das Geld" regiert (S.21 ). Damit zeigt er seine Gefühle dem damaligen Nazideutschland gegenüber.

Eines seiner Ziele ist es, die Atmosphäre, die damals herrschte für den Leser greifbar zu machen. Er versucht Stimmungen, wie z. B. Angst vor Repressionen oder Überwachung aber auch patriotischen Aufbruch, glaubhaft darzustellen. Die Angst in dieser ungreifbaren Bedrohung, die Horvaths empfunden haben muss, findet sich im Roman wieder.

Dabei beschreibt er die Veränderungen der Menschen in der Bedrohung des Einzelnen anhand des Verhaltens der Schüler und Kollegen bzw. der Zeugen bei der Gerichtsverhandlung. In dieser Szene ( S. 93-105 ) wird deutlich, dass an der Wahrheit niemand mehr interessiert ist. Seine persönlichen Probleme mit den Nazis bildete sicher ebenfalls eine Grundlage für den Roman.


6. Darstellung der Rezeptionsgeschichte

Nachdem im Herbst 1937 Horvaths Roman "Jugend ohne Gott" erschien, gab es aus Österreich und der Schweiz starken Widerhall. Mehrere Verlage bemühen sich um die Rechte, auch an eine Verfilmung wird gedacht. Horvath überläßt sein Stück Walter Landauer, dem Lektor des Kiepenheuer-Verlages. In Deutschland ist Horvath zu dieser Zeit unerwünscht. Seine Stücke gelten als zersetzend und dürfen, weil sie die deutsche Situation zum Hintergrund haben, nicht mehr aufgeführt werden. Nach der NS-Zeit sind Horvaths Romane und Volksstücke auch in Deutschland sehr beliebt.8


7. Zusammenfassendes Urteil

Insgesamt betrachtet hat Ödön von Horvath mit "Jugend ohne Gott" einen fesselnden und bis zur letzten Seite spannenden Roman geschrieben. Er wartet mit einer dichten Atmosphäre auf, welche die beschriebene Bedrohung fast greifbar werden läßt. Durch die unmittelbare Sprache treten auch kaum Verständnisschwierigkeiten auf.

Hermann Hesse empfahl diese Erzählung schon 1937 mit den Worten : "Sie ist großartig und schneidet quer durch den moralischen Weltzustand von heute."9

Klaus Mann entdeckte in Horvaths "Jugend ohne Gott" " alle geheimnisvollen Eigenschaften und Reize der wirklichen Dichtung."1

Horvaths Roman ist absolut empfehlenswert und sticht durch seinen spannenden und atmosphärischen Stil angenehm aus der Menge der Romane zur NS-Problematik hervor.

Literaturverzeichnis:


Horvath, Ödön von; Jugend ohne Gott; suhrkamp Taschenbuch; Frankfurt am Main 1983


Bartsch/Baur/Goltschnigg; Horvath-Diskussion; Monographien/Literaturwissenschaften Band 28; Scriptor Verlag Kronberg/Ts. 1976


Kurzenberger, Hajo; Horvaths Volksstücke; Wilhelm Fink Verlag München 1974


Kindlers neues Literaturlexikon; hrsg. von Walter Jens; Studienausg.- Kindler Band 8; München 1996


Kahl, Kurt; Horvath; Friedrich Verlag; Velber/Hannover; erste Auflage 1966




nach Kurzenberger S.15

nach Kurzenberger S.15 ff

nach Kurzenberger S.16

nach Kurzenberger S.20

nach Bartsch, Baur, Goltschnigg  S.22 ff

nach Kahl S.7-12

nach Kahl S.7-12

nach Horvath, Anhang/Vorwort

nach Horvath, Anhang/Vorwort









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