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Referat Rembrandt

Rembrandt



Auf einer kleinen Anhöhe am Rande der holländischen Stadt Leiden stand die Mühle des Harmen Gerritsz, der sich, da sein Anwesen nahe dem Ufer des Flüßchen Tihn gelegen war, dessen Namen zulegt und "von Rijn" nannte. In einem bescheidenen Haus unweit der Mühle, wo er mit seiner Frau, der Bäckerstochter Neeltgen von Zuybrouck lebte, wurde ihm als fünftes von sechs Kindern am 15. Juli 1606 ein Sohn geboren, den er auf den Namen Rembrandt taufte. Frühzeitig muß der Knabe eine besondere Begabung gezeigt haben, denn während seine Brüder handwerkliche Berufe ergriffen, hat sein aufgeschlossenes Wesen die schlichten Eltern dazu be­wogen, ihm für eine wissenschaftliche Laufbahn zu bestimmen; er erhielt sorgsame siebenjährige humanistische Erziehung und schrieb sich am 20. Mai 1620 als Stu­dent in der berühmten Universität seiner Vaterstadt ein. Doch schon wenige Monate später gab der Jüngling seiner künstlerischen Neigung nach, verließ die Hoch­schule und trat ein in die Werkstatt des Malers Jacob Isaaksz von Swanenburch, der in Leiden ansässig war. Die sorgfältige Ausbildung der Jugendjahre sollte ihm auch in diesem Fache weiterhin von Nutzen sein, derart, daß die Kunst ihm niemals zum Handwerk wurde und sein Wissen ihm dazu verhalf, die Grenzen seiner Vorstel­lungs- und Bilderwelt entscheidend zu weiten. Bei Swanenburch, den lediglich eine gewisse Weltläufigkeit , erworben während eines jahrelangen Italienaufenthaltes in Venedig, Rom und Neapel, empfahl, konnte der junge Rembrandt kaum mehr als handwerkliche Kenntnisse erwerben. So wechselte er nach wenigen Jahren zu kur­zen abschließenden Lehrgang in die Werkstatt des Pieter Lastman über. Dieser ebenfalls in Italien gebildete recht erfolgreich Künstler gab seinem Schüler nicht nur die Vorliebe für ein kräftiges Herausarbeiten dramatischer Bildeffekte, verbunden mit einer drastischen, einprägsamen Gesetzessprache mit auf den Weg, sondern er weckte auch dessen Sinn für Darstellungen prunkvollen Beiwerks, bestehend aus kostbaren Gerätschaften und reich geschmückten Stoffen. Mit Jan Livens, den er im Atelier des Pieter Lastman kennengelernt hatte, eröffnete der junge Maler mit dem Amsterdamer Kunsthändler Hendrik van Uylenburgh in Verbindung, der ihm offenbar Porträtaufträger vermittelte, die schließlich so zahlreich und bedeutsam wurden, daß Rembrandt sich im folgenden Jahre zu einer Übersiedlung in diese Stadt entschloß. Überaus erfolgreich und mit einer Fülle von Aufträgen versehen, konnte er bald hohe Preise verlangen. Im Juli 1634 heiratete er seines Gönners frühverwaiste Base, Saskia van Uylenburgh, deren Vermögen den rasch wachsenden Wohlstand des strebsamen Künstlers erheblich vermehrte. Ein repräsentatives Haus, welches er 1639 erwarb, gab den Rahmen ab für das Leben eines angesehenen und reichen Bürgers, das Rembrandt nun als Vorstand eines großen Haushaltes führte.





In die Lage versetzt, seiner bis zur Leidenschaft sich steigernden Freude am sam­meln zu folgen, füllte er sein Heim mit Kunstwerken aller Art, alten Gerätschaften, prunkvollem Geschirr, kostbaren Stoffen, seltsamen Waffen und erlesenem Schmuck diese auffallend Interesse an altertümliche Dingen entsprang bei ihm nicht allein dem verständliche Wunsch, kuriose Modelle und Vorbilder als Anregung für eigen künstlerische Tätigkeit zu besitzen; vielmehr lag ein echter historischer Sinn, eine wache, fast wissenschaftliche Vorliebe für Vergangenes dem Sammeleifer zu­grunde. So glücklich die wirtschaftlichen Umstände auch sein mochten, so hart sind die privaten Schicksalsschläge in dieser Zeit gewesen. Drei Kinder mußte der Maler im Laufe weniger Jahre begraben. Seine junge Frau, von schwacher Konstitution, kränkelte immer öfter und war wiederholt gänzlich ans Bett gefesselt. Im September 1641 schenkte sie einem Sohn das Leben, den man Titus taufte, doch nach der Ge­burt schien wie vollends erschöpft, siechte langsam dahin und starb im Sommer des folgenden Jahres. Zur Wahrung des Kindes kam eine Witwe ins Haus und drängte sich mehr und mehr in die Stelle der Hausfrau. Erst 1649 löste sich Rembrandt von ihr und vertraute die Führung der Wirtschaft der jungen Hendrickje Stoffels an, die seit etwa 1645 als schlichte Magd in seinem Haushalt diente. Dieses Mädchen, fast noch ein Kind, als sie das Haus betrat, wurde dem Künstler zur zweiten Gemahlin und gebar ihm 1654 eine Tochter Cornelia. Allein die Tatsache, daß eine Bestim­mung in Saskias Testament dem Maler im Falle der Wiederverheiratung die Nut­zungsrechte der Erbsaft entzogen hätte, hielt ihn, trotz vielfacher Anfeindungen, da­von ab, die Gemeinschaft mit Hendrickje zu legalisieren. Überlegungen dieser Art waren um so wichtiger, als, je ausgeprägter und eigenwilliger die Kunst Rembrandts wurde, er um so nachhaltiger seine Stellung eines vom Publikum gesuchten Mode­malers verlor. Die Bildnisaufträge gingen zurück, das Einkommen schmälerte sich mithin, doch seine Lust am Sammeln von Kostbarkeiten und Raritäten nahm immer noch zu. Der Versuch, den Geldschwierigkeiten zu entgehen, führte zu Spekulati­onskäufen von Grundbesitz, doch konnte Rembrandt den daraus erwachsenden Schuldverpflichtungen nicht nachkommen, und Unerfahrenheit Leichtfertigkeit in fi­nanziellen Fragen führten ihn unaufhaltsam dem wirtschaftlichen Zusammenbruch entgegen. Um Titus das mütterliche Erbe zu retten, überschrieb ihm der Maler die Hälfte des Hauses und meldete dann, im Juli 1656, dem Hohen Rat seine Insolvenz an. Das Inventar seines Haushaltes gib einen Überblick über den Reichtum seiner Sammlungen. Die drei großen Versteigerungen, in denen während der beiden folgen­den Jahre dieser Besitz veräußert wurde, reichten nicht hin, die Gläubiger zu be­friedigen, doch gelang es dem Vormund des Titus', dessen bevorrechtete Ansprüche durchzusetzen.






Dieser benutzte sein aus der Katastrophe gerettetes Kapital, um zusammen mit Hendrije einen Kunsthandel zu begründen, in den Rembrandt als Angestellter ein­trat, wobei er gegen eine Vergütung seine gesamte Produktion gewissermaßen im voraus verkaufte. Auf diese Weise waren des Künstlers Werke seinen Gläubigern entzogen, und der Maler konnte ein zwar bescheidenes, doch immerhin auskömmli­ches Leben führen. Die Erschütterung seiner bürgerlichen Stellung ertrug der al­ternde Mann mit großem Gleichmut. Die Vereinsamung, in die er mehr und mehr geriet, war als Folge seiner zurückgezogenen Lebensführung und seiner Gewohn­heiten als Sonderling offenbar selbst gewollt; sie scheint ihn jedenfalls nicht ge­kränkt zu haben. Als Hendrickje 1662 starb, sorgte Titus für den bescheidenen vä­terlichen Haushalt, in dem auch die kleine Cornelia lebte. Daß er den Tod des Sohnes erleben mußte, mag Rembrandt tief erschüttert haben. Wenige Monate nach seiner Eheschließung mit Magdalena van Loo ist Titus 1668 gestorben. Mit Cornelia und einer alten Magd blieb Rembrandt allein in seinem Haus. Im März des folgenden Jahres wurde Titus' Tochter geboren; zu Ehren des toten Vater hat man sie Titia genannt, und der Maler nahm teil an der Taufe. Wenige Monate später trug man Rembrandt zu Grabe. Am 4. Oktober 1669 war er gestorben, am 8. Oktober wurde er beigesetzt, ganz ohne Anteilnahme der Zeitgenossen. Seine Hinterlassenschaft konnte damals als ärmlich gelten, denn sie bestand aus einigen Bildern und nur aus wenig irdischem Gut, aus Kleidern von Wolle und Leinen und einem Malgerät.

DIE HOLLANDISCHE MALEREI des 17. Jahrhunderts wird gekennzeichnet durch ein ausgeprägtes Spezialistentum. Die vielfältigen Aufgaben, die sich den Künstlern stellen, sind eingeteilt in enge Themenkreise, deren sich einzelne Maler annehmen, um sie immer wieder von neuem und mit mehr oder minder wechselnden Abwei­chungen zu gestalten. So leistet der eine sein Bestes in der Darstellung von Winter­landschaften, der andere ist auf Strandszenen spezialisiert, dieser tritt mit immer neuen Kircheninterieurs hervor, für jenen sind Alchimistenstuben das ständig beibe­haltene, stets variierte Sujet. Die Themen sind unendlich zahlreich; auf manchem Gebiet betätigen sich viele Meister, etliche beherrschen das Ihre in bereicherter Vielfalt, einige sind auf zwei oder gar drei der Aufgabenfelder zu Hause, nur wenige meistern deren mehrere, universell und ohne Bindung an irgendein Spezialgebiet schafft in diesem ganzen holländischen Jahrhundert nur Rembrandt.

Groß ist die Reihe von Bildnisschöpfungen Rembrandts. Sie überwiegen in den Jahren zwischen 1630 und 1645, in denen Porträtaufträge die wesentliche Erwerbs­quelle des Künstlers darstellen. Neben der Vielzahl von bestellten Arbeiten stehen, besonders zu Anfang seiner künstlerischen Laufbahn, dann wieder in der späteren Zeit, Selbstbildnisse und Darstellungen von Verwandten und Freunden, schließlich Studienköpfe charakteristischer Typen, nicht zum Verkauf bestimmt, sondern Frucht der immer wiederholten Bemühungen um die Erfassung des menschlichen Antlitzes.

Mit dem Verlust an äußerer Repräsentanz geht ein Gewinn an Möglichkeiten zur Gestaltung geistiger Kräfte Hand in Hand, das Abbilden oberflächlicher physiogno­mischer Ahnlichkeit weicht dem Aufspüren psychischer Eigenheiten. Diese Entwick­lung verscheucht die biederen Amsterdamer Bürgersleute, die sich um 1640 in Scharen von Rembrandt malen ließen. Nur ganz vereinzelt entstehen später Por­träts im Auftrag, doch zählen gerade sie zu des Meisters großartigsten Schöpfun­gen, da sie weniger Abbild sind, als fein erfaßte Darstellung eines besonderen see­lischen Zustandes; das Bildnis des Nicolaes Bruyning von 1652 gibt ebenso ein Bei­spiel dafür wie das des Bürgermeisters Jan Six von 1654. Meist aber sind es in den beiden letzten Jahren vertraute Personen, die in immer neuen Stimmungen von Rembrandt geschildert werden, Hendrickje erscheint, Titus sieht man in einer langen Reihe von Bildern zum Manne reifen, bärtige Greisentypen geben ein wohlfeiles Modell ab, um 1658 zu wiederholten Malen ein jüdischer Jüngling mit schönem kla­rem Christusgesicht, und immer wieder taucht des Künstlers eigenes Antlitz auf, Studienobjekt in jener Zeit wie dreißig Jahre zuvor, als der Jüngling, noch ohne Ruhm und wenig beschäftigt, sich in stets neuen Selbstdarstellungen übte.

Eine der besonderen Aufgaben der Porträtisten jener Epoche war das Gruppenbild­nis. Rembrandt ist auf diesem Gebiet ganz eigene Wege gegangen, vergleichbar nur den Leistungen des Frans Hals, der, in Haarlem als Bildnismaler tätig, sich ent­sprechenden künstlerischen Problemen gegenüber sah. Beider Bemühungen liefen darauf hinaus, die langweilige Reihung von Figuren, die untereinander völlig bezie­hungslos waren, lediglich zu dem Zwecke gemeinsamer Abbildung versammelt er­schienen, aufzulösen und die Dargestellten als Teilhaber eines alle vereinenden Geschehens zu Trägern einer verbindenden Handlung zu machen. In Rembrandts erster Schöpfung dieser Art, der Anatomie des Dr. Tulp ist es eine Sektion, welche die Gestalten des Gruppenbildes, die dem Vorgang mit mehr oder minder großer Anteilnahme folgen, zu einer psychischen wie kompositorischen Einheit zusammen­fügt. Die sogenannte Nachtwache ist nichts anderes als das Gruppenporträt einer Schützenkompanie, dem Rembrandt die Form des gemeinsamen Aufbruchs einer scheinbar unübersehbaren Menge gegeben hat, die durch das Portal drängt, sich nun auf der Straße zerstreut. Die eigenwilligste Lösung fand der Meister bei dem Bilde der Staalmeesters, wo die Vorsteher der Amsterdamer Tuchmacherzunft in einer Sitzung vereint erscheinen und der Betrachter gleichsam einbezogen wird in die Handlung, indem er die Blicke aller Teilnehmer auf sich gerichtet sieht, so als habe er eben einen schwerwiegenden Einwand erhoben, und die versammelten Her­ren schickten sich an, den Vorwurf an Hand ihres Rechnungsbuches zu entkräften.

Darstellungen religiösen Inhalts sind rar in der holländischen Kunst des 17. Jahr­hunderts, wo die Bilderfeindlichkeit des Protestantismus die Kirchen nüchtern und schmucklos hatte werden lassen.



Rembrandt gehört zu den wenigen Künstlern der Epoche, in deren Schaffen bibli­sches Geschehen behandelt wird, ja man kann sagen, daß ihn neben dem Bild des Menschen die Gestaltung religiöser Themen am stärksten gefesselt hat. Ihre Be­handlung jedoch geschieht in völlig neuartiger Weise, derart, daß er die Szenen ei­nem festgelegten Darstellungsschema entfremdet und sie mit ursprünglicher Frische und überraschender Lebendigkeit begabt. Anfangs prägt sich ein kräftiger, oft der­ber Realismus aus. Die von Lastman übernommene Vorliebe für eine dramatische Zuspitzung der dargestellten Handlung, die bei ihm erlernte drastische Gebärden­sprache kommen zu ihrem Recht. Der Künstler wählt Themen, die augenfällige Ef­fekte fordern: Der ungläubige Thomas, Christus erscheint als Gärtner, Auferweckung des Lazarus, Christus und die junger in Emmaus und Die Auferstehung. Das Ein­brechen des Wunders, des Unfaßbaren in die alltägliche Welt reizt seine künstleri­sche Phantasie. Daneben treten Szenen von wilder Bewegtheit, die durch ihre Grausamkeit den Betrachter packen, Abrahams Opfer zum Beispiel oder die Blen­dung des Simson. Um 1640 löst sich der Maler von derart vordergründigen Wirkun­gen und formt nun, um äußerste Vermenschlichung der Vorgänge bemüht, seine Andachtsbilder zu einer Art von Genredarstellungen um oder spürt verborgener psy­chologischer Problematik nach und gewinnt ihnen Stimmungen ab, die vor ihm nie jemand erfaßt hatte. Schon die Themenwahl macht das wiederum deutlich. Rem­brandt bevorzugt nun Darstellungen der Heiligen Familie oder Szenen aus dem To­biasgeschichte, bei denen sich der Betrachter an der Wärme menschlicher Bezie­hungen erfreut, die in privater Häuslichkeit, in der Behaglichkeit und Intimität einer kleinbürgerlichen Welt herrscht.

Daneben entstehen in reicher Zahl Bilder, deren Geschehen sich oft nur aus der Begegnung zweier Menschen entwickelt, bei denen die dramatische Aussagekraft mithin gering, der geistige Gehalt jedoch von unsagbarem Reichtum ist. Mit mei­sterhafter Verfeinerung der Mittel spürt der Maler in diesen Bildern seelischen Re­gungen nach. Versöhnung erbittend, sinkt Absalom dem David an die Brust, und der Vater umfängt den Sohn und gewährt dem Weinenden Halt und Vergebung und Tröstung zugleich; Christus und die Samariterin begegnen einander am Brunnen im bekehrenden Zwiegespräch; David spielt Harfe vor Saul, und die Klänge, die der Knabe dem Instrument entlockt, rühren den reifen Mann so, daß er zum Vorhang greift, um damit die Träne zu trocknen; zerlumpt und elend kniet der verlorene Sohn wiedergekehrt vor dem Vater, müde birgt er sein Haupt in des Alten Mantel, tastend und streichelnd zugleich gleiten die schweren Hände des halbblinden Greises über den Rücken des lange Vermißten. Zeitweilig gehen religiöse Darstellung und Bildnis ineinander über, so wenn Rembrandt selbst, mit Saskia auf dem Schoß, das in der holländischen Kunst geläufige Thema vom verschwenderischen Leben des verlore­nen Sohnes spielt.



Sein Glas erhebend, trinkt der Künstler mit lachender Miene dem Betrachter zu, und da auch die junge Frau aus dem Bilde herausschaut, wird jener in fesselnder Weise in das Geschehen hineingezogen, ist gewissermaßen die dritte Person in der klei­nen Szene und unmittelbar an der Handlung beteiligt. Als Bathseba und Susanna erscheint zunächst Saskia, später Hendrickje; andere Bildnisse nehmen die Gestalt von Darstellungen der Evangelisten oder Apostel an. Auch als mythologische oder historische Figuren verkleidet, tauchen oftmals Menschen aus Rembrandts Umge­bung auf. Dem reichen Schatz seiner Sammlung entnimmt der Künstler kostbare Stoffe, Waffen, Schmuck und Geräte und staffiert damit Verwandte und Freunde aus, um sie dann in dieser Kostümierung zu malen. Als Minerva aufgeputzt er­scheint seine Schwester, mit dem goldenen Helm und Harnischkragen in einen Krie­ger verwandelt sein Bruder. Als Flora, Bellona und Sophonisbe wird Saskia darge­stellt; für eine Flora und Pallas Athene steht auch Hendrickje Modell und spielt, das Töchterchen Cornelia im Arm, die Venus mit dem Amorknaben. In prächtige Rü­stung gekleidet, mit Helm, Schild und Lanze bewehrt, erscheint Titus zweimal als Mars, und Rembrandt selbst malt sich in immer neuer Verkleidung, meist kriegerisch aufgeputzt, mit einer Sturmhaube oder als Fahnenträger oder in Landknechtstracht, mit prachtvollem Federhüt, Harnisch und Kette, einen Zweihänder in der Linken.

Mythologische Szenen sind selten in Rembrandts Schaffen. In seiner Frühzeit schildert er, auf der Suche nach dramatischen und effektvoll bewegten Stoffen, den Raub der Europa und die Entführung Proserpinas und stellt dar, wie Aktäon Diana und ihr Gefolge beim Bade überrascht. Danach wendet er sich auch in diesem Themenkreis weniger aufwendigen Motiven zu; der Tod der Lukretia, den er in der Spätzeit zweimal gestaltet hat, wird wie ein packender Monolog zum stillen psycho­logischen Drama. Der Auftrag, mit einem großen Wandbild der Verschwörung des Claudius Civilis den Bürgersaal des Amsterdamer Rathauses zu schmücken, wobei das Thema, Aufstand der Bataver gegen die Römer, als eine Anspielung auf den Freiheitskampf der Niederländer gegen die Spanier gedacht war, ließ Rembrandt in seinen letzten Schaffensjahren das Gebiet der monumentalen Historienmalerei be­treten. Das Unternehmen wurde ein Fehlschlag. Die Auftraggeber sahen, als das Werk vollendet war, statt einer prächtigen und würdevollen Heldenversammlung ei­nen Haufen verwegener und höchst zweifelhafter Gesellen sich zum Treueschwur vereinen, und es konnte ihnen nicht in den Sinn kommen, sich mit diesen Barbaren zu identifizieren. So wiesen sie das Bild mit kleinlichen Anderungswünschen zurück, und Rembrandt machte es ihnen leicht, indem er, auf den Auftrag verzichtend, die Leinwand zerschnitt, um die Hauptszene einem Kunstfreund zu verkaufen. Diese Entheroisierung historischen oder mythologischen Geschehens läßt sich mit der weitgehenden Vermenschlichung biblischer Themen vergleichen.




Sie wird jedoch zur bewußten Farce, wenn im Bild vorn Raub des Ganymed der be­gehrenswerte Götterliebling als ein fettes Bübchen erscheint, das greinend und strampelnd in den Fängen des Adlers hängt, wobei ihm im ersten Schrecken etwas allzu Menschliches passiert' Genrebilder, die bei anderen holländischen Malern der Zeit meist figurenreich und erzählfreudig von einem alltäglichen Ereignis berichten, werden bei Rembrandt fast ausnahmslos auf eine Person reduziert. Gelehrte er­scheinen, gebückt über große Folianten und versunken in ihr einsames Tun, Gold­wägerinnen, die mit Sorgfalt ihrem Geschäft nachkommen, junge Frauen, die ver­zaubert den Glanz eines Schmuckstückes im Spiegel betrachten, Mägde, wie träu­mend ins Fenster gelehnt, alte Frauen, die Bibel im Schoß, nachsinnend über das Gelesene. An Stelle der Handlung tritt bei Rembrandt die Reflektion, die Erzählung lebt allein vom psychologischen Gehalt. Am Ende der dreißiger Jahre tauchen auch Landschaftsgemälde in Rembrandts Schaffen auf. In wenig mehr als zehn Jahren entsteht ein gutes Dutzend von ihnen, später wendet sich der Künstler von diesen Themen wieder ab. Es sind - sowohl ideale wie realistisch anmutende, heimische Landschaften, die er gestaltet, doch erscheinen sie nie als Abbildungen eines Na­turausschnittes, sondern sind stets Schilderungen eines besonderen Zustandes, der die Alltäglichkeit der Umwelt dramatisiert. In der Regel verdüstern Gewitterwolken den Himmel. Irgendwo bricht dennoch die Sonne durch, und während sich alles an­dere in noch schwerere Schatten hüllt, geistert ihr bleiches und krankes Licht höchst unheimlich über einige Baumwipfel, läßt ein Gemäuer aufleuchten oder legt sich als fahler Fleck über die weite Ebene. Stilleben hat Rembrandt kaum gemalt, doch er­scheint in größerem Bildzusammenhang des öfteren stillebenhaft angeordnetes Beiwerk - Folianten und wissenschaftliches Gerät umgeben die greisen Gelehrten in ihren Studierstuben, Bücher und ein Kerzenhalter fügen sich gefällig zusammen auf dem Tisch des Predigers Anslo; Münzen, Waage und Gewichte gehören zur Welt von Wechsler und Goldwägerin. Nur einmal verdrängt in einem Bild mit erlegten Pfauen die tote Natur das Leben, und in einer kleinen Reihe von Gemälden schließ­lich wird die brutale Nacktheit eines geschlachteten, gehäuteten und ausgeweideten Ochsen, der an den Hinterbeinen zum Ausbluten aufgehängt ist, als Motiv benutzt, Rembrandts Schaffen läßt sich in drei große Perioden einteilen. Vom Ausgang der zwanziger 'bis zum Beginn der vierziger Jahre währt sein Frühstil, in die vierziger und frühen fünfziger Jahre fällt seine Reifezeit, Mitte der fünfziger Jahre setzt dann sein Spätstil ein. Die frühesten Werke standen, das hatten wir zu verdeutlichen ge­sucht, unter dem Eindruck des Pieter Lastman. Sie lassen ein Übermaß an dekla­matorischer Gestik erkennen, leiden oft unter zuviel Bewegung und zeigen eine theaterhafte Steigerung der Stimmung, die nicht aus der Situation erwächst, sondern von außen herangetragen erscheint und daher anfängerhaft wirken muß. Mit dem Beginn der dreißiger Jahre erwacht Rembrandts Eigenart, und im Laufe dieses Jahrzehnts erreicht er jene Weite, die sich in der beschriebenen Vielfalt seiner The­men offenbart. Was sich in dreifachem Wandel verändertest seine Gestaltungs­weise, sein Stil.

Die Bildnisse der dreißiger Jahre sind überaus lebendig. Der Blick des Dargestell­ten ist auf den Beschauer gerichtet, oftmals verrät das Mienenspiel, ein leises Lä­cheln, gefurchte Stirn, ein aufmerksamer, ja sogar fragender Ausdruck, die lebhafte Anteilnahme am Gegenüber. Diese Steigerung ins Momentane wird gelegentlich noch erhöht durch das zufällige oder jähe Spiel der Hände, die einen Gegenstand halten, einen Redefluß unterstreichend, wie beteuernd auf die Brust gelegt erschei­nen oder, zu erklärender Geste sich öffnend, etwas unvermittelt im Raume stehen. In Bildern erzählenden Inhalts erkennt man deutlich die Bevorzugung eines diagona­len Kompositionsschemas, das stets spannungsreich und dramatisch wirkt. Auch wählt der Künstler oft große, meist feierlich gewölbte Bildräume, in denen die Figu­ren verhältnismäßig klein erscheinen. Der Wechsel von stark belichteten und tief dunklen Partien, jene für Rembrandts Schaffen charakteristische Helldunkel - Male­rei, zeigt sich in den Werken der Frühzeit besonders deutlich. Zunächst wird dieses Kunstmittel zu ziemlich groben Effekten verwendet, indem mit Hilfe einer Art aufblit­zender Scheinwerferbeleuchtung die dargestellte Handlung eine höchst äußerliche Steigerung erfährt. Später durchflutet das Licht den dunklen Bildraum, wirkt nicht mehr isolierend, sondern bindet mit sanftem Schein Menschen und Dinge zusam­men, schafft mit seinem oft geheimnisvollen Weben jene Raumintimität, die den Gemälden der vierziger Jahre eigen ist. Alles wird stiller in diesem Jahrzehnt. Die Figuren stellen ihre Gefühle nicht mehr mit großen Gesten zur Schau, sie ordnen sich in klaren, vielfach symmetrischen Kompositionen, und die Umrisse der Gruppen schließen sich und werden weich und flüssig. Dieses Verschmelzen der Einzelhei­ten zu einer Gesamtharmonie ergreift auch die Farben, ihr greller Klang tritt zurück zugunsten eines matteren Tons. Bei den Bildnissen tritt an Stelle des wachen Inter­esses ein Zug von Zurückhaltung in die Gesichtern der Dargestellten. Sie scheinen schweigsamer und verschlossener geworden zu sein; ihre Blicke haben die zupac­kende Schärfe verloren, die schweifenden Augen scheinen wie versonnen in die Weite gerichtet, ja manchmal sind sie sogar gesenkt oder schauen zur Seite. Die Gebärden sind sparsam geworden und bleiben meistens ohne Beziehung, zum Ge­genüber. Im Spätstil des Künstlers, der sich mit Beginn der fünfziger Jahre vorberei­tet, wird die menschliche Gestalt von ganz besonderer Wichtigkeit, der Raum schrumpft zum bloßen Hintergrund zusammen, vor dem die Figuren erscheinen, die ihrerseits eine Art von Entkörperung erfahren. Das geschieht mit Hilfe des Lichtes, das nun nicht mehr von außen auf die Dinge fällt und sie umgreift, sondern den Kör­pern innezuwohnen scheint. Ein geheimnisvolles inneres Leuchten löst die Formen auf, läßt die Umrisse gänzlich verfließen. Dabei erlischt jegliche Handlung; nicht äu­ßere Vorgänge werden geschildert, sondern Seelenzustände und Stimmungen; so erscheinen kaum mehr als je zwei Personen im Bild, und wiederholt wählt der Künstler die Darstellungsform des großen Monologes.



Die Bildnisse ordnen sich dieser Entwicklung ein. Sie werden, was die physiogno­mische Ahnlichkeit betrifft, weniger präzise, zeigen den Dargestellten weder in wa­cher Reaktion an einem äußeren Vorgang interessiert, noch mit jenem in die Ferne schweifenden, alles umfassenden Blick, sondern vielmehr versunken in eine innere Schau und ganz mit sich selbst beschäftigt.

Die Bilder von Rembrandt zeigen, daß eines seiner wesentlichen Gestaltungsmittel der Wechsel zwischen starkem Licht und schweren Schatten gewesen ist; man nennt ihn einen der großen Meister der Helldunkel - Malerei. So liegt es nahe, daß er sich schon frühzeitig der Radierung als einem künstlerischen Ausdrucksmittel zu­wandte, das mit seiner Schwarz-Weiß-Wirkung von diesem Kontrast belebt wird. 19 der 150 graphischen Blätter stammen von seiner Hand. Um 1627 hat der Künstler die ersten Gravüren gemacht, dann folgen die Arbeiten einander Jahr um Jahr. Nur in seinem allerletzten Lebensjahrzehnt hat er so gut wie nicht mehr radiert, und mit Ausnahme des Porträts von Jan van der Linden, Professor der Medizin in Leiden, das auf Grund einer Bestellung 1665 entstand, ist kein Werk dieser Art aus seiner Spätzeit bekannt. Die Radierungen verteilen sich thematisch auf alle Gebiete, die Rembrandt auch als Maler pflegte, und zeigen sich mit der Entwicklung seiner Male­rei so eng verhaftet, daß man auch an ihnen in ganz entsprechender Weise die Wandlungen des Künstlers ablesen kann.

Eine reiche Zahl von Schülern ist durch Rembrandts Werkstatt gegangen, in den Jahre 1635 bis 1650 muß sein Atelier überfüllt gewesen sein mit eifrigen Eleven. Fast alle haben sie sich in den Jahren, da sie an des Meisters Seite schaffen durf­ten, über das Mittelmaß ihrer Begabung erhoben, haben jedoch gleichzeitig ihre Ei­genart weitgehend eingebüßt und sich erschöpft in der Nachahmung ihres Vorbil­des. Bei vielen hielt der Einfluß nicht lange an, sie schlugen später andere Wege ein und folgten dem wechselnden Geschmack der Zeit. Als Rembrandt starb, war seine Kunst in den Augen der Zeitgenossen überlebt. Nur so erklärt es sich, daß er noch vor seinem Tode gänzlich vergessen war. Das achtzehnte und frühe neun­zehnte Jahrhundert stand seinem Schaffen verständnislos, ja ablehnend gegenüber. Erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts entdeckte man mit geschärftem Auge für eine nach Licht-Schatten-Wirkungen trachtende Gestaltungsweise, mit er­wachendem Sinn für psychologische Problematik, die Bedeutung von Rembrandts Kunst wieder. Seither ist sein Werk durch immer neue Funde bereichert, die Eigen­tümlichkeit seiner Künstlerpersönlichkeit durch vielfältige Forschungen erschlossen worden.







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