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Bernhard Thomas - Heldenplatz

Heldenplatz - Bernhard Thomas


Theaterstück in drei Szenen von

Thomas Bernhard (1931-1989)


INHALT

Im Jahre 1938 jubelt die Menschenmasse der Wiener Nationalsozialisten - NAZI -

dem Einzug Hitlers am HELDENPLATZ entgegen.

Die jüdische Familie Schuster muss Wien verlassen und flüchtet nach England.

Prof. Josef Schuster tritt einen Lehrstuhl in Oxford an, sein Bruder Robert in Cambridge.

Anfang der 70iger Jahre kehrt die Familie nach Wien zurück.

Der Professor wird an die Universität berufen, der Bruder Robert zieht sich in die ehemalige

Sommerfrische nach Neuhaus zurück, um dem Stadtleben und vor allem der Wohnung  in der Innenstadt am HELDENPLATZ zu entkommen. Seine Töchter Anna und Olga sowie sein Sohn Lukas werden ebenfalls in Wien sesshaft.



Wien wird für den Professor eine Falle des Todes. Die Wohnung, deren Fenster auf den HELDENPLATZ gerichtet sind, wird ihm und seiner Frau Hedwig, die aus Oxford nie weg wollte, zum Verhängnis.

Die Frau des Professors verfällt in den Verfolgungswahn, das Geschrei der jubelnden Menge aus dem Jahre 1938 zu hören und pendelt zwischen der Nervenheilanstalt am Steinhof und der Wiener Stadtwohnung hin und her. Auf ihren Vorschlag, die Wohnung aufzugeben, reagiert der Professor nicht. Erst als der Aufenthalt für ihn in Wien durch die erkannten Missstände wie Judenhass, Skrupellosigkeit der Politiker, Zynismus und Stumpfsinnigkeit des österreichischen Volkes unerträglich wird, entschließt er sich, wieder nach Oxford zu gehen.


Die Wohnung ist geräumt, das Gepäck steht zum Abtransport bereit.

Da wird ihm bewusst, dass er weder in Oxford noch in Wien zu Hause ist.

Soll er sich ein zweites Mal aus Wien verjagen lassen?

Das Nicht-Mehr-Sein - das Aus - ist sein Ziel.

Der einziger Ausweg ist Selbstmord: Er stürzt sich aus dem Fenster auf den HELDENPLATZ.

Nach 50 Jahren noch immer ein Opfer des Nationalsozialismus.


Erste Szene:  Wohnung des Professors

Die Wohnung ist verkauft, ausgeräumt, der Hausrat in Kisten verpackt.

Das Hausmädchen Herta steht betroffen beim Fenster. Sie hat den Toten zuerst entdeckt.

Frau Zittl, die Wirtschafterin des Verstorbenen, ist mit Bügeln beschäftigt.

Seit 40 Jahren im Dienste der Familie Schuster kennt sie den Professor und erzählt

seine Lebensgeschichte. Im Zuge dessen kommt sein Charakter zum Ausdruck, der immer wieder dem seines Bruders Roberts gegenüber gestellt wird:

Der Professor Josef Schuster, ein gesunder sportlicher, konsequenter Mann, aber eher ein Egoist, Pedant und Menschenhasser, in letzter Zeit verbittert und introvertiert hält  er dem politischen Druck

der Gesellschaft nicht mehr stand. Der Bruder Robert ist seit Jahren herzkrank, gutmütig bis gleichgültig, von den Familienmitgliedern geliebt, der Lebenskünstler. Er war der Prof. für Philosophie, aber sein Bruder Josef war der durchgeistigte Philosoph.

Zweite Szene:  Volksgarten

Die beiden Töchter des Professors, Anna und Olga kehren vom kurzen Begräbnis auf dem Döblinger Friedhof, wo alle Prominenz aus Wien begraben ist, zurück. Mit ihrem Onkel Robert setzen sie sich im Volksgarten auf eine Parkbank.

Prof. Robert Schuster wird zum Sprachrohr des Schriftstellers und so legt Bernhard ihm seine Gedanken und Erkenntnisse in den Mund. Die mutige und realistisch denkende Anna hält den Dialog in Fluss.

1988 gibt es in Wien mehr Juden als 1938, dem Judenhass kann man in Wien nicht entgehen.

An der Wiener Universität gibt es lauter Idioten aus der Provinz. Das geistige Leben in Wien ist erstickt. Die Politiker werden der Postenschacherei angeklagt.

Das ganze Leben ist ein Protest. Doch er, Robert verschließt sich davor.

Industrie und Klerus sind die Drahtzieher des österreichischen Übels.

Er bezeichnet Wien als eine kulturlose Kloake.

Die Sozialisten sind nur noch Pseudosozialisten und die Ausbeuter und Totengräber Österreichs,  skrupellose Geschäftemacher, wo Gemeinheit und Heuchelei herrscht.

Das österr. Volk ist gleichgültig und stumpfsinnig geworden.

Damit bekräftigt er auch immer wieder die Aussagen seines Bruders Josef, der diesem Druck nicht mehr standhalten konnte.

In manchen Zitaten kommt der noch immer in Wien herrschende Antisemitismus und die Scheinheiligkeit der Österreicher zum Ausdruck:

"Vor Achtunddreißig hatten sich die Wiener an die Juden gewöhnt gehabt, aber jetzt nach dem Krieg gewöhnen sie sich nicht mehr an die Juden. Sie werden sich nie mehr an die Juden gewöhnen." - Das wurde dem Professor auch bewusst, als er nach Wien gekommen war.


"Der Judenhass ist die reinste, die absolut unverfälschte Natur."

"Die Wirklichkeit ist so schlimm, dass sie nicht beschrieben werden kann. Noch keine Schriftsteller hat die Wirklichkeit so beschrieben wie sie wirklich ist. Das ist das Fürchterliche."


Dritte Szene:  Wohnung des Professors

Die gesamte Familie Schuster sitzt beim Totenmahl zusammen mit einem Kollegen des Professors und dessen Frau sowie eines Verehrers des Professors.

Noch einmal werden die Umstände, die zum Selbstmord des Professors geführt haben

hervorgehoben und über die österreichische Situation diskutiert: der kleine Staat ist ein großer Misthaufen.

Das Wienerische ist das zerstörerische Werk der Politiker.

Die Unzurechnungsfähigkeit des Staates resultiert aus dem Alpenländischen Schwachsinn.

Die Roten sind charakterlos und die Schwarzen Dummköpfe.


Auch die Zeitungswelt kommt nicht ungeschoren davon:

"Ich würde ersticken ohne die österreichischen Dreckblätter. Sie ersparen sich Unsummen für Tabletten, wenn sie sich schon in der Früh gleich dem totalen Stumpfsinn der Kronenzeitung und des Kuriers ausliefern. Das bringt den Blutkreislauf schon in der Früh in Raserei."


Selbst die Theaterlage wird als irreparabel angesehen. Es ist ekelhafte Wichtigtuerei.

Die Frau des Professors bricht in ihrer Wahnvorstellung vom Geschrei der Menschen auf dem

HELDENPLATZ  zusammen.

Letztendlich hatte, nach Aussage Roberts, der Professor die Kraft, sich aus diesem Unstaat ins Aus auf den Döblinger Friedhof zu retten.



Reaktion der Gesellschaft.

Die Gesellschaft fürchtet sich vor Thomas Bernhards HELDENPLATZ, weil sie sich vor der Wirklichkeit fürchtet.






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