REFERAT-MenüDeutschGeographieGeschichteChemieBiographienElektronik
 EnglischEpochenFranzösischBiologieInformatikItalienisch
 KunstLateinLiteraturMathematikMusikPhilosophie
 PhysikPolitikPsychologieRechtSonstigeSpanisch
 SportTechnikWirtschaftWirtschaftskunde  



Zeltes





Einleitung

Das folgende Referat befaßt sich mit den beiden Wohnformen des Zeltes und des Hauses, wobei sich die Betrachtung über das Vorkommens dieser beiden Wohnformen auf Nordafrika beschränken soll, da sonst das Referat zu umfangreich werden würde. Anderseits lassen sich am Zelt in Nordafrika verschiedene Sachverhalte aufzeigen, wie zum Beispiel die Verdrängung von ursprünglich seßhaften Bauern und Viehzüchtern (der berberischen Urbevölkerung) durch arabische Nomaden und die damit verbundene Etablierung des Nomadismus mit dem Zelt als typischer Wohnform. Außerdem noch die Grenzen zwischen den Nomaden und den Seßhaften, was sich durch das Haus als die vorherrschende Wohnform manifestiert sowie die verstärkten Versuche der nordafrikanischen Regierungen, Nomaden seßhaft zu machen, wobei das Haus als vorherrschende Wohnform dient.



Es werden die naturräumlichen Gegebenheiten und die unterschiedlichen Lebensformen der Menschen vorgestellt, die sowohl das Zelt und das Haus bedingen. Im zweiten Teil soll dann der Übergang vom Zelt zum Haus dargestellt werden, d.h., das Seßhaftwerden der ursprünglich nomadisierenden Zeltbewohner, außerdem das Seßhaftmachen von Nomaden in moderner Zeit.


I. Eigenschaften des Zeltes

Im eigentlichen Sinne stellen Zelte Architektur dar, da das Wort Architekt auf das griechische Wort architektos zurückgeht, was wiederum 'der das Weben lenkt' bedeutet. Die Wände eines Hauses bestanden im klassischen Griechenland aus geflochtenen Zweigmatten, die mit Lehm oder Schlamm beschichtet wurden (FAEGRE, S.5).

Die augenfälligste Eigenschaft von Zelten besteht darin, daß sie keine Dauersiedlungen darstellen. Die meisten Nomadenzelte existieren nur so lange, wie die Familie, die in ihnen wohnt, wobei die Zelthüllen eine noch kürzere Lebensdauer - bis 10 Jahre- haben. Das bedeutet, daß die Zelthüllen regelmäßig ersetzt oder erneuert werden müssen. Wenn nun die Bewohner des Zeltes sterben, so stirbt auch deren Behausung, während unsere Häuser durch ihre Konstruktion und verwendeten Materialien dazu bestimmt sind, mehrere Generationen zu überdauern und zu beherbergen (FAEGRE, S.6).

(Meistens werden sie aber abgerissen, noch bevor sie im eigentlichen Sinne verschlissen und verbraucht sind.) Ein anderer Unterschied besteht darin, daß unsere Häuser vermietet oder verkauft werden können, Zelte hingegen nicht.

Ein weiterer Unterschied zwischen dem Haus und dem Zelt besteht darin, daß das Zelt keine vergleichbare scharfe Trennung zwischen Innen und Außen wie das Haus vornimmt; im Zelt bläst bei schlechtem Wetter der Wind durch die Zeltöffnungen, es regnet durch das Flechtwerk oder es schneit durch den Rauchabzug, was einen unmittelbaren Kontakt zur Außenwelt gewährleistet (FAEGRE, S.11).

Hinzu kommt noch die leichte Transportierbarkeit, das geringe Gewicht und die daraus resultierende Anpassungsfähigkeit an Veränderungen wie jahreszeitliche Klimaänderungen (durch Wanderungen in klimatisch günstigere Gegenden), aber auch gesellschaftlichen Druck, der die Nomaden zum Weiterziehen bewog (FAEGRE, S.5).

Wie aus oben ausgeführten Eigenschaften hervorgeht, wird die Wohnform 'Zelt' bedingt durch periodische Veränderungen im Landschaftshaushalt. Durch die unregelmäßige und geringe Vegetation in den Wüstenrandgebiete werden die Nomaden gezwungen, sich nach einer relativ kurzen Zeit neue Weidegründe zu suchen. Wegen Frost oder Schnee in den höher gelegenen Gebieten müssen die Nomaden und Halbnomaden ihre Herden im Winter entweder in die tiefer liegenden, milderen Gebiete oder in die Wüste treiben. Auch der Bedarf an Brennmaterial kann die Ursache eines Ortswechsels sein, insbesondere dann, wenn der Kamelbestand zu gering ist (NAGEL, S.1)

Das Zelt kommt in den unterschiedlichsten Größen vor; die Spanne reicht von den kleinen Zelten der Schäfer über das normale Familienzelt von etwa 15-60m¨ bis zu den übergroßen Zelten sehr reicher und angesehenen Familien. Die Vollnomaden der Sahara und der angrenzenden Gebiete, für die das Zelt die einzige Behausung darstellt, bewohnen größere Zelte (rund 50-60m¨) als die Halbnomaden, die während ihrer Wanderzüge einen Teil ihres Besitzes in festen Häusern zurücklassen (RIPSAM, S.18). Ein solches Magazin, was in unmittelbarer Nähe zu den Seßhaften errichtet ist, ist auf dem beigefügten Photo abgebildet.


II. Bewohner der Zelte

Im oberen Abschnitt wurden die Bewohner schon mehrmals erwähnt. Es handelt sich um Nomaden, die man mit 'Wanderhirten' wohl am besten charakterisieren kann. Ganz eng ausgelegt fallen darunter nur solche Menschengruppen, die vorwiegend von nicht ortsfester Viehzucht leben. Unter Nomadismus ist somit eine nicht-seßhafte Wirtschaftsweise zu verstehen, die noch in Voll- und Halbnomadismus unterschieden wird.

Die moderne Definition läßt ein geringes Maß an landwirtschaftlichen Anbau beim Vollnomadismus zu. Nimmt der des Pflanzenbaus einen größeren Umfang an, so spricht man von Halbnomadismus (NAGEL, S.1)


II.1. Geschichte des Nomadismus in der Sahara

In der Jungsteinzeit um 5000 bis 3500 BP, als in der Sahara noch günstigere Klimabedingungen als heute herrschten, siedelten in den heutigen Sandgebieten der Sahara noch eine relativ dichte ackerbaubetreibende Bevölkerung. Im Spätneolithikum und in der Metallzeit um 3500-2800 BP wurde die heutige Wüste von Rinder- und Pferdezüchtern, sowie auch noch von Ackerbauern bevölkert, somit stellt die Einführung des einhöckigen Kamels , dem Dromedar, durch die Römer unter Septimus Severus in den Küstenländern Nordafrikas im 1.Jahrhundert v.Chr., eine wichtige Veränderung dar. Das Dromedar stammt ursprünglich aus Arabien und Mesopotamien, wovon es die Römer nach Nordafrika brachten.

Das Dromedar breitete sich rasch südwärts aus, wobei die fortschreitende Austrocknung der inneren Sahara um 2200 BP die Ausbreitung des Dromedars als Hauptzuchttier förderte, da dessen physische Widerstandsfähigkeit und Genügsamkeit gegenüber dem Vorteil der höheren Milchproduktion des Rindes überwog. Nicht nur für die Eigenversorgung der Kamelzüchter mit Milch, Fleisch, Fett, Wolle, Leder und Brennmaterial (getrockneter Dung) war das Dromedar von Bedeutung, sondern auch als Transportmittel für die Zelte und den Hausrat.

Bei der Austrocknung der Sahara um 2200 BP wurde die ältere negride oder äthiopide Bevölkerung, die Viehzüchter waren, aus der Sahara nach Süden verdrängt und andere Bevölkerungsgruppen konnten in diesen freigewordenen Lebensraum nachrücken, wenn sie die Viehzucht aufgaben (NAGEL, S.1)

Dies war mit dem genügsamen und wüstenfesten Kamel möglich, da in den Randgebieten der Sahara nur noch kärgliche Steppenvegetation vorhanden war. Hier vollzog sich also der Übergang zum Vollnomadismus und mit ihm das Angewiesensein auf eine Behausung, die sich den Bedürfnissen der Bevölkerung und deren Versorgung anpaßt, nämlich dem Zelt.

Als die Araber im 7.Jhdt.n.Chr. nach Nordafrika einfielen, förderten sie die Verdrängung der berberischen Urbevölkerung aus dem nordafrikanischen Küstensaum, unter Aufgabe ihrer landwirtschaftlich genutzten Fläche, in die Wüstengebiete der Sahara, und somit den Nomadismus.

Um die Mitte des 11. Jhdt. erfolgte ein gewaltiger Vorstoß von arabischen Beduinen vom Stamme der Beni Hilal, Beni Solaym und Beni Makil, der als die Hilalische Wanderung in die Geschichte einging. Rund 1 Mio. Beduinen haben dabei weniger die Städte, sondern die offenen Landschaften im schwach bevölkerte Nordafrika überschwemmt, das damals fast ausschließlich von seßhaften und nomadisierenden Berbern bewohnt war. Die Hilal und die Solaym kamen als Nomaden mit ihren Familien und Herden, reklamierten Agrarland als Weideland, was wiederum das Seßhaftwerden einiger ursprünglicher Nomadengruppen zur Folge hatte (RIPSAM, S.10)

Entweder gründeten diese (Rückzugs-) Siedlungen in schwer zugänglichen Regionen oder außerhalb der Weideflächen neue Städte wie zum Beispiel Timbuktou im heutigen Mali.

Während der seßhafte Bauer an seinen Grund und Boden gebunden ist, so benötigen die Nomaden zu jeder Jahreszeit Weideflächen für die Tiere. Das Selbstverständnis der Nomaden drückt am besten ein Tuareg-Sprichwort aus: 'Die Hacke bringt Schande über das Haus'.

Anderseits zwingen Trockenperioden, und somit der Verlust der Weidegründe, die Nomaden immer wieder dazu, Unterschlupf bei den Seßhaften zu suchen, wobei aber die Halbnomaden feste und befestigte Magazine besitzen. In solchen Gewölbebauten werden Vorräte wie Datteln und Getreide aufbewahrt (SCHWARZ, S.83)







II.2. Verbreiter und Verbreitung des Zeltes

Das Zelt, was in den vorangegangenen Abschnitten der Gegenstand ist, ist das sogenannte schwarze (Nomaden-) Zelt Die Beduinen nennen ihr Zelt beït sh'ar , das 'Haus aus Haaren', sich selbst Ahl el beït, das 'Volk des Zeltes'. [Anm.: Außerdem bedeutet beït in der arabischen Sprache auch 'Haus'.] Es ist das Zelt der Bibel, der Juden, Araber und weiterer Stämme in Afrika und Asien, wobei Araber wörtlich übersetzt 'Zeltbewohner' heißt (FAEGRE, S.20).



Ursprünglich stammt das schwarze Zelt wohl aus Mesopotamien. Der Entstehung ging die Zähmung von Ziegen und Schafen voraus, da beide Tiere die Materialien für den Zeltbau liefern. Das schwarze Zelt wanderte vom Ursprung westlich bis an die Atlantikküste. Es stellt eine ausgezeichnete Anpassung an die subtropische Trockengebiete mit ihren geringen Niederschlägen dar (FAEGRE, S.13).

Das Zelt sichert weniger vor Regengüssen - obwohl es dazu auch fähig ist, was aber später behandelt wird- sondern es bietet genügend Schutz gegen die nächtliche Abkühlung und die Staubstürme.

Ethnologische Untersuchungen ergaben, daß es nicht wie die Kuppel- und Stangenzelte an verschiedenen Stellen der Erdoberfläche bei verschiedenen Völkern entstand. Vielmehr war im eng begrenzten Verbreitungsgebiet und der Voraussetzung, die Webtechnik zu beherrschen, der Grund zu suchen , daß es von indoeuropäischen Nomaden entwickelt und frühzeitig von semitischen Stämmen übernommen wurde.

Nach Nordafrika gelangte das schwarze Zelt aber erst mit der arabischen Einwanderung und es wurde nicht weiter im afrikanischen Kontinent verbreitet. Einzig die tunnelförmigen Hütten der Massai stellen eine gewisse Übergangsform dar.

Bevor die Araber das Zelt in Nordafrika einführten, benutzten die Nomaden und die Seßhaften mit Matten bedeckte Hütten. Das leichter zu transportierende Zelt verdrängte jedoch diese ursprüngliche nomadische und seßhafte Wohnform. Bei den Tuareg finden sich beide Wohnformen, sowohl das Zelt mit einer Plane als auch die mit Matten bedeckte Hütte (SCHWARZ, S.81).

Die Form des schwarzen Zeltes wurde den Bedingungen der jeweiligen Umgebung angepaßt. D.h., in niederschlagsreichen Gebirgsgegenden wurde das Dach spitz nach oben aufgerichtet, damit der Regen daran ablaufen kann. In der Wüste wurde es flach und möglichst niedrig gehalten, damit die Bewohner sowohl vor der Hitze als auch vor Sandstürmen geschützt waren.

In heißen Gegenden wurde es nach zwei Seiten offen gehalten, um Durchzug zu gestatten, in kälteren Landstrichen wurde es völlig geschlossen gehalten (FAEGRE, S.13 f).

Wieso ist das Zelt eigentlich schwarz ? Ein schwarzes Dach spendet mehr Schatten, da das Schwarz die Hitze absorbiert und die locker gewebten Seitenwände lassen die Hitze gleichzeitig nach außen verströmen. So ist es im Zeltinnern immer um 10-15°C kühler als draußen. Gleichzeitig bietet der Zeltstoff, obwohl er lose gewebt ist, einen guten Regenschutz. Im feuchten Zustand schwillt das Garn an und schließt somit die Löcher in der Zeltplane. Zusätzlich läßt das natürliche Fett des Ziegenhaares den Regen eine Zeitlang außen ablaufen. Bei einem längeren Guß wird es schließlich doch durchregnen und das vollgesogene Zelt wird dermaßen schwer, das es von den Lasttieren beim Wegziehen kaum noch transportiert werden kann (FAEGRE, S.16).

Wie oben schon kurz aufgeführt, sind die Bewohner des schwarzen Zeltes Weber, die mit dem in jedem Zelt vorhandenen Webstuhl verschiedene Tuchsorten herstellen. Für das Zeltdach und die Spannbänder wird ein sehr festes Tuch hergestellt, da es wasserundurchlässig sein soll. Wohingegen die Seitenwände nicht so fest gewebt werden, um winddurchlässig zu sein, sei es zur Belüftung und Kühlung, oder für die Erhöhung der Standfestigkeit.

Die Zeltplane setzt sich aus mehreren aneinandergenähten langen Stoffseiten, den aflij (Singular: flij) zusammen die dadurch zur Zähleinheit für die Größe des Zeltes werden. [Der in Moses 2,26, 7-14 erwähnte Bau eines Wohn- oder Tabernakelzeltes bezieht sich auf diese Stoffbahnen. Zu beachten ist die genaue Angabe der Maße, 30 x 4 Ellen (1 Elle = 45,72 cm), was auf das Alter dieses Systems schließen läßt.] (FAEGRE, S.16)

Die aflij werden je nach Stammeszugehörigkeit unterschiedlich eingefärbt, wobei die  Zelte der Ulad Nail in der Mitte bräunlich-schwarz mit rotbraunen Rändern gefärbt sind.

Die Zelte der Nemenscha sind rot, braun und schwarz gestreift, die Tschambazelte sind schwarz und grau.

Gewöhnlich sind die Bahnen 60-80cm breit und durch Annähen erweiterbar oder durch Zerlegen verkleinerbar. Der Zeltstoff hat eine Lebensdauer von 5 bis 6 Jahren. Um eine möglichst lange Lebensdauer des Zeltes zu erhalten, werden jährlich neue Stoffbahnen von der Mitte aus in die Zeltplane eingefügt.

Wie schon erwähnt, ist die Lebenszeit des Zeltes mit der Lebenszeit der Bewohnern identisch. Ein neues Zelt wird dann hergestellt, wenn eine neue Familie gegründet wird und solange diese Familie besteht, wird das Zelt ständig erneuert (FAEGRE, S.17).

Mehrere Zelte stehen üblicherweise in einem Kreis, dem duar, zusammen, mit den Eingängen zur Mitte hin. In einem solchen Lager vermeidet es strikt, ein Zelt so aufzustellen, daß sein Eingang direkt auf ein anderes gerichtet ist, um damit die Gefahr der Übertragung von unheilvollen Kräften zu vermindern. Früher bildeten solche Zeltlager eine Schutzgemeinschaft mehrerer miteinander verwandter Familien. Zum Schutz gegen mögliche Überfälle wurden die Lager mit Gräben, Wällen und Dornhecken umgrenzt. Heutzutage stellt man die Zelte in einer Reihe oder weit von einander entfernt auf, als ein Zeichen der Auflockerung von verwandtschaftlichen Banden und der mittlerweile größeren Sicherheit, die aus mangelnden Raubüberfällen resultiert (RIPSAM, S.9).


II.3. Erbauer des Zeltes

Die Frauen sind in den Nomadengesellschaften die Architekten. Ihnen wird auch innerhalb des Zeltes mehr Platz als den Männern eingeräumt, da sie häufiger innen arbeiten als die Männer. Die Männer stellen allenfalls die Holzteile her, wohingegen die Frauen es sind, die Stoffe weben, Felle gerben, das Leder bearbeiten und damit die Gestaltung des Zeltes bestimmen. Auch für den Zeltauf- und -abbau sind die Frauen zuständig, nur die ganz großen Zelte werden von den Männern aufgestellt (FAEGRE, S.11).




II.4. Aufteilung des Zeltinnern

Die Araber schlagen ihr Zelt entweder mit der Frontseite nach Osten in Richtung Mekka oder nach Süden hin auf. Die Rückseite ist den Nordwinden zugewandt und die Männerabteilung nach Osten gekehrt. Das Männerabteil ist durch einen Trennvorhang, der quata, vom Frauenteil abgetrennt, wobei die Frauenseite nimmt den größten Teil des Zeltes ein.

Es ist die Abteilung, in der sich das Privatleben der Zeltbewohner abspielt und wo gearbeitet wird und wohin außer dem Zeltbesitzer kein anderer Mann Zutritt hat. Das Zelt gehört also dem Mann, doch es wird immer von der Frau regiert. Hat ein Mann mehr als eine Frau, so ist er verpflichtet, jeder von ihnen ein Zelt zu stellen. Das Zelt wird als Heiligtum betrachtet, was den Hausherr zum Schutz und zur Hilfe verpflichtet (FAEGRE, S.24).


Die Aufteilung des Schwarzen Zeltes

(Quelle: FAEGRE, S.28)

























III. Das Haus und die Siedlung

Einleitung

Der Islam entstand in der Welt der Nomaden, in den Weite der Steppen und Wüsten Arabiens und er fand die Grenzen seiner Ausbreitung dort, wo die Trockentäler zwischen Marokko und Innerasien an andere Landschaftsbereiche anstießen. Nichts weist auf eine gewisse 'arabische Form' der frühen Architekturen Arabiens hin; die geringe Zahl städtischer Siedlungen überhaupt beweist, daß das Land weder zur Urbanisierung geeignet war, noch das darin Ehrgeiz seitens der Bevölkerung aufgebracht wurde (SIUS, S.52).

Es ist unmöglich, vom arabischen Haus als eine Art Typ zu sprechen, aber es ist möglich, auf Typen hinzuweisen, die Araber etwa im Maghreb bewohnten (SIUS, S.53).

Allerdings ist der theoretische Oberbau des Islams ein entscheidendes Element beim Bau eines Hauses. Er bildet die Lebensgewohnheiten und Gebräuche aus, er prägt die Familienstruktur der Großfamilie, bei der Heirat den Zuzug von Personen in den Familienkreis bedeutet. Die wechselnde Familiengrößen machen eine ständige Anpassung der Wohnung an unterschiedliche Nutzer und Nutzungen notwendig. Erweiterungen werden benötigt, wenn der Besitzstand wächst oder die Bauten verfallen, wenn er abnimmt. Den Zelten der Nomaden nicht unähnlich ist das andauernde Bedürfnis nach Veränderung der Wohnung. Dies bedeutet für den einzelnen Raum, daß er nutzungsneutral wegnehmbar aber auch addierbar sein muß. Hierbei schält sich ein additives Prinzip heraus, nämlich die Wohnung ist die Addition von einzelnen Raumzellen (SIUS, S.1).

So wie bei den Zelten für die jeweilige Familiengrößen einzelne Zeltbahnen entweder aus der Zeltplane herausgenommen oder in sie eingearbeitet werden kann. Allerdings besteht hier ein wichtiger Unterschied: wird eine neue Familie gegründet, so wird ein neues Zelt benötigt, innerhalb eines Hauses werden neue Räume oder Anbauten für die neuen Familienmitglieder benötigt. Eine Addition der Wohnräume symbolisieren die Ghorfas in Tunesien, aber auch die Höhlen in Matmata, wo der zusätzliche Raum eine neue Höhle ist.

Den Hausbau, sowie das Anlegen von Siedlungen, besorgten andere, d.h., die nicht arabischen Moslems wie die Berber oder die Kabylen (SIUS, S.52).

Das änderte sich erst mit der Vertiefung und Verinnerlichung des islamischen Denkens und unter dem Einfluß anderer Nationen innerhalb der umma, wie der Perser, Berber und Türken.

Das Haus der Moslems hat bestimmte, sowohl aus natürlichen Gegebenheiten als auch aus der geistig-seelischen Sphäre des Menschen herauswachsende Aufgaben zu erfüllen. Die natürliche Umgebung fordert vom Haus, das es seine Bewohner gegen die wochenlange Sommerhitze, gegen die Winterkälte, gegen die zwar seltenen, dann aber sintflutartig, fallenden Regengüsse und gegen Sand- und Staubstürme schützt. Prinzipiell zwingen die atmosphärischen Einflüsse nicht zum Hausbau, da das Zelt diese erforderlichen Schutzanforderungen erfüllt.

Allerdings bietet das Haus dem Moslem die Möglichkeit, sich räumlich abzusondern und ein Leben nach eigener Ordnung, von niemanden beobachtet zu führen (SIUS, S.53).

Wie eng zum Beispiel Familie und Haus zusammenhängen, wird an dem kabylischen Wort für 'Haus' (akhkham) ersichtlich; es bezeichnet gleichzeitig das traditionelle Wohnhaus und die Großfamilie (RIPSAM, S.22). Das Haus bildet die Voraussetzung für den Zusammenhalt der Familie und es dient für die wichtige Abschottung der Frau gegenüber der Umwelt, und zwar sowohl räumlich als auch geistig.

Allerdings zwang der Mangel an Baumaterialien zu eingeschränkten Gestaltungsmöglichkeiten. Je nach Landschaft sind zwischen  Schilf-, Zweiggerüst-, Holz-, Stein- und Lehmbauweisen zu unterscheiden (SIUS, S.53).


III.1. Beispiel eines islamischen Stadtwohnhauses

(M'zabitisches Wohnhaus in Algerien)

M'zabiten sind durch die Islamisierung und die Hilalische Wanderung zurückgedrängte Berber, die sich in ein besonders unzugängliches Tal zurückgezogen haben. Dort gründeten sie 1011 die Stadt El Ateuf.

Die Stadtstruktur ist typisch 'islamisch. Ein Netz winkliger und enger Sackgassen durchzieht das dichte Baugefüge, wobei dieses einem Gewebe gleicht, in dem das Haus die Zelle und der Hof der Zellkern ist. Das Haus zeigt sich nach außen geschlossen (SIUS, S.5).

Man betritt es über den Pfortenraum (skifa), dessen beider Türen im Winkel oder Versatz zueinander angeordnet sind, damit bei der offenstehenden Tür keine Einsichtsmöglichkeit in das Haus besteht.

Nach der zweiten Tür betritt man einen Nebenraum. Bis hierher ist das Haus halb-öffentlich. Der Raum dient dem unverbindlichen Zusammentreffen mit Leuten aus der Nachbarschaft oder auch fremden Gästen. Überdies wird in ihm während der Gebetsstunde auch gemeinsam gebetet.

Danach tritt man in den zentralen Hof, um den herum Küche, Vorratslager und der Arbeitsraum der Frau (tizifri) angeordnet sind. Die Wand zwischen tizifri und skifa besitzt in Sitzhöhe ein kleines Loch, das den Blick auf die Straße freigibt. Somit kann die Frau, die ihre Arbeit sitzend auf dem Boden verrichtet, den Hauseingang kontrollieren und das Geschehen auf der Straße beobachten, ohne dabei selbst gesehen zu werden (SIUS, S.6).

Aufschnitt eines m'zabitischen Wohnhauses

(nach SIUS, S.6)

























III.2. Siedlungsform

Wie im vorangegangenen Kapitel erwähnt, waren Expansionsbewegungen von Nomaden der Grund für das Zurückziehen von Seßhaften. In bestimmten Regionen wie dem M'zab in Algerien, oder im Süden Tunesiens wurden Wehrsiedlungen,, die ksour errichtet, um sich gegen die Überfälle der Nomaden besser zu schützen. Die seßhaften Oasenbauern waren gezwungen, sich in Wehrsiedlungen zusammenzuschließen. Die daraus entstandenen ksour (Singular: ksar) werden von der bodenbauenden Bevölkerung bewohnt. Sie stellen kein zufällig gewachsenes Gebilde wie etwa ein Gebirgsdorf dar, sondern geplante und einheitliche Gebilde.

In ihm leben die verschiedenen Sozialen Gruppen nach Vierteln getrennt. Die Größe eines Ksar variiert beträchtlich, von 5-6 Häusern bis zu mehreren 100. Ein ksar ist aber selten größer als 1 bis 1½ ha mit 400-1000 Einwohnern. Liegt die Einwohnerzahl höher, so bilden sich mehrere ksour, aber kein großer ksar (RIPSAM, S.20f).


IV. Seßhaftmachung von Nomaden

Die Seßhaftmachung von Nomaden soll am Beispiel der Siedlung Klip Dokhan in Tunesien gezeigt werden. Das Dorf liegt ca.50 km westlich von Gabés inmitten des tunesischen Steppengürtels. Das Dorf wurde gegen Ende der 70er Jahre angelegt. Von der äußeren Morphologie ausgehend, stehen die einzelnen Häuser verhältnismäßig weit auseinander, wobei kein eigentlicher Dorfkern ersichtlich ist. Diese Streulage der einzelnen Häuser soll die verschiedenen Nomadensippen voneinander trennen und ihnen das Gefühl von Weite geben. Die vorherrschenden Hausformen sind aus Betonsteinen hergestellte Kastenhäuser, die aber kaum als Wohnhäuser genutzt werden. Vor den Häusern errichteten die Nomaden informelle Siedlungsformen, die dem verlorengegangenen Zelt nachgeeifert sind.

Die Gründe für die Seßhaftmachung der Nomaden sind auf der einen Seite eine bessere staatliche Kontrolle, anderseits zwingt der Bevölkerungsdruck zu einer Ausweitung des Ackerbaus, was mit einer Verringerung der Weidegebiete der Nomaden einhergeht. Außerdem trägt die Absicht des Staates, der jugendlichen Nomadengeneration eine Schulbildung zu ermöglichen, auch zu einer Seßhaftmachung bei.

Allerdings leben viele dieser seßhaft gewordenen Nomaden halbnomadisch. Im Frühjahr und Sommer ziehen die Hirten mit Viehherden in die südlichen oder nördlichen Weidegebiete.

Die Familie des Hirten fährt dann häufig mit einem gemieteten LKW in das Weidegebiet. Durch die fortschreitende Ausweitung des Ackerbaus bleiben nur noch wenige Weidegebiete übrig, deren Größe durch den Ackerbau weitestgehend verkleinert wurde. Diese, im Vergleich zu vollnomadischen Weideflächen, kleineren Weideflächen, werden von den Herden sehr stark und schnell überweidet, was zu einer Degradation dieser Flächen führt (NAGEL/RIPSAM, S.8f).

Auf lange Sicht betrachtet, werden solche ökologische Veränderungen das Nomadentum aussterben lassen, was allerdings nicht automatisch zum Aussterben des Schwarzen Zeltes führen wird; es findet bei der Seßhaftmachung als eigentliche Wohnform weiter Verwendung.


Literaturverzeichnis:


Faegre, Torvald (1980): Zelte, die Architektur der Nomaden. Hamburg


Städtebauliches Institut Universität (SIUS) (1982): Grundzüge des islamisch-arabischen Städtebau. Seminarbericht über das Planen in Entwicklungsländern.


Nagel, Jörg (1990): Geschichte des Nomadismus in Nordafrika. Seminararbeit. Stuttgart


Nagel, Jörg / Ripsam, Martin (1992): Tagesprotokoll über Klip Dokhan vom 24.2.1992 der Tunesienexkursion vom 19.2.- 17.3.1992 des Geographischen Instituts der Universität Stuttgart.


Ripsam, Martin (1990): Die Berber. Seminararbeit. Stuttgart.


Schwarz, Gabriele (41989): Allgemeine Siedlungsgeographie. Teil 1: Die ländlichen Siedlungen; die zwischen Land und Stadt stehenden Siedlungen. Berlin, New York.













Haupt | Fügen Sie Referat | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen







Neu artikel