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Elisabeth - Sissi-Mythos

Elisabeth



Sissi-Mythos


Anläßlich des 100sten Todestages von Kaiserin Elisabeth können derzeit zahlreiche Ausstellungen besichtigt werden. Der Mythos Sissi boomt, und er wird beinahe in jedem Bereich vermarktet. Von Pralinen über Autos und Barbiepuppen, Torten, Likör, Bücher, Souvenirs, Besteck, Teeservice etc. etc. kann man alles erwerben, und in vielen Hotels kann man sich mit original kaiserlichen Speisen kulinarisch verwöhnen lassen. Auch das Musical Elisabeth hatte Rekordbesucherzahlen, sogar in Japan wird es aufgeführt. Für den Tourismus in Wien ist Sissi unerläßlich. Die Vorstellung vom süßen Leben der Märchenprinzessin ist für den Großteil der Besucher reizvoll und faszinierend. Doch sehr viele Menschen wissen gar nicht, beeinflußt vom allgemein bekannten Klischee der Märchenprinzessin (zB Romy Schneider Filme), wie die schöne Kaiserin wirklich war und lebte.




Film: Interviews (Wer war Sissi?)


Kaiserin Elisabeth - wer diesen Namen hört, denkt sofort an die Märchenprinzessin, die hübscheste Herrscherin, die es je gab, oder in manchen Fällen an eine selbstsüchtige Frau, die aus der strengen Gesellschaft des Kaiserhauses flüchtete und die Freiheit im ständigen Umherreisen suchte. Ihr Name müßte, zumindest einem Österreicher, ein Begriff sein. Das zeigt der folgende Film.


Rollenspiel (Warum Luccheni?)

CD: 1. Lied: Prolog


Ihre Jugend


Prinzessin Elisabeth Amalie Eugenie wurde zu Weihnachten an einem Sonntag, dem 24. 12. 1837, als zweite Tochter von Herzog Maximilian und Prinzessin Ludovika in Bayern, im Palais Max an der Ludwigsstraße in München geboren.

Bereits bei der Geburt hatte sie einen Zahn, einen sogenannten 'Glückszahn'.

Sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits stammt Sissi aus dem Geschlecht der Wittelsbacher.

Sie wuchs auf wie ein Naturkind, inmitten von sieben temperamentvollen Geschwistern, abseits jeden höfischen Zwanges. Besonders ihr Vater Herzog Max lehrte sie reiten, schwimmen, angeln und bergsteigen. Sissi liebte ihre Heimat, vor allem die bayrischen Berge und den Starnberger See, an dessen Ufer das Sommerschlößchen der Familie, Possenhofen, lag. Sie sprach bayrischen Dialekt und hatte unter den Bauernkindern der Nachbarschaft gute Freunde. Ihre Bildung und ihre Umgangsformen waren dürftig. Wie ihr Vater und ihre Geschwister hielt sie schon als Kind nichts von Zeremoniell und Protokoll. Am Münchener Königshof machte das nicht viel aus, denn der herzogliche Zweig der Wittelsbacher hatte dort ohnehin keine offizielle Funktion.

Elisabeth war im Alter von 15 Jahren ein kaum entwickeltes, noch längst nicht ausgewachsenes schüchternes Kind mit dunkelblonden langen Zöpfen, überschlanker Gestalt und hellbraunen, etwas melancholisch dreinblickenden Augen. Sie stand im Schatten ihrer viel schöneren, viel gebildeteren, viel ernsthafteren und bewunderten älteren Schwester Helene, die zu Höherem - einer Ehe mit dem Kaiser von Österreich - ausersehen war. Neben Helene war Sissi das häßliche Entlein der Familie. Daß gerade Elisabeth die glänzendste Partie des 19. Jahrhunderts ausmachte, überraschte niemanden mehr als sie selbst.


Kaiser Franz Joseph


Der Kaiser wurde am 18. August 1830 als erster Sohn von Erzherzogin Sophie und Erzherzog Franz Carl geboren. Er war ein außergewöhnlich hübscher junger Mann mit blonden Haaren, einem weichen Gesicht und einer sehr zarten, schmalen Gestalt, die durch die enge Generaluniform, die er stets trug, vorteilhaft betont wurde.

Im Revolutionsjahr 1848 bestieg er als 18jähriger den Thron, nachdem sein geisteskranker Onkel Kaiser Ferdinand I. abgedankt hatte und Franz Josephs willensschwacher Vater Franz Carl ablehnte.

Er war einer der mächtigsten jungen Männer seiner Zeit. So weit das Majestätsgefühl den Kaiser auch über alle anderen Menschen erhaben machte, so innig war seine Beziehung zu dem einzigen Menschen, der für ihn eine Autorität darstellte: zu seiner Mutter, Erzherzogin Sophie. Ihr ging der Ruf voraus, der einzige Mann bei Hofe zu sein. In den fünfziger Jahren war sie die heimliche Kaiserin Österreichs.


Verlobung in Ischl


An Kaiser Franz Josephs 23. Geburtstag trat Sissi als 15jähriges Landmädchen aus Possenhofen in Bayern in die österreichische Geschichte ein.

Sophie machte sich auch um die künftige Gattin ihres Sohnes Gedanken. So wurde - nach langen auch politischen Überlegungen - Sissis Schwester Helene auserkoren.


Das zukünftige Paar sollte sich in der kaiserlichen Sommerfrische Ischl kennenlernen und verloben, so wollten es die beiden Mütter. Auf diese Reise ins Salzkammergut nahm Ludovika auch ihre zweite Tochter, die damals fünfzehnjährige Elisabeth mit, die gerade viel Sorgen machte. Sie hatte sich gerade in einen indiskutablen Mann verliebt, einen Grafen Richard S.. Dem wurde ein rasches Ende gesetzt, der junge Mann fortgeschickt. Er war krank und starb kurze Zeit später. Dieser Liebe trauerte Sissi ihr ganzes Leben nach. Ludovika hatte im Sinn, Sissi mit Franz Josephs Bruder Carl Ludwig zu verkuppeln.


Sophie lud ihre Schwester mit den beiden Mädchen zum Tee ein. Hier trafen sie den Kaiser. Er verliebte sich auf den ersten Blick in Elisabeth. Statt mit Helene beschäftigte er sich nur mit Sissi, die vor Aufregung nicht einmal essen konnte. So auch am Vorabend des kaiserlichen Geburtstages, an dem ein Ball stattfand. Der junge Kaiser beobachtete Sissi ununterbrochen beim Tanzen. Den Kotillon tanzte der Kaiser mit der kleinen Sissi und überreichte ihr nachher sein Bukett - ein traditionelles Zeichen dafür, daß sie seine Auserwählte war. Alle Augenzeugen verstanden dieses Zeichen, nur Sissi selbst nicht. Ob wirklich bei der Entscheidung nach den Gefühlen von Sissi gefragt wurde, bleibt dahingestellt. Wenn man Ludovika danach fragte, antwortete sie stets nur das eine: 'Dem Kaiser von Österreich gibt man keinen Korb'.


Ludovika gab ihrer Schwester Sophie schriftlich Sissis Zustimmung. Am 18. August 1853 fand die offizielle Verlobung in der Kirche in Ischl statt. Es wurden zahlreiche Feste veranstaltet, Elisabeth wurde mit wertvollen Geschenken förmlich überhäuft. Darüber hinaus mußte sie bis zur Hochzeit Französisch, Italienisch und Tschechisch lernen, was ihr überhaupt nicht zusagte. Alles, was in der Erziehung versäumt worden war, sollte nun nachgeholt werden. Nicht nur Sissi, sondern auch ihre Mutter hatte bereits Angst vor der schwierigen Zukunft im Kaiserhaus.


Hochzeit in Wien

CD: 5. Lied: Alle Fragen sind gestellt


Am 20. April 1854 verließ Herzogin Elisabeth in Bayern ihre Vaterstadt München. Auf der Ludwigstraße vor dem herzoglichen Palais hatte sich eine riesige Menschenmenge zum Abschied eingefunden. Die Reise dauerte 3 volle Tage, zunächst mit Kutschen und dann weiter mit einem Raddampfer. An jeder Station und an den Donauufern wurde Elisabeth von jubelnden Menschenmassen, Musikkapellen, Blumensträußen, Festreden, Militärs, Geistlickeit und Adel unter prächtigstem Blumenschmuck empfangen. Am 22. April gegen 16 Uhr kam die Kaiserbraut an. Ein pompöser Empfang erwartete sie. Sissi war von all den neuen Eindrücken erschöpft.

Am nächsten Tag dem 23. April, fand der traditionelle feierliche Einzug der Kaiserbraut in Wien statt. Alle Häuser waren prunkvoll geschmückt, die Schaulustigen säumten auf Tribünen den Durchzugsweg der zukünftigen Kaiserin. Die Augustinerkirche war von 15.000 Kerzen beleuchtet, die Trauung wurde vom Erzbischof von Wien, Kardinal Rauscher, unter Assistenz von über 70 Prälaten und Bischöfen durchgeführt. Es folgte eine unablässige Reihenfolge von Empfängen, Festen, und Gratulationen, die die junge Elisabeth sehr strapazierten. Den einzigen Trost spendeten ihr ihre Geschwister, die noch einige Tage in Wien blieben. Bei jedem Empfang fühlte sich Sissi im Mittelpunkt von Tausenden von Augenpaaren. Die neue Kaiserin sollte ja von möglichst vielen Menschen so bald wie möglich gesehen werden. Nach Abschluß der Feierlichkeiten verlebte das Kaiserpaar im Schloß Laxenburg. Elisabeth hatte bereits jetzt Sehnsucht nach ihrem alten, ungezwungenen Leben in Possenhofen.


Die Kinder des Kaiserpaares


Sophie, Gisela, Rudolf, Marie-Valerie

Elisabeth unterschied sich wesentlich von zeitgenössischen Frauen, da sie absolutes Desinteresse an familiären Angelegenheiten zeigte. Mit der Erziehung der eigenen Kinder war die Kaiserin überfordert. Für die Kinder einer Kaiserfamilie galt das allgemeine Erziehungssystem. Sie bekamen Unterricht von Hauslehrern und die Erziehung übernahmen Gouvernanten und Kindermädchen.

Am 5. März 1855 wurde das erste Kind Sophie geboren. Nur 1 Jahr später, am 15. Juli 1856, kam Gisela auf die Welt. 1857 wurde die 2jährige Sophie jedoch ernsthaft krank und starb schließlich. Daraufhin konnte Sissi tagelang nichts essen und sperrte sich alleine in ein Zimmer ein. Franz Joseph hatte Sorgen, da er noch immer keinen Sohn als Thronerben hatte. Im Dezember 1857 stellten sich die lange erwarteten Zeichen einer neuen Schwangerschaft ein. Am 21. August 1858 kam Kronprinz Rudolf in Laxenburg bei Wien auf die Welt. Für den kleinen Rudolf wurde ein General zur Erziehung bestellt, da er der Nachfolger seines Vaters Franz Joseph werden sollte. Der 5jährige Rudolf beherrschte bereits 4 Sprachen. Er war Elisabeth in vielen Beziehungen sehr ähnlich, sie kümmerte sich kaum um ihn, doch er verehrte seine Mutter. Am 22. April 1868 brachte Elisabeth das 4. und letzte Kind, Marie-Valerie, in Ungarn zur Welt. Sie war Sissis Lieblingskind, der sie alle Liebe und Fürsorge widmete. Das schrecklichste Ereignis in der Ehe des Kaiserpaares passierte am 31. Jänner 1889. Der Kronprinz Rudolf erschoß in Mayerling zuerst seine Geliebte Mary Vetsera und danach sich selbst. Rudolf litt an schweren Depressionen. Der erst 30jährige Kronprinz sprach von seinem nahen Tode, doch niemand nahm ihn ernst. Der Selbstmord, dessen Beweggründe Elisabeth nie kennenlernte, ließ sie mehr und mehr über ihr eigenes Leben nachgrübeln, und verzweifeln. In der kaiserlichen Familie herrschte Weltuntergangs-stimmung. Mit Rudolfs Tod schien Österreich-Ungarns Zukunft gestorben.


Die Flucht


Die politische Krise im Winter 1859/60 ging mit einer schweren privaten Krise des Kaiserpaares Hand in Hand. Der Kaiser dachte nicht daran, seine junge Frau an seinen Sorgen teilhaben zu lassen, über Politik sprach er nach wie vor nur mit seiner Mutter. Verärgert mußte die junge Kaiserin hinnehmen, daß man ihre Vorschläge gar nicht zur Kenntnis nahm. Das Tauziehen zwischen Sophie und Sissi war heftiger denn je. Im Juli 1860 kam es zu so schweren Differenzen zwischen dem Kaiserpaar, daß Elisabeth mit Gisela Wien verließ und nach Possenhofen fuhr. Nach weiteren Auseinandersetzungen wurde der Gesundheitszustand, ausgelöst durch Nervenkrisen und ständige Hungerkuren, so schlecht, daß der Lungenspezialist Dr. Skoda entschied, sie müsse sofort in wärmeres Klima, da akute Lebensgefahr herrschte. Es folgte ein 5monatiger Kuraufenthalt auf Madeira. Dort lebte Sissi ziemlich einsam in einer gemieteten Villa am Meer. Im Juni 1861 stellte Dr. Skoda eine Lungenschwindsucht fest und ordnete als letzte Hoffnung einen Aufenthalt auf Korfu an. Sie wurde ständig geplagt von Weinkrämpfen, Blutarmut, Hustenanfällen und Wassersucht, verbunden mit Verweigerung des Essens und Depressionen. Nach fast einjährigem Aufenthalt in Korfu und Venedig traf die immer noch schwerkranke Kaiserin im Mai 1862 in Reichenau an und fuhr von dort auf ärztliche Anordnung sofort nach Bad Kissingen zur Kur. Danach reiste sie nach Possenhofen. Wenige Tage vor dem kaiserlichen Geburtstag am 18. August 1862 kehrte die Kaiserin überraschend nach Wien zurück. Kaum war Sissi wieder gesundet, wartete man auf weiteren Nachwuchs zur Sicherung der Thronfolge. Inzwischen nahm sie auch das Wandern und Reiten wieder auf. Der Kronprinz hatte die Sensibilität seiner Mutter geerbt. Seitdem er unter der strengen, ja sadistischen Fuchtel seines Erziehers, Graf Leopold Gondrecourt stand, war er ständig krank, hatte Fieber, Angina und Magenkatarrh. Gondrecourt hatte strengst kaiserliche Weisung, den zarten, übersensiblen Knaben 'scharf herzunehmen', um aus ihm einen guten Soldaten zu machen. Als es um das Leben Rudolfs ging, wurde Elisabeth aktiv. Sie stellte dem Kaiser ein schriftliches Ultimatum. Entweder geht Gondrecourt oder sie. Außerdem forderte sie unumschränkte Vollmacht in allem, was ihre Kinder betraf, sowie die alleinige Entscheidungsfreiheit über ihren Aufenthaltsort und über ihre persönlichen Angelegenheiten. Sie setzte ihren Willen durch, Erzherzogin Sophie wich immer mehr zurück. Rudolf bekam einen neuen Erzieher, Oberst Latour, bei dem er wieder völlig gesundete, physisch als auch psychisch. Elf Jahre hatte es gedauert, bis sie den Mut fand, das zu tun, und nicht mehr in Krankheiten und Auslandsreisen zu flüchten.


Schönheitskult

CD: 13. Lied: Schönheitspflege


Ihre sagenhafte Schönheit machte sie in den sechziger Jahren zu einer Weltberühmtheit. Sie entwickelte sich sehr langsam und unter großem Zeit- und Geldaufwand. Elisabeths Schönheitsideal war ein gesunder, schlanker, anmutiger Körper, klare Haut, prächtige Haare. Sie liebte das Natürliche, Gewachsene, und lehnte Schminke und zuviel Parfum ab. Sie überragte schließlich den Kaiser mit einer Größe von 172 cm. Ihr Gewicht blieb ein Leben lang ziemlich konstant auf 50 Kilo. Angstlich und verkrampft bemühte sie sich, Schönheitsfehler zu verbergen, so etwa ihre unbehebbar schlechten Zähne. Ihre Schönheit pflegte sie ausschließlich für sich selbst, und sie war viel zu kostbar, um sie vor aller Welt auszustellen.

Einen wahren Kult trieb Elisabeth mit ihrem Haar, das von dunkelblond auf kastanienbraun nachfärbte und im Laufe der Jahre eine Länge bis zu den Fersen erreichte. Die Haarwäsche alle drei Wochen, bevorzugt mit Cognac und Ei, dauerte einen ganzen Tag, an dem die Kaiserin unansprechbar war. Die tägliche Haarpflege war unter drei Stunden kaum zu schaffen. Von den Künsten der Hoffriseurin hing die Laune Elisabeths größtenteils ab. Gräfin Fanny Feifalik verstand es, die kunstvollsten Flechtfrisuren Wiens herzustellen. Um die schwierige Kaiserin nicht zu verärgern, ließ sie die unvermeidbar ausgekämmten Haare heimlich unter ihrer Schürze an einem Klebeband verschwinden, um der Kaiserin einen haarlosen Kamm vorzuweisen. Das Gewicht der Haarfluten war so groß, daß Elisabeth manchmal sogar Kopfschmerzen bekam.


Die komplizierte Hautpflege wurde mit selbst gemixten Schönheitsmittelchen betrieben. Mit zunehmendem Alter wurde es immer schwieriger, ihre Schönheit zu erhalten. So auch die Mittel, mit denen sie dies versuchte:

nächtliche Gesichtsmasken mit rohem Kalbfleisch, in der Erdbeerzeit eine Erdbeermaske, warme Olivenölbäder, feuchte Tücher oberhalb der Hüften im Schlaf, eine Mixtur von fünf Weißeiern mit Salz, kalte Milch oder Fleischsaft zum Trinken.


In ihre Kleider ließ sie sich jeweils einnähen, bei jedem Ankleiden und Umziehen. Das Einschnüren allein dauerte nicht selten eine Stunde, zusätzlich zu den drei Stunden Haarpflege.


Als die ersten Zeichen des Alters kamen - eine durch die Hungerkuren und den reichlichen Aufenthalt in frischer Luft faltige, gegerbte Haut, Gelenkschmerzen - wollte Sissi ihre vielgerühmte Schönheit mit Gewalt und eiserner Selbstdisziplin bewahren. Sie ließ sich in jedem der Schlösser, die sie bewohnte, Turnräume einrichten, in denen sie stundenlang gymnastische Übungen betrieb. Selbstverständlich wurde bei jedem Ausritt - wie auch bei jedem Spaziergang - ein Fächer mitgeführt, den Elisabeth benötigte, um sich vor dem Blicken der Neugierigen zu schützen, die auch die Alterserscheinungen im Gesicht nicht sehen durften. Sie muß ab ihrem 50. Lebensjahr unter einer starken Faltenbildung gelitten haben. Elisabeth ließ sich nicht mehr malen oder fotografieren. Sie litt stark unter den Alterserscheinungen. Vermutlich haben viele ihrer Bosheiten, die ab ihrem 50stem Geburtstag auftraten, mit ihrer Unzufriedenheit über ihr Aussehen zu tun.


Elisabeth lebte ganz ihrer Schönheit und Gesundheit. Die zeitaufwendigen Vorbereitungen auf die Repräsentation wurden immer lästiger und mühsamer, sodaß sie es immer mehr vermied, als erste Repräsentationsfigur des Reiches in der Öffentlichkeit aufzutreten. Höfische und familiäre Pflichten hatten in ihrem Tagesablauf keinen Platz.


Die Liebe zu Ungarn


Elisabeths Sympathien für Ungarn kamen wohl zunächst aus ihrer Opposition gegen den Wiener Hof. Je schlechter Sissis Verhältnis zu ihrer höfischen Umgebung und zu ihrer Schwiegermutter wurde, desto interessanter wurde für sie Ungarn. Mit Rudolfs ungarischer Amme konnte sie sich kaum verständigen. Auf Madeira lernte die Kaiserin die ersten ungarischen Worte, von dem Bruder ihrer später langjährigen Freundin und Hofdame Lily Hunyady. Nach ihrer Rückkehr aus Korfu im Februar 1863 erhielt Sissi regulären Ungarischunterricht. Sie machte rasche Fortschritte, die vor allem auf Ida Ferenczy zurückzuführen sind. Sie war ein zartes ungarisches Mädchen vom Land, die sich Sissi 1864 in ihre Umgebung holte. 34 Jahre lang - bis zu Elisabeths Tod - blieb Ida die engste Vertraute der um vier Jahre älteren Kaiserin. Sie kannte alle ihre Geheimnisse, besorgte ihre privateste Korrespondenz, war unentbehrlich - nicht nur als Angestellte, sondern als intime Freundin. Ida war nebenbei eine Vertraute der ungarischen Liberalen, die für den 'Ausgleich' arbeiteten, vor allem Gyula Andrassy und Franz Deak. Idas Einzug in die Wiener Hofburg war der Beginn von Sissis begeistertem Engagement für den ungarischen 'Ausgleich', für eine Wiedergewährung der alten ungarischen Sonderrechte und die Krönung Franz Josephs zum König von Ungarn. Nach langen Verhandlungen dem Kaiser und den Ungarn kam es dank den Bemühungen Elisabeths schließlich am 8. Juni 1867 zur Krönung Franz Josephs zum König von Ungarn. Ein bevorzugtes Fluchtziel Sissis war Gödöllö, jener Landsitz unweit von Budapest, den die ungarische Nation dem neugekrönten Königspaar 1867 geschenkt hatte. Der Pusztasand war für stundenlange tägliche Ausritte wie geschaffen. Es gab in der Gegend noch wilde Pferde, die Landschaft war romantisch und urwüchsig, wie es Elisabeth liebte. Gödöllö war ihr Reich. Hier herrschten ihre Gesetze, die mit Rangfragen und Protokoll wenig zu tun hatten. In Gödöllö konnte sie auch ihre Leidenschaft des Reitens voll ausleben. Es war ein Leben lang ein gern gesuchter Ort der Zuflucht.


Rastlose Jahre

CD: 18. Lied: Rastlose Jahre


Nach der Heirat ihrer Lieblingstochter Marie Valerie war für Elisabeth der Zeitpunkt gekommen, auf den sie sich schon so lange vorbereitet hatte. Ihr einziger Sohn war tot. Ihr einziger Freund Andrassy war tot. Der Kaiser war zufrieden in der Freundschaft zu Katharina Schratt, die Tochter Valerie glücklich in ihrem Heim, in dem sich nach und nach neun Kinder einstellten. Die Kaiserin war nun eine Frau in den Fünfzigern. Ihre Schönheit war dahin. Sie wollte sich von der Welt zurückziehen, niemand sollte ihr Gesicht mehr erblicken. Niemals mehr ließ sie sich porträtieren. Niemals mehr ging sie ohne Fächer oder Schirm aus, hinter denen sie ihr faltiges, wettergegerbtes, mageres Gesicht versteckte. In ihrem 'Mövenflug', wie sie es nannte, bereiste sie unermüdlich und immer zielloser die ganze Welt, verließ Österreich, so oft und solange sie konnte. Auf ihren Reisen benahm sich die Kaiserin immer seltsamer. Sie hatte zB die Angewohnheit, einfach in fremde Häuser und Königshöfe zu gehen, noch dazu, ohne ein einziges Wort zu sagen oder zu erklären, was sie eigentlich wollte. Der Wiener Hof rechnete nicht mehr mit ihr, sie ließ keinen Zweifel daran, daß sie höfische Pflichten verabscheute. Elisabeths Irrfahrten im eigenen Salonwagen der Eisenbahn oder mit den kaiserlichen Jachten, dem 'Greif' oder der 'Miramar', führten quer durch Europa. Bei ihren stundenlangen Wanderungen nahm die Kaiserin auch nicht die geringste Rücksicht auf das Wetter. Sie liebte die Naturgewalten und verstand die Empfindlichkeit ihrer Begleiter überhaupt nicht. Elisabeths Leben wurde zu einer Flucht vor dem eigenen Ich, vor der ständigen Unruhe ihrer Seele. Kaum war das Achilleion auf Korfu fertig, strebte sie schon wieder fort, da sie das Gebäude nicht mehr interessierte. 1890 machte sie etwa folgende Reisen: nach Ischl, Feldafing, Paris, Lissabon, Algier, Florenz und Korfu. 1895/96 war sie im ungarischen Kurort Bartfeld, in Ischl, Aix-les-Bains und Territet, in Gödöllö, in Cap Martin, in Cannes, Neapel, Sorrent und Korfu. In den anderen Jahren sah es nicht anders aus. Schon drei Monate nach Rudolfs Tod ging die Nachricht durch die europäische Presse, bei der österreichischen Kaiserin sei der Wahnsinn ausgebrochen. Sissis Hauptinteresse in diesen letzten Jahren bestand in ihrer schwindenden Gesundheit. Immer noch beklagte sie jede kleine Gewichtszunahme. (43,5 kg bei einer Größe von 172 cm)

Die Hauptreiseziele der Kaiserin waren die griechischen Inseln und Süditalien. Den ganzen Sommer 1898 zog es Sissi unwiderstehlich in die Schweiz an den Genfer See. Die Anarchistengefahr dort vermochte sie nicht zu erschrecken, sie sehnte den Tod herbei.


Der ersehnte Tod

CD: 25. Lied: Epilog


Elisabeth wohnte in Territet bei Montreux, wo sie eine vierwöchige Kur machen wollte. Am 10. September 1898 wurde Kaiserin Elisabeth von dem italienischen Anarchisten Luigi Luccheni in Genf, mit einer messerscharfen Feile, erstochen. Am 15. September kam die Leiche in der Wiener Hofburg an, umgeben vom ganzen Pomp des Kaiserreiches. Selbstverständlich war keine Rede davon, Elisabeths Wunsch zu erfüllen, 'am Meer, am liebsten auf Korfu' begraben zu werden. Wie einst Rudolf, so wurde nun auch Elisabeth in der Burgkapelle aufgebahrt. Luigi Luccheni wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, nach elfjähriger Haft nahm er sich 1910 in seiner Zelle das Leben.

Fast ein halbes Jahrhundert lang - von 1854 bis 1898 - war Elisabeth Kaiserin und Königin eines problemgeladenen Reiches in einer Zeit des Niederganges. Sie tat nichts, diesen Niedergang zu verlangsamen. Sie war keine Frau der Tat wie ihre Nachfolgerin Zita, die den Zusammenbruch erleben mußte. Resignation, Rückzug ins Private, ja in die Dichtung, schließlich in die Einsamkeit - das war Elisabeths Antwort auf die Forderung nach Pflichterfüllung, wie ihr kaiserlicher Gatte sie so unermüdlich seinen Untertanen vorlebte. Verrücktheit, Weisheit, Einsicht in das Unvermeidliche oder nur einfach Bequemlichkeit und Laune? Sie weigerte sich ein Leben lang, als Kaiserin zu leben und fühlte sich statt dessen als Feenkönigin:


Nicht soll Titania unter Menschen gehen

In diese Welt, wo niemand sie versteht,

Wo hunderttausend Gaffer sie umstehen,

Neugierig flüsternd: Seht, die Närrin, seht!

Wo Mißgunst neidisch pflegt ihr nachzuspähen,

Die jede ihrer Handlungen verdreht,

Sie kehre heim in jene Regionen,

Wo ihr verwandte, schön´re Seelen wohnen.






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