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DIE SITUATION IN OSTERREICH



DIE SITUATION IN ÖSTERREICH


In Österreich entstand am 27. April 1945 die Zweite Republik. Von 1945 bis 1955 blieb das Land von den alliierten Mächten Frankreich, Großbritannien, UdSSR und USA besetzt, die es von der Herrschaft des Nationalsozialismus befreit hatten, doch durch den Abschluß des Staatsvertrags am 15.5.1955 erlangte Österreich seine staatliche Souveränität. Am 26.10.1955 beschloß das Parlament die immerwährende Neutralität des Staates Österreich.


In der ersten Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte im österreichischen Geistesleben allerdings eine äußerst konservative Grundstimmung vor, die sich der Ausbildung einer künstlerischen Moderne widersetzte.


Als bedeutendster Autor dieser Jahre gilt heute der Romancier und promovierte Historiker Heimito von Doderer. In seinen Romanen ,,DIE STRUDLHOFSTIEGE' (1951) und ,,DIE DAMONEN" (1956) er ein umfassendes Bild der Stadt Wien zwischen 1910 und 1930. Darin ist jeweils eine Vielzahl von Lebensabläufen ineinander verflochten, die alle in einem engmaschigen Netz von Bezügen zueinander ste­hen. Doderer erstrebte einen "totalen Roman" der die Realität in ihrer Gesamt­heit einfangen sollte. Wichtig wurde dabei der Begriff der "Apperzeption', des durch kein Vorurteil verfälschten Blicks für die Wirklichkeit: vorgefaßte Mei­nungen und Ideologien sollten den Zugang zur Wirklichkeit nicht verstellen. Eine derartige Kritik an der Befangenheit durch vorgefaßte Meinungen und Ideo­logien entsprach durchaus der geistigen Situation unmittelbar nach der national­sozialistischen Herrschaft.




Charakteristisch für die Arbeiten der "Wiener Gruppe", die an Surrealismus und an kabarettistische Traditio­nen anknüpften, war ein hohes Bewußtsein von den so­zialen und politischen Konsequenzen des Gebrauchs von Sprache. So faßten Konrad Bayer und Oswald Wiener die Sprache als geschlossenes System aus gesellschaftlichen Spielregeln auf, die den Blick auf die Wirklichkeit nicht mehr zuläßt. Auch Gerhard Rühm und Friedrich Achleitner konstruierten ebenfalls sprachkritische Texte. Der bekannteste Autor wurde jedoch Hans Carl Artmann, unter anderem durch den Erfolg seiner Dialektgedicht­sammlung "MED ANA SCHWOAZZN DINTN" (1958) die auf volkstümliche Stoffe, Sagen, Trivialliteratur und Comics zurückgriff.


Im Umfeld der "Wiener Gruppe" wurde Ernst Jandl vor allem durch seine geistvollen, oft mit viel Humor gestal­teten experimentellen Gedichte bekannt z.B.: "LAUT UND LUISE" (1966), "SPRECHBLASEN" (1968), "DIE BEARBEITUNG DER MÜTZE", 1978, "SELBSTPORTRAT DES SCHACHSPIELERS ALS TRINKENDE UHR", 1983). Friederike Mayröcker verwendet in ihren Texten experi­mentelle Verfahrensweisen wie Montage und Collage dazu, Wörter und Satzele­mente in assoziativer Reihung miteinander zu verbinden (Prosa: z.B.: "DIE ABSCHIEDE" (1980), "DAS HERZZERREISSEN DE DER DINGE" (1985); Lyrik: z.B.: "WINTERGLÜCK" (1986)).


Der experimentelle Umgang mit Sprache, war generell ein Thema zeitgenössischen Schreibens und ist somit für die österreichische Gegenwartsliteratur ganz besonders charakteristisch. Viele Autoren beschäftigen sich mit der Funktion der Sprache als Herrschaftsinstrument und die Wirkung auf das menschliche Denken. Häufig bezogen sich die Autoren auf den österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein, der bereits in seinem frühen ,,TRACTATUS LOGICO-PHILOSOPHICUS' (1922) in der Sprache das zentrale Thema der Philosophie gesehen hatte. In den "PHILO­SOPHISCHEN UNTERSUCHUNGEN"(1949) prägte Wittgenstein den Begriff des "Sprachspiels" (das Sprechen der Spra­che ein Teil ist einer Tätigkeit oder einer Lebensform). Er zeigte hiermit die Willkürlichkeit aller sprachlichen Festlegungen.


Die "Grazer Grup­pe" ist eine lose Verbindung von Schriftstellern, die sich aus dem "Forum Stadt­park" gebildet hat. Die von dem Grazer Lyriker und Prosaschriftsteller Alfred Kolleritsch herausgegebenen "manuskripte" wurden auch zur wichtigsten österreichischen Literaturzeitschrift der letzten Jahrzehnte.

Helmut Eisendle hat naturwissenschaftliche Fächer studiert (Biologie, Psychologie), bezweifelt aber in seinen literarischen Tex­ten, etwa dem Roman "JENSEITS DER VERNUNFT" (1976) die Fähigkeit der Wissen­schafts- wie der Alltagssprache, die Wirklichkeit wiederzugeben.

Barbara Frischmuth gibt in ihrem Roman ,,DIE KLOSTERSCHULE' (1968), sowie in ihrer märchenhaft-mythologisch gestaltete Romantrilogie "DIE MYSTIFIKATIONEN DER SOPHIE SILBER" (1976), "AMY ODER DIE METAMORPHOSE" (1978), und "KAI UND DIE LIEBE ZU DEN MODELLEN" (1979) weibliche Erziehungsmuster wieder. Noch schonungsloser erfolgt die Bloßstellung patri­archalischer Herrschaftsstrukturen in den Werken von Elfriede Jelinek, wie z.B.: "DIE LIEBHABERINNEN" (1975), "DIE AUSGESPERRTEN" (1980), die die Auswirkungen männlicher Macht auf Sprache und Bewußtsein aufzeigen.


Gerhard Roth ein Autor der "Grazer Gruppe", der (wie Elfriede Jelinek) später nach Wien übersiedelte, der sich mit der kritischen Durchleuchtung der Provinz, oftmals verbunden mit einer Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit unseres Landes befaßt.

Auch Hans Lebert schildert in seinem Roman "DIE WOLFSHAUT" (1960) die Vertuschung eines in der NS-Zeit in einem Dorf verübten Verbrechens. Gerhard Fritsch stellt in seinem Roman "FASCHING" (1967) die spießbürgerliche Restauration in einer Kleinstadt nach dem Krieg an den Pranger und entlarvt das Weiterwirken faschistischer Gedanken unter dem Deckmantel eines pervertierten ländlichen Brauchtums. Besonderes Aufsehen erregte in den siebziger Jahren die literarische Entzau­berung der ländlichen Idylle in den Romanen "SCHÖNE TAGE" (1974) und "SCHATTSEITE" (1975) des Salzburgers Franz Innerhofer.

Eine mildere Form der Darstellung findet sich bei Alois Brandstetter. Auch er knüpft mit seinen Erzählungen und Romanen an die Tradition der Heimatgeschichten an, wobei er mit gezieltem Sprachwitz soziale Miß­stände und alle Arten von Vorurteilen offenlegt ("ÜBERWINDUNG DER BLITZANGST" (1971), "ZU LASTEN DER BRIEFTRAGER" (1974)).




Peter Turrini kritisiert in seinem Stück "SAUSCHLACHTEN" (1971) faschistoide Verhal­tensweisen gegenüber Behinderten. Auch der Tiroler Felix Mitterer befaßt sich in seinen Stücken vorwiegend mit Tabuzonen seiner ländlichen Umgebung: "KEIN PLATZ FÜR IDIOTEN" (1979) handelt von der Ausgrenzung geistig Behinder­ter, "STIGMA. EINE PASSION" (1982) überliefert das Schicksal einer jungen Frau im 19. Jahrhundert als Opfer von Vergewaltigung und Exorzismus.


Insgesamt nahmen die österreichischen Schriftsteller ab den sechziger und siebziger Jah­ren auch innerhalb der gesamten deutschsprachigen Literatur einen immer bedeutsameren Platz ein.

Unter anderem Ingeborg Bachmann, Kärtnerin, die ein Philosophiestudium absolvierte und in Rom an den Folgen von Brandverletzungen starb. Ihr Gedicht "FREIES GELEIT (ARIA II)" (1957) ist ein gelungenes Beispiel dafür, daß eine bilderreiche Sprache durchaus historisch benennbare Inhalte auszudrücken vermag. Besonders bedeutsam sind auch Bachmanns Hörspiele, wie "DER GUTE GOTT VON MANHATTAN" (1958). Der "gute Gott von Manhattan" muß sich vor Gericht dafür verantworten, daß er eine Serie von Anschlägen auf  Liebende unternommen hat. Er begründet sein Vergehen durch eine Art Glaubensbekenntnis, in dem er angibt, daß das größte Verbrechen der Menschheit die Liebe sei.


Thomas Bernhards (1931-1989) Hauptthema war stets die Beschädigung des einzelnen durch seine naturgegebene und gesellschaftliche Umgebung. Auch bei ihm findet sich die oben genannte schonungslose Entzauberung der österreichischen Provinz. Seine Prosatexte z. B. "FROST" (1963), "VERSTÖRUNG" (1967), "KORREK­TUR' (1975) bestehen fast immer aus endlosen Monologen äußerst einsamer Menschen, die sich zumeist mit dem Nie­dergang der kulturellen und staatlichen Lebenssysteme beschäftigen. Viele von Bernhards Figuren sind kranke oder alte Menschen, die (wie er selbst schon in jungen Jahren durch eine schwere Lungenkrankheit) am eigenen Leib die Hinfäl­ligkeit des menschlichen Lebens erfahren müssen. Der Autor hat immer großen Wert auf die formale Gestaltung seiner Bücher gelegt, die deutlich nach musikalischen Stilprinzipien gearbeitet sind (Bernhard hat selbst am Salz­burger Mozarteum Musik und Schauspiel studiert). In seiner fünfbändigen Autobiographie "DIE URSACHE", "DER KELLER", "DER ATEM", "DIE KALTE", "EIN KIND" (1975-1982) hat Bernhard die Geschichte seiner Kindheit und Jugend aufge­zeichnet. Er war damit einer der bedeutendsten Re­präsentanten der vor allem seit den siebziger Jahren in der deutschen Literatur besonders häufig auftre­tenden autobiographischen Tendenz der Autoren. Bernhard war aber auch als Theaterdichter überaus erfolgreich, nicht nur wegen des Skandals um sein Stück "HELDENPLATZ" im Bedenkjahr 1988. Er läßt darin einen jüdischen Emigranten, der nach Österreich zurückgekommen ist, die Unverändert­heit des geistigen Klimas in diesem Land seit dem Jahr 1938 behaupten. Bernhards Figuren sind stets innerhalb einer unauflöslichen Beziehung ineinander verhaßt.


Die frühen Theaterstücke Peter Handkes sind ein weiteres Beispiel für die litera­rische Gestaltung der Handlungsfunktion von Sprache in österreichischen Tex­ten nach 1945. Seine sogenannten "Sprechstücke" zeigen die Welt in Form von Worten, die die Wahrnehmung dieser Welt festlegen. Das Sprechstück "KASPAR" (1967) spielt auf die historische Figur (aus dem letzten Jahrhundert) Kaspar Hauser an, der ohne Sprechkontakt in einem dunklen Verlies aufwuchs und erst mit 16 Jahren mit Sprache konfrontiert wurde. Es wird in dem Stück vorgeführt, wie das leere menschliche Bewußtsein durch die Einübung von Wortklischees mit Inhalt gefüllt  und manipuliert wird.

In seinen Erzählungen und Romanen "DIE ANGST DES TORMANNS BEIM ELFME­TER' (1970) und "DIE STUNDE DER WAHREN EMPFINDUNG" (1975) führt Handke sein Kernthema weiter:

die Erforschung der schwierigen Position des einzelnen in Natur und Gesellschaft. In seinen letzten Büchern begibt er sich, unbeirrt durch gelegentlich heftige Ablehnung seitens der Kritiker, noch kompromißloser als zuvor auf die scheinbar unzeit­gemäße Suche nach einer harmonischen Natur- und Lebensordnung z.B.: "LANGSAME HEIMKEHR" (1979) und "DIE WIEDERHOLUNG" (1986).

In der Erzählung "WUNSCHLOSES UNGLÜCK" (1972), die nach dem Selbstmord seiner Mutter entstand, versucht er sich an die Umstände, unter denen das Leben der Verstorbenen abgelaufen ist anzunähern. Besonders eindrucksvoll schildert er dabei die sozialen Zwänge, denen seine Mutter ausgesetzt war.









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