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Innenpolitik

Innenpolitik

1. Asylpolitik
1.1 Das neue Asylrecht
1.1.1 Notwendigkeit der Asylrechtsänderung
1.1.2 Inhalt des neuen Asylrechts
1.1.2.1 Der neue Artikel 16 a GG
1.1.2.2 Kernelemente des neuen Asylrechts
1.1.3 Umsetzung des neuen Asylrechts
1.1.4 Wirkung des neuen Asylrechts
1.2 Entwicklung der Asylbewerberzahlen
1.2.1 Asylbewerberzahlen in Deutschland
1.2.2 Asylbewerberzahlen in den europäischen Nachbarstaaten

2. Ausländerpolitik
2.1 Grundsätze unserer Ausländerpolitik
2.1.1 Integration der bei uns lebenden Ausländer
2.1.2 Begrenzung des weiteren Ausländer-Zuzugs
2.2 Das neue Ausländergesetz
2.3 Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit
2.3.1 Einbürgerung von Ausländern
2.3.1.1 Grundsätzliche Haltung zur Einbürgerung von Ausländern
2.3.1.2 Maßnahmen zur Erleichterung der Einbürgerung
2.3.2 Doppelte Staatsbürgerschaft
2.4 Wahlrecht für Ausländer
2.5 Koalitionsvereinbarung für die 13. Legislaturperiode



3. Innere Sicherheit
3.1 Grundsätze unserer Politik zur Stärkung der Inneren Sicherheit
3.2 Bekämpfung der Massenkriminalität
3.3 Bekämpfung der Organisierten Kriminalität
3.3.1 Das Gesetz zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und das
Geldwäschegesetz
3.3.2 Weitere gesetzgeberische und organisatorische Maßnahmen zur
Bekämpfung der Organisierten Kriminalität
3.4 Extremismus und Gewaltkriminalität
3.4.1 Gewalt
3.4.1.1 Medien und Gewalt
3.4.1.2 Verschärfung des Straf- und Strafprozeßrechts bei Gewaltdelikten
3.4.2 Bekämpfung des gewalttätigen politischen Extremismus
3.4.2.1 Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung des gewalttätigen
politischen Extremismus
3.4.2.2 Weitere gesetzgeberische Maßnahmen zur Bekämpfung des
gewalttätigen politischen Extremismus
3.5 Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität

3.5.1 Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung der
Rauschgiftkriminalität
3.5.2 Weitere gesetzgeberische Maßnahmen zur Bekämpfung der
Rauschgiftkriminalität
3.6 Polizeien
3.6.1 Polizei
3.6.2 Bundesgrenzschutz
3.6.3 Europol
3.7 Verbrechensbekämpfungsgesetz 1994

4. Kommunalpolitik
4.1 Kommunale Selbstverwaltung
4.1.1 Mitwirkung des Bürgers
4.1.2 Direktwahl/Reform der Kommunalverfassungen
4.2 Kommunale Gebietsreform
4.2.1 Kommunale Gebietsreform in den alten Bundesländern
4.2.2 Kommunale Gebietsreform in den neuen Bundesländern
4.3 Kommunalfinanzen
4.3.1 Finanzlage der Städte, Gemeinden und Kreise seit 1980
4.3.2 Politik des Bundes für die Kommunen
4.3.3 Privatisierung kommunaler Aufgaben
4.3.4 Hilfen für die neuen Länder und ihre Kommunen
4.3.4.1 Finanzielle Hilfen des Bundes
4.3.4.2 Verbesserung der kommunalen Infrastrukturen
4.3.4.3 Aufbau der Verwaltung
4.3.5 Kommunaler Finanzausgleich
4.3.6 Mehr finanzielle Eigenverantwortung für die Kommunen
4.3.7 Mehr Investitionspauschalen, weniger Antrags- und
Bewilligungsverfahren
4.4. Kommunale Kulturpolitik
4.4.1 Kulturförderung durch den Bund in den neuen Ländern
4.4.2 Städtebaulicher Denkmalschutz
4.5 Kommunale Sozialpolitik
4.5.1 Versorgung mit Kindergartenplätzen
4.5.2 Kommunale Krankenhäuser
4.6 Kommunen und Europa

5. Kulturpolitik
5.1 Grundlagen der CDU-Kulturpolitik
5.2 Kulturelle Situation in den neuen Bundesländern
5.3 Kulturförderung
5.3.1 Kulturförderung als öffentliche Pflichtaufgabe
5.3.2 Kommunale Kulturförderung
5.3.3 Kulturförderung in Form privater Initiative
5.3.4 Freie Kulturarbeit
5.4 Kulturelle Weiterbildung
5.5 Auswärtige Kulturpolitik
5.5.1 Kulturförderung in Osteuropa für deutsche Minderheiten
5.5.2 Kulturpolitik der Europäischen Union (EU)
5.6 Soziale Sicherung der Künstler
6. Sportpolitik
6.1 Grundsätze der CDU Sportpolitik
6.2 Breitensport
6.2.1 Sportvereine
6.2.2 Entwicklung des organisierten Sports in Deutschland
6.2.3 Vereinsförderungsgesetz
6.2.4 Sportstätten
6.2.5 'Goldener Plan Ost'
6.2.6 Schwerpunkte der kommunalen Sportförderung
6.3 Spitzensport
6.3.1 Förderung des Spitzensports
6.3.2 Dopingbekämpfung
6.4 Schulsport
6.4.1 Aktuelle Situation
6.4.2 Forderungen der CDU zur Verbesserung des Schulsports
6.4.3 Zusammenarbeit von Schule und Verein
6.5 Soziale Aufgaben des Sports
6.5.1 Förderung des Behindertensports
6.5.2 Rehabilitation durch Sport
6.5.3 Sport und Gesundheit
6.5.4 Sport im Alter
6.6 Sport und Umwelt
6.7 Sport und Wirtschaft
6.8 Internationaler Sport
6.9 Entwicklungshilfe und Sport

7. Vertriebenen- und Aussiedlerpolitik
7.1 Vertriebenenpolitik
7.2 Deutsche Minderheiten in Osteuropa
7.3 Aussiedler
7.3.1 Bildungsangebote für junge Aussiedler
7.4 Grundsätze der CDU in der Vertriebenen- und Aussiedlerpolitik

8. Öffentlicher Dienst
8.1 Personal im öffentlichen Dienst
8.2 Reform des öffentlichen Dienstes

1. Asylpolitik

Die CDU bekennt sich zum verfassungsmäßig garantierten Recht auf Asyl für politisch Verfolgte; der Mißbrauch dieses Rechts muß aber verhindert werden.

Angesichts der unverkennbaren Zuspitzung der Asylproblematik hat die CDU deshalb seit Jahren eine grundlegende Neuregelung des Asylrechts und die dazu notwendige Anderung des Grundgesetzes gefordert, um dem Mißbrauch des Asylrechts wirksam begegnen zu können. Den Unionsparteien waren aber in dieser Frage die Hände gebunden, da sich FDP und SPD - ohne deren Zustimmung die für die Grundgesetzänderung notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit nicht erreicht werden kann - über Jahre hartnäckig verweigerten.

Aufgrund des beharrlichen Bemühens und nachdrücklichen Drängens der Union ist es schließlich gelungen, in außerordentlich schwierigen Verhandlungen zwischen den Koalitionsfraktionen und der SPD einen Durchbruch zu erzielen (sog. 'Asylkompromiß' vom 6. Dezember 1992). Die Unionsparteien konnten sich mit ihrer Forderung nach einer Anderung des Grundgesetzartikels 16 und einer grundlegenden Neuregelung des Asylrechts durchsetzen.

Die wesentlichen Ziele der CDU sind in den Verhandlungen erreicht worden:

* Der Schutz tatsächlich politisch Verfolgter bleibt gewährleistet.
* Die Zuwanderung nach Deutschland kann jetzt begrenzt und gesteuert werden.
* Dem Mißbrauch des Asylrechts kann wirksamer begegnet werden.
* Deutschland kann ohne Vorbehalte an europäischen Asylrechtsregelungen teilnehmen.

Der Deutsche Bundestag hat die Neuregelung des Asylrechts am 26. Mai 1993 in zweiter und dritter Lesung verabschiedet. Sie ist zum 1. Juli 1993 in Kraft getreten. Jetzt kommt es darauf an, daß die Bestimmungen des neuen Asylrechts auch zügig und konsequent in der Praxis umgesetzt werden.

Die ersten Erfahrungen mit den neuen Asylgesetzen zeigen: das neue Asylrecht wirkt. Die von der Union durchgesetzte Anderung des Asylrechts hat deutlich spürbare Entlastungen bei den Zugängen, schnellere Entscheidungen und mehr Abschiebungen gebracht und damit zum Abbau von Sorgen und Angsten vieler Bürger geführt, die Überforderung unserer Gemeinden beendet und die Grundlagen für ein friedliches Miteinander von deutschen und ausländischen Bürgern wieder gefestigt.

1.1 Das neue Asylrecht

Angesichts der ständig steigenden Asylbewerberzahlen und der Tatsache, daß die Maßnahmen gegen die mißbräuchliche Inanspruchnahme des Asylrechts unterhalb der Grundgesetzänderung ohne Erfolg waren, haben sich CDU, CSU, FDP und SPD am 6. Dezember 1992 auf ein gemeinsames Konzept zu Fragen des Asyls und der Zuwanderung geeinigt. Bundestag und Bundesrat haben Ende Mai 1993 einer Neuregelung des Asylrechts zugestimmt. Am 1. Juli 1993 sind die neuen Asylgesetze in Kraft getreten.

Ziel der Neuregelungen ist es, den wirklich politisch Verfolgten auch weiterhin in Deutschland Schutz und Zuflucht zu gewähren, aber eine unberechtigte Berufung auf das Asylrecht zu verhindern und diejenigen, die unseres Schutzes deshalb nicht mehr bedürfen, weil sie offensichtlich nicht oder nicht mehr aktuell politisch verfolgt sind, von einem langwierigen Asylverfahren auszuschließen und rasch in ihre Heimatländer zurückzuführen. Außerdem soll das Asylverfahren einschließlich des gerichtlichen Verfahrens beschleunigt werden.

Bund, Länder und Gemeinden werden durch das neue Asylverfahren spürbar entlastet. Die neuen Asylgesetze versetzen Deutschland ferner erstmals in die Lage, an den europäischen Asylvereinbarungen gleichberechtigt teilzuhaben. 1992 nahm innerhalb der EG Deutschland fast 80 Prozent aller Asylsuchenden auf.

Die Neuregelung des Asylrechts war aus vielfachen Gründen unaufschiebbar:

- die Zahl der Asylbewerber in Deutschland ist dramatisch angestiegen. Im Jahre 1972 waren es 5.000, 1982 bereits 38.000; 1992 kamen fast 440.000 und im ersten Halbjahr 1993 224.000 Asylbewerber nach Deutschland;

- die Quote der tatsächlich als politisch verfolgt Anerkannten ist dagegen von 39,8 Prozent im Jahr 1972 auf 6,8 Prozent 1982 bis auf 2,1 Prozent im ersten Halbjahr 1993 gesunken;

- der jährliche Kostenaufwand der öffentlichen Hände für Asylbewerber überstieg mit ca. 9 Milliarden DM bereits die gesamte vom Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit im Jahr 1992 geleistete Entwicklungshilfe (8,27 Milliarden DM).

1.1.1 Notwendigkeit der Asylrechtsänderung

Unser bisher geltendes Asylrecht (Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG) war 1949 unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in unsere Verfassung aufgenommen worden. Aus diesem Grunde wurde das Asylrecht in der Bundesrepublik Deutschland sehr großzügig ausgestaltet und war weiter gefaßt als das Völkerrecht und als das Recht der anderen Staaten. Es räumte politisch Verfolgten ein subjektives Recht auf Asylgewährung ein, das keinerlei politischem Ermessen unterworfen ist. Dies bedeutete im Ergebnis, daß jeder, der sich auf politische Verfolgung berief, ein Recht auf Überprüfung seines individuellen Vorbringens in einem Verwaltungsverfahren hatte. Die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung schloß sich an. Dies wiederum führte dazu, daß jeder, der politische Verfolgung geltend machte, auch einen Anspruch darauf hatte, nach Deutschland einzureisen, dort sein Verfahren zu betreiben und sich solange im Land aufzuhalten, wie sein Verfahren andauerte.

Niemand konnte aber 1949 vorhersehen, daß Deutschland das Ziel Hunderttausender werden würde, die nicht aus Gründen der politischen Verfolgung, sondern aus wirtschaftlichen Gründen in unser Land kommen wollen. Während die Zahl der Asylbewerber ständig stieg, ging der Anteil der anerkannten Asylanten zurück. Das deutsche Asylrecht wurde zunehmend mißbräuchlich in Anspruch genommen und zum Instrument der Zuwanderung aus wirtschaftlichen Gründen umfunktioniert.

Im Jahr 1992 beantragten 438.191 Ausländer Asyl in der Bundesrepublik Deutschland. Dies bedeutete eine Steigerung der Asylbewerberzahlen gegenüber dem Vorjahr, als 256.112 Antragsteller zu verzeichnen waren, um 71,1 Prozent. Die Anerkennungsquote des Bundesamtes lag 1992 bei 4,3 Prozent. Im 1. Halbjahr 1993 war ein weiterer erheblicher Anstieg der Asylbewerberzahlen zu verzeichnen. 244.099 Ausländer beantragten in diesem Zeitraum Asyl. Gegenüber 187.455 Antragstellern im 1. Halbjahr 1992 stieg die Zahl damit um 19,5 Prozent. Die Anerkennungsquote des Bundesamtes lag bei 2,1 Prozent.

Die hohen Asylbewerberzugänge haben Bund, Länder und Kommunen vor kaum lösbare Aufgaben gestellt. Auch die Akzeptanz in unserer Bevölkerung hat gelitten. Die Unterbringung von Asylbewerbern in Turnhallen, Wohncontainern und Zelten hat gezeigt, daß die Grenzen der Aufnahmefähigkeit tatsächlich erreicht und vielfach überschritten sind. Die Sozialhilfeetats der Kommunen sind großen Belastungen ausgesetzt worden. Auch die Asylverfahren sind durch diesen massiven Anstieg der Zugangszahlen erheblich belastet und in die Länge gezogen worden.

Die Bundesregierung hatte in den vergangenen Jahren eine Reihe von Maßnahmen ergriffen oder initiiert, um den Zugang von Asylbewerbern zu verringern und die Anerkennungsverfahren zu verkürzen. So wurden zuletzt in den Jahren 1987, 1988, 1990, 1991 umfangreiche Anderungen des Asylverfahrensgesetzes vorgenommen, um die Verfahren zu beschleunigen. Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens war 1992 nochmals versucht worden, das Asylverfahren ohne Grundgesetzänderung zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Angesichts der Tatsache, daß die Maßnahmen gegen die mißbräuchliche Inanspruchnahme des Asylrechts unter der Schwelle einer Grundgesetzänderung ohne durchgreifenden Erfolg blieben und die Asylbewerberzahlen ständig weiter stiegen, gaben F.D.P. und schließlich auch die SPD ihren Widerstand gegen die von der Union seit langem geforderte Grundgesetzänderung endlich auf. Nach außerordentlich schwierigen Verhandlungen zwischen den Koalitionsfraktionen und der SPD, deren Zustimmung wegen der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig war, gelang es der Union schließlich, ihre Forderung nach einer Anderung des Grundgesetzes und einer Neuregelung des Asylrechts durchzusetzen.

1.1.2 Inhalt des neuen Asylrechts

1.1.2.1 Der neue Artikel 16 a GG

Der bisherige Artikel 16, Absatz 2, Satz 2 des Grundgesetzes wurde an dieser Stelle gestrichen. Es wurde ein neuer Artikel 16 a eingefügt mit folgendem Inhalt:

Absatz 1 übernimmt unverändert den Wortlaut des bisherigen Artikels 16 Absatz 2 Satz 2 GG. Die Verbürgung des Schutzes vor politischer Verfolgung behält den Charakter eines Individualgrundrechts.

Absatz 2 schließt bei Einreise des Ausländers aus sicheren Drittstaaten eine Berufung auf das Asylrecht aus. Sichere Drittstaaten sind alle EU-Staaten und andere Staaten, in denen die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention sichergestellt ist. Dies ermöglicht es, die Betroffenen an der Grenze zurückzuweisen und unverzüglich in den sicheren Drittstaat zurückzubringen. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen können unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

Absatz 3 eröffnet dem Gesetzgeber die Möglichkeit, eine Liste von Herkunftsländern zu erstellen, bei denen gewährleistet erscheint, daß dort keine politische Verfolgung stattfindet. Ein Ausländer aus einem solchen Staat gilt als nicht verfolgt, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen der generellen Vermutung doch politisch verfolgt wird.

Absatz 4 erleichtert die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber der gegenwärtigen Rechtslage bei Einreise aus einem sicheren Herkunftsland und in anderen Fällen offensichtlicher Unbegründetheit des Asylantrages.

Absatz 5 ermöglicht die volle und gleichberechtigte Teilhabe Deutschlands an den asylrechtlichen europäischen Regelungen (Schengener und Dubliner Übereinkommen) über die Zuständigkeit für die Prüfung von Asylbegehren und die wechselseitige Anerkennung von Asylentscheidungen.

1.1.2.2 Kernelemente des neuen Asylrechts

Kernelemente des neuen Asylrechts sind:

1. Prinzip des 'sicheren Drittstaates'

Grundsätzlich vom Asylverfahren ausgeschlossen sind Ausländer, die über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland einreisen. Dies ermöglicht es, die Betroffenen an der Grenze zurückzuweisen oder unverzüglich in den sicheren Drittstaat zurückzubringen. Die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen können unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden. Unberührt bleibt die Möglichkeit, vom sicheren Drittstaat aus ein Klageverfahren zu betreiben.

Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nur Staaten, in denen die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention sichergestellt ist.

Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der EU sind und die o.g. Voraussetzungen erfüllen, werden vom Gesetzgeber festgelegt. Es wurden folgende Staaten in die Liste der 'sicheren Drittstaaten' aufgenommen: Finnland, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz und die Tschechische Republik.

2. Prinzip des 'sicheren Herkunftsstaates'

Der Asylantrag eines Ausländers aus sicheren Herkunftsstaaten ist grundsätzlich als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von ihm angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, daß ihm - abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland - politische Verfolgung droht (widerlegliche Vermutung).

Die Anträge werden in einem verkürzten und beschleunigten Asylverfahren behandelt; es wird auf die Ausführungen unter Ziffer 3 zu 'offensichtlich unbegründeten Asylanträgen' verwiesen.

Die sicheren Herkunftsstaaten werden vom Gesetzgeber bestimmt. Es handelt sich um Länder, bei denen aufgrund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet.

Als sichere Herkunftsstaaten wurden festgelegt: Bulgarien, Gambia, Ghana, Polen, Rumänien, Senegal, Slowakische Republik, Tschechische Republik und Ungarn.

3. Offensichtlich unbegründete Asylanträge

Ein Asylantrag ist u.a. als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

- das Vorbringen des Ausländers in wesentlichen Punkten nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,

- der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,

- der Asylbewerber Mitwirkungspflichten im Asylverfahren gröblich verletzt, es sei denn, er hat dies nicht zu vertreten.

Im übrigen ist ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. In diesen Fällen darf nach den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention auch ein anerkannter Asylbewerber in den Herkunftsstaat abgeschoben werden.

Die Anträge werden in einem verkürzten und beschleunigten Asylverfahren behandelt: Wird der Asylantrag des Ausländers vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als offensichtlich unbegründet abgelehnt, so erläßt das Bundesamt eine Abschiebungsandrohung; die Ausreisefrist beträgt eine Woche. Dagegen kann der Ausländer binnen einer Woche beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz beantragen, über den in der Regel binnen einer Woche entschieden werden soll. Das Verwaltungsgericht darf im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Abschiebung nur dann aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung bestehen.

4. Flughafenregelung

Für Ausländer aus sicheren Herkunftsstaaten, die über einen Flughafen einreisen und bei der Grenzbehörde um Asyl nachsuchen, ist das Asylverfahren vor der Einreise durchzuführen, soweit die Unterbringung auf dem Flughafengelände während des Verfahrens möglich ist. Das gleiche gilt für Ausländer, die bei der Grenzbehörde auf einem Flughafen um Asyl nachsuchen und sich dabei nicht mit einem gültigen Paß oder Paßersatz ausweisen. Für die Dauer des Asylverfahrens darf der Ausländer den Transitbereich nicht verlassen.

Gegen die ablehnende Entscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge kann der Ausländer vorläufigen Rechtsschutz innerhalb von 3 Tagen nach Zustellung der Entscheidung beantragen. Das Verwaltungsgericht soll innerhalb von 14 Tagen über diesen Antrag entscheiden.

5. 'Europafähigkeit'

Mit den neuen Asylgesetzen wird unser Asylrecht auch 'europafähig'. Mit der Reform des Asylrechts gleicht Deutschland seinen Rechtsstandard an die Zielvorgaben des Völkerrechts (Genfer Flüchtlingskonvention und Europäische Menschenrechtskonvention) und damit dem nationalen Asylrecht unserer EU-Nachbarn an. Dies ist ein für die weitere europäische Integration bedeutsames Zeichen und unterstreicht, daß Antworten auf die Asylfrage und den Wanderungsdruck nur im gesamteuropäischen Rahmen gegeben werden können.

Durch das neue Asylrecht ist jetzt die volle und gleichberechtigte Teilhabe Deutschlands an den europäischen asylrechtlichen Regelungen (Schengener und Dubliner Übereinkommen) über die Zuständigkeit für die Prüfung von Asylbegehren und die wechselseitige Anerkennung von Asylentscheidungen gewährleistet. Anders als bisher müssen die deutschen Behörden künftig in den Fällen, in denen ein Ausländer bereits in einem anderen EU-Staat einen Asylantrag gestellt hat und dort abgelehnt wurde, bei uns kein zweites Asylverfahren durchführen.

6. Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge

Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge sind in der Regel - anders als politisch Verfolgte - nur vorübergehend Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt. Darüber hinaus ist die Bedrohung von Kriegsflüchtlingen in dem Herkunftsgebiet offenkundig und bedarf keiner Überprüfung im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Das Asylverfahren ist für die Aufnahme von Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen kein geeignetes Instrument. Deshalb wurde für diese Flüchtlinge eine eigenständige Aufnahmeregelung geschaffen. Ihnen wird vorübergehend Aufnahme gewährt. Für die Dauer der Aufnahme ist ein Asylverfahren ausgeschlossen.

7. Leistungen an Asylbewerber

Mit dem Asylbewerberleistungsgesetz, das zum 1. November 1993 in Kraft getreten ist, erfolgt eine deutliche Absenkung der Leistungen an Asylbewerber gegenüber der Sozialhilfe, auf die Asylbewerber bislang ungekürzt Anspruch hatten. Im übrigen sollen die Leistungen grundsätzlich als Sachleistungen gewährt werden. Insofern bezweckt das Asylbewerberleistungsgesetz auch, den nicht politisch Verfolgten keinen Anreiz zu geben, zur Asylantragstellung nach Deutschland zu kommen. Außerdem sind eine Reihe von Maßnahmen zur Verhütung von Mißbrauchsfällen ergriffen worden (z.B erkennungsdienstliche Behandlung; verbesserter Informationsaustausch).

1.1.3 Umsetzung des neuen Asylrechts

In der Frage der raschen und effektiven Umsetzung der Asylgesetze sind Bund und Länder gefordert. Die Bundesregierung unternimmt alles, um die sachlichen und organisatorischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung zu schaffen.

- Seit dem 1. Juli 1993 sind beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge (BAFl.) 4.370 Mitarbeiter tätig. Im Vergleich dazu lag der Personalstand zum 1. Januar 1992 bei 1.049 besetzten Stellen. Die weitere Personalgewinnung wird zügig vorangetrieben, damit möglichst rasch die vorgesehene Zahl von 5.549 Mitarbeitern erreicht wird.

- Parallel dazu haben 46 der insgesamt 50 in 1993 einzurichtenden Außenstellen
entsprechend den zwischen Bund und Ländern abgestimmten Planungen bereits ihre Arbeit aufgenommen. Es werden zur Zeit alle Anstrengungen unternommen, damit die noch fehlenden Aufnahmeeinrichtungen der Länder und die zugehörigen Außenstellen des Bundesamtes so schnell wie möglich ihren Betrieb aufnehmen können.

- Neben dem personellen und organisatorischen Aufbau des BAFl. hat das
Bundesinnenministerium zur beschleunigten Abarbeitung der anhängigen Verfahren vorübergehend sechs Asylentscheidungszentren eingerichtet, in denen einfach gelagerte Fälle von Asylbewerbern aus Herkunftsländern mit geringerer Anerkennungsquote (z.B. Rumänien) bearbeitet und entschieden werden. Diese Maßnahmen haben bereits jetzt zu einer erheblichen Steigerung der Zahl der Entscheidungen des BAFl. geführt: seit Mai 1993 ist die Zahl der unerledigten Asylanträge erstmals rückläufig. Mit einer höheren Zahl der erledigten Fälle kann nunmehr in jedem Monat gerechnet werden.

Entscheidend für einen Erfolg der Asylgesetze wird sein, ob die Länder ihren Verpflichtungen nachkommen werden. Dies gilt insbesondere für die Bereiche, für die die Länder nach unserer Rechtsordnung allein zuständig sind:

- Unterbringung der Asylbewerber,
- Ausbau der Verwaltungsgerichte,
- Abschiebung.

Die Bundesregierung hat mehrfach an die Länder appelliert, die Vereinbarungen des Asylkompromisses umzusetzen, also insbesondere die organisatorischen und sächlichen Voraussetzungen für die Durchführung der beschleunigten Asylverfahren zu schaffen. Insbesondere muß die Zahl der Richter und der Mitarbeiter der Ausländerbehörden erhöht werden. Den Ländern obliegt es auch, die entsprechenden Räumlichkeiten und die Abschiebehaftplätze bereitzustellen.

1.1.4 Wirkung des neuen Asylrechts

Die ersten Erfahrungen mit dem zum 1. Juli 1993 in Kraft getretenen neuen Asylrecht zeigen: die neuen Asylgesetze wirken. Das neue Asylrecht hat bereits zu deutlich spürbaren Erfolgen geführt:

- Die Asylbewerberzahlen sind drastisch zurückgegangen. Im Vergleich zum
1. Halbjahr 1993 (224.099) hat sich im 2. Halbjahr 1993 (98.500) die Asylbewerberzahl mehr als halbiert. Im Vergleich zum 2. Halbjahr 1992 (250.736) ist sogar ein Rückgang von mehr als 60 Prozent zu verzeichnen. Besonders stark ist der Rückgang der Asylbewerber aus den Staaten Osteuropas, insbesondere auch aus Rumänien und Bulgarien.

Im 1. Halbjahr 1994 haben insgesamt 62.802 Ausländer in der Bundesrepublik
Deutschland Asyl beantragt. Im Vergleich zum 1. Halbjahr 1993 (224.099) bedeutet dies einen Rückgang um 161.297 Personen (= 72 Prozent) und im Vergleich zum 2. Halbjahr 1993 (98.500) einen weiteren Rückgang um 35.698 Personen (= 36,2 Prozent).

Hatten in den zwölf Monaten vor der Asylrechtsneuregelung (1.7.1992 - 30.6.1993) insgesamt 474.835 Personen Asyl beantragt, stellten seither (1.7.1993 - 30.6.1994) nur noch 161.302 Personen einen Asylantrag. Dies bedeutet einen Rückgang von 313.533 Personen oder 66 Prozent.

Im gesamten Jahr 1994 haben 127.210 Ausländer beim Bundesamt Asyl beantragt. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Rückgang um 60,6 Prozent, gegenüber 1992 um mehr als 2/3.

- Die 'Bugwelle' der unerledigten Asylanträge konnte bis Ende 1993 um
40 Prozent reduziert werden. Im April 1993 hatte sie mit fast 500.000 den Höchststand erreicht. Am 30. Juni 1994 waren nur noch Verfahren für 172.498 Personen anhängig. Das Bundesamt hat im Jahr 1993 über die Anträge von 513.561 Personen entschieden. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr (216.356 Personen) eine Steigerung um 137,4 Prozent.

Im Jahr 1994 hat das Bundesamt über die Anträge von 352.572 Personen entschieden. Die Zahl der Personen, über deren Anträge noch nicht entschieden wurde, betrug Ende 1994 107.820.

- Mehr als verdreifacht hat sich inzwischen auch die Zahl der abgelehnten
Asylbewerber, die am Ende ihres Verfahrens in ihr Heimatland abgeschoben wurden. Waren es 1992 nur ca. 10.000 Abschiebungen, wurden 1993 nach Angaben der dafür zuständigen Länder mehr als 36.000 abgelehnte Asylbewerber abgeschoben. Die rasche Rückführung abgelehnter Asylbewerber ist ein vorrangiges Ziel des neuen Asylrechts.

- Durch den Rückgang der Asylbewerberzugänge ist eine spürbare Entlastung der
Kommunen eingetreten. Viele Kommunen haben bereits eingerichtete Gemeinschaftsunterkünfte wieder geschlossen oder sind dabei, dies zu tun.

1.2 Entwicklung der Asylbewerberzahlen

1.2.1 Asylbewerberzahlen in Deutschland

Die Zahl der Asylbewerber in der Bundesrepublik Deutschland hat sich wie folgt entwickelt:

Jahr Asylbewerber


Nach der Geschäftsstatistik des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge betrug die Quote für die Anerkennung als Asylberechtigte

1979 16,5 v.H.
1980 12,0 v.H.
1981 7,7 v.H.
1982 6,8 v.H.
1983 13,7 v.H.
1984 26,6 v.H.
1985 29,2 v.H.
1986 15,9 v.H.
1987 9,4 v.H.
1988 8,6 v.H.
1989 5,0 v.H.
1990 4,4 v.H.
1991 6,9 v.H.
1992 4,3 v.H.
1993 3,2 v.H.
1994 7,3 v.H.

Hinzu kommen Anerkennungen durch Gerichtsentscheidungen in der Höhe von 1,5 bis 3,0 v.H.

1.2.2 Asylbewerberzahlen in den europäischen Nachbarstaaten

Im Jahre 1987 suchten rd. 32 v.H. aller Asylbewerber in den westeuropäischen Staaten Zuflucht in der Bundesrepublik Deutschland. Im Jahre 1990 waren es rd. 45 v.H., im Jahre 1991 rd. 48 v.H. und im Jahre 1992 rd. 65 v.H. aller Asylsuchenden in Westeuropa. Der Anteil der Bundesrepublik Deutschland am Asylbewerberzugang innerhalb der EU betrug 1987 rd. 43 v.H., 1990 rd. 58 v.H., 1991 rd. 59 v.H. und 1992 rd. 79 v.H.

Land 1992

Belgien 17.650 Personen
Dänemark 13.900 Personen
Frankreich 26.800 Personen
Griechenland 1.950 Personen
Großbritannien 24.600 Personen
Italien 2.500 Personen
Niederlande 17.450 Personen
Norwegen 5.250 Personen
Österreich 16.238 Personen
Schweden 83.200 Personen
Schweiz 17.960 Personen
Spanien 12.650 Personen

Der Asylbewerberzugang in Deutschland ist auch im Jahr 1993 mit 322.599, d.h. 68,4 Prozent bezogen auf die EU-Staaten bzw. 58,3 Prozent bezogen auf die westeuropäischen Staaten überproportional hoch. Mit weitem Abstand folgen Schweden (37.581), Niederlande (35.999), Großbritannien (28.500), Belgien (26.883), Frankreich (26.507) und die Schweiz (24.739).

2. Ausländerpolitik

2.1 Grundsätze unserer Ausländerpolitik

Die Ausländerpolitik der CDU und der von ihr geführten Bundesregierung ist gerichtet auf

- die Integration der rechtmäßig bei uns lebenden Ausländer, insbesondere der angeworbenen ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familien sowie auf

- die Begrenzung des weiteren Zuzugs aus Staaten außerhalb der Europäischen Union.

Die auf Dauer bei uns lebenden Ausländer sollen in die hiesige wirtschaftliche, soziale und rechtliche Ordnung eingegliedert werden und sicher sein, daß sie auch in Zukunft am gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland möglichst voll und gleichberechtigt teilnehmen können. Dies wird allerdings nur dann gelingen, wenn der weitere Zuzug aus Staaten außerhalb der Europäischen Union begrenzt wird.

2.1.1 Integration der bei uns lebenden Ausländer

Etwa 47 v.H. der rund 6,5 Millionen Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland leben hier schon zehn Jahre und länger. Mehr als zwei Drittel der ausländischen Kinder und Jugendlichen sind hier geboren. Die große Mehrzahl der in unserem Land lebenden Ausländer wird für erhebliche Zeit, teilweise auch auf Dauer in Deutschland bleiben. Dies gilt vor allem für die hier geborenen und aufgewachsenen Ausländer (sog. zweite und folgende Generationen).

Für diesen Personenkreis gibt es zur Integration keine überzeugende Alternative. Die CDU ist deshalb immer dafür eingetreten, diese Menschen in das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben in der Bundesrepublik Deutschland einzugliedern.

Die Aufgabe der Integration wird vom Bund, von den Ländern und den Gemeinden, aber auch von den gesellschaftlichen Gruppen (Kirchen, Gewerkschaften, Arbeitgeber, Wohlfahrtsverbände, Vereine) und vielen Einzelinitiativen getragen.

Die Integration setzt auch Beiträge der Ausländer voraus, die sich insbesondere auf die hier geltenden Wertvorstellungen, Normen und gesellschaftlichen Lebensformen einstellen müssen. Die Respektierung unserer Kultur und der Grundwerte unserer Verfassung (Trennung von Staat und Kirche, Stellung der Frau, religiöse Toleranz), der Erwerb deutscher Sprachkenntnisse, der Verzicht auf übersteigerte national-religiöse Verhaltensweisen und die Eingliederung in Schule und Beruf (Erfüllung der Schulpflicht, Berufsausbildung auch für Frauen, rechtzeitige Einreise der Kinder) sind hierfür Grundvoraussetzungen. Andererseits können die bei uns lebenden Ausländer die Toleranz der deutschen Bevölkerung beanspruchen.

2.1.2 Begrenzung des weiteren Ausländer-Zuzugs

Integration ist nur möglich, wenn der weitere Zuzug aus den Staaten außerhalb der EU konsequent begrenzt wird. Wir können nicht alle Ausländer bei uns aufnehmen, die noch zu uns kommen wollen. Die Integrationskraft unserer Gesellschaft, der Arbeitsmarkt und die Begrenztheit der Ressourcen lassen dies nicht zu. Es darf nicht übersehen werden, daß die soziale und kulturelle Integrationsfähigkeit einer jeden Gesellschaft begrenzt ist; das Zusammenleben von Menschen, die aus sehr unterschiedlichen Kulturen kommen, verschiedenen Religionen angehören und unterschiedliche Wertvorstellungen mitbringen, stellt an die Anpassungsbereitschaft und die Toleranz ganz erhebliche Anforderungen. Außerdem können unser soziales Netz, unsere vielfältig differenzierten Bildungseinrichtungen mit freiem Zugang, eine ausreichende Versorgung mit Wohnraum sowie eine umfassende von Staat und Gesellschaft getragene Daseinsvorsorge nicht einer unbeschränkten Zahl von Menschen zur Verfügung gestellt werden. Wer darauf keine Rücksicht nimmt, fördert zumindest unbewußt Ausländerfeindlichkeit und soziale Konflikte und erreicht damit das Gegenteil einer Ausländerpolitik, die am christlichen Verständnis vom Menschen orientiert ist.

Grundlage der Begrenzungspolitik ist daher die Beibehaltung des uneingeschränkten Anwerbestopps. Diese im November 1973 getroffene Maßnahme, die im neuen Ausländerrecht jetzt auch gesetzlich verankert ist, bedeutet nicht nur das Ende der damaligen Anwerbung von Arbeitnehmern aus Staaten außerhalb der Euro-päischen Union, sondern läßt grundsätzlich die Einreise aus diesen Staaten zur Arbeitsaufnahme in Deutschland nicht zu.

Von ganz wesentlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang aber auch, dem Mißbrauch des Asylrechts, der sich als eine Form der verdeckten Einwanderung darstellt, wirksam zu begegnen. Die von der CDU durchgesetzte Neuregelung des Asylrechts war deshalb auch unter diesem Aspekt ein wichtiger und notwendiger Fortschritt. Ferner kommt es darauf an, die Anstrengungen zur wirksamen Bekämpfung illegaler Praktiken bei Einreise, Aufenthalt und Beschäftigung auf nationaler und internationaler Ebene fortzusetzen.

2.2 Das neue Ausländergesetz

Die ausländerpolitischen Grundpositionen der CDU und der von ihr geführten Bundesregierung haben ihren Niederschlag gefunden im Gesetz zur Neuregelung des Ausländerrechts, das am 1. Januar 1991 in Kraft getreten ist.

Das neue Ausländergesetz erleichtert die Integration der hier rechtmäßig lebenden Ausländer dadurch, daß es ihre Erwartenssicherheit im Hinblick auf ihren Aufenthaltsstatus deutlich erhöht. Klar formulierte gesetzliche Voraussetzungen, in vielen Fällen gesetzlich formulierte Ansprüche auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis, lösen das bisherige weite Ermessen der Ausländerbehörden ab. Den Ausländern stehen damit verbesserte Grundlagen für ihre weitere Lebensplanung zur Verfügung.

Hinzu kommt die erleichterte Einbürgerung für bestimmte Gruppen. Jugendliche Ausländer, die im Bundesgebiet geboren oder hier aufgewachsen sind, werden vor Vollendung des 23. Lebensjahres bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in der Regel eingebürgert. Gleiches gilt für Ausländer, die sich seit mindestens 15 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Die Einbürgerungsgebühr wird in diesen Fällen auf einen Betrag von 100,-- DM gesenkt.

Das neue Gesetz dient auch der Begrenzung des weiteren Zuzugs, indem es den seit 1973 geltenden Anwerbestopp für ausländische Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten festschreibt und zugleich eine Aufenthaltsverfestigung für Ausländer ausschließt, die für einen seiner Natur nach zeitlich begrenzten Aufenthalt einreisen (Touristen, Studenten).

2.3 Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit

2.3.1 Einbürgerung von Ausländern

2.3.1.1 Grundsätzliche Haltung zur Einbürgerung von Ausländern

Wer von den bei uns lebenden Ausländern Deutschland als Zukunft für sich und seine Kinder sieht, dessen Weg führt zur deutschen Staatsangehörigkeit. Mit dem Erwerb der Staatsangehörigkeit wird die rechtliche Zugehörigkeit zu unserer staatlichen Gemeinschaft dokumentiert; Rechte und Pflichten werden gleichermaßen übernommen.

Eine Einbürgerung kann nur am Ende eines Integrationsprozesses stehen; sie ist für uns auch der Schlüssel zur Erlangung des Wahlrechtes.

Wir treten dafür ein, die Möglichkeit zur Einbürgerung ausländischer Mitbürger zu erleichtern, soweit sie sich zu den Wertgrundlagen unserer Verfassungs- und Gesellschaftsordnung bekennen, den Willen und die Möglichkeiten zu einer dauerhaften Existenz in der Bundesrepublik Deutschland haben und gute Sprachkenntnisse vorweisen. Mehrfach-Staatsangehörigkeiten müssen Ausnahme bleiben.

2.3.1.2 Maßnahmen zur Erleichterung der Einbürgerung

Mit dem zum 1. Juli 1993 in Kraft getretenen Gesetz zur Anderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften und mit flankierenden Entscheidungen wurden die Modalitäten der Einbürgerung erneut erleichtert.

I. Bei der herkömmlichen Grundform der Einbürgerung von Ausländern (nach § 8 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. Juli 1913) steht die Entscheidung seit jeher im Ermessen der zuständigen Behörde. Diese prüft u.a., ob der regelmäßig notwendige rechtmäßige Inlandsaufenthalt des Einbürgerungsbewerbers von zehn Jahren Dauer gegeben ist und ob die Einbürgerung z.B. nach wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im öffentlichen Interesse liegt.

1. Für solche Ermesseneinbürgerungen wurde jetzt die Einbürgerungsvoraussetzung eines unbescholtenen Lebenswandels des Einbürgerungsbewerbers dahingehend konkretisiert, daß nur noch bestimmte, abschließend im Ausländergesetz aufgeführte Ausweisungsgründe einer Einbürgerung zwingend entgegenstehen.

2. Auf die Einbürgerungsvoraussetzung, daß durch die Einbürgerung keine unterschiedliche Staatsangehörigkeit innerhalb einer Familie entsteht, soll verzichtet werden.

3. Die Gebühr für Einbürgerungen nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz beträgt jetzt unabhängig vom Einkommen des Einbürgerungsbewerbers einheitlich nur noch 500,-- DM, für mit einzubürgernde Kinder ohne eigenes Einkommen 100,-- DM. In einzelnen Fällen muß oder kann die Einbürgerung sogar gebührenfrei erfolgen.

II. Die einbürgerungsrechtlichen Vorschriften im Ausländergesetz vom 9. Juli 1990, die Einbürgerungsbewerbern in bestimmten Fällen bereits eine günstigere Rechtsposition einräumten als das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz, wurden in der Weise geändert, daß

1. für junge Ausländer, die

- ihre Einbürgerung nach Vollendung des 16. und vor Vollendung des 23. Lebensjahres beantragen,

- seit acht Jahren rechtmäßig ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben sowie

- seit sechs Jahren im Bundesgebiet eine Schule, davon mindestens vier Jahre eine allgemeinbildende Schule besucht haben,

jetzt ein unbedingter Einbürgerungsanspruch besteht (§ 85 des Ausländergesetzes).

2. Ein solcher unbedingter Einbürgerungsanspruch wird auch Ausländern eingeräumt, die sich seit 15 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und die den Lebensunterhalt für sich und ihre unterhaltsberechtigten Familienangehörigen bestreiten können oder die eine dafür notwendige Inanspruchnahme von Sozial- oder Arbeitslosenhilfe nicht zu vertreten haben (§ 86 des Ausländergesetzes). Ehegatten und Kinder können unter Umständen zusammen mit dem Einbürgerungsbewerber eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht 15 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten haben.

Die genannten Einbürgerungsansprüche (nach den §§ 85, 86 des Ausländergesetzes) sind bei Vorliegen der oben aufgeführten Voraussetzungen nur dann nicht gegeben, wenn der Einbürgerungsbewerber

- nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder -bewilligung, also eines Aufenthaltstitels ist, der einen dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet ermöglicht (da anderenfalls Umgehung des Ausländerrechts),

- wegen einer Straftat verurteilt worden ist, die nach eindeutigen gesetzlichen Kriterien (§ 88 des Ausländergesetzes) nicht mehr als unerheblich angesehen werden kann,

- einen Ausweisungsgrund (nach § 46 Nr. 1 des Ausländergesetzes) deshalb erfüllt, weil er die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, sich bei der Verfolgung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht,

- seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht aufgibt oder verliert, obwohl kein Fall (des § 87 des Ausländergesetzes) vorliegt, in dem die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit zu zumutbaren Bedingungen nicht möglich ist. Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht geht also nach wie vor von dem Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit aus, weil eine generelle Hinnahme von Mehrstaatigkeit eine wirkliche Integration von Ausländern nicht fördern würde und weil Mehrstaatigkeit die Gefahr von Interessenkollisionen, Loyalitätskonflikten, Unsicherheiten hinsichtlich des anzuwendenden Rechts und seiner Folgen sowie Einschränkungen des diplomatischen und konsularischen Schutzes im Ausland zur Folge hat.

III. Nach § 4 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes in der seit dem 1. Juli 1993 geltenden Fassung erwirbt auch das nichteheliche Kind eines deutschen Vaters die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt. Zur Geltendmachung bedarf es einer wirksamen Feststellung der Vaterschaft, die vor Vollendung des 23. Lebensjahres beantragt sein muß. § 10 des genannten Gesetzes, der für solche Fälle lediglich einen Einbürgerungsanspruch vorsieht, gilt für die vor dem 1. Juli 1993 geborenen Kinder weiter.

2.3.2 Doppelte Staatsbürgerschaft

Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht ist vom Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit geprägt. Dieser Grundsatz muß erhalten bleiben, beruht er doch auf der Erkenntnis, daß im Normalfall Mehrstaatigkeit grundsätzlich weder im Interesse der Staaten noch der Bürger liegt. Es besteht insbesondere die Gefahr, daß

- durch die Doppelstaatsangehörigkeit ein Widerstreit von Pflichten und Rechten gegenüber unterschiedlichen Staaten und Rechtsordnungen (z. B. im Hinblick auf die Frage, in welchem Land die Wehrpflicht abgeleistet werden muß) entsteht;

- die Doppelstaatsangehörigkeit vielfach zu Rechtsunsicherheiten bei Rechtsverhältnissen führt, die nicht in allen beteiligten Staaten gleich beurteilt werden (z. B. Regelungen von Fragen aus den Bereichen Familien- und Erbrecht);

- die Zulassung der Doppelstaatsangehörigkeit zu einer ungerechtfertigten Besserstellung der mit ihr versehenen Personen führt. So hat der 'einfache' deutsche Staatsbürger z. B. nicht wie Doppelstaatler die Möglichkeit, den Zugang zum öffentlichen Dienst in zwei Staaten zu erhalten.

Die SPD vertritt die These, daß die erleichterte Einbürgerung und Hinnahme der Doppelstaatsangehörigkeit die Integration der betreffenden Ausländer in unserer Gesellschaft fördere. Das Gegenteil ist indessen der Fall: Denn es ist gerade die mangelnde eigene Identifizierung mit der Bundesrepublik Deutschland, die dazu führt, daß die betreffenden Ausländer nicht bereit sind, die deutsche Staatsangehörigkeit bei gleichzeitiger Aufgabe ihrer angestammten Staatsangehörigkeit anzunehmen. Dies ist umso überraschender, als immer wieder behauptet wird, gerade die Angehörigen der zweiten und dritten Ausländergeneration hätten keine sprachlichen, kulturellen oder beruflichen Beziehungen mehr zu ihren Heimatstaaten.

Da die Zulassung der Doppelstaatsangehörigkeit somit mehr Konflikte schafft als sie nach Ansicht ihrer Verfechter lösen kann, vertritt die Union die Auffassung, daß eine Verbesserung der Integration bei uns lebender Ausländer in unsere Gesellschaft nur durch eine deutliche Erleichterung der Einbürgerung erreicht werden kann. Schon bei der 1993 erfolgten Neuregelung des Asylrechts sind deshalb auf unsere Initiative hin bereits erhebliche Erleichterungen der Einbürgerung integrationswilliger Ausländer erreicht worden. Diesen Weg werden wir auch in dieser Legislaturperiode konsequent fortsetzen.

Deshalb haben wir in der Koalitionsvereinbarung festgelegt, für in Deutschland geborene Kinder der 3. Generation eine deutsche 'Kinderstaatszugehörigkeit' einzuführen, für die folgende Eckpunkte gelten:

- Ein Elternteil ist in Deutschland geboren, beide Elternteile haben sich in den letzten zehn Jahren vor der Geburt des Kindes rechtmäßig hier aufgehalten und sind im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung;

- das Kind erwirbt mit der Geburt die deutsche Kinderstaatszugehörigkeit zu seiner elterlichen Staatsbürgerschaft hinzu. Die Feststellung erfolgt auf Antrag beider Eltern bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres des Kindes durch die zuständige Behörde;

- Ausländer mit deutscher Kinderstaatszugehörigkeit erhalten die gleichen Ausweispapiere wie Deutsche und sind nicht-volljährigen Deutschen gleichgestellt; die erweiterten Nachzugsmöglichkeiten bleiben ausgeschlossen;

- die deutsche Kinderstaatszugehörigkeit erlischt kraft Gesetzes, wenn nicht binnen eines Jahres nach Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes das Erlöschen der weiteren Staatsbürgerschaft nachgewiesen wird. Wird dies nachgewiesen, wandelt sich die deutsche Kinderstaatszugehörigkeit in die deutsche Staatsbürgerschaft um.

- Die Bundesregierung wirkt zudem darauf hin, daß in den Herkunftsländern den Ausländern die Aufgabe ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit zugunsten des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit in einem einfacheren Verfahren ermöglicht wird.

Das neue Rechtsinstitut der 'Kinderstaatszugehörigkeit' hat den Sinn, Kindern ausländischer Eltern, die seit vielen Jahren - nicht selten sogar seit Generationen - bei uns leben, die Integration in unsere Gesellschaft zu erleichtern. Dies geschieht durch Beseitigung alltäglicher, aus ihrem bisherigen Status als Ausländer resultierender Schwierigkeiten (z.B. Visumspflicht bei Klassenfahrten in das nicht der EU zugehörige europäische Ausland). Zudem brauchen diese Kinder nach Vollendung ihres 18. Lebensjahres kein spezifisches Einbürgerungsverfahren mehr zu durchlaufen, wenn sie endgültig Deutsche werden möchten. Trotz dieser für das tägliche Leben der Betroffenen erheblichen Verbesserungen vermeidet die geplante Neuregelung aber die mit einer generellen Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft verbundenen Loyalitätskonflikte und Privilegien der 'Doppelstaatler' gegenüber den einheimischen Deutschen, weil die Kinderstaatszugehörigkeit lediglich eine Gleichstellung mit minderjährigen Deutschen bewirkt, mithin keinerlei politische Mitwirkungsrechte, die lediglich Deutschen vorbehalten sind, verleiht. Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres ist nach wie vor grundsätzlich nur dann möglich, wenn die Aufgabe der angestammten fremden Staatsangehörigkeit nachgewiesen wird. Wollen die Betroffenen also endgültig deutsche Staatsbürger werden, müssen sie sich bewußt und verantwortlich dazu bekennen, gleichsam 'auf Gedeih und Verderb' Mitglieder unserer staatlichen Gemeinschaft zu sein. Diejenigen hingegen, deren Bindungen an ihre angestammte Heimat so stark sind, daß sie sich nicht zur Annahme der ausschließlichen deutschen Staatsangehörigkeit entschließen mögen, können nach Vollendung ihres 18. Lebensjahres nur noch diejenigen Rechte wahrnehmen, die ihnen unser Ausländerrecht gewährt.

Die in dieser Legislaturperiode vorzunehmende Reform des Staatsangehörigkeitsrechts bedarf jedoch zahlreicher weiterer Elemente. Denn es ist allgemein bekannt, daß das im wesentlichen aus dem Jahre 1913 stammende Staatsangehörigkeitsrecht mittlerweile veraltet ist. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang folgende Punkte:

1. Wir wollen den Grundcharakter der Einbürgerung ändern: An die Stelle des Ermessens setzen wir die Anspruchsentscheidung.

2. Wir wollen weitere Erleichterungen der Einbürgerung erreichen.

3. Nötig ist die Lösung offener Fragen zur DDR-Staatsbürgerschaft - insbesondere die Wirkung des Verlusts der DDR-Staatsbürgerschaft auf die deutsche Staatsangehörigkeit.

4. Wir streben an, die sogenannte Statuseigenschaft (Deutsche ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG) unter gewissen Voraussetzungen in die deutsche Staatsangehörigkeit überzuleiten.

5. Wir wollen eine Rechtsgrundlage schaffen zur bindenden Feststellung der Staatsangehörigkeitsverhältnisse durch die Staatsangehörigkeitsbehörden.

6. Wir wollen die Verlustgründe deutscher Staatsangehörigkeit ausdrücklich regeln: Wer freiwillig eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, obwohl er dauernd bei uns lebt oder wer endgültig in sein ursprüngliches Heimatland zurückkehrt, soll künftig die deutsche Staatsbürgerschaft wieder verlieren.

7. Unter welchen Voraussetzungen Deutsche, die in 2. oder 3. Generation dauernd im Ausland leben, die deutsche Staatsangehörigkeit weiter behalten können, sollte ebenfalls geregelt werden.

Grundlage unseres Staatsangehörigkeitsrechts wird allerdings das Abstammungsprinzip bleiben. Denn in Verbindung mit dem generellen Verbot der doppelten Staatsbürgerschaft verbirgt es die für dieses sensible Rechtsgebiet unabdingbar erforderliche Rechtssicherheit und Klarheit der Zuordnung des einzelnen in unserem Staatsverband.

2.4 Wahlrecht für Ausländer

Die CDU hat gegenüber Forderungen nach einem Ausländerwahlrecht stets die Auffassung vertreten, daß Ausländer aus Staaten außerhalb der EU, die auf Dauer bei uns leben wollen, bereit sein sollten, die deutsche Staatsangehörigkeit mit allen Pflichten und Rechten und somit auch das Wahlrecht zu erwerben; für sie sollten die Möglichkeiten der Einbürgerung weiter erleichtert werden. Für Bürger aus EU-Staaten sollten sich hingegen besondere Rechte schrittweise aus einer die Staatsbürgerschaft ergänzenden Unionsbürgerschaft ergeben.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 1990 in zwei Urteilen festgestellt, daß das Grundgesetz kein Wahlrecht für Ausländer bei Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen zuläßt. Das Bundesverfassungsgericht hat damit die Auffassung der Union bestätigt.

Das in Schleswig-Holstein erlassene Gesetz zur Anderung des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes vom 21. Februar 1989, mit dem Ausländer aus sechs europäischen Staaten ein Kommunalwahlrecht eingeräumt werden sollte, wurde ebenso wie die Vorschriften des hamburgischen Gesetzes über die Wahl zu den Bezirksversammlungen, mit denen Ausländer die Teilnahme daran ermöglicht werden sollte, vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz und deshalb für nichtig erklärt.

Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht jedoch ausgeführt, aus seiner Entscheidung folge nicht, daß die im Bereich der Europäischen Union erörterte Einführung eines Kommunalwahlrechts für Ausländer nicht Gegenstand einer nach Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz zulässigen Verfassungsänderung sein könne.

Im Vertrag von Maastricht über eine Europäische Union (Unions-Vertrag) hat sich der Europäische Rat darauf geeinigt, im Rahmen der Einführung einer Unionsbürgerschaft den Unionsbürgern das Wahlrecht bei Kommunal- und Europawahlen zu gewähren.

Nach Artikel G 10 des Unions-Vertrages wird in den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) ein Teil 2 über die Unionsbürgerschaft eingefügt (Artikel 8 bis 8 e). Unionsbürger ist danach, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EG besitzt (Artikel 8 Abs. 1). Nach Artikel 8 b EWGV (nach Inkrafttreten des Unions-Vertrages: EGV) hat jeder Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen (Artikel 8 b Abs. 1) und bei Wahlen zum Europäischen Parlament (Artikel 8 b Abs. 2) - vorbehaltlich der Festlegung im einzelnen durch einstimmigen Beschluß des Rates auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

Mit dem Gesetz zur Anderung des Grundgesetzes vom 21. Dezember 1992 hat die Bundesregierung die verfassungsrechtlichen Grundlagen für die Ratifikation des Vertrages über die Europäische Union geschaffen. In dem Artikel 28 Abs. 1 GG ist folgender Satz eingefügt worden:

'Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Union wahlberechtigt und wählbar.'

Diese Vorschrift erweitert das aktive und passive Kommunalwahlrecht auf Personen, die nicht Deutsche sind, aber die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU besitzen und ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben.

2.5 Koalitionsvereinbarung für die 13. Legislaturperiode

Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP haben für die 13. Legislaturperiode im Bereich des Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrechts folgendes vereinbart:

Die Koalition wird sich grundsätzlich weiterhin von einer Politik der Integration der Bürgerinnen und Bürger ausländischer Herkunft, die ihren rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, leiten lassen. Die Bemühungen auf europäischer Ebene zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zu einer fairen Lastenverteilung müssen fortgesetzt werden. Außerdem werden die Möglichkeiten einer Regelung zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung auf nationaler Ebene geprüft.

Die Bundesregierung wird eine umfassende Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vornehmen. Dabei werden auch die rechtlichen Regelungen, die für die bei uns lebenden Ausländer die berechenbaren Grundlagen für ihre Lebensplanung bilden, weiter verbessert. Die im Einbürgerungsverfahren bisher vorgesehenen Ermessungsentscheidungen sollen weitgehend durch Rechtsansprüche ersetzt und Fristen beim Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit verkürzt werden.

Für in Deutschland geborene Kinder der dritten Generation wird eine deutsche Kinderstaatszugehörigkeit nach folgenden Eckpunkten neu eingeführt:

* Ein Elternteil ist in Deutschland geboren, beide Elternteile haben sich die letzten zehn Jahre vor der Geburt des Kindes rechtmäßig hier aufgehalten und sind im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung.

* Das Kind erwirbt mit der Geburt die deutsche Kinderstaatszugehörigkeit zu seiner elterlichen Staatsbürgerschaft hinzu. Die Feststellung erfolgt auf Antrag beider Eltern bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres des Kindes durch die zuständige Behörde.

* Ausländer mit deutscher Kinderstaatszugehörigkeit erhalten die gleichen Ausweispapiere wie Deutsche und sind nicht-volljährigen Deutschen gleichgestellt; die erweiterten Nachzugsmöglichkeiten bleiben ausgeschlossen.

* Die deutsche Kinderstaatszugehörigkeit erlischt kraft Gesetzes, wenn nicht binnen eines Jahres nach Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes das Erlöschen der weiteren Staatsbürgerschaft nachgewiesen wird. Wird dies nachgewiesen, wandelt sich die deutsche Kinderstaatszugehörigkeit in die deutsche Staatsbürgerschaft um.

* Die Bundesregierung wirkt darauf hin, daß in den Herkunftsländern den Ausländern die Aufgabe ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit zugunsten des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit in einem einfacheren Verfahren ermöglicht wird.

Das Ausländerrecht wird novelliert. Dabei wird auch das Amt der/des Ausländerbeauftragten gesetzlich geregelt.

Ziel aller dieser Maßnahmen ist, das Zusammenleben von Deutschen und Ausländern zu fördern und zu verbessern sowie entstehende Probleme bedingt durch unterschiedliche Mentalität, Kultur oder Religion im Geiste der Geduld und Toleranz, des Realismus und der Mitmenschlichkeit zu lösen.

3. Innere Sicherheit

3.1 Grundsätze unserer Politik zur Stärkung der Inneren Sicherheit

Die anwachsende Kriminalität und die zunehmende Gewalt in unserer Gesellschaft muß uns mit großer Sorge erfüllen. 6,7 Millionen Straftaten wurden 1993 in Deutschland registriert. Die Polizeilichen Kriminalstatistiken weisen in manchen Sparten dramatische Steigerungsraten aus. Dies gilt - nicht nur, aber vor allem - im Bereich der Eigentumsdelikte, die den Bürger im Alltag besonders betreffen. Dabei handelt es sich oftmals um Erscheinungsformen Organisierter Kriminalität.

Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger fühlen sich angesichts dieser Entwicklung verunsichert, bedroht und gefährdet. Sie erwarten zu Recht, daß der Staat alles daran setzt, um Kriminalität und Gewalt nachhaltig entgegenzutreten.

Die CDU tritt ein für eine konsequente Politik zum Schutz des Bürgers und für eine wehrhafte Demokratie. Nur ein starker Staat kann eine Ordnung, die Freiheit und persönliche Sicherheit gibt, schützen und aufrechterhalten. Deshalb sind Freiheit des Bürgers und Autorität des Staates keine Gegensätze, sie bedingen einander. Die Wahrung des inneren Friedens ist kein Selbstzweck, sondern Grundlage menschlichen Zusammenlebens in jeder Gemeinschaft und unabdingbare Voraussetzung für Freiheit und Entfaltung der Bürger. Nur der Staat, der sich gegen die Bedrohung des inneren Friedens entschlossen zur Wehr setzt und Gesetzesbrecher konsequent zur Verantwortung zieht, wird vom Vertrauen seiner Bürger getragen.

Wir bekennen uns zum staatlichen Gewaltmonopol. Es gehört zu den Grundlagen eines demokratischen Rechtsstaates. Das Gewaltmonopol des Staates bedeutet nicht staatliche Allmacht, sondern schützt gerade die Schwächeren in der Gesellschaft und ist Voraussetzung für die Rechtssicherheit des Bürgers.

Der Staat muß die geltenden Gesetze konsequent durchsetzen. Andernfalls nimmt das Rechtsbewußtsein Schaden. Die Rechtsordnung ist für alle gleichermaßen verbindlich. Davon darf es keine Ausnahme geben. Die demokratisch legitimierte und rechtlich verfaßte Staatsgewalt und die sie ausübenden staatlichen Organe dürfen weder konkurrierende Macht noch rechtsfreie Räume dulden.

Wir unterstützen Polizei und Justiz im Kampf gegen das Verbrechen nachhaltig. Sie müssen über die zur Bewältigung ihrer schwierigen Aufgaben notwendigen Rechtsgrundlagen sowie über eine angemessene, aufgabengerechte personelle und sachliche Ausstattung verfügen können.

Angesichts der wachsenden Herausforderungen hält die CDU verstärktes Handeln für notwendig, um Sicherheit und Freiheit der Bürger wirksam zu schützen. Der 4. Parteitag der CDU Deutschlands im September 1993 in Berlin hat deshalb mit dem Beschluß 'Kriminalität entschlossen bekämpfen - Innere Sicherheit stärken' ein Programm verabschiedet, in dem wir unsere Vorschläge und Forderungen zur Bekämpfung der Massenkriminalität, der Organisierten Kriminalität, des Extremismus und der Gewaltkriminalität, der Rauschgiftkriminalität sowie zur Stärkung der Polizei dargelegt haben. Auf dieser Grundlage hat Bundesinnenminister Manfred Kanther dann anschließend ein 'Sicherheitspaket '94' vorgelegt.

Die Regierungskoalition hat im Februar 1994 den Entwurf eines 'Verbrechensbekämpfungsgesetzes 1994' vorgelegt. Dieses umfangreiche Maßnahmenpaket wurde am 20. Mai 1994 vom Deutschen Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen von SPD, Grünen und PDS verabschiedet. Nach dem Einlenken der SPD im Vermittlungsausschuß konnte das Gesetz am 1. Dezember 1994 in Kraft treten.

Für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie für die Strafverfolgung sind nach der verfassungsmäßigen Aufgabenverteilung des Grundgesetzes in erster Linie die Bundesländer zuständig. Gleichwohl sieht sich die Bundesregierung hier in einer gesamtstaatlichen Verantwortung. Sie steht mit den Innenministerien und den Sicherheitsbehörden der Bundesländer in enger Verbindung, koordiniert die Bemühungen der Bundesländer und unterstützt sie mit Zuwendungen für die Ausrüstung der Polizei oder - wenn dies jeweils aus der Sicht eines Bundeslandes erforderlich ist - mit der Entsendung der Beamten des Bundesgrenzschutzes. Ein Schwerpunkt der Hilfe liegt derzeit in der Unterstützung des Aufbaus der Sicherheitsbehörden der neuen Bundesländer.

Die Bekämpfung der Kriminalität ist aber nicht nur Aufgabe des Staates, sondern der ganzen Gesellschaft. Alleine mit den Mitteln der Polizei und der Justiz kann diese Herausforderung nicht bewältigt werden. So unersetzbar Polizei und Justiz bei der Unterbindung und Verfolgung von Kriminalität sind, so wenig kann die Polizei allein Straftaten vorbeugen oder gar kriminelle Laufbahnen verhindern.

Alle Anstrengungen zur Kriminalitätsbekämpfung können letztlich nur in dem Maße erfolgreich sein, in dem sie von der Gesellschaft mitgetragen und unterstützt werden. Hier tragen Elternhaus, Erzieher, Kirchen, Verbände und Vereine ebenso Verantwortung, wie auch jeder einzelne aufgerufen ist zu Wachsamkeit und Gemeinsinn.

3.2 Bekämpfung der Massenkriminalität

Wohnungseinbrüche, Kfz-Diebstähle und Ladendiebstähle, Straßenraub und Vandalismus in öffentlichen Einrichtungen sind derart zur Erfahrung vieler Menschen geworden, daß das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung in erheblichem Maß betroffen ist. Eine Besserung der Verhältnisse kann nicht dadurch erreicht werden, daß Tatbestände der Massenkriminalität der strafrechtlichen Sanktion entzogen werden. Der Rechtsstaat muß sicherstellen, daß auch häufige Verletzungen von Rechtsgütern geahndet werden.

Viele Aspekte gehören zusammen, um die Abwehr der Massenkriminalität zu verbessern:

Das Anwachsen der Massenkriminalität spiegelt einen gesellschaftlichen Werteverlust wider. Achtung vor Leib und Leben, fremdem Hab und Gut, Solidarität mit den Mitmenschen, Rechts- und Unrechtsbewußtsein haben abgenommen. Ohne einen allgemein gültigen und eingehaltenen Konsens über Recht und Ordnung kommt keine Gesellschaft aus. Es ist daher dringend geboten, die Akzeptanz des rechtsstaatlichen Werte- und Normengefüges zu verbessern.

Die Gültigkeit unserer bewährten Grundwerte, die Verbundenheit und das Verantwortungsgefühl gegenüber Familie, Gesellschaft und Staat sowie die Achtung auch der ungeschriebenen sozialen und ethischen Verhaltensregeln haben langfristig einen erheblichen hemmenden Einfluß auf die Kriminalitätsentwicklung. Es ist daher erforderlich, mit der nötigen Bewußtseinsbildung schon bei der Erziehung durch Elternhaus und Schule zu beginnen.

Eine verantwortungsvolle Erziehung durch die Eltern ist die wirksamste Art der Kriminalitätsvorbeugung. Die Erziehungsfähigkeit der Eltern muß deshalb unterstützt werden. Die Familie als Keimzelle der Gesellschaft ist weiterhin nachhaltig zu fördern.

In den Schulen und in der Lehrerausbildung müssen verstärkt wieder jene Werte vermittelt werden, die Grundlage unserer Rechts- und Gesellschaftsordnung sind. Die Erziehungsaufgabe der Schulen erstreckt sich auch auf die Entwicklung des Rechtsbewußtseins.

Einer Bagatellisierung von Rechtsverstößen ist schon im Elternhaus, in der Schule und in der Jugendarbeit entschieden entgegenzuwirken. Notwendig ist das klare Bewußtsein, daß auch kleinere Delikte Unrecht sind und zu Recht bestraft werden.

Berufliche Ausbildungsdefizite und Arbeitslosigkeit können die Anfälligkeit gegenüber kriminellen Einflüssen erhöhen. Die Förderung der beruflichen Bildung und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sind daher auch unter dem Gesichtspunkt der Kriminalitätsvorbeugung wichtig.

Die Erfahrung zeigt, daß junge Menschen, die einer sinnvollen Freizeitgestaltung z.B. in den Jugend- und Sportverbänden nachgehen, erheblich weniger für Kriminalität oder anderes, sozial abweichendes Verhalten anfällig sind als andere. Die Förderung sinnvoller Freizeitgestaltung liegt daher auch im Interesse der Kriminalitätsvorbeugung.

Die CDU tritt dafür ein, die Präsenz der Polizei auf Straßen und Plätzen - insbeson-dere in Ballungsräumen - deutlich zu verstärken. Die Beamten müssen von sicher-heitsfremden Tätigkeiten und reiner Verwaltungsarbeit so weit wie möglich entlastet werden.

Die CDU tritt für eine konsequente Strafverfolgung ein. Eine Entkriminalisierung sogenannter 'Bagatelldelikte' sowie einen pauschalen oder an Wertgrenzen orientierten Gebrauch der strafprozessualen Vorschriften über Einstellung wegen Geringfügigkeit lehnen wir ab.

Strafe muß der Tat grundsätzlich schneller auf dem Fuße folgen. Deshalb müssen alle Möglichkeiten zur Beschleunigung des Strafverfahrens und zur Straffung des Verfahrensablaufs genutzt werden.

Insbesondere im Bereich der sogenannten 'Bagatellkriminalität' bis hin zu mittelschweren Verfehlungen muß das Strafverfahren generell beschleunigt werden. Möglichkeiten hierzu sind u.a. die technische Zusammenführung aller Register, die die für die Beurteilung von Tat und Täter erforderlichen Daten verwalten (Bundeszentralregister, Verkehrszentralregister, Führerscheinregister), die Einführung eines bundesweiten Strafverfahrensregisters zwecks Vermeidung von Parallelverfahren verschiedener Ermittlungsbehörden gegen denselben Beschuldigten, die Vereinfachung des Beweisrechts, insbesondere die Beschränkung des Beweisantragsrechts in einem bestimmten Verfahrensstadium, sowie die Verbesserung der Möglichkeit der Ablehnung von Beweisanträgen (Prozeßverschleppung). Der strafgerichtliche Instanzenweg soll bei 'Bagatelldelikten' auf eine Instanz reduziert werden.

Das Beschleunigte Verfahren der Strafprozeßordnung muß in viel stärkerem Maße genutzt werden. Eine Beschränkung auf bestimmte Straftatbestände sollte nicht vorgenommen werden. Die Vorschrift der StPO, wonach eine gerichtliche Entscheidung, das Beschleunigte Verfahren nicht durchzuführen, unanfechtbar ist, soll ersatzlos entfallen, um für die Staatsanwaltschaft bessere Möglichkeiten zur Durchführung des Beschleunigten Verfahrens zu schaffen.

Dasselbe gilt insbesondere bei der Strafverfolgung von Jugendlichen. Im Vereinfachten Jugendverfahren muß ebenfalls eine Beschwerdemöglichkeit gegen eine das Vereinfachte Verfahren ablehnende Gerichtsentscheidung möglich sein.

Wer mit 18 Jahren volljährig ist, muß auch für seine Straftaten die Verantwortung tragen. Deshalb tritt die CDU für eine Anderung des Jugendgerichtsgesetzes ein, die sicherstellt, daß Täter ab 18 Jahren nur bei Vorliegen besonderer Gründe nach dem Jugendstrafrecht bestraft werden und daß auch bei der Anwendung des Jugendstrafrechts neben dem Erziehungsgedanken die Verantwortung für die Schuld stärker berücksichtigt wird.

Alle an der Bekämpfung der Massenkriminalität beteiligten und interessierten Stellen müssen ihre Kooperation verstärken und ihre Maßnahmen so weit wie möglich koordinieren. Dies gilt in erster Linie für die kommunale Ebene, da hier die Problembereiche und Lösungsmöglichkeiten am besten erkannt und aufeinander abgestimmt werden können. Familien und Schulen, Vereine, Verkehrsbetriebe, in der Sozialarbeit tätige Institutionen, kommunale Behörden und die lokale Wirtschaft sind hier besonders gefordert. Sie sollen gemeinsam mit Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten in entsprechende Aktionen eingebunden werden.

Es ist dringend erforderlich, die vorbeugende Kriminalitätsbekämpfung in Einrichtungen des öffentlichen Personennahverkehrs zu verstärken, damit insbesondere Frauen und ältere Menschen die Sicherheit haben, zu jeder Tages- und Nachtzeit in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf Bahnhöfen und an Haltestellen nicht bedroht zu werden.

Im Kampf gegen die wachsende Kfz-Diebstahlkriminalität müssen die Automobilindustrie und die Versicherungswirtschaft im Hinblick auf eine Verbesserung der Sicherungssysteme stärker in die Verantwortung genommen werden, ggf. auch durch gesetzliche Maßnahmen.

* Bankgewerbe und Wohnungswirtschaft sind gefordert, durch die praktische Anwendung modernster Sicherungstechniken für eine deutliche Verringerung der Tatgelegenheiten Sorge zu tragen.

* Die Kommunen können einen wichtigen Beitrag zur Verbrechensverhütung leisten, indem sie bei der Entwicklung städtebaulicher Konzepte anonyme Wohnstrukturen vermeiden und ausreichende Sicherungsmaßnahmen an relevanten Punkten und Objekten vornehmen. So können eine optimale Ausleuchtung von Unterführungen, Fußgängerzonen und öffentlichen Grünanlagen sowie die Einrichtung von Frauenparkplätzen in Parkhäusern die Sicherheit erheblich erhöhen. Polizei und Sicherheitsbehörden sollen deshalb bei entsprechenden Maßnahmen als Träger öffentlicher Belange zwingend angehört werden und mittels gutachterlicher Stellungnahmen für verbesserte Sicherheitsstandards sorgen.

* Der weitaus größte Teil der in Deutschland lebenden Ausländer achtet die Gesetze und verhält sich rechtstreu. Dennoch gibt der zunehmende Anteil ausländischer Straftäter an der Kriminalitätsentwicklung Anlaß zur Sorge. Er belastet das gute Miteinander von Deutschen und bei uns lebenden Ausländern. Es ist deshalb dringend geboten, daß gegen ausländische Straftäter unter voller Anwendung und Ausschöpfung der Ausweisungsvorschriften des Ausländerrechts vorgegangen wird. Wer das Aufenthaltsrecht für kriminelle Machenschaften mißbraucht, hat es verwirkt.

Eine rechtskräftige Verurteilung von Ausländern wegen eines Kapitalverbrechens oder der Teilnahme an Organisierter Kriminalität sind regelmäßig Grund zur Abschiebung nach Strafverbüßung. Um die Rauschgiftszene auszutrocknen, müssen Drogendelikte von Ausländern in jedem Fall zur Abschiebung führen.

Die Kapazitäten der Ausländerbehörden für Ausweisungen und Abschiebungen sind zu erhöhen. Eine zentrale Organisation der Abschiebungen auf Länder- bzw. Regierungsbezirksebene ist diesbezüglich sinnvoll.

Operative Maßnahmen, Vernehmungen und Milieuermittlungen können wegen der Sprachbarriere oder infolge ungenügender Kenntnis ethnischer Besonderheiten häufig nicht im erforderlichen Umfang betrieben werden. Zur Bekämpfung und Verhinderung von Ausländerkriminalität kann es deshalb hilfreich sein, in Deutschland geborene oder aufgewachsene Ausländer in die Polizei aufzunehmen. Dies ist auch ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Integration.

Darüber hinaus sollen in Wohnbezirken mit hohem Ausländeranteil für bestimmte Ausländergruppen bei den Polizeidienststellen Vertrauensbeamte eingesetzt werden. Diese sind Ansprechpartner und können in Zusammenarbeit mit den Ausländerbeauftragten der Gemeinden Informations- und Aufklärungsveranstaltungen sowie zielgruppenorientierte Präventionsprogramme durchführen.

3.3 Bekämpfung der Organisierten Kriminalität

Die Organisierte Kriminalität, d.h. die Begehung von Straftaten durch straff geführte, hierarchisch klar gegliederte und arbeitsteilig agierende unternehmensähnliche Organisationen, die die einfachen Strukturen traditioneller Bandenkriminalität weit hinter sich gelassen haben, hat inzwischen auch viele Bereiche der sog. 'Massenkriminalität' erfaßt. So wird ein erheblicher Teil der in den Kriminalstatistiken noch als Einzeltaten ausgewiesenen Wohnungseinbrüche, der Kfz-Diebstähle und -Verschiebungen, der Falschgeld-, Scheck- und Kreditkartendelikte sowie des Taschendiebstahls durch Gruppierungen des organisierten Verbrechens begangen.

Betätigungsfeld dieser Syndikate professioneller Straftäter sind auch Deliktsbereiche wie die Wirtschaftskriminalität und zunehmend auch die Umweltkriminalität, wo hohe kriminelle Gewinne zu erzielen sind. Der volkswirtschaftliche Schaden, der durch diese Delikte entsteht, ist beträchtlich. Schwere, häufig grenzüberschreitende Umweltdelikte, wie z.B. die illegale Entsorgung giftiger Stoffe oder der unerlaubte Handel mit Kernbrennelementen, gefährden Leben und Gesundheit vieler Menschen im In- und Ausland.

Daneben ist auch in den typischen Aktionsfeldern der Organisierten Kriminalität (Schutzgelderpressung, Prostitution, illegaler Menschenhandel, Rauschgifthandel, illegales Glücksspiel u.ä.) ein starker Anstieg der Straftaten zu verzeichnen. Insbesondere der illegale Handel mit Betäubungsmitteln hat einen Grad der Professionalität und Internationalisierung erreicht, daß von einer 'neuen Dimension' des organisierten Verbrechens gesprochen werden muß.

Die systematische Markterschließung durch die Drogenkartelle und die zur Bedarfsdeckung jederzeit in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehenden großen Mengen von Betäubungsmitteln in immer reinerer Qualität haben darüber hinaus zu einem starken Anstieg der Beschaffungskriminalität geführt. Rauschgiftsüchtige decken ihren Finanzbedarf weitestgehend durch Straftaten im Bereich der Massenkriminalität. So ist festgestellt worden, daß jeder zweite Diebstahl von oder aus Kraftfahrzeugen, mehr als jeder dritte Einbruch in Gebäude sowie mehr als jeder fünfte Raub von Rauschgiftsüchtigen zur Finanzierung ihres Drogenkonsums verübt wird.

3.3.1 Das Gesetz zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und das Geldwäschegesetz

Am 22. September 1992 ist ein Gesetz zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (OrgKG), insbesondere des Rauschgifthandels, in Kraft getreten.

Das Gesetz sieht u.a. vor, daß

- für Mitglieder von Drogenbanden und für schwere Rauschgiftkriminalität die Strafen verschärft werden,
- die Vermögensstrafe und ein erweiterter Verfall von Vermögensgegenständen eingeführt werden,
- der Straftatbestand der 'Geldwäsche' eingeführt wird,
- zur Erleichterung der Verfolgung der Einsatz verdeckter Ermittler und technischer Überwachungsinstrumente sowie die Rasterfahndung und die polizeiliche Beobachtung ermöglicht werden,
- der Zeugenschutz verbessert wird.

Das Gesetz ist eine notwendige Reaktion auf die ständig zunehmende Organisierte Kriminalität, die zu einer schwerwiegenden Herausforderung für Staat und Gesellschaft geworden ist. Das Gesetz gibt die Möglichkeit, den durch die Straftat erwirtschafteten Gewinn abzuschöpfen und damit die illegale Bereicherung und zugleich das Investitionskapital für künftige Straftaten zu entziehen. Es setzt bei dem Gewinnstreben als Triebfeder der Organisierten Kriminalität an und bietet damit eine gute Grundlage für eine wirksame Verbrechensbekämpfung.

Am 29. November 1993 ist das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) in Kraft getreten. Dieses Gesetz stellt einen weiteren Schritt zur Umsetzung des Nationalen Rauschgiftbekämpfungsplanes dar. Das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten soll erleichtert, Geldwäsche erschwert und das Erkennen von Strukturen Organisierter Kriminalität ermöglicht werden. Hierzu werden Banken und Gewerbetreibende verpflichtet, bei größeren Finanztransaktionen insbesondere den Namen des Kunden festzustellen und bei Geldwäscheverdacht die Strafverfolgungsbehörden zu unterrichten.

Damit werden vorbereitende Ermittlungen zur Feststellung des Geldwäschetatbestandes sowie der erzielten Gewinne und Vermögen ermöglicht. Mit den vorgesehenen Pflichten für Banken und andere Gewerbetreibende zur Identifizierung ihrer Kunden sowie mit den darin verankerten Melde- und Aufzeichnungspflichten schließt dieses Gesetz in Verbindung mit dem OrgKG eine vorhandene Lücke bei der wirksamen Bekämpfung der international Organisierten Kriminalität. Es enthält ein erfolgversprechendes Instrumentarium zur Feststellung illegaler Finanztransaktionen.

3.3.2 Weitere gesetzgeberische und organisatorische Maßnahmen zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität

Mit dem Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) und dem Geldwäschegesetz sind wichtige Maßnahmen im Kampf gegen das Organisierte Verbrechen getroffen worden. Ihnen müssen weitere Schritte folgen:

* Das Geldwäschegesetz muß in regelmäßigen Abständen auf seine Wirksamkeit hin überprüft werden. Dies gilt insbesondere für die Schwellenwerte für die Identifizierungspflicht sowie für die Frist für die Überprüfung von Anzeigen wegen Geldwäscheverdachts durch die Polizei/Staatsanwaltschaft.

* Die CDU tritt dafür ein, den Anwendungsbereich des Straftatbestandes der Geldwäsche auch auf Beträge auszudehnen, die durch Betrug, Untreue, Urkundenfälschung, Geldfälschungsdelikte, Bandendiebstahl oder gewerbsmäßige Hehlerei erlangt wurden. Der Anwendungsbereich der Vermögensstrafe soll auf Geldfälschung, Menschenhandel und Zuhälterei, Geldwäsche und Glücksspiel nicht nur in bandenmäßiger, sondern auch in gewerbsmäßiger Form erweitert werden.

Das Geldwäschegesetz muß auf weitere Formen der Vermögensanlagen, die von der Organisierten Kriminalität genutzt werden, ausgedehnt werden.

* Die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität kann nur dann Erfolg haben, wenn es gelingt, Hindernisse bei Ermittlungen und bei der Beweisführung zu beseitigen. Der Zeugenschutz in Gerichtsverfahren muß verbessert werden. Dies ist insbesondere durch organisatorische und zeitliche Abtrennung der Vernehmung des gefährdeten Zeugen unter Ausschluß von Angeklagten und Verteidigern, die gesetzliche Normierung des Zeugenschutzauftrages im Bundeskriminalamtgesetz sowie die Einführung einer Kronzeugenregelung zu erreichen.

* Die CDU erachtet es für dringend notwendig, die rechtlichen Voraussetzungen zum Einsatz technischer Mittel zu schaffen, damit Verbrecher auch in Wohnungen abgehört und deren Gespräche aufgezeichnet werden können. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung, um die besonders schwer zu ermittelnden Formen der Organisierten Kriminalität wirkungsvoll bekämpfen zu können.

In den USA und in zahlreichen europäischen Nachbarländern ist der Einsatz akustischer und/oder optischer Mittel bei der Fahndung zulässig. Nur mit ihrer Hilfe sind dort Erfolge gegen kriminelle Organisationen möglich. Der Verzicht auf den Einsatz technischer Fahndungsmittel zum Abhören und zur Dokumentation konspirativer Gespräche zwischen Straftätern in Wohnungen, Hotelzimmern, Gaststätten usw. würde zu fahndungsfreien Zonen führen, die die Aufklärung und Verhütung schwerster Straftaten vereiteln oder wesentlich erschweren.

* Ferner befürwortet die CDU die Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten für Rasterfahndungen und der Befugnisse verdeckter Ermittler. Ihnen müssen begrenzte, milieubedingte Normverletzungen gesetzlich zugestanden werden. Ansonsten ist die Einschleusung verdeckter Ermittler in Gruppierungen der Organisierten Kriminialität und der Aufbau geeigneter Legenden zu ihrer Abdeckung kaum möglich.

* Die Internationalisierung der Organisierten Kriminalität setzt dem Einsatz deutscher verdeckter Ermittler zunehmend Grenzen. Um gegen ethnisch abgeschlossene Tätergruppierungen besser vorgehen zu können, ist der Einsatz verdeckter Ermittler nicht-deutscher Herkunft erforderlich.

* Der § 261 StGB (Geldwäsche) soll in den Straftatenkatalog des 100a StPO aufgenommen werden, damit der Fernmeldeverkehr eines Tatverdächtigen überwacht werden kann. Ferner treten wir dafür ein, daß die Strafverfolgungsbehörden im Rahmen der Geldwäsche zur kontrollierten Weiterleitung von 'schmutzigen Geldern' befugt werden, um auch die verdeckt arbeitenden Organisatoren der Geldwäsche identifizieren und überführen zu können.

* Die CDU befürwortet eine Beweislastumkehr bei sichergestellten Vermögenswerten, um eine Einziehung auch der Vermögenswerte zu gewährleisten, deren legale Herkunft der Straftäter nicht nachweisen kann. Mißbrauchsmöglichkeiten des strafprozessualen Beweisantragsrechts müssen beseitigt werden.

* Um Terrorismus und Organisierte Kriminalität wirksam bekämpfen zu können, sind die Schaffung von Rechtsgrundlagen für Initiativermittlungen des Bundeskriminalamtes und die Zuweisung originärer Zuständigkeiten im Rahmen der Terrorismusbekämpfung und der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität notwendig.

* Ferner müssen Erkenntnisse zum illegalen Drogen- und Waffenhandel sowie zum illegalen Technologietransfer, die den Nachrichtendiensten bei der Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs nach dem G-10-Gesetz zugeflossen sind, an die Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden können.

* Neben der weiteren Verbesserung des rechtlichen Instrumentariums (z.B. Erweiterung des Untersuchungshaftrechtes wegen Wiederholungsgefahr um die Straftatbestände 'Förderung der Prostitution', 'Menschenhandel' und 'Zuhälterei') bedarf es auch einer Weiterentwicklung der bisherigen Ermittlungskonzepte gegen die Organisierte Kriminalität und - ergänzend hierzu - einer Verbesserung der Organisation bei den Strafverfolgungsbehörden.

Gegen die Organisierte Kriminalität muß verdeckt und schon im Vorfeld, d.h. ohne daß wie bisher ein konkreter Tatverdacht vorzuliegen hat, ermittelt werden können. Da bisher ein polizeiliches Gesamtkonzept zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität noch nicht vorliegt, sollen die Innen- und Justizminister des Bundes und der Länder unverzüglich eine 'Ständige Arbeitsgruppe Organisierte Kriminalität' einrichten, die unmittelbar der Innen- und der Justizministerkonferenz unterstellt ist. Diese Arbeitsgruppe soll sich aus Experten der Bundes- und Länderpolizeien, der Nachrichtendienste, aus Staatsanwälten und Richtern zusammensetzen und konkrete Vorschläge zur Ermittlungsmethodik, Verbesserung der polizeilichen Organisation sowie der Zusammenarbeit von Polizeien, Zoll, Steuerfahndung u.ä. erarbeiten. Die Arbeitsgruppe soll auch ständig überprüfen, wie die neuen Gesetze gegen die Organisierte Kriminalität sich in der Praxis bewähren und ggf. Vorschläge zu deren Verbesserung vorlegen.

Die Organisation der Länderpolizeien muß mit dem Ziel einer Bündelung der bisher getrennten Zuständigkeiten (z.B. Kommissariate für Rauschgiftkriminalität, Wirtschaftsvergehen, Kapitalverbrechen) durch Bildung bundeseinheitlich aufgebauter Spezialdienststellen zur Bekämpfung von Organisierter Kriminalität flächendeckend gestrafft werden. Das Bundeskriminalamt hat bereits durch die Errichtung einer derartigen Fachabteilung einen ersten Beitrag geleistet. Auch bei den Staatsanwaltschaften ist in allen Ländern die Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften - wie bereits auf dem Gebiet der Wirtschaftskriminalität geschehen - erforderlich. Die Verbesserung der polizeilichen Organisationsstruktur ist eines der wichtigsten Aufgabenfelder für die einzurichtende Arbeitsgruppe.

* Im Hinblick auf die konspirativen, in vielen Punkten professionellen Nachrichtendiensten vergleichbaren Arbeitsmethoden der Organisierten Kriminalität und die Erfahrungen unserer Abwehrdienste auf dem Gebiet der der Polizei noch weitgehend fremden Vorfeldbeobachtung tritt die CDU für die Beteiligung des Verfassungsschutzes bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität durch Beobachtung der Strukturen und der Entwicklung ein. In Paragraph 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes ist der Aufgabenbereich des Bundesamtes für Verfassungsschutz entsprechend zu erweitern.

Insbesondere im Rahmen internationaler Zusammenarbeit eröffnen sich dabei neue Erkenntnismöglichkeiten, da bei unseren Partnern (u.a. USA, Italien, Niederlande) auch die Inlandsnachrichtendienste mit der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität befaßt sind und insoweit die internationale Kooperation auch auf das Vorfeld der Strafverfolgung ausgedehnt werden könnte.

3.4 Extremismus und Gewaltkriminalität

3.4.1 Gewalt

Die Zahl der Gewaltdelikte ist in den vergangenen Jahren bedrohlich angestiegen. Damit geht eine zunehmende Brutalisierung einher. Nur eine wehrhafte Demokratie, die das Gewaltmonopol des Staates als Voraussetzung für Rechtssicherheit, Freiheit und Entfaltung des Bürgers verteidigt, vermag dieser Entwicklung wirksam entgegenzutreten.

Gewalt und Rechtsbruch dürfen in einem freiheitlichen Rechtsstaat keine Mittel zur Durchsetzung eines angestrebten Zieles sein. Jedem Versuch, Gewalt gegen Personen und Sachen zu verharmlosen, Unrecht zu leugnen und Straftaten zu beschönigen, erteilt die CDU eine entschiedene Absage.

Es ist vorrangige Aufgabe, durch Erziehung, Vorbild und Medieneinwirkung Gewalt einzudämmen und aus dem Alltag zu verdrängen. Konflikte müssen gewaltfrei ausgetragen und gelöst werden.

3.4.1.1 Medien und Gewalt

Bei der Eindämmung von Gewalt kommt nicht zuletzt den Medien eine große Verantwortung zu. Die Welle der Gewalt, die in den Medien dargeboten wird und die besonders in den Fernsehprogrammen eine breite Wirkung entfaltet, ist er-schreckend. Sie hinterläßt gerade bei Kindern und Jugendlichen erhebliche negative Eindrücke. Aggressive Darstellungen verändern Werte, Normen und Einstellungen zu Aggressionen, lassen gegen Gewalt abstumpfen, stellen Gewalt als legitime Problemlösungsmittel dar und regen zur Nachahmung an.

Die Gefahr, daß insbesondere das Fernsehen bei der Berichterstattung über Gewalttaten 'negative Helden' schafft, ist groß. Es regt zur Imitation an, wenn Gewalttätern eine unverhältnismäßig breite und spektakuläre Präsenz in den Medien eingeräumt wird.

Gewaltdarstellungen insbesondere in Film und Fernsehen führen zu Gewöhnung und damit langfristig zu einer Verrohung der Gesellschaft. Die CDU fordert deshalb eine drastische Einschränkung der Gewaltdarstellung vor allem im Fernsehen und auf Videos.

Die CDU steht zu der verfassungsmäßig garantierten Freiheit von Presse, Funk und Fernsehen. Die Medien müssen sich aber ihrer Verantwortung bewußt sein und eine wirkungsvolle freiwillige Selbstkontrolle ausüben.

Die CDU tritt dafür ein, zu einer 'Konvention der Verantwortlichkeit' aller gestaltenden Kräfte im Medienbereich zu kommen. Ziel muß es sein, sich auf einen wirksamen, allgemein anerkannten Verhaltenskodex zu einigen, durch den der billigend in Kauf genommenen Gefährdung von Jugend und Gesellschaft durch Gewalt in den Medien ein Riegel vorgeschoben wird. Die 'Konvention der Verantwortlichkeit' sollte ein Abkommen der Fernsehveranstalter und Produzenten sein, in dem die Grenzen der Darstellung von Gewalt und Sexualität im Fernsehen festgelegt sind und damit eine freiwillige Selbstbeschränkung erfolgt.

Analog zum Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, sollte auch für den Medienbereich ein hochrangig besetztes Gremium eingerichtet werden. Es soll die Aufgabe haben, die Entwicklung in öffentlich-rechtlichen sowie in privaten Fernsehprogrammen zu beurteilen und regelmäßig einen Bericht mit Handlungs-Empfehlungen vorzulegen.

Die CDU tritt dafür ein, daß der Straftatbestand der Gewaltverherrlichung konsequent auch auf Gewaltdarstellungen, insbesondere auf Videos und sonstigen visuellen Medien, angewendet wird. Darüber hinaus sind die gesetzlichen Grundlagen zu verbessern, um junge Menschen vor gewaltverherrlichenden Darstellungen schützen zu können.

3.4.1.2 Verschärfung des Straf- und Strafprozeßrechts bei Gewaltdelikten

Das Strafmaß bei Gewaltdelikten ist - im Vergleich zu anderen Straftaten - zu niedrig. Die Höchststrafen für schwere Körperverletzung, d.h. für Gewaltanwendung, die zu einem schwerwiegenden dauernden Körperschaden beim Opfer führt, oder die Mißhandlung von Kindern, beträgt derzeit fünf Jahre - nicht mehr als beim einfachen Diebstahl. Die CDU tritt deshalb dafür ein, daß die Mindest- und Höchststrafen für das gesamte Spektrum der Gewaltdelikte - vom Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, schwerer Brandstiftung, Mißhandlung und sexuellem Mißbrauch von Kindern, dem Landfriedensbruch bis hin zu Körperverletzung und Raub - angehoben werden.

Gewalt trifft vielfach gerade die Schwächeren in der Gesellschaft. Deshalb sollen Gewaltdelikte gegen bestimmte Opfer wie Kinder, alte und behinderte Mitmenschen als besonders schwerer Fall mit der Konsequenz eines höheren Strafrahmens qualifiziert werden. Gleiches gilt im Falle der Ausnutzung von Hilfsbereitschaft.

Die CDU tritt dafür ein, die Haftgründe der Strafprozeßordnung auf Fälle gemeingefährlicher oder anderer schwerer Gewalttaten zu erweitern. Wer einen anderen schwer mißhandelt oder schwere Brandstiftung begeht, muß sofort in Untersuchungshaft genommen werden können, auch wenn keine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr besteht. Der zusätzliche Haftgrund muß künftig außer für Mord und Totschlag auch für andere gemeingefährliche Verbrechen (z.B. schwere Brandstiftung) und Körperverletzungs-Verbrechen Anwendung finden.

3.4.2 Bekämpfung des gewalttätigen politischen Extremismus

Nach wie vor richten politische Extremisten von links und von rechts ihre Bestrebungen gegen unsere freiheitlich demokratische Grundordnung. Mit großer Sorge beobachten wir insbesondere gewalttätige Ausschreitungen, auch die zunehmend brutale Auseinandersetzung zwischen rechts- und linksextremistischen Organisationen. Die Zunahme von ausländerfeindlichen Straftaten bedroht das friedliche Zusammenleben und schädigt das internationale Ansehen der Bundesrepublik Deutschland. Die CDU verurteilt entschieden die Übergriffe auf ausländische Mitbürger und deren Unterkünfte. Sie sind eine Herausforderung für unsere Demokratie und ein Angriff auf unsere Rechts- und Werteordnung. Wir verurteilen gleichermaßen gewalttätige Auseinandersetzungen ausländischer Gruppierungen in Deutschland untereinander und Übergriffe auf Deutsche.

Feige Anschläge und gewalttätige Ausschreitungen müssen mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden. Gewalttäter müssen konsequent dingfest gemacht und umgehend zu harten Strafen verurteilt werden.

3.4.2.1 Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung des gewalttätigen politischen Extremismus

In jüngster Zeit haben politischer Extremismus und fremdenfeindliche Gewalt eine neue Dimension erhalten. Von Deutschland aus gingen schlimme Bilder um die Welt: Rechtsextremistische Chaoten ermordeten friedliche Bürger, warfen Brandsätze gegen Häuser, in denen Ausländer leben, und richteten Verwüstungen auf jüdischen Friedhöfen und Gedenkstätten an. Für diese und jede andere Art von Gewalt gibt es keine Rechtfertigung. Diejenigen, die glauben, daß man über ein Klima der Einschüchterung, der Furcht und der Angst unser Land verändern könne, täuschen sich. Die Bundesrepublik Deutschland ist und bleibt eine wehrhafte Demokratie, die die Werte der Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sowie die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte entschlossen verteidigen wird.

Nur der Staat verfügt über das Gewaltmonopol. Dieses Grundprinzip unserer demokratisch-rechtsstaatlichen Ordnung darf nicht angetastet werden, und wer dies versucht, muß die ganze Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. Polizei, Justiz und alle Bürger unseres Landes müssen jetzt gemeinsam und entschlossen jeder Form von Gewalt entgegentreten. Hier ist nicht nur der Bund gefordert, sondern dies ist vor allem eine Aufgabe der dafür zuständigen Bundesländer.

Auch der Föderalismus steht hier auf dem Prüfstand. Wer zuständig ist, der hat auch die Pflicht zum Handeln und darf nicht untätig sein. Die Bundesregierung wird das Notwendige hierzu beitragen.

So hat sie eine 'Offensive gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit' beschlossen. Unter Leitung des Chefs des Bundeskanzleramtes haben die Ressorts erarbeitet, welche zusätzlichen Maßnahmen dem Bund möglich sind, und wie sie gebündelt werden können.

Ein erster Zwischenbericht wurde im Februar 1993 vorgelegt. Er enthält eine Vielzahl von präventiven und repressiven Maßnahmen, die durchgeführt und in Angriff genommen worden sind im Kampf gegen die Gewalt. Da auch hier wesentliche Bereiche in der Zuständigkeit der Länder liegen, hat der Chef des Bundeskanzleramtes bei den Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder ihre Beteiligung an der Offensive angeregt. Die Länder sind dieser Aufforderung gefolgt, so daß im Januar 1994 eine Fortschreibung des Berichts vorgelegt werden konnte, der auch die Maßnahmen der Länder gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit aufzeigt. Als weitere Maßnahme haben die Innenminister des Bundes und der Länder in einem Sofortprogramm eine groß angelegte Aufklärungskampagne gegen Extremismus und Ausländerfeindlichkeit durchgeführt.

Der Bundesinnenminister hat rechtsextremistische Organisationen, die 'Nationale Front', die 'Deutsche Alternative', die 'Nationale Offensive' und die 'Wiking-Jugend e.V.', wegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen verboten. Ein Verbotsantrag gegen die 'Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei' (FAP) ist beim Bundesverfassungsgericht gestellt. Weitere Verbote werden geprüft.

Außerdem hat die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragt festzustellen, daß zwei besonders aktive Funktionäre dieser Gruppen ihre Grundrechte verwirkt haben und daß ihnen deshalb die öffentliche Meinungsäußerung, öffentliche Auftritte und der Zusammenschluß mit Gleichgesinnten verboten sind.

Auf Anregung des Bundesinnenministers ist eine Informationsgruppe 'Rechtsextremismus' eingerichtet worden, der Vertreter von Verfassungsschutz, Kriminalpolizei und Justiz des Bundes und der Länder angehören. Zweck dieser Gruppe ist ein verbesserter Informationsaustausch über rechtsextremistische Bestrebungen, damit auf der Grundlage der Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden rechtzeitig Straftaten, insbesondere Gewalttaten aus dem extremistischen Bereich verhindert werden können.

Im Straf- und Strafprozeßrecht stehen wir vor der Frage wichtiger Gesetzesänderungen. Wo das gegenwärtig geltende Recht nicht ausreicht, muß es verändert werden. Eine Reihe gezielter Maßnahmen zur besseren Bekämpfung enthält das 'Verbrechensbekämpfungsgesetz 1994'.

3.4.2.2 Weitere gesetzgeberische Maßnahmen zur Bekämpfung des gewalttätigen politischen Extremismus

* Gegen Straftäter, die der Begehung einer politisch motivierten Straftat mit Gewaltanwendung dringend verdächtigt werden, muß zukünftig bei Wiederholungsgefahr in weit größerem Maße als bisher durch den Haftrichter Untersuchungshaft angeordnet werden können. In § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO sollte das Wort 'schwerwiegend' durch die Worte 'nicht nur unerheblich' ersetzt werden. Der Straftatenkatalog sollte umfassend erweitert werden, insbesondere um die Tatbestände Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, schwere Brandstiftung, Landfriedensbruch, Volksverhetzung.

Die in § 112a StPO geregelte Voraussetzung für die Annahme einer Wiederholungsgefahr, 'daß der Beschuldigte innerhalb der letzten fünf Jahre wegen einer Straftat gleicher Art rechtskräftig zu Freiheitsstrafe verurteilt worden ist', soll ersatzlos gestrichen werden.

* Allen Bestrebungen, durch Anderungen des Straftatbestandes der Nötigung die Störung friedlicher Versammlungen oder die Blockade des Straßenverkehrs, öffentlicher Einrichtungen u.ä. straffrei zu stellen, erteilt die CDU eine Absage. Die Grenzen zwischen der strafwürdigen Verletzung der Rechte Dritter durch Nötigung und der verfassungsgemäßen Wahrnehmung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit dürfen nicht verwischt werden.

* Wer bei Demonstrationen Gewalttätern Gelegenheit gibt, aus der schützenden Anonymität einer Menschenmenge heraus zu operieren, begeht selbst vorwerfbares Unrecht. Die CDU tritt deshalb dafür ein, den Tatbestand des Landfriedensbruchs so zu novellieren, daß sich auch derjenige strafbar macht, der sich im Falle von Gewalttätigkeiten und Bedrohungen aus einer Menschenmenge heraus nicht aus ihr entfernt oder sich ihr anschließt, obwohl die Polizei dazu aufgefordert hat, auseinanderzugehen.

* Um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder die Fortsetzung einer Straftat, insbesondere im Rahmen gewalttätiger Ausschreitungen, zu unterbinden, muß die Polizei potentielle Gewalttäter vorbeugend in Gewahrsam nehmen können. Die bereits teilweise bestehenden, in der Praxis bewährten landesgesetzlichen Regelungen sollen daher in die Polizeigesetze aller Länder sowie des Bundes übernommen werden.

* Der Verfassungsschutz in Bund und Ländern ist wichtiger Bestandteil der Inneren Sicherheit. Er darf nicht geschwächt werden. Er muß vielmehr voll einsatzbereit und leistungsfähig sein und muß die Unterstützung erhalten, die er zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben benötigt.

Die CDU tritt dafür ein, dem Verfassungsschutz durch Gesetz die Möglichkeit einzuräumen, durch Abhörmaßnahmen über das Entstehen krimineller Vereinigungen, über die Vorbereitung volksverhetzender Aufrufe und die Aufstachelung zum Rassenhaß schon im Planungsstadium zielgerichtet Informationen zu beschaffen.

Der Informationsaustausch zwischen Verfassungsschutz, Polizei und Justiz muß verbessert werden.

* Die CDU tritt dafür ein, die Tarnungsmöglichkeiten extremistischer in- und ausländischer Organisationen dadurch zu beschneiden, daß sie sich Aktivitäten ihrer Mitglieder zurechnen lassen müssen. Ferner sollen Verbote politischer Betätigung nicht nur gegen Einzelpersonen, sondern auch gegen derartige Vereinigungen ausgesprochen werden können.

* Um Rechtsdefizite beim Vollzug von Vereinsverboten zu beseitigen, muß eine Rechtsgrundlage zur Nutzung von beschlagnahmtem Material zu Beweiszwecken geschaffen werden, auch zu Beweiszwecken in Strafverfahren gegen Mitglieder des Vereins.

* Der Straftatbestand der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen muß so erweitert werden, daß auch die Verwendung von Kennzeichen, die den bereits verbotenen ähnlich sind, geahndet werden kann.

3.5 Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität

Die Rauschgiftkriminalität ist die zentrale wirtschaftliche Basis des organisierten Verbrechens. Die Rauschgiftsituation hat sich in den letzten Jahren weltweit weiter verschärft. In der Bundesrepublik Deutschland hat diese Entwicklung in den letzten beiden Jahren jeweils mehr als 2.000 Tote gefordert. Die Zahl der Erstkonsumenten ist erheblich angestiegen. Trotz hoher Sicherstellungsmengen ist eine Entspannung in der Rauschgiftsituation nicht absehbar.

Für eine wirksame Bewältigung der Drogenproblematik brauchen wir die Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Kräfte in unserem Land - bei der Aufklärung, der Beratung, der Rehabilitation und bei der Schaffung von erheblich mehr Therapieplätzen in Ländern und Gemeinden für die intensive Betreuung der Rauschgiftsüchtigen.

Eine wirksame Vorbeugung gegen Drogenmißbrauch ist nur möglich, wenn das Ausmaß des Drogenproblems und die davon ausgehende Gefahr für jeden einzelnen nicht verharmlost wird. Die Forderung nach einer Freigabe von sogenannten 'weichen Drogen' lehnt die CDU entschieden ab. Sie ist geeignet, die großen Gefahren des Drogenkonsums zu verharmlosen, die Hemmschwelle bei potentiellen Drogenkonsumenten herabzusetzen, unsere gesamte Prävention unglaubwürdig und damit unwirksam werden zu lassen.

Eine Freigabe von sogenannten 'weichen Drogen' würde mit Sicherheit zu einer Konsumsteigerung auch bei den harten Drogen führen. Die leichte Verfügbarkeit von Drogen in der Bundesrepublik Deutschland würde zwangsläufig auf einen 'Drogentourismus' hinauslaufen. Es wäre mit einer steigenden Anzahl Drogenabhängiger zu rechnen. Beschaffungskriminalität und Folgekriminalität würden sprunghaft steigen. Bei einer Freigabe würde darüber hinaus die notwendige Beschränkung der Abgabe von Rauschgift zum Herausbilden neuer Schwarzmärkte und illegaler Handelsstrukturen führen.

Die CDU tritt deshalb dafür ein, nicht die resignative Flucht in die 'Legalisierung' anzutreten, sondern den Kampf gegen die Drogen, gegen die Drogenbosse und -kartelle noch konsequenter und systematischer zu führen.

3.5.1 Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität

Die Bundesregierung hat den 1990 beschlossenen Rauschgiftbekämpfungsplan in ihrem Zuständigkeitsbereich konsequent umgesetzt:

Sie hat einen Drogenbeauftragten bestellt, der die Aktivitäten der Bundesregierung bei der Rauschgiftbekämpfung zusammenführt und die Zusammenarbeit mit anderen Stellen im nationalen und internationalen Raum fördert.

Beim Bundeskriminalamt ist eine Zentralstelle zur Erfassung der internationalen Organisierten Kriminalität eingerichtet worden.

- Auf Initiative der Bundesregierung wird eine europäische kriminalpolizeiliche Zentralstelle (Europol) zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, insbesondere der Rauschgiftkriminalität, aufgebaut.

- In 25 Ländern der Erde helfen Beamte des Bundeskriminalamtes beim Kampf gegen Drogenanbau und Drogenhandel.

- Die Bundesregierung unterstützt den Aufbau effektiver Polizeien insbesondere in den Ländern Mittel- und Osteuropas.

- Die von der Bundesregierung initiierte freiwillige Selbstverpflichtung der chemischen Industrie und des Chemiehandels (Monitoringsystem) gegen die Abzweigung von Chemikalien, die zur illegalen Drogenherstellung benutzt werden könnten, wurde bundesweit umgesetzt und auf zusätzliche Substanzen erweitert.

- Aufgrund einer entsprechenden EU-Verordnung wird die Ausfuhr bestimmter Chemikalien, die häufig zur unerlaubten Drogenherstellung gebraucht werden, durch das Bundesgesundheitsamt und die Zollbehörden kontrolliert. In Umsetzung entsprechender EU-Richtlinien hat die Bundesregierung weitere chemische Stoffe den internationalen Kontrollmaßnahmen gegen die Abzweigung zur illegalen Drogenherstellung unterstellt.

- Die Entwicklungszusammenarbeit mit den Anbau-, Erzeuger- und Transitländern zur Reduzierung des Rauschgiftangebots wurden intensiviert. Dabei stehen Maßnahmen zur Anbausubstitution im Vordergrund.

Zur Verbesserung der Rauschgiftbekämpfung dient auch das Gesetz vom 23. Juli 1992, mit dem die Strafprozeßordnung um ein Zeugnisverweigerungsrecht für Mitarbeiter von staatlichen oder staatlich anerkannten Drogenberatungsstellen ergänzt und der Beschlagnahmeschutz ausgedehnt wird.

3.5.2 Weitere gesetzgeberische Maßnahmen zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität

Gegen Drogendealer muß härter vorgegangen werden. Die CDU tritt deshalb dafür ein, bei bandenmäßiger Betäubungsmittelkriminalität in besonders schweren Fällen eine lebenslange Freiheitsstrafe einzuführen. Ferner befürworten wir ein strengeres Haftrecht für Drogenkriminelle.

Die CDU tritt dafür ein, einen besonderen Straftatbestand des Mitführens von Waffen beim Begehen von Betäubungsmittelstraftaten einzuführen. Gleiches gilt für das Einsetzen von Kindern beim Betäubungsmittelhandel.

Der Ausnahmetatbestand der 'geringen Menge' nach dem Betäubungsmittelgesetz soll für professionelle Kleindealer abgeschafft und auf Drogenabhängige beschränkt werden. Dadurch kann die Strategie der Drogenhändler durchkreuzt werden, lediglich 'geringe Mengen' mitzuführen. In diesen Fällen sind konsequent schnellrichterliche Verfahren durchzuführen, wie sie in der Strafprozeßordnung vorgesehen sind.

Darüber hinaus soll ein Straftatbestand der Abzweigung von Chemikalien zum Zwecke der illegalen Betäubungsmittelherstellung eingeführt werden.

3.6 Polizeien

3.6.1 Polizei

Die Polizei gehört zu den tragenden Säulen unseres Gemeinwesens. Sie ist Garant der Inneren Sicherheit. Tagtäglich ergreift die Polizei Partei für das Recht und gegen das Unrecht, für den inneren Frieden und gegen Selbstjustiz, für die Freiheit des einzelnen und gegen Gewalt. Auch der Polizist ist 'Bürger in Uniform'.

Die CDU steht zur Polizei. Wer Innere Sicherheit will, muß sich zur Polizei und ihren Aufgaben bekennen. Sie verdient unser aller Vertrauen, Dank, Anerkennung und Unterstützung. Die CDU fordert alle Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft dazu auf, den Stellenwert des Polizeiberufes in unserem Gemeinwesen aufzuwerten, der Polizei den Rücken zu stärken und häufiger deutlich zu machen, daß die Polizisten ihren Dienst zum Schutz jedes einzelnen und zum Wohl unseres Gemeinwesens versehen. Dazu gehört auch eine respektvolle Behandlung des Polizisten als Zeuge vor Gericht.

Die Polizei kann ihre schwierige Aufgabe nur bewältigen, wenn sie personell, rechtlich und logistisch dafür hinreichend gerüstet ist. Attraktivität und Rahmenbedingungen des Polizeiberufes einschließlich des Dienstes im Bundesgrenzschutz müssen verbessert werden. Dazu gehören u.a. eine leistungsgerechte Bezahlung, eine moderne Laufbahnstruktur, eine aufgabenorientierte Aus- und Fortbildung, moderne Organisationsstrukturen mit dem Ziel größerer Bürgernähe und Effizienz, eine ständige Verbesserung der personellen und sächlichen Ausstattung sowie eine Intensivierung der Nachwuchswerbung.

Die CDU tritt für eine 'Sonderlaufbahn Polizei' ein, die den besonderen Strukturen des Polizeidienstes gerecht wird. Als Vorstufe hierzu befürworten wir eine deutliche Anhebung des Anteils gehobenen Polizeivollzugsdienstes an den Stellenplänen.

Unabhängig von der Notwendigkeit einer generellen Personalaufstockung der Polizei gilt es angesichts der wachsenden Kriminalität, im Zuge einer aufgabenkritischen Überprüfung der Polizeiarbeit durch Aufgabenbereinigung und Aufgabenumschichtung in möglichst großem Umfang das Personal der Polizei umzuorganisieren. Die Polizeibeamten müssen von Aufgaben, die nicht unmittelbar sicherheitsrelevant sind, insbesondere von reinen Verwaltungstätigkeiten, so weit wie möglich entlastet werden. Dadurch können zusätzliche Kräfte für die Kriminalitätsvorbeugung und Strafverfolgung gewonnen werden.

Die polizeiliche Präsenz in der Öffentlichkeit muß insbesondere in Ballungsräumen deutlich erhöht werden. Die sichtbare Präsenz der Polizei auf Straßen und Plätzen ist das wichtigste Mittel, um potentielle Straftäter abzuschrecken und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu stärken. Der Polizist soll den Bürgern des von ihm betreuten Wohnviertels als vertrauter Ansprechpartner und Helfer zur Verfügung stehen.

Zur Unterstützung und Entlastung der Vollzugspolizei befürwortet die CDU die Einführung eines freiwilligen Polizeidienstes, in den Männer und Frauen aufgenommen werden. Im freiwilligen Polizeidienst unterstützen die Bürger ehrenamtlich die Arbeit der Polizei und leisten einen besonderen Beitrag zur Gewährleistung der Inneren Sicherheit sowie zur Entlastung von hauptberuflichen Polizeibeamten. Die Verpflichtung insbesondere von jungen Menschen wird gefördert, einen Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten.

Dieser ehrenamtliche Polizeidienst besteht aus Personen, die sich freiwillig für die Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben zur Verfügung stellen und nach Weisung der Vollzugspolizei arbeiten. Er kann eingesetzt werden zur Sicherung von Gebäuden und Anlagen, zur Sicherung, Regelung und Überwachung des Straßenverkehrs und zum Streifendienst.

In den freiwilligen Polizeidienst kann jeder aufgenommen werden, der über die erforderliche Eignung verfügt. Die Interessenten erhalten eine Grundausbildung und sind zur regelmäßigen Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen verpflichtet. Sie tragen Dienstkleidung und erhalten auf Antrag Ersatz für Verdienstausfall und notwendige Auslagen.

Die Dienstzeit im freiwilligen Polizeidienst ist auf den Wehr- bzw. Ersatzdienst anzurechnen.

3.6.2 Bundesgrenzschutz

Mit dem Wegfall der Binnengrenzen in Europa sind dem Bundesgrenzschutz zusätzliche neue Aufgaben zugewachsen. Neben der aktiven Unterstützung der Polizeien insbesondere in den neuen Bundesländern bei Großeinsätzen hat der Bundesgrenzschutz die Aufgabe der Bahnpolizei übernommen. Die Bundesländer können zur Entlastung ihrer Polizei für andere Schutzaufgaben den Bereich der Luftsicherheit auf den Bundesgrenzschutz übertragen.

Mit der Wiedervereinigung Deutschlands sind die Grenzen mit Polen und der Tschechischen Republik zur Außengrenze der EU und der Schengener Vertragsstaaten geworden. Sie werden verstärkt von internationalen Verbrecherorganisationen zum Waren- und Menschenschmuggel mißbraucht. Hier hat vor allem die organisierte grenzüberschreitende Kriminalität erheblich zugenommen, wie insbesondere die illegale Zuwanderung, die Schleuserkriminalität, die internationalen Kfz-Verschiebungen und die Rauschgift- und Falschgeldkriminalität zeigen. Die Grenzsicherheit hat daher für den Stellenwert der Inneren Sicherheit eine besondere Bedeutung gewonnen.

Die Bundesregierung hat auf die gestiegenen Anforderungen reagiert durch eine erhebliche personelle Verstärkung des Bundesgrenzschutzes. So wurde das Personal des Bundesgrenzschutzes an den Ostgrenzen seit 1992 um mehr als 3.000 auf nunmehr rd. 4.600 Einsatzkräfte erhöht. Dazu zählen auch rd. 1.300 Angestellte mit auf drei Jahre befristeten Arbeitsverträgen, die als sogenannte 'grenzpolizeiliche Unterstützungskräfte' zur kurzfristigen Deckung des Personalbedarfs an den Ostgrenzen in den Bundesgrenzschutz eingestellt wurden. Diese Kräfte unterstützen die Polizeivollzugsbeamten bei der Überwachung der 'Grünen' Grenze, bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs sowie in der Innenverwaltung. Die Bewerber für diese zusätzlich eingerichteten Stellen kommen aus dem grenznahen Raum der neuen Bundesländer.

Darüber hinaus wurden alleine im Jahr 1993 3.140 Polizeianwärter und im Jahr 1994 nochmals 3.700 Polizeianwärter in den Polizeivollzugsdienst des Bundesgrenzschutzes neu eingestellt. Der Bundesgrenzschutz wird damit 1996 erstmals in seiner Geschichte planmäßig über rd. 29.000 Polizeivollzugsbeamte verfügen und dann alle Stellen besetzt haben.

Zur effektiven Grenzüberwachung, insbesondere zur Verhinderung illegaler Grenzübertritte, wurden neben organisatorischen Verbesserungen auch verstärkt moderne Wärmebildtechnik eingesetzt. Der Einsatz dieser Mittel geschieht im vollem Einvernehmen mit unseren östlichen Nachbarstaaten und erweist sich als wirksames Instrument zur Bekämpfung des Schleuserunwesens sowie zur Erhöhung der Sicherheit der Bevölkerung im grenznahen Raum.

Am 1. November 1994 ist das neue Bundesgrenzschutzgesetz in Kraft getreten. Es versetzt den BGS in die Lage, seine Aufgaben noch wirksamer als bisher zu erfüllen; die z.T. neu geregelten Befugnisse erlauben dem BGS noch effizientere Grenzkontrollen und gezieltere Maßnahmen im Kampf gegen illegale Zuwanderung und Schleuserkriminalität. So ist z.B. die Identitätsfeststellung und erkennungsdienstliche Behandlung im Grenzgebiet bis hin zu einer Tiefe von 30 km zulässig. Dies ermöglicht dem BGS auch gegen Schlepper und Illegale vorzugehen, die nicht unmittelbar an der Grenze gestellt, sondern z.B. erst auf den Zufahrtsstraßen im Hinterland angetroffen werden. Weiterhin ist der Einsatz von automatischen Bildaufnahmegeräten an der Grenze sowie eine erleichterte Betretensbefugnis von Wohnungen vorgesehen, die erfahrungsgemäß von Schleppern oder Personen ohne Aufenthaltserlaubnis als Treffpunkt genutzt werden. Zur Bekämpfung extremistischer oder gewalttätiger Ausschreitungen dient der im Gesetz vorgesehene Unterbindungsgewahrsam bis zu vier Tagen. Dadurch kann die Fortsetzung eines Landfriedensbruchs oder einer gemeinschaftlich begangenen Nötigung verhindert werden.

3.6.3 Europol

Verbrecherringe und Drogenkartelle haben sich immer stärker international organisiert und operieren heutzutage grenzüberschreitend. Sie können nicht mehr mit national begrenzten Methoden bekämpft werden. Bundeskanzler Helmut Kohl hat in Maastricht durchgesetzt, daß ein europäisches Kriminalamt Europol aufgebaut wird.

Mit Europol wird ein europäisches Kriminalamt aufgebaut, das die Bekämpfung des Organisierten Verbrechens und der Drogenmafia über Grenzen hinweg durch Informationsaustausch sichert. Schwerpunktaufgabe in der ersten Phase ist die Bekämpfung des internationalen Drogenhandels durch den Aufbau von Informationsdateien, die Herstellung von Lagebildern, die Ausarbeitung von Vorbeugungsstrategien und die Unterstützung der nationalen Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden.

Der weitere Aufbau von Europol muß Zug um Zug voranschreiten: Die Polizeibehörde der Gemeinschaft soll mit exekutiven Befugnissen ausgestattet sein und insbesondere alle Formen der international Organisierten Kriminalität bekämpfen. Die Angehörigen der zu schaffenden EUROPOL sollten einen einheitlichen EU-Ausbildungsstandard haben. Dabei ist eine besondere Einheit zur Bekämpfung des illegalen Drogenhandels zu schaffen. Damit die Ausübung hoheitlicher Befugnisse von EUROPOL rechtsstaatlicher Kontrolle unterliegt, muß das Europäische Polizeiamt der Exekutivverantwortung der EU-Kommission und der parlamentarischen Verantwortung des Europäischen Parlaments unterstellt werden.

EUROPOL soll neben der eigenständigen internationalen Verbrechensbekämpfung auch zentrale Service- und Koordinationsaufgaben für die nationalen Sicherheitsbehörden erbringen. Vor allem in den Bereichen Kriminaltechnik, Forschung, Erkennungsdienst und Informations- und Datenverwaltung kann das Europäische Polizeiamt die Arbeit der Polizeien der Mitgliedsstaaten wirkungsvoll unterstützen. Durch die Einrichtung von EUROPOL-Außenstellen bei den nationalen Polizeibehörden wird die europaweite Zusammenarbeit zum Schutz der Inneren Sicherheit wirkungsvoll unterstützt. Eine engere Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Verbrechensbekämpfung ist über die Europäische Union hinaus auch durch Verträge mit den osteuropäischen Staaten notwendig.

3.7 Verbrechensbekämpfungsgesetz 1994

Das von den Fraktionen der CDU/CSU sowie FDP vorgelegte und unter intensiver Mitwirkung der Bundesministerien der Justiz sowie des Innern erarbeitete Verbrechensbekämpfungsgesetz ist nach eingehenden parlamentarischen Beratungen am 1. Dezember 1994 in Kraft getreten. Nachdem es am 20. Mai 1994 mit den Stimmen der Koalition - gegen die Stimmen der SPD - im Bundestag verabschiedet worden war, hatte die SPD das Gesetz am 10. Juni 1994 im Bundesrat erneut abgelehnt und mit ihrer Stimmen-Mehrheit blockiert. Nach dem Einlenken der SPD im Vermittlungsausschuß konnte das Gesetz dann in Kraft treten.

Das Gesetz soll der besseren Bekämpfung der Massenkriminalität, der Organisierten Kriminalität, des Extremismus und fremdenfeindlicher Gewalt dienen. Nicht zuletzt geht es aber auch darum, die Durchführung von Strafverfahren zu verbessern, sie insbesondere zu beschleunigen. Schließlich sollen die Belange der Opfer von Straftaten stärker berücksichtigt werden.

Aus den vorgeschlagenen Regelungen ist hervorzuheben:

- Gewalttätigkeit und Brutalität gegen Menschen haben zugenommen. Deshalb soll der Regelstrafrahmen bei 'einfacher' Körperverletzung von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren erhöht werden. Auch mit den bei den qualifizierten Körperverletzungsdelikten vorgesehenen Verschärfungen des Strafrahmens wird dem verfassungsrechtlichen Rang des Rechtsguts der körperlichen Unversehrtheit Rechnung getragen und der strafrechtliche Schutz vor tätlichen Angriffen erheblich verbessert.

- Die Kronzeugenregelung soll - ausgehend von dem geltenden Recht - befristet auf Täter aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität ausgedehnt werden.

- Das beschleunigte Strafverfahren soll fortentwickelt werden, insbesondere durch Erleichterungen bei der Durchführung der Beweisaufnahme.

- Die Verhängung der Untersuchungshaft bei schwersten Delikten soll unter erleichterten Voraussetzungen möglich sein. Den Gerichten soll es dadurch ermöglicht werden, bei Wiederholungsgefahr auch dann Untersuchungshaft zu verhängen, wenn der Täter nicht schon vorher einschlägig rechtskräftig verurteilt worden war.

- Zur besseren Bekämpfung rechtsextremistischer und fremdenfeindlicher Propaganda soll künftig auch das Verwenden solcher Kennzeichen strafbar sein, die Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zum Verwechseln ähnlich sehen. Das wird z.B. für Kennzeichen gelten, die nationalsozialistischen Fahnen, Abzeichen, Uniformstücken oder Grußformen zum Verwechseln ähnlich sind. Der Export von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wird unter Strafe gestellt.

- Die Straftatbestände der Volksverhetzung und der Aufstachelung zum Rassenhaß werden erweitert und in der Anwendung erleichtert. Dies gilt insbesondere für die Leugnung der nationalsozialistischen Massenmorde (sogenannte Auschwitz-Lüge).

- Der Katalog der Straftaten, die als Vortaten bei der Geldwäsche anzusehen sind, soll um Vermögens-, Urkunden- und Bestechungsdelikte erweitert werden.

- Ein zentrales staatsanwaltschaftliches Informationssystem soll geschaffen werden, damit sich die Staatsanwaltschaften schnell und zentral über anhängige Ermittlungsverfahren insbesondere gegen überörtlich agierende Straftäter unterrichten können. Damit kann insbesondere reisenden Gewalttätern besser begegnet werden.

- Außerdem sollen die Vorschriften über die Ausweisung straffällig gewordener Ausländer, insbesondere von Rauschgifthändlern sowie die Strafvorschriften gegen das professionelle Schlepperunwesen verschärft werden.

- Durch Anderungen des Gesetzes zu Art. 10 Grundgesetz sollen die Möglichkeiten zur Post- und Telefonkontrolle gegenüber Mitgliedern von Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten mit extremistischer Zielsetzung gerichtet sind, erweitert werden. Die Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes, die die Überwachung internationaler Fernmeldeverkehrsbeziehungen gestatten, werden auf internationale Aktivitäten in den Bereichen Terrorismus, Drogenhandel, sensitive Exporte, Geldfälschung und Geldwäsche erweitert. Entsprechende Erkenntnisse dürfen zukünftig an die zuständigen Behörden weitergeleitet werden.

Das Verbrechensbekämpfungsgesetz ist ein außerordentlich wichtiger Schritt in der erfolgreichen Politik der Bundesregierung zur Stärkung der Inneren Sicherheit.

4. Kommunalpolitik

Die Gemeinden und Gemeindeverbände erfüllen nicht nur ihre eigenen Aufgaben als kommunale Gebietskörperschaften, sondern führen darüber hinaus im Rahmen der gesamtstaatlichen Aufgabenteilung etwa 80 Prozent aller Landes- und Bundesgesetze aus. Sie tätigen etwa zwei Drittel aller staatlichen Investitionen.

Die CDU vertritt den Grundsatz, daß die Zuständigkeit bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben soweit wie möglich bürgernah im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung liegen soll.

4.1.Kommunale Selbstverwaltung

Die kommunale Selbstverwaltung ist ein wesentlicher Bestandteil der verfassungsrechtlichen und politischen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland. Die kommunale Selbstverwaltung besitzt Eigenständigkeit in der Gesamtverantwortung für die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft.

Auch für den Stellenwert der kommunalen Selbstverwaltung beginnt sich allmählich eine neue zeitgemäße Auffassung durchzusetzen: Die Gemeinden und Kreise werden nicht mehr nur als Verwaltungseinheiten, sondern als Bund und Ländern strukturell gleichwertige Ebene im demokratischen Staatsaufbau begriffen.

Der Bund trägt eine Mitverantwortung für die Funktionsfähigkeit und den Handlungsspielraum der kommunalen Selbstverwaltung. Die Bundesregierung hat sich immer zu der besonderen Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung bekannt. So hat Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl in seiner Regierungserklärung zur 12. Wahlperiode des Deutschen Bundestages am 30. Januar 1991 ausgeführt:

'Die Menschen suchen Geborgenheit in einer vertrauten Lebensumwelt. Deshalb hat die kommunale Selbstverwaltung, die auf Eigenverantwortung und Bürgersinn beruht, wegen ihrer Geschichte und Tradition für unser Land eine so große Bedeutung. Was die kleinere Einheit in eigener Verantwortung wirksam entscheiden kann, soll der Staat nicht an sich ziehen.'

4.1.1 Mitwirkung des Bürgers

Die CDU bejaht eine breite bürgerschaftliche Mitwirkung an der kommunalen Selbstverwaltung. Denn kommunale Selbstverwaltung besteht in der Aktivierung der Beteiligten für die eigenverantwortliche Lösung ihrer Probleme, kommunale Aufgaben- und Problemstellungen müssen für den Bürger durchschaubar sein, um seinem Informationsbedürfnis als betroffenem und interessiertem Bürger zu entsprechen. In dem Maße, wie dies gelingt, wächst die Bereitschaft, Sachverstand und Bereitschaft zur Mitwirkung in die Kommunalpolitik einzubringen.

4.1.2 Direktwahl

Was in den süddeutschen Ländern bereits seit langem kommunale Praxis ist, setzt sich mehr und mehr auch in anderen Bundesländern durch: Rheinland-Pfalz und Sachsen führten die Direktwahl von Bürgermeistern und Landräten Ende 1993 ein, in Hessen wurde sie bei der letzten Kommunalwahl praktiziert. In Nordrhein-Westfalen ist seit dem 17. Oktober 1994 eine neue Kommunalverfassung in Kraft getreten, die ab 1999 auch hier die Urwahl der hauptamtlichen Bürgermeister/innen vorsieht. In der Zwischenzeit steht es den Räten frei, nach Ablauf der Amtszeiten der Stadtdirektoren einen hauptamtlichen Bürgermeister zu wählen.

Die CDU hatte sich gegen den Widerstand der SPD in Nordrhein-Westfalen seit langem für die Urwahl der Bürgemeister/in eingesetzt. Die SPD ist schließlich dem Kurs der Bundes-SPD gefolgt, die sich für Plebiszite ausgesprochen hat

4.2 Kommunale Gebietsreform

Die kommunale Neugliederung ist in den neuen wie auch in den alten Bundesländern vor allem darin begründet, daß die Effizienz der Kommunalverwaltungen gesteigert wird und gleichzeitig Kosten gesenkt werden. Zielsetzung dabei ist, leistungsfähigere gemeindliche Verwaltungseinheiten zu schaffen, die den Einsatz von spezialisierten Mitarbeitern erlauben und trotzdem die gewünschte Bürgernähe garantieren.

4.2.1 Kommunale Gebietsreform in den alten Bundesländern

1967 bis 1978 wurden in den alten Bundesländern die kommunalen Gebietsreformen durchgeführt.

Im wesentlichen ging es darum, kleinere Gemeinden zu größeren leistungsfähigeren Verwaltungseinheiten zusammenzuschließen, wobei in den alten Bundesländern nahezu alle denkbaren Modelle der kommunalen Organisation realisiert wurden. Nordrhein-Westfalen, Hessen und das Saarland haben sich für das Groß-Gemeindemodell entschieden. Baden-Württemberg, Bayern und Schleswig-Holstein haben auch kleine und kleinste Gemeinden erhalten - allerdings nur in Verbindung mit einer organisatorischen Zusammenfassung in einem übergeordneten Verband - den 'Verwaltungsgemeinschaften' in Baden-Württemberg und in Bayern sowie den 'Amtern' in Schleswig-Holstein. Rheinland-Pfalz und Niedersachsen haben ebenfalls eine Vielzahl von kleinen Gemeinden erhalten, darüber jedoch eine zweite Ebene von kommunalen Gebietskörperschaften mit direkt gewählter Vertretungskörperschaft geschaffen. In Rheinland-Pfalz heißen sie 'Verbandsgemeinden', in Niedersachsen 'Samtgemeinden'.

4.2.2 Kommunale Gebietsreform in den neuen Bundesländern

Die Kreisgebietsreform in den neuen Ländern ist seit dem 15. Juni 1993 mit der Verabschiedung des Kreisreformgesetzes in Thüringen abgeschlossen; die Gemeindegebiets- und Verwaltungsreform ist in ihren Strukturen vorgezeichnet, wird gesetzgeberisch jedoch erst im Zusammenhang mit den nächsten Kommunalwahlen vollständig festgeschrieben werden. Bis dahin müssen die Landtage in den neuen Ländern auch darüber entscheiden, welche Veränderungen sie an der Kommunalverfassung - der inneren Organisation der Kommunen - vornehmen wollen.

4.3 Kommunalfinanzen

Subsidiarität und kommunale Selbstverwaltung als maßgebliche Gliederungsprinzipien unseres Staatsaufbaus können nur durch eine angemessene Finanzausstattung der kommunalen Ebene vital erhalten werden. Wie dem Anspruch der Kommunen auf angemessene Finanzausstattung allerdings Rechnung zu tragen ist, ist nicht von vornherein festgelegt.

Obwohl also kein Anspruch der Kommunen auf eine bestimmte Ausstattung des kommunalen Einnahmensystems besteht, gebietet es die Verbindung von Finanzhoheit und Eigenverantwortlichkeit der Gemeinden, das Finanzsystem so zu gestalten, daß ein Höchstmaß an gemeindlicher Eigenverantwortung sowohl bezüglich der Einnahmen- als auch der Ausgabenentscheidungen gewährleistet ist.

Entsprechend dem Grad an Finanzautonomie können die Einnahmen der Kommunen auf einer Skala eingeordnet werden. Zweckgebundene Zuweisungen mit Mitfinanzierungspflicht sowie die Erstattung von Ausgaben für Auftragsangelegenheiten weisen den geringsten Autonomiegrad auf. Eigene Steuern, über deren Einführung bzw. Abschaffung sie selbständig entscheiden kann, stehen am anderen Ende der Skala, d.h. sie garantieren den Kommunen die größte Autonomie. Trotz der grundsätzlichen Präferenz für eigene Steuereinnahmen der Gemeinden sind Zuweisungen im Rahmen des Finanzausgleichs zur Kompensation zu geringer Steuerkraft u.a. wegen periodisch anfallender Investitionsbedarfe unverzichtbar.

4.3.1 Finanzlage der Städte, Gemeinden und Kreise seit 1980

Die Jahre seit 1980 waren durch eine erfolgreiche Konsolidierungspolitik geprägt, in deren Verlauf die Finanzierungsdefizite in Höhe von 10,1 Milliarden im Jahre 1981 abgebaut und bereits 1984 Finanzierungsüberschüsse von 1,1 Milliarden erzielt wurden.

Die seit 1982 stetig zunehmenden Steuereinnahmen der Kommunen in Verbindung mit den höheren Zuweisungen von den Ländern sowie den Investitionszuweisungen von Bund und Ländern trugen wesentlich zu dieser positiven Entwicklung bei.

Die positive Einnahmeentwicklung bei den westdeutschen Kommunen verstärkte sich seit 1991, wurde aber durch eine expansive Ausgabenpolitik überkompensiert. Daraus ergaben sich seit 1990 zunehmende Finanzierungsdefizite der Kommunen (1990: 3,6 Milliarden DM, 1992: 9,7 Milliarden DM).

Die nachstehenden Tabellen zeigen die Entwicklung der Kommunalfinanzen von 1980 bis 1993.

4.3.2 Politik des Bundes für die Kommunen

Die Politik des Bundes ist für die Städte, Gemeinden und Kreise hinsichtlich ihrer Finanzausstattung von großer Bedeutung. So wurden z.B. 1993 die kommunalen Haushalte durch folgende Gesetze und Initiativen entlastet:

- Asylgesetze
Der ständige Anstieg der Asylbewerber hatte den Kommunen auch große finanzielle Probleme aufgebürdet. Die CDU hat diese Sorgen der Kommunen ernst genommen und gegen den jahrelangen Widerstand der SPD neue Regelungen im Bereich der Asylgesetzgebung durchgesetzt.

- Asylrecht
Nach der Anderung des Asylrechts mit Wirkung zum 1. Juli 1993 ist die Zahl der Asylbewerber deutlich zurückgegangen: Wähend 1992 noch 438.191 Personen um Asyl nachsuchten, im Jahr 1993 es noch 322.599 waren, ist die Gesamtzahl der Asylbewerber 1994 auf 127.210 zurückgegangen. In den ersten Monaten des Jahres 1995 liegt die Arbtragszahl bei 10.000.

Dadurch ist sowohl eine sichtbare Entlastung der kommunalen Verwaltungen als auch ein Rückgang der für die Asylbewerber zu erbringenden Leistungen eingetreten.

- Pflegeversicherung
Die Leistungen der Pflegeversicherung werden zu einer starken Entlastung der Sozialhilfeträger führen. Im Dezember 1993 wurde berechnet, daß durch die Pflegeversicherung folgende Entlastungen der kommunalen Haushalte jährlich zu erwarten sind:

1995 1996 1997
1,1 Mrd. DM 6 Mrd. DM 10 - 11 Mrd. DM

- Sparpaket der Bundesregierung
Das Sparpaket der Bundesregierung senkt die Zinsen. Dies liegt auch im Interesse der kommunalen Haushalte, weil durch Zinssenkungen die Kommunen Milliarden einsparen.

- Neuer Finanzausgleich und Erhöhung des Länderanteils an der Umsatzsteuer
Nach dem Grundgesetz gehören Länder- und Kommunalfinanzen zusammen. Wir haben eine Verbesserung der Länderfinanzen erreicht, um damit zugleich den Kommunen zu helfen:

Im neuen Finanzausgleich zahlt ab 1995 der Bund jährlich den Ländern zusätzlich rund 50 Milliarden DM. Der Länderanteil an der Umsatzsteuer wird um 7 Punkte auf 44 Prozent aufgestockt. Das sind jährlich zusätzlich 16,8 Mrd. DM für die Länder. Hinzu kommen 25,5 Mrd. DM Ergänzungszuweisungen des Bundes für die Länder.

4.3.3 Privatisierung kommunaler Aufgaben

Privatisierungen sind vor allem möglich bei Infrastruktureinrichtungen, wie z.B. im öffentlichen Personennahverkehr, bei öffentlichen Planungsleistungen, Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigung, Elektrizitäts-, Gas- und Abfallwirtschaft.

Die Bundesregierung hat inzwischen eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände eingerichtet, die die Möglichkeiten einer verstärkten Privatisierung beim Bund, bei den Ländern und bei den Gemeinden untersucht und über die Privatisierungsabsichten und -erfolge der einzelnen Gebietskörperschaften berichtet.

Zu den Möglichkeiten privater Beteiligung in den neuen Ländern beim Aufbau der kommunalen Infrastruktur ist bereits im Juni 1993 im Auftrag des Bundeskanzlers eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eingerichtet worden. In einem ersten Bericht dieser Arbeitsgruppe wird festgestellt, daß vorzugsweise kommunale Aufgaben in den Bereichen Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung für eine Einbeziehung Privater geeignet sind.

In unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen kommunaler Dienste konnten aufgrund von Berechnungen der Deutschen Bank nach der Privatisierung Einsparungen von 20 bis 50 Prozent festgestellt werden.

Beispiele für Einsparungen durch Privatisierung:
Kläranlagen ca. 20 %
Bauhöfe ca. 20 %
Druckereien ca. 30 %
Krankenhaus- und Gebäudereinigung . bis zu 40 %
Krankenhauswäscherei bis zu 40 %
Reinigung von Straßenschildern über 40 %
Kfz-Werkstätten 50 %
Omnibusbetriebe 50 %

4.3.4 Hilfen für die neuen Länder und ihre Kommunen

Die Kommunen in den neuen Ländern haben nicht nur die Probleme zu lösen, die durch die wirtschaftliche Rezession, die Beschäftigungsprobleme und die Wanderbewegungen in Europa entstanden sind. Sie haben zugleich die schwierige Aufbauarbeit des demokratischen Neubeginnes nach 40-jähriger Mißachtung des Selbstverwaltungsrechts zu bewältigen.

Die Bundesregierung hat deshalb seit 1990 mit finanzieller und personeller Hilfe dafür gesorgt, die kommunale Selbstverwaltung und die Infrastruktur in den neuen Ländern aufzubauen.

Die Kassen der ostdeutschen Gemeinden werden 1995 rund zur Hälfte durch westdeutsche Transferzahlungen gefüllt, 1991 machten die Transferleistungen noch drei Viertel der ostdeutschen kommunalen Haushalte aus.

4.3.4.1 Finanzielle Hilfen des Bundes

Nach der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland ist es Aufgabe der Länder, eine ausreichende Finanzausstattung der Kommunen sicherzustellen. 40 Jahre Substanzverzehr durch die Mißwirtschaft der früheren DDR haben dazu geführt, daß die östlichen Einkommen und die östliche Wirtschaft die Finanzierung der kommunalen Selbstverwaltung nicht gewährleisten konnten. Die Bundesregierung hat deshalb im Rahmen des Föderalen Konsolidierungsprogramms die Hauptlast der Sicherung der Finanzausstattung der neuen Länder und ihrer Kommunen übernommen. Grundpfeiler dieser Finanzhilfe durch den Bund ist der Fonds 'Deutsche Einheit', durch den die neuen Länder pro Jahr durchschnittlich 35 Mrd. DM erhielten. Dieser Fonds läuft 1994 aus. Ab 1995 werden die neuen Länder in den bundesstaatlichen Finanzausgleich einbezogen. Infolge der Beschlüsse zum Föderalen Konsolidierungsprogramm wurde der bundesstaatliche Finanzausgleich neu geordnet. Konkret: 1995 wird ein Transfervolumen von rd. 54,1 Mrd. DM die Finanzausstattung der neuen Länder und ihrer Gemeinden sichern.

Die Leistungen in Höhe von 54,1 Mrd. DM pro Jahr fließen entsprechend der Ordnung des Grundgesetzes an die einzelnen neuen Länder. Sie werden bereitgestellt, um auch die künftige Finanzausstattung der kommunalen Haushalte in den neuen Ländern abzusichern. Jetzt kommt es darauf an, daß die Städte, Gemeinden und Kreise in den neuen Ländern rechtzeitig wissen, mit welchen Finanzmitteln sie ab 1995 jährlich rechnen können. Deshalb ist es notwendig, wenn die zuständigen Landesregierungen so rechtzeitig wie eben möglich die Grundstrukturen ihrer Finanzausgleichsgesetze im engen Kontakt mit den Vertretern der Städte, Gemeinden und Kreise und der kommunalen Spitzenverbände erarbeiten.

Die Gesamttransferleistung von rd. 54,1 Mrd. DM in 1995 verteilen sich nach Vorausberechnungen wie folgt auf die einzelnen neuen Länder:

Berlin 8,555 Mrd. DM
Sachsen 14,278 Mrd. DM
Sachsen-Anhalt 8,905 Mrd. DM
Thüringen 8,196 Mrd. DM
Brandenburg 8,080 Mrd. DM
Mecklenburg-Vorpommern 6,124 Mrd. DM
Insgesamt 54,138 Mrd. DM

4.3.4.2 Verbesserung der kommunalen Infrastrukturen

Durch eine Vielzahl von Programmen des Bundes wurden die kommunalen Infrastrukturen in den neuen Ländern verbessert. Diese Investitionen waren pro Kopf wesentlich höher als in den alten Bundesländern und höher als in 40 Jahren Sozialismus insgesamt für diesen Bereich aufgewendet wurde. 1993 wurden z.B. in Sachsen ca. 2,5 Milliarden DM in den Verkehrsbereich investiert.

Mit 1.195 DM pro Einwohner investieren die Kommunen in den neuen Ländern rund doppelt soviel wie die westdeutschen Gemeinden. Die so geschaffene moderne Infrastruktur ist die wichtigste Voraussetzung dafür , daß zusätzliches privates Investitionskapital nachzieht.

4.3.4.3 Aufbau der Verwaltung

Für den Aufbau der Verwaltung in den Kommunen hat der Bund Programme der personellen Hilfe durchgeführt. Ende 1993 waren ungefähr 2100 westdeutsche Verwaltungshelfer in den Kommunen der jungen Ländern eingesetzt. Für diese personelle Verwaltungshilfe hat der Bund von 1991 bis 1994 rund 550 Millionen DM ausgegeben.

4.3.5 Kommunaler Finanzausgleich

Die Kommunen haben einen durch Grundgesetz und Landesverfassung begründeten Anspruch auf Selbstverwaltung und auf Ausstattung mit den hierfür erforderlichen Finanzmitteln, d.h. vom Länderanteil an dem Steueraufkommen fließt den Gemeinden ein jeweils vom Land durch Gesetz festgelegter Prozentsatz zu. Neben staatliche Zuweisungen des Landes für die Erfüllung der gemeindeeigenen Aufgaben sehen die Landesverfassungen Zuweisungen an die Gemeinden für die Wahrnehmung der übertragenen staatlichen Auftragsangelegenheit vor (Auftragsverwaltung).

Kommunaler Finanzausgleich heißt, daß die Gemeindeverbände (z.B. Kreise, Verbandsgemeinden, Samtgemeinden), die keine oder nur geringe eigene Steuerquellen haben, ihren Aufgaben entsprechend durch Umlagen anden Steuereinnahmen der Gemeinden zu beteiligen sind. Ab 1995 gilt auch in den neuen Ländern ein Landesfinanzausgleich, in den die Städte, Gemeinden und Kreise einbezogen sind. Die Übergangsfinanzierung durch den 'Fonds Deutsche Einheit' wird dann zu Ende gehen.

4.3.6 Mehr finanzielle Eigenverantwortung für die Kommunen

Der Bundestag hat auf Vorschlag der Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat mit verfassungsändernder Mehrheit beschlossen, die Garantie für die kommunale Selbstverwaltung in Art. 28 des Grundgesetzes zu stärken, indem die Grundlagen für die finanzielle Eigenverantwortung der Kommunen besonders geschützt werden. Im Sinne dieser Initiative ist es nun bedeutsam, die finanzielle Eigenverantwortung der Kommunen in der Praxis weiter zu stärken!

Dem Artikel 28 Abs. 2 des Grundgesetzes wird folgender Satz 3 angefügt: 'Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung'.

Die Kommunalpolitiker der CDU nehmen die erfolgreiche Initiative zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung im Grundgesetz zum Anlaß für erneute realistische Aktivitäten zur Stärkung der finanziellen Eigenverantwortung der Kommunen. Die anhaltenden kommunalen Sorgen und Anliegen kommen nämlich nicht nur aus der Fülle ihrer Aufgaben, sondern auch aus einem Defizit an finanzieller Eigenverantwortung.

Deshalb wird eine erneute Offensive für mehr finanzielle Eigenverantwortung der Kommunen gestartet. Ziele dieser Aktivitäten sind u.a.:

- Mehr eigenverantwortlich einsetzbare Finanzmittel statt Zweckdotationen!
- Mehr direkte Beteiligung an Steuereinnahmen statt Zuschußwesen!
- Mehr Privatisierung, wo dies möglich ist, insbesondere in Versorgungs- und Entsorgungsbereichen, um die öffentliche Verwaltung zu entlasten!
- Der Gebietsreform muß überall die Zuständigkeitsreform folgen, d.h. Zuständigkeit mit Finanzverantwortung so bürgernah wie möglich.

4.3.7 Mehr Investitionspauschalen, weniger Antrags- und Bewilligungsverfahren

- Die CDU tritt ein für mehr Investitionspauschalen anstelle von zahlreichen Zuschußtöpfen, an die die Kommunen nur mit besonderen Antrags- und Bewilligungsverfahren gelangen.

- Die Bundesregierung hat in diesem Bereich ein Beispiel gesetzt. Sie hat für die Kommunen in den neuen Ländern zweimal kommunale Investitionspauschalen bereitgestellt, zusammen in der Höhe von 6,5 Mrd. DM. Sie waren nachweislich ein großer Erfolg. Aus diesen Erfahrungen im Zusammenhang mit der deutschen Einheit sollten alle Verantwortlichen lernen.

- In diesem Zusammenhang sind besonders die Länder angesprochen, denn nach der Ordnung des Grundgesetzes bewilligen sie die meisten Zuschüsse. Investitionspauschalen, z.B. nach Einwohnerzahlen verteilt, stärken die Eigenverantwortung nach der jeweiligen Dringlichkeit vor Ort und verhindern 'Verführungen' zu Geldausgaben durch Zuschußprogramme. Das schließt nicht aus, daß bei einzelnen Großprojekten, z.B. im Verkehrsbereich, ein Schwerpunktzuschußverfahren bleibt.

4.4 Kommunale Kulturpolitik

Kommunen und Länder haben nach den Prinzipien von Föderalismus und Subsidiarität die Hauptzuständigkeit der öffentlichen Kulturförderung und können mit unterschiedlichen Akzentsetzungen ihr eigenes kulturelles Profil prägen.

Die CDU vertritt den Grundsatz, daß ein weitgestreutes und vielfältiges kulturpolitisches Engagement am besten geeignet ist, die Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt oder Gemeinde zu gewährleisten. Es erleichtert Integrationsprozesse, schafft Kommunikationsmöglichkeiten innerhalb der Bürgerschaft und besonders auch zwischen den Generationen, wirkt der Vereinsamung entgegen, vermittelt Freude, weckt Interesse und verhindert Langeweile.

Ziel unserer Kulturpolitik ist deshalb eine möglichst große Vielfalt der Angebote an den Bürger, unter denen er frei auswählen kann. Kulturelle Vielfalt lebt von der individuellen Entfaltung gesellschaftlicher Kräfte. Freie, private und kirchliche Träger und Initiativen gewährleisten am besten diese Vielfalt.

4.4.1 Kulturförderung durch den Bund in den neuen Ländern

Zur Erfüllung der aus Artikel 35 Einigungsvertrag folgenden Aufgabe hat das Bundeskabinett am 14. November 1990 und am 26. Februar 1991 eine 'Übergangsfinanzierung Kultur' für die neuen Länder und den Ostteil Berlins beschlossen und drei verschiedene Programme eingerichtet: das Substanzerhaltungsprogramm, das Infrastrukturprogramm und das Denkmalschutzsonderprogramm.

- Die Mittel des Substanzerhaltungsprogramms werden für die Förderung kultureller Einrichtungen und Veranstaltungen insbesondere von überregionalem, nationalem und europäischem Rang verwandt. Das Programm hat seinen Schwerpunkt bei Theatern, Orchestern und Museen.

- Das Infrastrukturprogramm dient dazu, kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen in den Gemeinden, Städten und Landkreisen in ihrer Substanz zu stabilisieren, strukturell zu modernisieren und regionale Benachteiligungen auszugleichen. Gefördert werden kulturelle Aktivitäten in den Bereichen darstellende und bildende Kunst, Musik, Literatur, Film und Medien, Bibliotheken, Museen und Sammlungen, Denkmalpflege, Jugend-, und Erwachsenenbildung, Soziokultur sowie Volkskunde und Landeskunde. Dabei lag ein Schwerpunkt im Bereich der Jugendkulturarbeit.

- Das Denkmalschutzsonderprogramm dient der Sicherung, Erhaltung und Restaurierung von unbeweglichen Kulturdenkmälern und wertvollen historischen Bauten (Einzelbauwerke).

Insgesamt hat der Bund von 1991 bis 1993 3,4 Mrd. DM für die Förderung des kulturellen Lebens in den neuen Ländern auszugeben. Hiervon entfallen speziell auf die Programme der Übergangsfinanzierung 2,6 Mrd. DM. Im Jahre 1994 wurden 250 Mio. DM für kulturelle Zwecke im Beitrittsgebiet aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR bereitgestellt.

Der Bund wird sich auch 1995 an der Kulturförderung in den neuen Bundesländern beteiligen. Von den 690 Mio. DM, welche dem BMI zur Kulturförderung 1995 zur Verfügung stehen, erhalten die neuen Ländern über 300 Mio. DM. Ein erheblicher Teil der finanziellen Leistungen erhält Sachsen, nach dem derzeitig gültigen Haushaltsentwurf 1995 werden Kultureinrichtungen im Freistaat Sachsen mit weit über 90 Mio. DM gefördert.

4.4.2 Städtebaulicher Denkmalschutz

Aus dem Programm Erhaltung und Wiederaufbau von Kulturdenkmälern mit besonderer nationaler kultureller Bedeutung wurden bis einschließlich 1993 275 Kulturdenkmäler mit insgesamt rund 192 Mio. DM unterstützt. In den neuen Ländern kommt die Sicherung und Wiederherstellung vom Verfall bedrohter Baudenkmäler hinzu. Neben der allgemeinen Denkmalpflege wurde in den Jahren 1991-1993 in den neuen Ländern der Denkmalschutz mit einem Sonderprogramm von 151 Mio DM, aus Mitteln des Infrastrukturprogramms mit 68,7 Mio DM und aus dem Kirchenbauprogramm mit rund 64 Mio DM besonders gefördert.

Für die Förderung von Maßnahmen des Städtebaulichen Denkmalschutzes wurden 1991 bis 1994 weitere 770 Mio. DM zur Verfügung gestellt.

4.5 Kommunale Sozialpolitik

Kommunale Sozialpolitik muß als Teil der Daseinsvorsorge im weitesten Sinne betrachtet werden. Sie erhält ihren Auftrag zur Sicherung und Gestaltung sozialer Lebenslagen aus dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes sowie einer Reihe von Sozialgesetzen mit Beteiligungsvorschriften der Kommune.

Ihre Aufgaben erstrecken sich von der Kinderbetreuung über die Eingliederungshilfe für Behinderte bis hin zu den Problemen und Prioritäten der Altenhilfe. Die Realisierung der Aufgaben erfolgt über dazu autorisierte Dienste, Träger und Fachkräfte.

4.5.1 Versorgung mit Kindergartenplätzen

Die derzeitige Versorgung mit Kindergartenplätzen in den alten und neuen Bundesländern ist den nachstehenden Tabellen zu entnehmen.

Tabelle 1:
Versorgungsquoten mit Kindergartenplätzen im früheren Bundesgebiet in Prozent


Schleswig-Holstein 51,8 61,6 61,8 63,2
Hamburg 49,1 65,2 53,6 60,0
Niedersachsen 53,9 62,1 64,0 65,2
Bremen 55,8 58,1 60,0 52,9
Nordrhein-Westfalen 59,6 66,2 62,1 57,5
Hessen 67,7 73,6 71,8 74,8
Rheinland-Pfalz 75,1 74,1 76,0 75,1
Baden-Württemberg 75,5 77,7 77,1 75,5
Bayern 61,9 67,0 68,8 66,9
Saarland 69,3 79,8 74,7 70,1
Berlin (West) 54,0 67,5 67,5 68,7

Insgesamt 63,1 69,0 67,9 66,6

Tabelle 2:
Versorgungsquoten mit Kindergartenplätzen in den neuen Ländern und Berlin (Ostteil) in Prozent
1989 1991 1992

Berlin/Ostteil 121,5 96,7 97,1
Brandenburg 111,5 93,7 93,4
Mecklenburg-Vorpommern 110,3 89,7 86,4
Sachsen-Anhalt 114,5 81,2 91,0
Sachsen 113,2 93,2 91,0
Thüringen 110,8 93,6 93,2

Insgesamt 113,0 91,1 91,6

Alle Länder stellen den kommunalen Gebietskörperschaften und den Trägern Mittel für den Kindergartenbereich zur Verfügung. Grundlage dafür sind in fast allen Ländern Ausführungsgesetze zum Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie entsprechende Richtlinien und Erlasse.

Durch das Schwangeren- und Familienhilfegesetz vom 27. Juli 1992 (BGB1. IS. 1398, 1400) wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1996 für jedes Kind ab Vollendung des dritten Lebensjahres ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz eingeführt.

Wie verschiedenen aktuellen Außerungen der Kommunalen Spitzenverbände zu entnehmen ist, sehen viele Städte und Kreise trotz der grundsätzlichen Befürwortung des Rechtsanspruchs Schwierigkeiten bei dessen Umsetzung im Hinblick auf die hohen Kosten, das Fehlen einer ausreichenden Anzahl von Erzieherinnen und Erziehern im Kindergartenbereich sowie die Probleme einer rechtzeitigen Fertigstellung einer ausreichenden Anzahl von Gebäuden.

4.5.2 Kommunale Krankenhäuser

Die Anbindung der einzelnen Krankenhausbudgets an die Entwicklung der Grundlohnsumme - wie im Gesundheitsstrukturgesetz beschlossen - ist ein geeignetes Mittel, um notwendige Strukturveränderungen einzuleiten. Die Kommunen haben erkannt, daß Krankenhäuser kostengünstiger arbeiten, wenn sie als Eigenbetriebe oder in privater Rechtsform geführt werden.

Sie nutzen zunehmend die Möglichkeit, durch Umwandlung ihrer Krankenhäuser, insbesondere in eine GmbH, bessere Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Betriebsführung zu schaffen.

Für die neuen Länder ist im Rahmen des Gesundheitsstrukturgesetzes ein Krankenhausinvestitionsprogramm geschaffen worden, an dem Bund, Länder und Krankenkassen beteiligt sind. Der Bund wird den neuen Ländern innerhalb dieses Programms in den Jahren 1995 bis 2004 eine jährliche Finanzhilfe von 700 Mio. DM zur Verfügung stellen, die auch den kommunalen Krankenhäusern zugute kommen.

4.6 Kommunen und Europa

Die CDU und die von ihr geführte Bundesregierung haben sich seit langem für eine Einbeziehung der Gemeinden und Gemeindeverbände in die Willensbildung der Europäischen Gemeinschaften eingesetzt. Durch den Vertrag über die Europäische Union wird nunmehr im Ausschuß der Regionen auch den Kommunen erstmals die Möglichkeit eingeräumt, ihre Belange unmittelbar in den Entscheidungsprozeß der Gemeinschaft einzubringen. Durch § 14 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 14.3.1993 ist sichergestellt, daß die Gemeinden und Gemeindeverbände auf Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände mit drei gewählten Vertretern in diesem Ausschuß repräsentiert sind.

5. Kulturpolitik

5.1 Grundlagen der CDU-Kulturpolitik

Die CDU bekennt sich zu dem besonderen Rang, den die Freiheit der Kunst im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland einnimmt. Wir sehen in ihr eine unabdingbare Voraussetzung für eine funktionsfähige Demokratie. Das kulturelle Leben eines Gemeinwesens ist ein wichtiger Gradmesser für seine Freiheit, seine Toleranz gegenüber Kritik und für seinen geistigen Reichtum.

Kultur ist Ausdruck der Identität aller Deutschen; sie ist seit Jahrhunderten durch regionale und kommunale Vielfalt geprägt. Die Kultur unserer Nation muß in ihrer unverwechselbaren Eigenart erhalten werden und sich fortentwickeln.

Die CDU sah sich immer verpflichtet, die kulturellen Gemeinsamkeiten, das geistige, künstlerische und geschichtliche Erbe der Nation lebendig zu erhalten. Kultur und ihre Epochen sind älter als die Grenzen, die sich in Europa in den letzten Jahrhunderten herausgebildet haben. Deutsche Kultur ist auch ein Teil der Geschichte der europäischen Nachbarländer. Zeugnisse deutscher Kultur finden sich in vielen Ländern Europas sowie die deutschen Kultureinflüsse der Kultur der Nachbarvölker in sich aufgenommen hat. Die Erinnerungen an deutsche Kultur in Mittel-, Ost- und Südosteuropa ist im geeinten Deutschland lebendig zu erhalten. Darüber hinaus besteht der bleibende Auftrag, zusammen mit unseren Nachbarn auch die deutsche Kulturtradition als Teil der großen europäischen Geschichte zu pflegen und als Baustein für eine europäische Friedensordnung zu sichern.

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich im Einigungsvertrag in Art. 35 ausdrücklich als Kulturstaat definiert. Damit ist nicht nur ein wesentlicher Bestandteil des Selbstverständnisses des wiedervereinigten Deutschlands bestimmt, sondern auch die Frage der angemessenen Organisation des Kulturstaates Deutschland als einer Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen gestellt. Im Einigungsvertrag heißt es:

'In den Jahren der Teilung waren Kunst und Kultur - trotz unterschiedlicher Entwicklung in beiden Staaten Deutschlands - eine Grundlage der fortbestehenden Einheit der deutschen Nation. Sie leisteten im Prozeß der staatlichen Einheit der Deutschen auf dem Weg zur europäischen Einigung einen eigenständigen unverzichtbaren Beitrag. Stellung und Ansehen eines vereinigten Deutschlands in der Welt hängen außer von seinem politischen Gewicht und seiner wirtschaftlichen Leistungskraft ebenso von seiner Bedeutung als Kulturstaat ab. Vorrangiges Ziel der auswärtigen Kulturpolitik ist der Austausch auf der Grundlage partnerschaftlicher Zusammenarbeit' (Art. 35 Einigungsvertrag).

Die Ausgaben des Bundes für die Kulturförderung sind in den Jahren 1978 - 1990 kontinuierlich angestiegen. Seit 1991 übernahm der Bund erhebliche Mehrbelastungen:

Ausgaben des Bundes zur Förderung von Kunst und Kultur innerhalb der Bundesrepublik Deutschland 1978 - 1994 (in Mio. DM, Abgrenzung BMF)

1978 240,438
1979 261,954
1980 305,546
1981 269,264
1982 343,163
1983 346,065
1984 356,053
1985 376,273
1986 406,813
1987 413,283
1988 431,302
1989 499,519
1990 590,950
1991 1.846,982
1992 1.706,379
1993 1.725,355
1994 1.092,844 (Soll)

Angaben: BMI, Januar 1994

5.2 Kulturelle Situation in den neuen Bundesländern

Der Bund fördert seit 1991 unter Bezug auf den Art. 35 des Einigungsvertrages in den neuen Bundesländern kulturelle Einrichtungen und Maßnahmen in einem erheblichen Umfang. Die Förderung erfolgt durch Zuweisungen an die Länder. In den Jahren 1991 bis 1993 sind insgesamt 3,3 Mrd. Mark an Kulturförderung des Bundes in die neuen Länder geflossen. Diese Maßnahmen bildeten einen wesentlichen Bestandteil der Bemühungen um die Herstellung der inneren Einheit. Die neuen Länder und die Kommunen gewannen dadurch Zeit für Strukturüberlegungen. Die Kulturförderung in den neuen Ländern hat folgende Schwerpunkte:

- Substanzerhaltung (Theater, Orchester, Museen),
- Infrastrukturverbesserung (kommunale Kultur, z.B. Musikschulen, Bibliotheken,
Jugendzentren),
- Denkmalpflege (Einzelbauwerke; Stadtensembles).

Die Bundesregierung stellte ferner in den Jahren 1991 bis 1992 den Kirchen für Baumaßnahmen in den neuen Ländern 80 Mio. DM zur Verfügung. Zur Förderung des ostdeutschen Films wurden in der letzten Legislaturperiode noch einmal 100 Mio. DM zur Verfügung gestellt.

Die Bundesförderung im Bereich der Kultur war sehr erfolgreich. Die Unterstützung hat trotz gravierender Wirtschafts- und Finanzprobleme in den neuen Ländern und trotz grundlegender organisatorischer Veränderungen mit dafür gesorgt, daß die in Jahrhunderten gewachsenen Kulturlandschaften erhalten wurden.

Die Bundesregierung hat entgegen ihrer ursprünglichen Verpflichtung die Förderung über das Jahr 1992 hinaus um zwei Jahre bis Ende 1994 verlängert und dies trotz einer angespannten Haushaltslage. In Abstimmung zwischen dem Bund und den neuen Bundesländern standen 1994 zusätzlich 250 Mio. Mark zur Kulturförderung bereit. Dieses Geld stammte aus dem sog. Parteivermögen der ehemaligen Blockparteien und Massenorganisationen der DDR. Kunst und Kultur hatten in der DDR sowohl eine staatlich geförderte Repräsentations- als auch eine begrenzt zugelassene Kritikfunktion. So haben die beachtlichen finanziellen Zuwendungen aus dem DDR-Staatshaushalt einerseits eine hohe kulturelle Erwartungshaltung bei den Bürgern in den neuen Bundesländern hinterlassen; diese hohe Erwartungshaltung steht jedoch im krassen Widerspruch zur realen, wirtschaftlichen und sozialen Leistungsfähigkeit der Landes- und Kommunalhaushalte. In diesem Spannungsverhältnis bewegen sich sowohl noch lange Zeit Kulturpolitik und Kulturverwaltung in den neuen Bundesländern.

Durch die Neuordnung des Bund-Länder-Finanzausgleichs ab 01. Januar 1995 und den damit verbundenen Verzicht des Bundes auf 7 Prozent des Aufkommens aus der Umsatzsteuer sowie durch die Ergänzungszuweisungen des Bundes erhalten die neuen Länder zusätzlich 56,3 Mrd. DM. Damit wurden die Voraussetzungen geschaffen, daß die neuen Länder noch stärker als bislang kulturpolitische Verantwortung übernehmen können.

Der Bund wird sich auch 1995 an der Kulturförderung in den neuen Bundesländern beteiligen. Von den 690 Mio. DM, welche dem BMI zur Kulturförderung 1995 zur Verfügung stehen, erhalten die neuen Länder (einschließlich Ost-Berlin) über 300 Mio. DM. Ein erheblicher Teil der finanziellen Leistungen erhält Sachsen. Nach dem derzeitig gültigen Haushaltsentwurf 1995 werden Kultureinrichtungen im Freistaat Sachsen mit weit über 90 Mio. DM gefördert.

5.3 Kulturförderung

5.3.1 Kulturförderung als öffentliche Pflichtaufgabe

Die Förderung von kulturellen Aktivitäten durch die öffentliche Hand ist in einer modernen demokratischen Gesellschaft Pflichtaufgabe eines Gemeinwesens, das sich ebenso sehr als Kulturstaat wie als Rechts- und Sozialstaat versteht. Letztendlich sind die kulturellen Werte und Orientierungen die Grundlage für unser demokratisches Staatswesen, das ohne Toleranz, schöpferische Kreativität und Austausch der Meinungen nicht denkbar ist. Die Kulturförderung ist demzufolge eine wichtige öffentliche Aufgabe.

Kulturförderung ist und bleibt eine öffentliche Pflichtaufgabe auch in den Zeiten knapper Kassen. Im Jahr 1993 haben der Bund, die Länder und die Kommunen rd. 15 Mrd. Mark für den Bereich Kultur ausgegeben.

Öffentliche Pflichtaufgabe bedeutet, daß eine Grundsubstanz der institutionellen Kultur öffentlich garantiert wird und die subsidiäre Förderung von freien kulturellen Initiativen und Projekten möglich ist. Subsidiäre Förderung setzt dort ein, wo die Bedeutung der Aufgabe die vorhandenen Möglichkeiten der Kommune übersteigt. Die öffentliche Pflichtaufgabe der Förderung der Kultur wird vor allem von den Städten, Gemeinden und Kreisen wahrgenommen, die den Hauptanteil aller öffentlichen Kulturausgaben erbringen. Die CDU setzt sich dafür ein, die Kulturetats der Länder und Kommunen besser auszustatten und für die Kontinuität der Kulturarbeit Sorge zu tragen. Die Bundesländer schaffen, soweit notwendig, die rechtlichen Grundlagen der Förderung von Kunst und Kultur. Inhaltliche Eingriffe des Gesetzgebers oder der staatlichen Verwaltungen im Zusammenhang mit der Gewährung von Zuschüssen verbieten sich von der Sache her.

Die Bundesregierung hat in ihrem Bericht zur Zukunftssicherung des Standortes Deutschland ausdrücklich Kunst und Kultur als maßgebliche Faktoren für die Attraktivität des Standortes Deutschland betont. Die Kulturförderungsmittel des Bundesinnenministeriums sind von 1982 bis 1990 von 343 Mio. DM auf rd. 591 Mio. DM gestiegen und haben sich damit fast verdoppelt. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands hat der Bund aus gesamtstaatlicher Verantwortung drei Jahre lang zusätzlich erhebliche Mittel für die Übergangsfinanzierung der Kultur in den neuen Ländern bereitgestellt. In diesen Jahren stiegen die Kulturausgaben dadurch nochmals beträchtlich: 1991 auf 1,847 Mrd. DM, 1992 auf 1,706 Mrd. DM und 1993 auf 1,725 Mrd. DM. Behauptungen der SPD, der Bund spare in Sachen Kultur, sind daher wissentlich falsch. Der Bund ist seiner Aufgabe, Kulturförderung zu betreiben, gerecht geworden. In der Pflicht sind nun vor allem die Länder, ihren durch die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs erweiterten finanziellen Spielraum auch für die Kulturfinanzierung zu nutzen. Künftig soll die Kulturförderung des Bundes 690 Mio. Mark jährlich bis einschließlich 1998 betragen.

Die Bundesregierung wird - wie bisher - auch künftig folgende Kategorien kultureller Einrichtungen fördern: Einrichtungen, die im Eigentum des Bundes stehen oder überwiegend von ihm finanziert werden. Einrichtungen, deren Förderung auf einer vertraglichen Grundlage beruhen, nämlich die Forschung in sechs großen Museen und die Kulturstiftung der Länder. Einrichtungen, die gesamtstaatliche Bedeutung haben. Der Bund wird sich auch 1995 dauerhaft an ausgewählten Kultureinrichtungen von nationaler Bedeutung in den neuen Ländern beteiligen (sog. 'Leuchtturmprogramm'). Berlin steht auch 1995 an der Spitze der Länderanteile aus dem Kulturhaushalt des Bundes. Allein für die in Berlin ansässige Stiftung Preußischer Kulturbesitz sind 1995 rund 236,7 Mio. DM vorgesehen.

5.3.2 Kommunale Kulturförderung

Neben den Ländern sind vor allem die Kommunen für die Kulturförderung verantwortlich. Daten zu Kulturfinanzierung der Gemeinden werden vom Deutschen Städtetag durch eine eigene Erhebung jeweils in einem zweijährigen Rhythmus vorgelegt. Die derzeit aktuellen verfügbaren Angaben beziehen sich auf das Berichtsjahr 1991. In den Erhebungen des Städtetages werden nur Kommunen ab 20.000 Einwohnern einbezogen. Vier Fünftel aller gemeindlichen Kulturausgaben sind damit erfaßt. Die Etats der Stadtstaaten bleiben wegen möglicher Verzerrung durch Länderaufgaben ausgeklammert.

Insgesamt gaben die westdeutschen Städte und Gemeinden für Kulturpflege 1991 5,44 Mrd. DM aus (incl. der Landes- oder Bundeszuschüsse). Darauf entfielen auf die Bereiche

Theater (einschl. Musiktheater) 34,7 %
Orchester 4,4 %
Musikschule und sonstige Musikpflege 11,4 %
Bibliotheken 12,4 %
Volkshochschulen 10,5 %
Museen 13,7 %
Kulturverwaltung 4,2 %
sonstige Kulturpflege 8,7 %

Die kommunalen Kulturetats sind seit 1989 kontinuierlich angestiegen, insgesamt um 16 %. Damit bestätigt sich ein Trend, der schon beim 10-Jahresvergleich von 1979 - 1989 zu verzeichnen war, dort lag der Durchschnitt um 16,4 %. Bei der Betrachtung der Kostendeckungsgrade städtischer Gebührenhaushalte des Jahres 1992 fällt auf, daß insbesondere kulturelle Einrichtungen der Kommunen defizitär arbeiten:

Kostendeckungsgrad von

- Musikschulen 29,5 %
- Volkshochschulen 25,2 %
- Theater 11,3 %
- Museen 8,5 %
- Büchereien 2,5 %

(Quelle: Gemeindefinanzbericht 1994 des Deutschen Städtetages)

Der Deutsche Städtetag hat im Juni 1994 ein Thesenpapier 'Perspektiven für die Theater und Orchester in öffentlicher Verantwortung' vorgelegt. Darin heißt es: 'Der Deutsche Städtetag appelliert an die Städte, sich gegenüber den Bemühungen um Kostenbegrenzungen bei den Theatern und Orchestern solidarisch zu verhalten und nicht Versuchungen zu Profilierungen um jeden Preis nachzugeben. Auch wenn eine sachliche Betrachtung der Theater- und Orchesterkosten in Relation zu den öffentlichen Gesamthaushalten wie den Kulturhaushalten geboten ist, können auch die Bühnen nicht unberührt von den Tatsachen bleiben, daß diese öffentlichen Haushalte in der derzeitigen Höhe nicht mehr finanzierbar sind. Der Städtetag ruft die Bühnen auf, ihre Tarifverträge zu überdenken und künftig flexibler und wirtschaftlicher zur arbeiten.

Die Problematik der Finanzierung von städtischen Theatern wir an folgenden Beispielen deutlich:

5.3.3 Kulturförderung in Form privater Initiative

Die Kulturförderung durch private Mäzene ergänzt die öffentliche Kulturförderung. Sie schafft zusätzliche Lebendigkeit, Vielfalt, Sensibilität und Bereicherung in der Kultur. Die Förderung der Kultur durch Private besitzt in Deutschland eine lange und gute Tradition.

Diese zeigt, daß die Förderung der Kultur durch Private zu einem fruchtbaren Dialog zwischen Kulturschaffenden und ihren Förderern führen kann, der ein Gewinn für die gesamte Gesellschaft bedeutet.

Kultur lebt wesentlich vom freiwilligen Engagement, von privater Initiative und damit vom lebendigen individuellen Interesse. Das Mäzenatentum der Bürger muß geweckt und ermutigt werden. Durch eine kulturfreundliche Gestaltung des Stiftungs- und Steuerrechts muß die Kulturförderung durch Privatpersonen daneben attraktiv gemacht werden. Die Kultur unseres Landes würde sich nicht entfalten können, wenn sie auf das beschränkt bliebe, was ihr durch die Mittel öffentlicher Finanzzuweisungen ermöglicht wird.

Neue Formen der Kulturförderung durch die Wirtschaft ('Sponsorchip') bieten die Chance zum Dialog zwischen Kultur und Wirtschaft. Ein solcher Dialog ist für die Gestaltung der Zukunft unserer Gesellschaft von großer Bedeutung. Wer die private Förderung der Kultur durch die Wirtschaft reglementieren will, wird den freiheitlichen Dialog zwischen Kultur und Wirtschaft und damit ein mögliches Kunstbündnis von Wirtschaft, Kultur und Geist verhindern.

Die CDU hat auf Bundesebene dazu beigetragen, die Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur zu optimieren. Diese Rahmenbedingungen wurden insbesondere durch mehrfache Veränderungen des Steuerrechts verbessert, vor allem durch das Stiftungs- und Kulturförderungsgesetz vom 13. Dezember 1990, durch das die steuerlich begünstigten Möglichkeiten der privaten Förderung von Kunst und Kultur und der Errichtung kulturfördernder Stiftungen erheblich ausgeweitet wurden. Die Koalitionsparteien haben sich darauf verständigt, daß zur Aktivierung privater Initiative das Stiftungsrecht weiterentwickelt werden soll (vgl. Koalitionsvereinbarung für die 13. Legislaturperiode, V.4 Kultur fördern).

5.3.4 Freie Kulturarbeit

Neben dem herkömmlichen Kulturangebot hat heute die freie Kultur ihren festen Platz im kulturellen Leben der Gemeinden. Die vielfältigen freien Gruppen und Initiativen, besonders auch in den Bereichen Theater, Musik und Soziokultur, sind längst zu einer allgemein anerkannten und förderungswürdigen weiteren Kultursparte entwickelt. Zusammen mit den etablierten Kultureinrichtungen schaffen sie ein reiches und lebendiges Kulturleben, das in seiner Breite den Bedürfnissen einer pluralistischen Bevölkerung entspricht.

Freie Gruppen leben vom Wandel und der kulturellen Innovation, vom Gegenteiligen und Gegensätzlichen. Sie bewirken mit, daß neue Wege beschritten werden. Freie Kulturinitiativen und Kulturträger (Jazz- und Rockgruppen, Frauengruppen, Chöre, Kunst- und Traditionsvereine, Theatergruppen, künstlerische und literarische Werkkreise, Literatur- und Geschichtswerkstätten sowie ausländische Kulturgruppen) wollen mit ihrer Arbeit zu eigener kreativer Betätigung aber auch zur Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Problemen anregen. Sie erreichen durch neue künstlerische Mittel neue Zielgruppen. Insbesondere finden viele Kinder und Jugendliche hier einen ersten ihnen gemäßen Zugang zu kulturellem Erleben und eigenem kreativem Schaffen. Aber auch Senioren, Frauen, ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie Arbeitslose werden mit entsprechenden Veranstaltungen gezielt angesprochen und zu eigenen kulturellen Projekten angeregt. Auch in Sozialeinrichtungen sollte professionelle Kulturarbeit stattfinden.

Da freie Kulturarbeit vom Wandel und der Erneuerung lebt, empfehlen sich flexible Föderungsmaßnahmen für einzelne Gruppen. Kommunen sollten ihre Förderung gezielt einzelnen Projekten freier Träger zukommen lassen.

Eine zweite, für das kommunale Kulturleben der Zukunft ebenso wichtige Form der Unterstützung von freien Gruppen besteht in der Bereitstellung von Räumlichkeiten. Denn kulturelle Betätigung braucht Räume. Ohne Treffpunkte und Unterstützug durch die Kommunen können freie Gruppen auf Dauer nicht existieren.

Für die Kommunen zählen 'Zentren' für die freie Kultur zu den Kultureinrichtungen neuer Art. Ihre Existenz sichert Vielfalt und Lebendigkeit des kulturellen Lebens in unseren Gemeinden. Beispielsweise können ungenutzte Industriebauten oder leerstehende Gebäude auf diese Weise mit neuem Leben erfüllt werden.

Viele Projekte der freien Kulturarbeit fordern die Kommune heraus, ihre Arbeit nicht nur ideell mitzutragen, sondern auch mitzufinanzieren. Unser Ziel sollte dabei eine anteilige Finanzierung sein, weil dadurch die Möglichkeit zur kontinuierlichen Arbeit über längere Zeiträume hinweg gegeben ist.

Kommunen können auch ohne großen Personal- und Sachkostenaufwand wichtige Hilfestellung leisten, indem sie durch den Nachweis von Räumen, Werkstätten, Probe- und Aufführungssälen, durch Vermittlung von Auftritten, durch Ausleihe von Beleuchtungs- und Beschallungsanlagen, durch Hilfe bei der Beschaffung von Kostümen und Dekorationen, durch Hilfe bei der Organisation und Finanzierung, beim Abfassen von Anzeigen und allen Verwaltungsaufgaben kulturelle Aktivitäten fördern.

Ausfallbürgschaften ermöglichen vielen Gruppen erst ihre Auftritte. Künstler, Chöre und ähnliche Kulturträger der Gemeinden sollten rechtzeitig in alle Planungen einbezogen werden. Hierzu könnte die Einrichtung von Kunstkommissionen und Kulturbeiräten dienen.

5.4 Kulturelle Weiterbildung

Die CDU tritt für eine Stärkung der kulturellen Bildung ein. Die Intensivierung der Kinder- und Jugendbildung muß künftig ein neuer Schwerpunkt der Kulturpolitik sein. Die CDU erkennt die Kulturarbeit, die für Jugendliche häufig von Ehrenamtlichen in Vereinen und Verbänden geleistet wird, nachdrücklich an. Die Bildungsarbeit für Kinder und Jugendliche ist in den vorhandenen Einrichtungen weiter auszubauen. Museen und Theater müssen durch Zusammenarbeit und Austausch mit den Jugendverbänden in die Lage versetzt werden, Kinder und Jugendliche gezielt anzusprechen und museums- und theaterpädagogische Angebote zu unterbreiten. Die musikale Früherziehung in den Musikschulen ist ebenso förderungswürdig wie die Arbeit der Jugendkunstschulen.

Weiterbildung ist umfassend zu verstehen; sie darf sich nicht nur auf einen Teilbereich beschränken. Die Forderung nach Integration verschiedener Weiterbildungsbereiche bedeutet für die CDU, daß beispielsweise Angebote beruflicher Weiterbildung auch ergänzt werden durch allgemeinbildende, politische oder musisch-kulturelle Weiterbildungsangebote. Das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft hat in der letzten Legislaturperiode Projekte der kulturellen Weiterbildung in den neuen Ländern mit über 7,6 Mio. DM gefördert. Die CDU befürwortet ein breites Spektrum an kultureller Weiterbildung. Musisch-kulturelle Weiterbildung stärkt Kreativität, Individualität, Innovationskraft und steigert die Lebensqualität. Musisch-kulturelle Weiterbildung setzt auf Kooperation mit öffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Aktivitäten und Initiativen.

Nur eine geringe Zahl der in der Kulturverwaltung und praktischer Kulturarbeit Tätigen haben eine spezielle Ausbildung für ihre differenzierten Aufgaben. Die einen sind Verwaltungsfachleute, die ihr Wissen um Kultur ihrem persönlichen Engagement verdanken, aber häufig gern mehr erfahren würden. Die anderen haben ihr Studium in einem bestimmten Bereich der Kunst abgeschlossen und müssen sich mühsam Managementqualitäten aneignen. Je knapper die Ressourcen für Kultur werden, um so dringender ist eine umfassende Qualifizierung gefordert.

Hier liegt eine wichtige Aufgabe für einzelne Kommunen oder Regionen. Gefragt ist kulturelle Weiterbildung und Weiterbildung im Kulturmanagement auf unterschiedlichen Stufen, in Zusammenarbeit mit Weiterbildungseinrichtungen, Unternehmen oder Hochschulen.

5.5 Auswärtige Kulturpolitik

Stellung und Ansehen der Bundesrepublik Deutschland in der Welt hängen nicht allein von ihrem politischen Gewicht und ihrer wirtschaftlichen Leistungskraft ab, sondern auch von ihrer kulturellen Präsenz im Ausland sowie von der Bereitschaft zum internationalen kulturellen Austausch. Auswärtige Kulturpolitik soll ein wirklichkeitsnahes Bild vom Leben und Denken in unserem Lande vermitteln und das Verständnis von Deutschland und die Kenntnis der deutschen Sprache in der Welt fördern. Sie ist damit Sympathiewerbung für unser Volk und für unseren demokratischen Staat.

Der kulturelle Dialog mit anderen Nationen ermöglicht ein gegenseitiges Geben und Nehmen und leistet einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung und zum Frieden. Die CDU betrachtet deshalb den Kulturaustausch als einen Bereich der Außenpolitik, der in den politischen und wirtschaftlichen Beziehungen gleichrangig ist.

Die CDU tritt dafür ein, daß die Reformstaaten in Mittel- und Osteuropa sowie die Nachfolgestaaten der UdSSR als gleichberechtigte Partner in die auswärtige Kulturpolitik einbezogen werden. Es geht darum, die Defizite, die sich aus der Abgrenzung der ehemaligen Ostblockstaaten ergeben hatten, abzubauen. Die CDU plädiert dafür, die Einrichtung bilingualer Schulen voranzutreiben, bei Stipendiumprogrammen, in der Wissenschaftskooperation und im Bereich von Bildung und Ausbildung ist schrittweise ein Gleichgewicht in der auswärtigen Kulturpolitik herzustellen. Von erheblicher Bedeutung ist dabei die Ausweitung des Zweigstellennetzes des Goethe-Instituts (bisher 150 Zweigstellen). Nach der politischen Wende wurden in Mittel- und Osteuropa neue Goethe-Institute gegründet. Zweigstellen des Goethe-Institutes existieren in Moskau, Warschau, Krakau, Prag, Preßburg und Riga. 1993 wurden in Kiew, Minsk und St. Petersburg Zweigstellen eröffnet. In Almaty konnte die Arbeit zum 01. Juni 1994 aufgenommen werden, und im Jahr 1994 wurde die Eröffnung eines Instituts in Tiflis vorbereitet.

Deutschland ist Teil der europäischen Kulturgemeinschaft. Die Völker Europas haben in der Offenheit füreinander sich gegenseitig befruchtet und ihre kulturelle Eigenart entwickelt. Wir wollen das friedliche Miteinander der unterschiedlichen Kulturen Europas und in der Welt fördern. Die CDU begrüßt die kulturpolitschen Initiativen der EU (Kulturpolitik der EU). Hierbei ist jedoch notwendig, daß auch im Bereich der Kultur der Grundsatz der Subsidiarität voll respektiert wird.

5.5.1 Kulturförderung in Osteuropa für deutsche Minderheiten

Die CDU tritt für die Erhaltung und Bewahrung des kulturellen Erbes der früheren deutschen Gebiete und Siedlungsgebiete im Osten ein. Die Initiativen des Bundesministeriums des Innern und des Auswärtigen Amtes für die kulturellen Belange der vier Millionen Deutschen in Osteuropa werden von der CDU nachhaltig befürwortet.

Die Förderungsschwerpunkte der Bundesregierung lagen 1994 erneut bei der kulturellen Breitenarbeit, der Wissenschaft und der Sicherung des Kulturgutes. 1994 wurden deshalb für die kulturelle Förderung der deutschen Minderheiten insgesamt 30 Mio. Mark angesetzt, davon etwa 17 Mio. Mark alleine für 162 Programmlehrer sowie 30 Fachberater und Fachbetreuer, die in Minderheitengebieten arbeiten; ferner zwölf Mio. Mark für die sonstige Förderung von Kulturprojekten und Sprachprojekten zugunsten der deutschen Minderheit.

5.5.2 Kulturpolitik der Europäischen Union (EU)

Der Vertrag von Maastricht hat auch der europäischen Kulturpolitik eine neue Grundlage gegeben. So heißt es in Art. 128 Abs. 1: 'Die Gemeinschaft leistet einen Beitrag zur Entfaltung der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes.'

Im Rahmen der kulturpolitischen Aktivitäten der EU geht es unter den Aspekten der Wirtschafts- und Sozialpolitik um die Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Situation der Künstler sowie um die Entwicklung einer europäischen 'Kulturindustrie' angesichts des Binnenmarktes. Vor diesem Hintergrund geht es vor allem um Fragen der nationalen Subventionierung und der Besteuerung von Kulturproduktionen und -gütern, um Urheberrechte, Leistungsschutz und die soziale Absicherung von Kulturschaffenden. Thematische Schwerpunkte gemeinschaftlicher Kulturpolitik sind darüber hinaus die Förderung der audiovisuellen Industrie, Aus- und Weiterbildung im kulturellen Bereich und der kulturelle Dialog mit außereuropäischen Staaten, so u.a. mit den AKP-Staaten im Rahmen des Lomé-Abkommens (vgl. Art. 128 Abs. 2 u. 3 des Maastrichter Vertrages).

Seit Anfang der 90er Jahre hat die EU folgende Kulturprojekte bzw. -aktivitäten gefördert:

- Konzerte europäischer Orchester (Jugend, Barock, Jazz),
- die berufliche Fortbildung junger Kulturschaffender,
- die Erhaltung des kulturellen Erbes (u.a. Erhalt der Akropolis),
- die Entwicklung von und Ausbildung in Konservierungstechniken (u.a. im Handwerkszentrum Venedig),
- finanzielle Beteilung an der Aktion 'Europäische Kulturhauptstadt' (1995: Luxemburg), in deren Rahmen der Europäische Preis für die beste literarische Übersetzung und der Europäische Filmpreis vergeben wird.

5.6 Soziale Sicherung der Künstler

Zu den Rahmenbedingungen von Kunst und Kultur gehört auch die soziale Sicherung der Künstler. Selbständige Künstler und Publizisten sind aufgrund des Künstlersozialversicherungsgesetzes für ihr Alter, den Eintritt von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und für den Krankheitsfall abgesichert. Durch das Gesetz zur finanziellen Sicherung der Künstlersozialversicherung aus dem Jahre 1987 und insbesondere durch das Gesetz zur Anderung des Künstlersozialver-sicherungsgesetzes aus dem Jahre 1988 ist die Struktur der verbessert und konsolidiert worden. Die Künstlersozialversicherung ist heute ein allgemein anerkannter und nicht mehr wegzudenkender Teil des deutschen Sozialversicherungssystems. Ende 1993 waren insgesamt rd. 65.000 Personen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz versichert. Dazu gehörten fast 7.000 Versicherte aus den neuen Bundesländern; für sie ist durch die Übergangsgesetzgebung ein nahtloser Übergang aus der Sozialversicherung der ehemaligen DDR in das Versicherungssystem des Künstlersozialversicherungs-gesetzes erreicht worden. Für 1994 wird mit einem weiteren Anstieg der Versichertenzahl auf mehr als 70.000 Personen gerechnet.

In die am 01. Januar 1995 beginnende Pflegeversicherung sind die selbständigen Künstler und Publizisten uneingeschränkt einbezogen. Die dafür notwendigen finanziellen Mittel werden - wie auch sonst in der Künstlerversicherung - je zur Hälfte von den Versicherten und von den abgabepflichtigen Unternehmen sowie vom Bund aufgebracht.

6. Sportpolitik

6. 1 Grundsätze der CDU-Sportpolitik

Die CDU mißt dem Sport hohe gesellschaftspolitische Bedeutung zu. Sie will diese Bedeutung im Bewußtsein der Öffentlichkeit stärken und den Sport vielfältig fördern, damit sein Wert für die Gesellschafts-, Bildungs- und Gesundheitspolitik mehr als bisher anerkannt wird.

Sport ist ein wichtiger Beitrag zur Gesundheitsvorsorge. Er wirkt den Folgen des Bewegungsmangels entgegen und fördert gesundheitsgerechtes Verhalten weit über die unmittelbare sportliche Betätigung hinaus.

Durch vernünftige Sportausübung können gesundheitliche Risikofaktoren verringert und zugleich die Kosten im Gesundheitswesen gedämpft werden. Sportärztliche Vorsorgeuntersuchungen sollen sportwilligen Bürgern und Bürgerinnen die Wahl der für sie am besten geeigneten Sportart erleichtern.

Grundlagen für lebenslanges Sporttreiben sollen früh gelegt, und der Wunsch nach sportlicher Freizeitgestaltung soll dauerhaft gefestigt werden. Möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern muß der Zugang zu den vielfältigen Formen des Sports eröffnet werden.

Träger des Sports sind Vereine und deren Organisationen, die ihre Aufgaben in freier Selbstverwaltung überwiegend ehrenamtlich leisten. Die Sportvereine wirken gesellschaftlich integrierend und sind Teil der kommunalen Kultur; ihre Arbeit dient dem Gemeinwohl und ist deshalb öffentlich zu fördern.

Für die CDU sind Unabhängigkeit und Selbstverantwortung des Sports Grundsätze partnerschaftlicher Sportpolitik.

Zur ganzheitlichen Erziehung des Menschen gehört neben der Entwicklung geistiger, seelischer und musisch-kultureller Fähigkeiten auch der Sport. Bewegungserziehung im Vorschulalter sowie Sport an Schule und Hochschule sind wichtiger Bestandteil der Erziehung junger Menschen. Hier können Grundlagen für sportliche Betätigung und aktive Freizeitgestaltung bis ins Alter gelegt werden.

Die CDU fordert daher die tägliche Bewegungszeit bzw. Sportstunde in Kindergarten und Schule und tritt für ein differenziertes Sportangebot an der Hochschule ein.

Wesentliches Merkmal des Sports ist der Leistungsgedanke. Dies gilt nicht nur im Spitzensport. Die Sportbewegung ist eine Einheit, ihre Grundlage ist der Breitensport. Der Spitzensport regt mit seiner Vorbildfunktion zur Sportausübung an. Die CDU bekennt sich zum Leistungsprinzip auch im Sport. Sie will Breiten- und Spitzensport angemessen fördern. Der Breitensport soll jedem Bürger die Möglichkeit bieten, nach seinen Neigungen und Fähigkeiten Sport zu treiben. Die Förderung des Spitzensports dient auch der Repräsentation des Landes; sie muß unseren Athleten und Athletinnen international gleiche Chancen ermöglichen. Beim Streben nach sportlicher Leistung müssen die ethischen und moralischen Grundsätze des Sports gewahrt werden.

6.2 Breitensport

Unsere Gesellschaft wandelt sich. Die sich verändernden Lebensverhältnisse wirken sich auch auf den Sport aus; er ist Spiegelbild der Gesellschaft. Sportliche Inhalte ändern sich deshalb ebenso wie Struktur und Organisation des Sports. Zwischen den nachgefragten Sportarten gibt es Schwerpunktverlagerungen. Nicht alle, die gerne Sport treiben, möchten dies auch in einem Verein tun. Neue Angebote sind auf dem Markt; Sport wird auch vermarktet. Neben die Wettkampforientierung treten Fitness und Gesundheitsbewußtsein. Kommunikation wird wichtiger als die Pflege individueller Werte. Der Konsumgedanke überlagert traditionelle Werte.

Sport für alle bedeutet nicht, daß alle Sport treiben müssen. Alle sollten aber den Sport ihrer Wahl, auch in der Form des Wettkampfs, betreiben können. Dieser Wandel des Sports muß von der Sportpolitik berücksichtigt werden. Ihr kommt es nach dem gewachsenen Verständnis der Aufgabenteilung zwischen Staat und Sport zu, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß 'Sport für alle' möglich wird. Alle müssen in ihrem Lebensumfeld den Sport finden können, der ihren sportlichen und materiellen Möglichkeiten gerecht wird.

Für Sportwillige muß ein breitgefächertes Angebot zweckmäßiger Sportanlagen - möglichst in Wohnnähe - erreichbar sein. Aus öffentlichen Mitteln finanzierte Sportanlagen sollen prinzipiell kostenlos genutzt werden können. Der Sportstättenbau der Vereine muß durch Zuschüsse für Investitionen und Folgekosten gefördert werden.

6.2.1 Sportvereine

Rund 24 Millionen Bürger und Bürgerinnen sind Mitglieder in den 80.000 Sportvereinen unseres Landes. Sportvereine erfüllen einen wichtigen Auftrag in unserem Gemeinschaftsleben. Die CDU setzt sich daher dafür ein, daß die gemeinnützigen Sportvereine in der Lage sind, den selbstgestellten Aufgaben und den in sie gesetzten Erwartungen zu entsprechen.

DIE CDU FORDERT:

- Den uneigennützigen und ehrenamtlichen Einsatz in den Vereinen mehr als bisher zu würdigen und zu fördern.

- Die Anstellung von haupt- und nebenamtlichen Kräften bei den Vereinen zu unterstützen sowie verstärkt Sportfachkräfte bei den Sport- bzw. Jugendämtern einzustellen.

- Sportangebote für Familien und Altere.

- Durch öffentliche Zuschüsse sozial gestaffelte und dennoch für die Sportvereine angemessene Mitgliedsbeiträge zu ermöglichen.

- Die Vereine von bürokratischen Hemmnissen zu befreien.

- Kommunale Sportanlagen den Vereinen grundsätzlich mietfrei zu überlassen.

- In Wohngebieten bestehende Sportanlagen in ihrem Bestand zu sichern und die Errichtung neuer Anlagen auch künftig zu ermöglichen, gegebenenfalls unter Einbeziehung von Lärmschutzanlagen.

- Die örtlichen Sportorganisationen in allen sportrelevanten Fragen anzuhören und wie Träger öffentlicher Belange zu behandeln.

- Daß Gemeinden und Sportorganisationen gemeinsam Breitensportförderprogramme erarbeiten und umsetzen.

6.2.2 Entwicklung des organisierten Sports in Deutschland

Die große Bedeutung nach Entwicklung des organisierten Sports zeichnet sich in folgenden Vergleichszahlen ab:

Der Deutsche Sportbund hatte
1950 3.204005 Mitglieder
und 1993 24.372316 Mitglieder

Das bedeutet eine knapp achtfache Zunahme in den vergangenen 32 Jahren. Die Zahl der Sportvereine hat sich im gleichen Zeitraum vervierfacht.

Sie betrug 1950 19.874
und war 1993 auf 81.071
angestiegen.

Der Zuwachs, der im letzten Jahrzehnt kontinuierlich jährlich rund eine halbe Million betragen hat, hält unvermindert an. Für das Jahr 1993 konnten sogar 720966 neue Mitglieder registriert werden. Der Deutsche Sportbund hat auf seinem Bundestag im November 1992 in Berlin aber auch deutlich gemacht, daß es trotz dieser positiven Entwicklung schwierige Probleme zu bewältigen gibt:

1. Der Konkurrenzdruck von außen, vor allem durch kommerzielle Sportanbieter, wird weiter zunehmen.

2. Die Bereitschaft zu ehrenamtlicher Mitarbeit läßt nach.

3. Das bislang so positive Bild des Sports in der Öffentlichkeit hat durch Fehlentwicklung wie das Doping im Spitzensport Schaden genommen.

4. Große Sorge bereitet die Sportentwicklung in den neuen Bundesländern: Den Vereinen fehlt es an Geld, Mitarbeitern und ausreichenden Möglichkeiten, kommunale Sportanlagen zu benutzen. Der Organisationsgrad im Sport ist in den neuen Ländern viermal so gering wie in den alten Ländern.

Wie die Mitgliederstärke in den einzelnen Sportfachverbänden ist, zeigen die nachstehenden Tabellen+).
Sie zeigen aber auch verblüffende Entwicklungen in den einzelnen Sportarten. Einige Fachverbände sogenannter 'olympischer Kernsportarten' stagnieren oder verbuchen sogar leichte Rückgänge. Dagegen florieren 'Spaß-Sportarten' wie Tennis, Golf, Reiten, Tanzen, Segeln oder Badminton.

Die Größten:

1 (1) Deutscher Fußball-Bund 5.427.911
2 (2) Deutscher Turner-Bund 4.440.972
3 (3) Deutscher Tennis-Bund 2.332.074
4 (4) Deutscher Schützenbund 1.468.809
5 (5) Deutscher Leichtathletik-Verband 860.786
6 (6) Deutscher Handball-Bund 827.768
7 (7) Deutscher Tischtennis-Bund 763.658
8 (8) Deutscher Skiverband 684.254
9 (10) Deutsche Reiterliche Vereinigung 645.142
10 (9) Deutscher Schwimm-Verband 632.770

6.2.3 Vereinsförderungsgesetz

Das Vereinsförderungsgesetz, das auf Initiativen der CDU basiert, ist bestimmt von zwei Zielsetzungen: Weniger Steuern und weniger Arbeit für die Vereine. Letzteres insbesonders auch deshalb, um die Arbeit der meist ehrenamtlichen Vorstände und Kassierer in den kleinen und mittleren Vereinen zu entlasten.

Seit 1990 brauchen über 90 Prozent der gemeinnützigen Vereine keine Körperschaft- und Gewerbesteuer mehr zu zahlen.

Durch das Vereinsförderungsgesetz wurde eine neue Zweckbetriebsgrenze für sportliche Veranstaltungen - also nur für Sportvereine - eingeführt. Zweckbetrieb bedeutet, daß keine Körperschaft- und Gewerbesteuer gezahlt werden und der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent bei der Umsatzsteuer anzuwenden ist.

Sportliche Veranstaltungen sind grundsätzlich ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb, wenn die Einnahmen daraus nicht höher sind als insgesamt 60.000 DM im Jahr. Zu den maßgeblichen Einnahmen gehören nur die Einnahmen aus der reinen sportlichen Betätigung. Das sind z.B. Eintrittsgelder bei Spielen, Zahlungen für Übertragungen im Rundfunk oder Fernsehen, Startgelder, Lehrgangsgebühren und Ablösezahlungen. Nicht dazu zählen insbesondere Einnahmen aus dem Verkauf von Speisen und Getränken und für Werbung bei den Veranstaltungen. Diese Tätigkeiten sind gesonderte steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe.

Wenn die Einnahmen aus den sportlichen Veranstaltungen des Vereins höher sind als 60.000 DM im Jahr, liegt ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Das bedeutet, daß bei der Umsatzsteuer der allgemeine Steuersatz von derzeit 14 v.H. anzuwenden ist und daß der Verein den Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben ermitteln und gegebenenfalls versteuern muß. Meistens erzielen die Sportvereine mit ihren sportlichen Veranstaltungen aber keine Gewinne, sondern Verluste. Aufgrund einer weiteren wichtigen Anderung durch das Vereinsförderungsgesetz, nach der mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe als ein Betrieb gelten, können sie diese Verluste mit Gewinnen aus anderen steuerpflichtigen Betrieben, zum Beispiel aus der Werbung oder aus einer Vereinsgaststätte, verrechnen.

6.2.4 Sportstätten

Veränderungen in den Strukturen und Inhalten des Breitensports bedingen auch eine Neuorientierung im Sportstättenbau. Die bestehenden Sportstättenleitpläne richten sich vorrangig nach der Schulentwicklungsplanung und den Bedürfnissen des Wettkampfsports.

Sportanlagen sollten jedoch multifunktional nutzbar sein. Ihre örtliche Zuordnung und die Öffnungszeiten sind nutzerfreundlich zu gestalten.

Sportstättenbau ist bisher keine Pflichtaufgabe, wird daher im Aufgabenkatalog der öffentlichen Hand oft an das Ende gesetzt (Dispositionsmasse bei knappen Kassen). Durch entsprechende Verankerung, z.B. in Sportförderungsgesetzen oder durch Aufnahme des Sports in die Länderverfassungen, ist dies zu ändern.

Sportstättenbau und Unterhaltung von Sportstätten sind Aufgabe der öffentlichen Hand. Das gilt für Sportstätten des Vereins- und Breitensports, die zum Aufgabenbereich der Kommunen zählen. Es kann nur bedingt gelten für Sportstätten des Spitzensports, für die Bund und Länder zuständig sind. Hier muß künftig der Grundsatz gelten, daß Sportstätten für kommerzialisierte Sportarten nur noch in dem Umfang öffentlich finanziert werden können, in dem auch sie dem Breitensport dienen.

Vereinseigene Baumaßnahmen sind mit den gleichen Investitionszuschüssen zu fördern wie kommunale sportliche Baumaßnahmen, soweit sie nicht kommerziellen Zwecken dienen. Vereine auf eigenen Anlagen sollen Betriebskostenzuschüsse erhalten, damit eine Gleichstellung bei Nutzung von öffentlichen und privaten Anlagen erzielt wird.

Die Sportvereine und -verbände sind rechtzeitig an den Planungen der öffentlichen Hand zu beteiligen.

Schul- und Hochschulsportanlagen sind außerhalb der eigentlichen Nutzung oftmals 'unter Verschluß' und stehen Außenstehenden nicht zur Verfügung. Da sie ausschließlich mit Steuergeldern finanziert werden, müssen sie in Zeiten, in denen sie nicht für ihre ursprünglichen Zwecke genutzt werden, Vereinen und anderen Gruppen zugänglich sein.

In der Vergangenheit haben die internationalen Sportverbände häufig ihre Normen und Regeln für Sportanlagen verändert (z.B. Länge, Breite, Höhe von Spielflächen und Sporthallen, Form und Anzahl der Kurven bei Bob- und Rodelbahnen, Anforderungen an Zuschauerplätze). Dies führte zu ständigen Neu- und Umbauten auf Kosten der Steuerzahler (und oft ohne Nutzen für den normalen Breiten- oder Wettkampfsport). Dies muß künftig verhindert werden. Eine Abstimmung auf europäischer Ebene ist erforderlich, d.h. im nationalen und internationalen Bereich sind einheitliche Normen und Regeln für den Sportstättenbau aufzustellen.

DIE CDU FORDERT, daß

- die Sportorganisationen bei der Erstellung von Bauleitplänen wie Träger öffentlicher Belange beteiligt werden und an Anhörungen mitwirken können,

- frühzeitig ein Interessenausgleich zwischen den sportlichen Notwendigkeiten und dem Umweltschutz hergestellt wird,

- die Bezuschussung neuer Anlagen von aktualisierten Sportstättenleitplänen abhängig gemacht wird,

- diese Leitpläne die gesamte örtliche Sportentwicklung und nicht nur die Schulentwicklungsplanung als Grundlage haben; sie sind daher unter Beteiligung der Sportorganisationen zu erstellen,

- Sportanlagen wohnnah und verkehrsgünstig zu den Wohnbereichen errichtet werden (Sportplatz um die Ecke),

- Sportanlagen den Sportvereinen kostenlos zu überlassen sind. Bei kostenintensiven Einrichtungen (z.B. Schwimm- oder Eissportanlagen) sind Sonderregelungen zu treffen (Kommerzieller Vorbehalt),

- Schlüsselverträge, wenn irgend möglich, abgeschlossen werden,

- öffentliche Sportstätten auch in Ferienzeiten geöffnet sind, um vor allem den Menschen, die ihre Ferien zu Hause verbringen, Sportmöglichkeiten als Urlaubsalternative zu bieten. Für Aufsichtspersonal ist ein finanzieller oder personeller Ausgleich zu schaffen.

- Sportgroßanlagen für Veranstaltungen mit überwiegend berufssportlichem Charakter nicht durch die öffentliche Hand, sondern durch Private errichtet und unterhalten werden sollten.

Die Kommunen stellen bisher Sportgroßanlagen für überwiegend berufsportliche Veranstaltungen (z.B. Bundesligafußball) oder mediensportliche Großereignisse (Welt- und Europameisterschaften) meist kostenlos zur Verfügung. Der finanzielle Aufwand der Allgemeinheit steht in keinem Verhältnis zum Nutzen und zur Benutzung durch die Allgemeinheit. Meist sind diese Anlagen für andere Vereine, Schulen oder öffentlichen Freizeitsport gesperrt. Daher sollte die öffentliche Hand künftig derartige Anlagen nicht mehr finanzieren, sondern die frei werdenden Mittel für Breitensportanlagen mit Wettkampfmöglichkeiten einsetzen.

6.2.5 'Goldener Plan Ost'

Die CDU begrüßt den 'Goldenen Plan Ost' des Deutschen Sportbundes. Sie sieht in ihm eine hervorragende Anleitung zur Sportentwicklungsplanung in den neuen Bundesländern. Der Goldene Plan Ost ist als Aufgabe der Länder und Gemeinden umzusetzen. In Anbetracht der schwierigen Situation hat die Bundesregierung Hilfestellung durch die kommunale Investitionspauschale geleistet und den Ländern und Gemeinden auch die Möglichkeit eröffnet, Mittel aus dem Investitionsförderungsgesetz 1995 für die Sanierung der Sportstätten in den neuen Ländern zur Verfügung zu stellen. Das Investitionsförderungsgesetz ist ab 1995 zehn Jahre lang mit jährlich 6 Milliarden DM ausgestattet.

6.2.6 Schwerpunkte der kommunalen Sportförderung

Angesichts der angespannten Finanzlage in vielen Kommunen besteht die Gefahr, daß die Förderung des Sports, die ja in den meisten Bundesländern keine verpflichtende Aufgabe ist, wesentlich gekürzt wird. Der Bundesfachausschuß Sport der CDU hat in seinem Beschluß vom 03. Februar 1994 Möglichkeiten aufgezeigt, die trotz knapper Kassen der Sport gefördert werden kann:

- Kommunale Zuschüsse sollten den Sportorganisationen pauschal übertragen werden, damit sie ihre Schwerpunkte selbst setzen können.

- Die Vereine werden ermuntert, zur Verbesserung ihrer Haushalte zusätzliche Aktivitäten in ihre Vereinsangebote aufzunehmen.

- Geeignete Sportanlagen sind den Vereinen zu überlassen. Das stärkt die Selbstverwaltung des Sports und entlastet gleichzeitig die kommunalen Haushalte.

- Die Vereine werden zum Bau eigener Anlagen in Eigenleistung ermutigt. Dazu ist partnerschaftliches Miteinander zwischen Gemeinde und Verein nötig. Fehlende kommunale Zuschüsse können durch kommunale Bürgschaften vorübergehend ersetzt werden.

- Beim Bau von Sportanlagen muß kostensparenden Konstruktionen und ökologischen Gesichtspunkten Vorrang eingeräumt werden.

6.3 Spitzensport

Der Spitzensport fördert Leistungswillen und Leistungsbereitschaft: er vermittelt durch das sportliche Gebot der Fairneß und durch die Achtung von Anderen Werte, die für die Gesellschaft von Bedeutung sind. Darüber hinaus ist er ein Mittel zur Entwicklung und Pflege der internationalen Beziehungen. Er hat Vorbildfunktion, vor allem für die Sportausübung junger Menschen und trägt damit entscheidend zur Verbreitung und Entwicklung des gesamten Sports bei. Spitzensport erfüllt auch Belange der gesamtstaatlichen Repräsentation. Für die Erfüllung seiner Aufgaben und Funktionen erfährt der Spitzensport vielfältige Hilfen durch Staat und Gesellschaft. Die CDU befürwortet die angemessene Förderung eines human gestalteten Spitzensports durch die öffentliche Hand auf allen Ebenen. Sie steht einer Förderung des Spitzensports durch die Wirtschaft aufgeschlossen gegenüber. Eine solche Förderung darf nicht zu Abhängigkeiten einzelner Athleten/innen und der Organisationen des Sports führen, die die Autonomie des Sports gefährden.

Nach Auffassung der CDU ist die Förderung des Spitzensports eine Aufgabe der öffentlichen Hand. Ein individueller Rechtsanspruch auf staatliche Sportförderung läßt sich daraus nicht ableiten.

Spitzensport unterliegt der Möglichkeit des Mißbrauchs. Seine Förderung durch die öffentliche Hand bedingt die Mitwirkung der staatlichen Organe bei der Dopingbekämpfung.

6.3.1 Förderung des Spitzensports

Sportliche Höchstleistungen können nur erbracht werden, wenn den Sportlern und Sportlerinnen entsprechende Trainingsmöglichkeiten sowie die notwendigen sportwissenschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen geboten werden.

DIE CDU WILL:

- Chancengleichheit für deutsche Sportler/innen bei internationalen Wettkämpfen mit den Sportlern/-innen anderer Länder.

- abgestufte Fördermaßnahmen auf allen staatlichen Ebenen entsprechend den 'Grundsätzen für die Kooperation zur Förderung des Leistungssports' des Deutschen Sportbundes.

- das finanzielle Schwergewicht der Förderung des Spitzensports in der Zuständigkeit des Bundes.

- Die Harmonisierung der Sportförderungspolitik von Bund und Ländern durch die Sportministerkonferenz.

- unbürokratisches Handeln bei der Vergabe der Mittel.

- überschaubare Kriterien für die Förderung des Spitzensports und die Einstellung der Förderung bei Manipulation und Mißbrauch.

- eine Rangfolge für die Förderung von Sportarten, um das finanzielle Gefälle zwischen den Sportarten abzumildern.

Sportliche Höchstleistungen können nur erzielt werden, wenn entsprechende Trainingsmöglichkeiten geboten werden. In Deutschland stehen hierfür Bundesleistungszentren, ein Netz von Landesleistungszentren, zahlreiche Bundes- und Landesstützpunkte sowie Olympiastützpunkte zur Verfügung.

Olympiastützpunkte dienen der Verbesserung des Trainings und der Betreuung im Hochleistungssport. In ihnen werden an zentralen Orten des Hochleistungssports die dort vorhandenen Bundesleistungszentren, Landesleistungszentren und Bundesstützpunkte zusammengefaßt und dem Spitzensport sportartübergreifend eine umfassende trainingswissenschaftliche, sportmedizinische, physiotherapeutische sowie soziale Betreuung angeboten.

6.3.2 Dopingbekämpfung

Die CDU begrüßt die Anstrengungen des deutschen Sports zur Dopingbekämpfung. Sie unterstützt die Kosten- und Aufgabenteilung zwischen Bund (Forschung, Analysen) und Sport (Entnehmen von Proben, Aufklärung).

DIE CDU ERWARTET:

- die Fortsetzung der Dopingkontrollen bei Training und Wettkampf mindestens im bisherigen Umfang;

- die Einbeziehung aller olympischen und nichtolympischen Mitgliedsverbände des DSB in das Doping-Kontroll-System; damit kann die notwendige Vereinheitlichung bzw. Angleichung der Dopingstrafen in den verschiedenen Sportarten erreicht werden.

- die Ausdehnung der Kontrollen auf Blutanalysen nach Maßgabe der rechtlichen und medizinischen Möglichkeiten.

- die wissenschaftliche Erforschung bisher nicht erfaßter Doping-Praktiken (z.B. Hormon-Doping) und ihre Einbeziehung in das Kontroll-System; sowie die Entwicklung von Kontrollmethoden, die langfristig die Einnahme von Dopingmitteln nachweisen.

- geeignete Maßnahmen des Staates, die die Bemühungen des freien Sports zur Bekämpfung des Dopings unterstützen.

- die Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit bei der Doping-Bekämpfung.

6.4 Schulsport

Bewegung, Spiel und Sport sind unverzichtbare Bestandteile der Erziehung und Bildung in jedem Lebensalter. Diese erzieherischen Möglichkeiten müssen vor allem im Kindes- und Jugendalter genützt werden; denn hier können die Grundlagen für lebenslanges Sporttreiben gelegt werden, wenn es gelingt, den Sportunterricht zum Erlebnis werden zu lassen.

Bewegung, Spiel und Sport haben nicht den ihnen zustehenden Stellenwert in der Erziehung; dazu bedarf es eines Bewußtseins, das den Menschen als Ganzheit sieht und körperliche, seelische, geistige und soziale Gesichtspunkte gleichrangig bewertet.

6.4.1 Aktuelle Situation

Seit Jahren ist zu beobachten, daß der Sport immer mehr zum Stiefkind der Bildungspolitik wird. Die zwischen Deutschem Sportbund und der Kultusministerkonferenz in dem Aktionsprogramm für den Schulsport von 1956, 1972 und 1985 getroffenen Vereinbarungen von 3 Wochenstunden Sport werden in vielen Bundesländern nicht mehr eingehalten. Ursache für die jüngsten negativen Entwicklungen sind vor allem die Flexibilisierung der Stundentafel, bei der jede Schule selbst entscheiden kann, ob sie dem Sportunterricht zwei oder mehr Stunden pro Woche einräumt.

Experten sprechen davon, daß die Situation des Sportunterrichts an den Schulen vergleichbar ist mit der nach dem 1. Weltkrieg.

Hinzu kommt, daß heute für mehr als die Hälfte aller Kinder außerhalb des Schulsports kaum Sport- und Bewegungsmöglichkeiten bestehen. Verstädterung, fehlende Spielstraßen, Verkehrsdichte, -lärm, -abgase und kinderfeindliche Wohnbedingungen sind hierfür die Ursache.

6.4.2 Forderungen der CDU zur Verbesserung des Schulsports

In den Kindergärten ist eine grundlegende und intensive Bewegungserziehung insbesondere aus entwicklungspsychologischer Sicht notwendig, weil sie in dieser Altersstufe besonders wirksam ist und Haltungs-, Organ- sowie Koordinationsschwächen vermeiden hilft.

In den Grundschulen hat die vielfältige Bewegungs-, Spiel- und Sporterfahrung zentralen Stellenwert. Das vor allem in die Grundschulzeit fallende 'motorische Lernalter' erlaubt das Erlernen sportlicher Bewegungsabläufe und sozialer Grunderfahrungen durch gemeinsames Spiel und Sporttreiben, so daß sich dauerhafte Interessen für lebenslanges Sporttreiben entwickeln können. Am Ende der Grundschulzeit sollte eine entsprechende motorische Reife erreicht sein.

An den weiterführenden allgemeinbildenden Schulen sollen unterschiedliche persönliche Eigenschaften, Fertigkeiten und Fähigkeiten im sportlichen Bereich entwickelt werden, Schülerinnen und Schüler sich mit der vielfältigen Welt des Sports auseinandersetzen, soziale Verhaltensweisen eingeübt werden, Schwächen im Bewegungsverhalten der Kinder durch Angebot von Sportförderunterricht bestmöglich ausgeglichen werden.

DIE CDU FORDERT DAHER:

- Pro Woche sollen mindestens drei Wochenstunden Sport angeboten werden.

- Sportliche Begabungen sollen durch Teilnahme am schulischen Trainings- und Wettkampfwesen gefördert werden. Dabei sollen Schule und Sportverein sinnvoll zusammenarbeiten.

- In der gymnasialen Oberstufe soll ein Leistungskurs Sport sowie eine ausreichende Anzahl von Grundkursen (Wahlmöglichkeit) im Fach Sport angeboten werden.

- An ausgewählten allgemeinbildenden Schulen sollen Sportzüge eingerichtet werden.

6.4.3 Zusammenarbeit von Schule und Verein

Eine der wesentlichen Aufgaben des Schulsports besteht darin, junge Menschen zu motivieren, auch außerhalb der Schule Sport zu treiben. Hauptträger des außerschulischen Sportangebots sind die Sportvereine. Mit einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Schule und Verein können die Ziele des Schulsports besser verwirklicht werden. Schulsport und Vereinssport haben eigenständige Ziele und Aufgaben. Sie arbeiten auch unter unterschiedlichen Bedingungen; sie stehen jedoch bei der Bewältigung gemeinsamer Aufgaben in enger Beziehung zueinander, d.h. Schulsport und Vereinssport beeinflussen sich gegenseitig.

- Die geforderte sinnvolle Zusammenarbeit von Schule und Verein setzt die aktive Mitarbeit der Sportlehrer und Sportlehrerinnen voraus. Das gilt für die Abnahme von Leistungsabzeichen, für Wettkämpfe (Bundesjugendspiele, 'Jugend trainiert für Olympia') und für Freizeitsportmaßnahmen.

- Schüler und Schülerinnen mit geringeren sportlichen Leistungen sollen ihre Chance auch im Sportverein erhalten und intensiv gefördert werden.

- Schüler und Schülerinnen, deren Integration durch Sport erleichtert werden kann (z.B. Behinderte, Aussiedler/-innen und Ausländer/innen) sollen besondere Hilfen erhalten.

- Bei Talentsuche und Talentförderung sollen Schule und Verein so zusammenarbeiten, daß Training und Wettkampf im Jugendalter in pädagogisch annehmbarer Form ablaufen.

6.5 Soziale Aufgaben des Sports

Bewegung, Spiel und Sport können mit ihren vielfältigen Möglichkeiten sozial Benachteiligten helfen, ihre Lebensqualität zu steigern. Die CDU will für diese Menschen den Zugang zum Sport durch personelle und materielle Maßnahmen verbessern.

6.5.1 Förderung des Behindertensports

Praktische Erfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse haben gezeigt, daß Sport wesentlich dazu beitragen kann, die persönliche Entwicklung von körperlich, geistig und/oder seelisch behinderten Menschen positiv zu beeinflussen, so daß sie befähigt werden, ihr Leben sinnvoller zu gestalten.

Sport trägt dazu bei, die verbliebene Leistungsfähigkeit des behinderten Menschen zu erhalten und zu steigern, die Hilfsbedürftigkeit abzubauen, das Selbstvertrauen und die Selbstständigkeit zu stärken und als Möglichkeit der Begegnung die Eingliederung in die Gesellschaft zu erleichtern.

Bei der Sportausübung Behinderter ist zu unterscheiden zwischen dem Behindertensport als Breiten- und Spitzensport, wie er in den Organisationen des deutschen Sports, zum Teil als Wettkampfsport, betrieben wird, und dem Sport im Rahmen der Rehabilitation, bei dem heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen als Einzel- oder Gruppenbehandlung unter ärztlicher Kontrolle zur Erreichung oder Sicherung des Zieles der Rehabilitation durchgeführt werden.

Nach Auffassung der CDU ist die Sportausübung eine wirksame Lebenshilfe für Behinderte. Die CDU sieht in dieser Lebenshilfe eine besondere soziale Aufgabe des Sports.

Sie appelliert an Bund, Länder und Gemeinden, aber auch an die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung und Kriegsopferversorgung, auf eine einheitliche Ausgestaltung des Behindertensports einzuwirken. Dies gilt insbesondere für die Vereinheitlichung der Leistungen und eine zweckmäßige und sachgerechte Organisation. Dabei sollte über die enge Einschränkung des Sports als zeitlich begrenzte therapeutische Maßnahme hinaus der wichtige Aspekt der gesundheitlichen Bedeutung von Bewegung, Spiel und Sport stärker als bisher berücksichtigt werden. Die Reife einer Gesellschaft ist daran zu erkennen, was sie für ihre Minderheiten tut.

6.5.2 Rehabilitation durch Sport

Im Rahmen der Rehabilitation wird der Sport als therapeutische Maßnahme in Gruppen unter ärztlicher Betreuung durchgeführt. Er dient dabei in erster Linie der Wiederherstellung der Gesundheit. Behinderte können am Behindertensport im Rahmen der Rehabilitation nur zeitlich befristet und auf ärztliche Verordnung teilnehmen. Eine Ausnahme bildet hierbei der Versehrtensport nach dem Bundesversorgungsgesetz (§ 11 a Bundesversorgungsgesetz), der zeitlich unbefristet und ohne ärztliche Verordnung gewährt wird.

Nach der Novellierung des § 11 a Bundesversorgungsgesetz wird wegen des natürlichen Rückgangs der Zahl der Kriegsversehrten die Förderung der Behindertensportgruppen stärker zurückgehen. Durch die dadurch bedingte Verringerung der Zuschüsse wird es für viele Behindertensportgruppen und -vereine, in denen zunehmend Zivilbeschädigte Sport treiben, schwieriger, ihr Angebot in der bestehenden Form aufrecht zu erhalten.

DIE CDU WILL diesen Entwicklungen entgegenwirken. Sie tritt dafür ein, die finanzielle Förderung des Behindertensports langfristig abzusichern. Dabei geht es um

- Prävention,
- Therapie,
- Rehabilitation.

Bund, Länder, Gemeinden und Träger der gesetzlichen Rehabilitation sollten die Vereine des Behindertensports organisatorisch und finanziell in die Lage versetzen, Sportmöglichkeiten allen Behinderten anzubieten, auch nach Abschluß von Rehabilitationsmaßnahmen. Dies gilt in ganz besonderem Maße für Kinder und Jugendliche. Die Länder werden aufgefordert, die Zahl der Sportstunden an Regel- und Sonderschulen für Behinderte zu erhöhen und den Sportunterricht durch die Anstellung qualifizierter Lehrer und Lehrerinnen sowie durch eine Verbesserung der Sportstätten- und Geräteausstattung auszubauen.

6.5.3 Sport und Gesundheit

Der enge Zusammenhang von Sport und Gesundheit ist unumstritten. Die Weltgesundheitsorganisation definiert Gesundheit nicht nur als Freisein von Krankheit, sondern als optimales körperliches, geistig-psychisches und soziales Wohlbefinden.

Ein breites Verständnis von Gesundheit auch im geistig-psychischen und sozialen Bereich eröffnet weitere Möglichkeiten für den Sport. Da Gesundheit nur erworben bzw. erhalten werden kann, wenn ein entsprechendes Verhalten der betroffenen Menschen vorliegt, besitzt die Gesundheitserziehung in Verbindung mit Bewegung, Spiel und Sport ein besonderes Gewicht.

Herz- und Kreislaufkrankheiten, Haltungs- und Bewegungsschäden sind typische Erscheinungen hochtechnisierter Industriegesellschaften. Sport kann diesen Gesundheitsrisiken entgegenwirken. Er beugt Herz- und Kreislaufkrankheiten durch Ausdauertraining vor; er begegnet altersbedingten Leistungseinbußen durch Ausdauer- und Krafttraining sowie durch Übung von Koordination und Beweglichkeit; er beeinflußt die Psyche positiv; er dient der Vorbeugung und Behandlung von funktionellen Störungen am Haltungs- und Bewegungsapparat.

In keiner Zeit hat das Thema Gesundheit solche Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gefunden wie heute. Dabei hat sich ein starker Akzent zugunsten der Gesundheitsvorsorge ergeben. Da Millionen von Menschen in Deutschland bereits Sport treiben und damit gesundheitlich handeln, kann auch die Bereitschaft, sich damit bewußt auseinanderzusetzen als entsprechend hoch angesehen werden. Erfahrungen und Studien, die beispielsweise nachweisen, daß nur ein kleiner Prozentsatz der Sporttreibenden raucht, unterstützen diese Annahme. Auch die gesunde Ernährung wird von Sporttreibenden längst mit hoher Aufmerksamkeit bedacht.

Alle Themen, die mit Bewegung, Körperbewußtsein und Sport in Verbindung stehen, erweisen sich somit als idealer Einstieg in die Bewußtseinsbildung bzw. -veränderung im Sinne der Gesundheitsförderung. Je früher sie einsetzt, umso positiver wird sie sich auf die gesundheitliche Situation älterer Menschen auswirken. Bewegung, Spiel und Sport leisten jetzt schon einen unschätzbaren Beitrag zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen, obwohl sich gesundheitsbewußteres Leben noch nicht überall durchgesetzt hat. Schule und Sportverein können hierzu durch Aufklärung und entsprechende Angebote wirksam beitragen.

6.5.4 Sport im Alter

Die Lebenserwartung des Menschen nimmt auch in Deutschland weiter zu. Sie hat sich hier von ca. 50 Jahren (1900) auf 72 Jahre beim Mann und 78 Jahre bei der Frau (1991) vergrößert. Es darf erwartet werden, daß in der ersten Hälfte des kommenden Jahrhunderts eine mittlere Lebenserwartung von 90 + 10 Jahren erreicht werden wird.

Es gilt aber nicht nur, immer älter zu werden, sondern es sollen hinzugewonnene Lebensjahre lebenswert gestaltet werden. Dazu gehört eine entsprechende körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie seelisches Wohlbefinden. Die einzige Möglichkeit, sich in funktioneller Hinsicht jünger zu repräsentieren, als es dem chronologischen Alter entspricht, ist körperliches und geistiges Training. Vom Standpunkt der Forschung gibt es bis heute keine andere Methode wie etwa Ernährung oder Medikament, welche ein körperliches oder geistiges Training ersetzen könnte.

Es liegt daher im individuellen und im gesellschaftlichen Interesse, durch körperliches Training bzw. durch Sport bis in ein möglichst hohes Alter hinein die gute körperliche und geistige Leistungsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Training und Sport zur rechten Zeit, in der richtigen Qualität und Quantität könnten geeignet sein, zahlreiche therapeutische, rehabilitative und pflegende Maßnahmen überflüssig zu machen bzw. an die Grenze des menschlichen Lebens zu verschieben.

Der Sport wirkt der Isolation und Vereinsamung im Alter entgegen. Das System der Sportvereine und Sportgruppen in Deutschland ist wichtiger Bestandteil eines vernetzten sozialen Wertgefüges, das sich langfristig als Bollwerk gegenüber der fortschreitenden Auflösung sozialer Werte und Strukturen erweist.

Mit dem Sport wächst die Chance, daß sich das Defizitmodell des Alterwerdens zu einem Modell der aktiven Lebensbewältigung und der Lebensqualität wandelt.

Nach der Berufszeit das Leben gesund und aktiv zu genießen, entspricht den Wunschvorstellungen der 60- bis 65-jährigen in unserer industriellen Leistungsgesellschaft. Die immer noch wachsende Reiselust demonstriert dies in ähnlicher Weise wie die steigende Akzeptanz der Fitneß-, Sport- und Gesundheitsreisen in der genannten Altersgruppe. Aber auch im heimischen Umfeld erschließen ältere Menschen in zunehmendem Maße die Freizeit- und Fitneßfelder, die bisher als Privileg der jungen Generation angesehen wurden. Zählten beispielsweise in früheren Jahren ältere Menschen in den Fitneßstudios noch zu den 'Exoten', so gehören sie heute zum natürlichen Altersspektrum der Fitneßszene.

DIE CDU FORDERT DAHER:

- Eine verstärkte Zusammenarbeit von Bundesregierung, Landesregierungen, kommunalen Spitzenverbänden und Sportorganisationen mit dem Ziel, die Erkenntnisse der Sportmedizin in Handlungskonzepte umzusetzen. Denkbar wären folgende Maßnahmen und Projekte:

- Intensivierung der Forschung über Sport im Alter.

- Förderung von Modellmaßnahmen im Bereich des Seniorensports durch die Bundesregierung.

- Förderung des Seniorensports durch die Krankenkassen im Interesse von Kostensenkungen im Gesundheitswesen.

- Zusatzausbildung für Mediziner/innen, um Erkenntnisse der Sportmedizin in die tägliche Praxis bzw. Therapie umsetzen zu können. Einführung von Sportmedizin als Pflichtfach in die Approbationsordnung.

- Berücksichtigung der Belange des Seniorensports bei der Ausbildung von Sportlehrern/innen und Übungsleitern/innen.

- Verstärkte Aufklärung und Übungsanleitungen für Sport im Alter über Hörfunk, Fernsehen und Printmedien.

- Größere Anstrengungen der Sportorganisationen, um den Sport für ältere Menschen zugänglich zu machen.

- stärkere Ausrichtung der Sportangebote in den Kommunen und Vereinen auf die Gruppe der Alteren.

- die Förderung der Kooperation zwischen Sportvereinen und anderen Vereinigungen, Verbänden, kommunalen und sozialen Einrichtungen.

- Aufnahme von präventiven Sport- und Bewegungsprogrammen als feste Bestandteile der beruflichen Gesundheitsförderung.

6.6 Sport und Umwelt

Der Sport leistet in weiten Bereichen einen Beitrag zum Umweltschutz. Zunehmende sportliche Betätigung und gewachsenes Umweltbewußtsein haben trotzdem in verschiedenen Bereichen zu einem Spannungsverhältnis zwischen Sport und Umwelt geführt.

Probleme ergeben sich insbesondere daraus,

- daß die Flächenknappheit und Wohnorientierung vor allem im dichtbesiedelten
städtischen Bereich die Ursache dafür sind, daß Sportstätten in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern errichtet worden sind und die Wohnbebauung bis an vorhandene Sportanlagen herangeführt worden ist. Dies führt zu Konflikten, vor allem im Hinblick auf die Beeinträchtigung der Wohnruhe durch Sportgeräusche.

- daß die vom Sport ausgehenden Geräusche, z.B. durch Ballspiele, durch Zurufe
der Spieler und Trainer, durch Applaus und Mißfallensäußerungen von Zuschauern und durch Lautsprecheranlagen in der Vergangenheit zu zahlreichen Gerichtsentscheidungen mit nachteiligen Auswirkungen für den Sport geführt haben.

- daß Sportarten, die außerhalb von Sportanlagen in freier Landschaft ausgeübt
werden, z.B. Skisport, Wassersport, Motor- und Flugsport, in besonderem Maße Belange des Umwelt- und Naturschutzes tangieren können.

Die CDU setzt sich mit Nachdruck dafür ein, daß der Sportplatz um die Ecke auch zukünftig erhalten bleibt. Hierzu wurde im Juli 1994 der § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend geändert. Grundstückseigentümer sind nunmehr verpflichtet, ein gewisses Maß an Geräuschbelästigung durch den Sportbetrieb zu akzeptieren. Dies hat zigtausenden Sportvereinen eine größere Rechtssicherheit gegeben. Dabei halten wir am Grundsatz eines rücksichtsvollen Miteinanders von Sport und Umwelt fest.

6.7 Sport und Wirtschaft

Breiten- und Spitzensport bedürfen zu ihrer Entfaltung neben öffentlichen Hilfen der Unterstützung durch Bevölkerung und Wirtschaft.

Die Stiftung Deutsche Sporthilfe leistet mit privaten Mitteln bei der Förderung von Spitzensportlern/innen und herausragenden Talenten einen wichtigen Beitrag.

Zusätzliche Mittel fließen dem Sport durch den Erwerb von Übertragungsrechten seitens der öffentlichen und privaten Medien zu.

Auf regionaler Ebene sind Stiftungen und Einrichtungen mit ähnlicher Zielsetzung wie die der Deutschen Sporthilfe ins Leben gerufen worden, die sich überwiegend der Förderung des Breitensports und des sportlichen Nachwuchses widmen.

In den letzten Jahren haben sich in Städten und Gemeinden Fördervereine gebildet, die Sportvereine am Ort ideell und materiell unterstützen. Sie sind nicht gleichzusetzen mit kommerziell tätigen Sportzentren und Sportagenturen. Mit Phantasie und Einsatzbereitschaft aktivieren sie über die Eigenmittel der Sportvereine und die öffentlichen Hilfen hinaus zusätzliche Mittel aus Wirtschaft und Bevölkerung, um - in unterschiedlicher Größenordnung und Zielsetzung - Sportlern und Sportvereinen auf mannigfache Weise ideell und materiell zu helfen.

Die CDU als Volkspartei begrüßt und anerkennt Bürgerinitiativen zur sportbezogenen Selbsthilfe. Sie wird ihnen bei der Erfüllung ihrer wichtigen gemeinschaftsdienlichen Aufgaben politisch zur Seite stehen.

Wirtschaftliches Sponsoring hat im sportlichen Bereich einen außerordentlichen Zuwachs zu verzeichnen. Dabei werden Akzente vor allem zugunsten von publikumswirksamen Sportarten gesetzt. Die staatliche Seite muß ein Interesse dazu haben, die Bereitschaft der Wirtschaft zum finanziellen Engagement zu erleichtern und gleichzeitig Mißbräuche und inhaltliche Einflußnahme nach Möglichkeit zu verhindern.

DIE CDU WILL DAHER:

- Beibehaltung der steuerlichen Regelungen für Sponsoring.

- Keine Kürzung der öffentlichen Fördermittel.

- Vorrang der Förderung von Institutionen des Sports (z.B. Deutsche Sporthilfe, Verbände, Olympiastützpunkte) vor Maßnahmen zugunsten einzelner Sportler.

- Bildung eines Pools, aus dem Verbände unterstützt werden, die aufgrund ihrer Öffentlichkeitswirksamkeit keine oder nur geringe Vermarktungschancen haben.

- Bereitstellung von Arbeitsplätzen für Spitzensportler, Trainer und Betreuer.

- Mitarbeit von geschulten Kräften der Wirtschaft zur Entwicklung eines sachkundigen Sportmanagements.

- Analoges Verhalten von Betrieben und Unternehmen der öffentlichen Hand und der öffentlichen Verwaltung.

6.8 Internationaler Sport

Leistung und Wettkampf sind integrale Bestandteile des Sporttreibens. Sie können auf verschiedenen Ebenen gesehen werden, vom Volkslauf bis zur Weltmeisterschaft. Da Wettkämpfe sinnvollerweise einen festlichen Charakter besitzen, können sie zu interessanten und beglückenden Ereignissen auf internationaler Ebene werden, wo Menschen aus den verschiedensten Ländern sich begegnen, miteinander sprechen, Gedanken aus- tauschen und in geregelten sportlichen Wettkampf zueinander treten. Diesen Ereignissen ist für die Gestaltung des Zusammenlebens hohe Bedeutung beizumessen.

Das Kennenlernen von Bewegung, Spiel und Sport auf internationaler Ebene kann im Rahmen von Austauschprogrammen in intensiver Weise erfolgen. Hier liegt die Chance, über kurzfristige Eindrücke hinaus vertiefte Einsichten zu gewinnen. Dreifach kann das Ergebnis solcher Austauschprogramme sein:

- Informationsgewinn über andere Länder, über sich selbst und das eigene Land.
Daraus kann eine Erweiterung des Horizonts für eigenes Handeln folgen.

6.9 Entwicklungshilfe und Sport

Entwicklungshilfe ist unverzichtbarer Bestandteil der Entwicklungspolitik. Sport muß dabei größere Bedeutung haben als bisher. Sport eignet sich als 'Entwicklungskatalysator', weil er moderne und traditionelle Merkmale aufweist; er kann weite Lebensbereiche der Dritten Welt erreichen. Sport übernimmt eine Mittlerfunktion zwischen Tradition und Moderne bezogen auf den Wandel der Werte und Verhaltensweisen. Er ist geeignet, leistungsorientiertes Verhalten zu fördern. Die moderne Entwicklung läßt Sport und die Verwirklichung der Freude an Bewegung, Spiel und Sport in allen Ländern zu. Insofern ist Sport Ausdruck der Moderne, der Entwicklung und des Fortschritts.

7. Vertriebenen- und Aussiedlerpolitik

7.1 Vertriebenenpolitik

Die CDU hat sich stets als Anwalt der Vertriebenen verstanden. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich die CDU-geführten Bundes- und Landesregierungen für die Vertriebenen eingesetzt. An dieser Politik halten wir fest. Zum einen tritt die CDU für die Anliegen der Vertriebenen in der Bundesrepublik Deutschland ein, zum anderen ergreift sie Partei für die deutschen Minderheiten in Osteuropa.

Die Bundesregierung Helmut Kohl hat die Mittel für die kulturelle Förderung der Vertriebenen in den Jahren 1983 bis 1993 um das Elffache gesteigert, nämlich von 4,36 Millionen auf 48 Millionen Mark. Trotz der angespannten Finanzlage des Bundes standen im Haushaltsjahr 1994 immerhin noch 34 Mio. Mark bereit, um die Einrichtungen ostdeutscher Kultur zu fördern. In den Haushaltsberatungen für 1995 setzt sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion für eine Steigerung der Mittel zur Förderung ostdeutscher Kultur ein. Der Bund der Vertriebenen (BdV) erhielt 1994 3,3 Millionen DM für seine Verbandsarbeit aus dem Etat des Bundesministeriums des Innern und erhält 1995 3,6 Millionen Mark an institutioneller Förderung.

Die Altvertriebenen in der ehemaligen DDR erhalten im Rahmen des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes (EALG) altersgestaffelt eine einmalige Entschädigung von 4.000 DM. Bereits 1994 wurde der Betrag an die Berechtigten der Geburtsjahrgänge 1919 und früher gezahlt. Ab 1.1.1995 folgen dann die über 70jährigen, ab 1.1.1996 die über 65jährigen und ab 1.1.1998 alle übrigen Berechtigten. Das Vorziehen der Leistungen kommt mehr als 110.000 Berechtigten zugute. Im übrigen gilt für alle Ansprüche die Vererbbarkeit und Abtretbarkeit.

7.2 Deutsche Minderheiten in Osteuropa

Die CDU fühlt sich besonders den vier Millionen Deutschen in Mittel-, Südost- und Osteuropa verpflichtet. Bundeskanzler Helmut Kohl hat die deutschen Minderheiten als 'Brücke der Verständigung zwischen den Völkern' bezeichnet und ihren Beitrag zur Versöhnung gewürdigt. Die Bundesregierung hat in den Jahren 1993/94 rund 150 Millionen Mark für die deutschen Minderheiten bereitgestellt, damit deren Angehörige ihre Sprache und Kultur pflegen können. Der standfesten Außenpolitik der CDU-geführten Bundesregierung ist es zu verdanken, daß die deutschen Minderheiten in den ehemaligen Ostblockstaaten weitgehende Selbstbestimmungsrechte erhalten haben. So zogen ins polnische Parlament erstmals Abgeordnete der deutschen Minderheit ein, und in Westsibirien wurden zwei Selbstverwaltungskreise (Rayons) mit deutschstämmigen Landräten konstituiert.

Das Aussiedleraufnahmegesetz und das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz haben sich bewährt. Es ist vorteilhaft für die Beteiligten, daß der Aufnahmebescheid für die Bundesrepublik Deutschland aus dem augenblicklichen Wohnort beantragt werden muß und eine Aussiedlung erst erfolgen kann, wenn ein Aufnahmebescheid vorliegt und die Aussiedlereigenschaft von Bund und Ländern eingehend geprüft ist. Die Festlegung im Kriegsfolgenbereinigungsgesetz, daß jährlich 225.000 Aussiedler aufgenommen werden können und das Tor nach Deutschland offen bleibt, hat zu einer wesentlichen Beruhigung im Aussiedleraufnahmeverfahren geführt. Aufnahmebescheide verjähren nicht. 150.000 Deutsche haben zwar einen Aufnahmebescheid erhalten, warten aber die weitere Entwicklung in ihrem Umfeld ab.

Immer mehr Deutschstämmige wollen aus Mittelasien, insbesondere aus Kasachstan, fortziehen, weil sie sich dort nicht mehr sicher fühlen. Viele der Deutschen beabsichtigen nicht auszusiedeln, sondern siedeln in die mit deutscher Hilfe aufgebauten deutschen Kreise in Westsibirien um. Die Bundesregierung wird die deutschen Selbstverwaltungskreise 1995 mit 65 Mio. DM beim Aufbau einer Infrastruktur unterstützen.

7.3 Aussiedlerpolitik

In den Jahren 1988 bis 1994 kamen rund 2 Millionen Aussiedler aus den osteuropäischen Staaten in die Bundesrepublik Deutschland.

Im Jahre 1994 wurden 222.591 Spätaussiedler in der Bundesrepublik Deutschland registriert. Der Zuzug entspricht damit in etwa den Zahlen des Jahres 1993 (218.888 Personen). Im Jahr 1992 waren noch 230.565 Aussiedler in das Bundesgebiet zugezogen.

Die Zahl der Antragsteller für einen Aufnahmebescheid ist 1994 insgesamt zurückgegangen. Sie erreicht etwa 98 % des Vergleichszeitraumes 1993, und 59 % des Vergleichszeitraumes 1992.

Folgende Zahlen im Vergleich

Aufnahmeanträge Registrierungen
1994: 237.291 Personen 222.591 Personen
1993: 241.178 Personen 218.888 Personen
1992: 402.375 Personen 230.565 Personen

Hiervon entfielen auf die Herkunftsgebiete

ehemalige Sowjetunion

1994: 228.938 Personen 213.214 Personen
1993: 223.368 Personen 207.347 Personen
1992: 356.233 Personen 195.576 Personen

Polen

1994: 4.042 Personen 2.440 Personen
1993: 10.396 Personen 5.431 Personen
1992: 28.684 Personen 17.742 Personen

Rumänien

1994: 3.495 Personen 6.615 Personen
1993: 5.991 Personen 5.811 Personen
1992: 15.277 Personen 16.146 Personen

Für die Aufnahme von Deutschstämmigen aus Osteuropa stellt der Bund weiterhin beträchtliche Mittel zur Verfügung. 1994 wurden rund vier Milliarden Mark bereit gestellt, die Spätaussiedlern zugute kamen. 1995 werden trotz der schwierigen Haushaltslage Milliardenbeträge an Eingliederungshilfe durch den Bund aufgebracht. Alleine 1,5 Mrd. Mark werden für Sprachförderung und Eingliederungshilfen aus dem Etat des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung getragen. Hinzu kommen die Leistungen der Länder, Kommunen, Kirchen und sozialen Verbände. Da die Zahl der Antragsteller sinkt, ist diese Kappung situationsgerecht. Im Kern bleiben die Leistungen auch 1995 bestehen. Erstaufnahmelager, Sprachkurse, berufliche Fort- und Umschulungsmaßnahmen, Eingliederungsprogramme und schulische Hilfen: All diese Maßnahmen wurden und werden Aussiedlern zuteil, die sich entschließen, in ihre neue, alte Heimat zurückzukehren. Die CDU Deutschlands unterstützt nachhaltig diese Politik der Bundesregierung, da die Deutschstämmigen in Osteuropa mit am schwersten unter den Folgen des Zweiten Weltkrieges gelitten haben.

Unsere demographische Entwicklung erfordert es, daß wir die Grundlagen unseres sozialen Systems sichern. Zu dieser Sicherung tragen auch die Aussiedler mit ihrer günstigen Altersstruktur erheblich bei. Nur rd. 6 % der Aussiedler, die nach Deutschland kommen, sind im rentenfähigen Alter. Der Großteil von ihnen ist erwerbsfähig und zahlt Steuern und Abgaben. Der Kinderreichtum der Aussiedlerfamilien wird auf Dauer den Rückgang und die Alterung der heimischen Bevölkerung abschwächen und so in Zukunft die Rentenversicherung entlasten. Nicht nur die Aussiedler brauchen uns, sondern auch wir brauchen die Aussiedler. Sie sind und bleiben ein Gewinn für unser Land.

7.3.1 Bildungsangebote für junge Aussiedler

Aussiedler sind nach Art. 116 GG deutsche Staatsbürger. Jährlich kommen rund 220.000 Aussiedler nach Deutschland. Die deutschen Minderheiten in Mittel- Südost- und Osteuropa konnten aufgrund jahrzehntelanger kommunistischer Diktaturen ihr kulturelles Erbe nur in einem geringen Umfang pflegen. Deutsche Kindergärten, Schulen oder gar deutschsprachige Lehrstühle hat es im ehemaligen Ostblock nicht gegeben. Deutschsprachige Vereine waren verboten. Leidtragende dieser völlig beschnittenen Minderheitsrechte waren Deutschstämmige der Nachkriegsgeneration. Sie haben deshalb Defizite in der Beherrschung der deutschen Sprache. Durch die sechsmonatige Eingliederungshilfe mit Weiterbildungsmaßnahmen und vor allem Sprachkursen werden mangelnde Sprachkenntnisse abgebaut. In einigen Bundesländern existieren Internate für junge Aussiedler mit einem speziellen Förderangebot. Die Mittel für diese Internate und Sprachkurse werden durch den sogenannten 'Garantiefonds' der Bundesregierung bereitgestellt.

Auch für Akademiker unter den Aussiedlern bedeutet die Übersiedlung einen Neubeginn. Unterstützung erhalten sie durch das Akademikerprogramm für Aussiedler, welches von der Otto Benecke Stiftung durchgeführt wird. Finanziert vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie ermöglicht das Akademikerprogramm Aussiedlern den Wiedereinstieg in den Beruf. Rund 1800 werden jährlich in das Programm aufgenommen, 6000 Bewerbungen liegen vor.

Mit einem Stipendium von 1250 Mark monatlich werden Akademiker unter den Aussiedlern gefördert. Zunächst absolvieren die Stipendiaten einen Aufbaukurs Deutsch. Danach schließen sich berufsspezifische Orientierungskurse an. Ingenieure müssen sich vor ihrem Wiedereinstieg einer einjährigen praxisorientierten Studienanpassung unterziehen, um das Niveau eines Fachhochschulabschlusses zu erreichen. Juristen werden durch eine dreisemestriges Kompaktstudium ins deutsche Recht eingeführt. Pädagogen werden über ein Ergänzungsstudium zum ersten Staatsexamen geführt. Die Otto Benecke Stiftung kooperiert erfolgreich mit verschiedenen Universitäten, Fachhochschulen und Unternehmen.

7.4 Grundsätze der CDU in der Vertriebenen- und Aussiedlerpolitik

Die CDU wird an den Hauptzielen ihrer Vertriebenen- und Aussiedlerpolitik festhalten:

- Die Aufnahme und Integration der Aussiedler aus Osteuropa bleibt eine wichtige Aufgabe und Herausforderung für uns alle. Die Bundesregierung hat mit ihrer verantwortungsbewußten Aussiedlerpolitik die erforderlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, daß unsere Landsleute hier ein neues Leben beginnen können. Die CDU Deutschlands unterstützt die Aussiedlerpolitik der Bundesregierung. Die Kreisverbände der CDU haben ein dichtes Netz von Aussiedlerbeauftragten geknüpft, die Spätaussiedlern helfen, sich in ihrer neuen, alten Heimat zurechtzufinden.

- Schaffung gesicherter Lebens- und Zukunftsperspektiven für die Deutschen in Mittel-, Südost- und Osteuropa durch gezielte Aufbauhilfen in den Siedlungsgebieten;

- Erhaltung und Bewahrung des kulturellen Erbes der früheren deutschen Gebiete und Siedlungsgebiete im Osten.

Das bewährte System der Eingliederungshilfen für Spätaussiedler bleibt auch im Kern 1995 unangetastet:

- Sprachförderung und Eingliederungshilfe für die Dauer von sechs Monaten;

- Ausbildungsbeihilfen für die soziale Beratung und Betreuung durch Wohlfahrts-und Vertriebenenverbände;

- Förderung von Projekten zentraler Organisation und Verbände, die der Integration von Aussiedlern dienen.

8. Öffentlicher Dienst

8.1 Personal im öffentlichen Dienst

Beschäftigte im unmittelbaren und mittelbaren öffentlichen Dienst einschließlich der inzwischen privatisierten Bereiche (Bund, Länder, Gemeinden, kommunale Zweckverbände, Bahn, Post, Bundesanstalt für Arbeit, Sozialversicherungsträger, Träger der Zusatzversorgung):

West- und Ostdeutschland insgesamt: 6,49 Millionen
davon Vollzeitbeschäftigte: 5,36 Millionen
Teilzeitbeschäftigte: 1,13 Millionen.

Von den 6,49 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind

Beamte/Richter: 1,94 Millionen
Angestellte: 2,91 Millionen
Arbeiter: 1,41 Millionen
Berufs-/Zeitsoldaten: 0,23 Millionen.

In Westdeutschland (einschl. Berlin-West) gehören rd. 4,96 Millionen Personen dem öffentlichen Dienst an; davon sind ca. 1,85 Millionen Beamte und Richter, 1,88 Millionen Angestellte, 1,02 Millionen Arbeiter und etwa 220.000 Berufs- und Zeitsoldaten.

Von 1950 bis 1981 war die Beschäftigtenzahl im westdeutschen öffentlichen Dienst um durchschnittlich 2,5 Prozent pro Jahr gestiegen. Von 1982 bis 1992 betrug die jährliche Personalzuwachsrate noch durchschnittlich 0,4 Prozent. In den letzten beiden Jahren ist die Zahl der Bediensteten zurückgegangen.

Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten im westdeutschen öffentlichen Dienst ist von 1982 bis 1993 um 258.000 (= + 38 Prozent) gestiegen. Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten ist dagegen im gleichen Zeitraum um 66.000 (= - 1,6 Prozent) zurückgegangen.

Der Anteil der Frauen im westdeutschen öffentlichen Dienst hat sich von 19,4 Prozent im Jahre 1950 inzwischen auf 43,2 Prozent erhöht. Rund 39 Prozent der weiblichen Beschäftigten sind allerdings in Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen tätig (Männer: 4 Prozent).

In den neuen Bundesländern (einschl. Berlin-Ost) waren bei der letzten Erhebung rd. 1,53 Millionen Personen im öffentlichen Dienst beschäftigt; davon hatten rd. 1,34 Millionen ein Vollzeit- und knapp 0,19 Millionen ein Teilzeitbeschäftigungsverhältnis. Die weit überwiegende Mehrheit der 1,53 Millionen ostdeutschen Bediensteten sind Angestellte (rd. 1,02 Millionen) oder Arbeiter (rd. 0,39 Millionen). Etwas mehr als 100.000 Bedienstete in den neuen Ländern sind zu Beamten/Richtern ernannt worden. Die verbleibenden rd. 22.000 Personen sind Berufs- oder Zeitsoldaten.

8.2 Reform des öffentlichen Dienstes

Die Reform der öffentlichen Verwaltung ist eine der zentralen politischen Aufgaben dieser Legislaturperiode, der sich Bund und Länder gemeinsam entschlossen annehmen wollen. Neue Weichenstellungen sind unerläßlich. Die Reform des öffentlichen Dienstrechts ist dabei von ganz besonderer Bedeutung. Die Bundesregierung beabsichtigt, hierzu dem Deutschen Bundestag grundlegende, aufeinander abgestimmte Reformschritte vorzuschlagen. Damit soll das Dienstrecht in seiner Gesamtheit stärker leistungsorientiert gestaltet sowie in seiner Anwendung flexibler und transparenter werden. Es ist ein Reformansatz von weitreichender Bedeutung geplant, der sich keinesfalls in der Novellierung des Beamtenrechts erschöpfen soll.

Der Personalbestand in der Bundesverwaltung wird auch in Zukunft weiter verringert werden. Der vom Bundestag verabschiedete Haushalt für 1995 sieht vor, 1,5 Prozent der Stellen einzusparen. Die damit verbundenen und weitere Einsparungen bieten die Voraussetzung, um auch in Zukunft einen öffentlichen Dienst zu gewährleisten, der mit guter Bezahlung für besonders fähige Bewerber attraktiv bleibt. Die Bedeutung eines leistungsstarken öffentlichen Dienstes für eine hochkomplizierte Gesellschaft kann kaum überschätzt werden.

Mit ihrem Bericht zur Fortentwicklung des öffentlichen Dienstrechts vom 19. Juli 1994 hat die Bundesregierung bereits Schwerpunkte notwendiger Maßnahmen aufgezeigt. Ein Gesetzentwurf zu ihrer Umsetzung wird vorbereitet; er sieht u.a. vor:

1. Das Dienstrecht wird künftig mehr als bisher ein leistungsorientiertes, differenziertes und flexibles Handeln im Personalbereich ermöglichen. Die Verwaltung der Zukunft wird auch geprägt sein von einem schnelleren Wandel der öffentlichen Aufgaben. Innerhalb kurzer Zeit können erhebliche Personalverlagerungen notwendig werden. Dies verlangt mehr Mobilität der Beschäftigten in fachlicher und räumlicher Hinsicht, um gerade im Blick auf Personalabbau und -umschichtung die personellen Ressourcen des öffentlichen Dienstes bestmöglich nutzen zu können. Aus diesem Grunde sollen Abordnung und Versetzung - auch in andere Laufbahnen oder andere Amter - erleichtert werden.

2. Führungspositionen in der öffentlichen Verwaltung müssen optimal besetzt werden. Herausgehobene Funktionen mit Vorgesetztenaufgaben werden zunächst für die Dauer von zwei Jahren vergeben. Nur bei Bewährung wird das Amt auf Dauer verliehen. Auch vor jeder anderen Beförderung muß künftig der Beamte seine Eignung für einen höherbewerteten Dienstposten in einer Erprobung in der höheren Funktion tatsächlich beweisen.

Die wieder neu diskutierte generelle Vergabe von Spitzenpositionen auf Zeit löst kaum die Probleme. Es geht darum, die Leistungsfähigkeit und Effektivität der Verwaltung zu steigern; ein Feld für stärkere Einflußnahme von außen auf Führungsfunktionen darf nicht eröffnet werden. Der Rückfall in das frühere, niedrigere Amt käme der sonst nur im Wege einer Disziplinarstrafe möglichen 'Degradierung' gleich, ein solcher Beamter wäre kaum erfolgreich weiter verwendbar. Für die wenigen Funktionen, bei denen die politische Loyalität der Amtsinhaber zur jeweiligen Regierung von besonderer Bedeutung ist, gibt es die Institution des politischen Beamten (§ 36 BBG).

3. Die Bundesregierung erweitert auch in der neuen Legislaturperiode die Möglichkeiten der Teilzeitbeschäftigung im öffentlichen Dienst. Neben die weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen soll eine allgemeine, nicht an besondere Voraussetzungen gebundene Antrags-Teilzeit treten. Selbstverständlich muß und wird die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung voll erhalten bleiben. Den 'Beamten im Zweitberuf' oder den Zwangs-Teilzeit-Beamten lehnt die Bundesregierung ab.

4. Die Stärkung des Leistungsprinzips, u.a. die Einführung neuer, leistungsbezogener Elemente im Bezahlungssystem verlangt eine stärkere Differenzierung in der Beurteilungspraxis.
Ansatzpunkt hierfür ist auch das Beurteilungssystem, in dem in geeigneter Weise der Konzentration auf Spitzennoten, z.B. durch eine Vergabe von allgemeinen Richtwerten (Quote), entgegengewirkt werden muß.

5. Auf Initiative des Bundesministers des Innern prüft zur Zeit eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Hochschulrektorenkonferenz und der Kultusministerkonferenz die Frage des unmittelbaren Zugangs für besonders qualifizierte Fachhochschulabsolventen zum höheren Dienst.

6. Die Fortentwicklung des Dienstrechts muß auch das Bezahlungssystem umfassen. Stärkere Eigenverantwortung und stärkeres Engagement der Mitarbeiter sollen durch bessere Bezahlung belohnt werden. Auf konkrete Bedarfslagen muß flexibel reagiert werden können. Bedarfsorientierte Bezahlungsverbesserungen werden deshalb nur dort und nur so lange erfolgen, wie es die Sachlage erfordert.

Derzeit muß auf Kostenneutralität im ganzen geachtet werden; deshalb ist der finanzielle Handlungsspielraum für die Modernisierung des Bezahlungssystems zunächst gering.

- Wichtig ist die Neugestaltung der Gehaltstabellen. Die Bezahlungsverbesserungen nach bisherigem Recht - alle zwei Jahre durch Aufstieg in den Dienstaltersstufen - sind unter dem Schlagwort 'Mehr Geld durch Alterwerden' breiter Kritik ausgesetzt. Zukünftig soll das Aufsteigen im Gehalt auch leistungsabhängig und nicht wie bisher nur durch Zeitablauf erfolgen. Gleichzeitig wird das Lebenseinkommen degressiv umgeschichtet. Das Endgehalt wird folglich später erreicht, die hierdurch freiwerdenden Mittel werden in das erste Berufsdrittel verlagert. Hiermit sollen die erhöhten Belastungen in den ersten Berufsjahren, z.B. durch die Gründung eines Hausstandes oder einer Familie, berücksichtigt werden; die Attraktivität des öffentlichen Dienstes für Berufseinsteiger wird erhöht, die junge Familie soll so gefördert werden.

- Gleichzeitig wird die Vergabe von Leistungsprämien und Leistungszulagen für herausragende Mitarbeiter erprobt.

- Auch der Ortszuschlag wird verändert. Diejenigen Bestandteile des Ortszuschlags, die schon heute jeder erhält, werden in die Gehaltstabelle eingearbeitet. Die übrigen Bestandteile des Ortszuschlages bleiben als Familienzuschlag erhalten. Dabei soll jedoch das Einkommen des Ehegatten künftig ab einer bestimmten Einkommenshöhe berücksichtigt werden.

7. Besondere Bedeutung in der öffentlichen Diskussion haben gegenwärtig die Alterssicherungssysteme. Die Bundesregierung wird in diesem Jahr entsprechend dem Auftrag des Deutschen Bundestages einen Versorgungsbericht vorlegen; damit soll die Diskussion über die Versorgung im öffentlichen Dienst auf der Grundlage gesicherter Daten abgeschlossen werden, anschließende gesetzgeberische Maßnahmen in der Beamtenversorgung oder Anderungen im Tarifbereich sind noch nicht endgültig überschaubar. Es zeichnet sich aber bereits jetzt ab, daß jedenfalls Handlungsbedarf mit Blick auf das Problem der sog. 'Frühpensionierung' besteht, weil die Versorgungslaufzeit die Versorgungskosten entscheidend beeinflußt. Notwendig sind schon jetzt:

- Die Altersgrenze, nach der Beamte auf Antrag in den vorzeitigen Ruhestand treten können, wird vom 62. auf das 63. Lebensjahr angehoben.

- Sind Beamte nur für bestimmte Verwendungen dienstunfähig, sollen sie (ggfls. nach Umschulung) auch in andere Laufbahnen versetzt werden können (Rehabilitation vor Versorgung).

- Der Versorgungsabschlag (Abzug von der Pension bei vorzeitiger Pensionierung auf Antrag) soll bereits früher eingeführt werden (nicht wie in der Rentenversicherung erst ab dem Jahr 2002).

- Bestimmte Vergünstigungen werden beseitigt (z.B. Berechnung der Pension aus dem Endgrundgehalt, obwohl dieses bei Frühpensionierung noch nicht erreicht war).

- Verbesserung des ärztlichen Beurteilungsverfahrens, Einschaltung der obersten Dienstbehörden bei Frühpensionierungsanträgen.

Der deutsche öffentliche Dienst - Beamte, Angestellte und Arbeiter - hat wesentlichen Anteil am erfolgreichen Aufbau der Bundesrepublik Deutschland nach dem Krieg. Er hat seine Leistungsfähigkeit erneut beim Aufbau der neuen Bundesländer besonders bewiesen. Er ist vielen ausländischen Staaten ein Vorbild. Es gibt deshalb keinen Anlaß, von der bewährten Gliederung des öffentlichen Dienstes in unterschiedliche Gruppen abzugehen. Notwendig ist jedoch immer wieder, den öffentlichen Dienst an veränderte Verhältnisse anzupassen. Dies gilt für den Bereich der Gesetzgebung betreffend Beamte ebenso wie für das Tarifrecht der Angestellten und Arbeiter.

Die Eckpunkte sollen zu einer breiten Diskussion mit den Bundesländern und ihren Kommunen sowie den Berufsverbänden des öffentlichen Dienstes dienen. Ihre möglichst unverzügliche Überführung in einen Gesetzentwurf, der parteiübergreifende Zustimmung finden sollte, ist das Ziel der Initiative der Bundesregierung. 76 Prozent der Beamten, Richter und Soldaten (ohne Einrechnung von Bahn und Post) und 82 Prozent aller öffentlich Bediensteten sind bei den Ländern und Kommunen und lediglich knapp 12 Prozent beim Bund beschäftigt. Daher muß ein so groß angelegter Reformschritt auf möglichst breite Zustimmung treffen. Alle Beteiligten - Bund, Länder, Kommunen und Interessenverbände - sind aufgefordert, an dem jetzt in Angriff genommenen Reformwerk positiv mitzuwirken. Die Reform des öffentlichen Dienstes wird ein wichtiger Beitrag zur Sicherung des Standorts Deutschland im internationalen Vergleich sein und dazu beitragen, daß auch in Zukunft unsere Verwaltung in Europa jeden Spitzenvergleich besteht.






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