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Max Frisch - Biedermann und die Brandstifter

Max Frisch - Biedermann und die Brandstifter

Das Lehrstück ohne Lehre
 
 

Max Frisch (1911 – 1991)

Schweizer. Schriftsteller, der sich in seinen Werken mit der Identität des Menschen mit sich und seiner Umwelt befaßt.

Dramen: „Biedermann und die Brandstifter“, „Andorra“

Romane: „Stiller“, „Homo Faber“, „Mein Name sei Gantenbein“
 
 

Biedermann und die Brandstifter

Hauptfiguren dieses Dramas sind:

Gottlieb Biedermann – Haarwasserfabrikant

Babette Biedermann – seine Frau

Josef Schmitz – Ringer

Wilhelm Eisenring – Kellner, Schmitz‘ Gefährte
 
 

Das Drama spielt in einer Zeit der Brandstiftung. Viele Häuserbrennen ab. Das empört auch den erhabenen Herrn Biedermann. Dieserbekommt eines Tages Besuch von einem Hausierer namens Josef Schmitz. Dieserist ein Ringer, der, wie es scheint, Obdach sucht.

Eigentlich würde Herr Biedermann diesen Vagabunden sofort aus dem Haus schmeißen. Jedoch schmeichelt Schmitz ihm auf eine gewisse Weise.
 
 



Textstelle:

 SCHMITZ  Menschlichkeit. Ich meine nur so: Daß Siemich nicht einfach am Kragen packen, Herr Biedermann, um unsereinen einfachauf die Straße zu werfen – hinaus in den Regen! –sehen Sie, das ist’s, Herr Biedermann, was wir brauchen: Menschlichkeit.

Er nimmt die Flasche Wein und gießt sich ein.

Er trinkt und genießt es sichtlich.

BIEDERMANN  Sie müssen jetzt nicht denken, Herr Schmitz, daß ich ein Unmensch sei –

SCHMITZ Herr Biedermann!

BIEDERMANN Frau Knechtling1 nämlich behauptet das!

SCHMITZ Wenn Sie ein Unmensch wären, Herr Biedermann, dann würden Sie mit heute nacht keine Obdach geben, das ist mal klar.

BIEDERMANN Nicht wahr?

SCHMITZ Und wenn’s auch nur auf dem Dachboden ist.

 

1Frau Knechtling ist eine Witwe. Ihr Mann war ein Angestellter in Biedermanns Firma. Aufgrund des Druckes, welchem Herr Knechtling ausgesetzt war, beging er Selbstmord.
 
 

So bietet Biedermann ihm den Dachboden als Unterkunft an. Er ist festdavon überzeugt, daß Schmitz kein Brandstifter sein kann, obwohlseine Frau Babette ihre Zweifel hat und versucht ihren Mann zur Vernunftzu bringen.

Bald teilt sich sogar noch ein Vagabund, Wilhelm Eisenring, den Dachboden mit Schmitz. Beide schleppen viele Fässer Benzin, Zündschnurund Zündkapseln in Biedermanns Haus. Dieser ist immer noch fest überzeugt, daß die beiden Hausierer nicht Brandstifter sein können. Erselbst hilft ihnen beim Verlegen der Zündschnüre.

Am letzten Abend ladet Biedermann die beiden Hausierer sogar noch zumGansessen ein. Er war viel zu leichtsinnig, was ihm immer noch nicht auffiel.
 
 

Textstelle:

 BIEDERMANN  Unter uns, meine Herren: genug ist genug. Meine Frau ist herzkrank. Scherzen wir nicht länger über Brandstifterei.

SCHMITZ Wir scherzen ja nicht, Herr Biedermann.

EISENRING Wir sind Brandstifter.

BIEDERMANN Meine Herren, jetzt ganz im Ernst –

SCHMITZ Ganz im Ernst.

EISENRING Ganz im Ernst.

SCHMITZ  Warum glauben Sie uns nicht?

EISENRING Ihr Haus, Herr Biedermann, liegt sehr günstig, das müssen Sie einsehen: fünf solche Brandherde rings um die Gasometer, die leider bewacht sind, und dazu ein richtiger Föhn –

BIEDERMANN Das ist nicht wahr.

SCHMITZ Herr Biedermann! Wenn Sie uns schon für Brandstifter halten, warum nicht offen darüber reden?

Biedermann blickt wie ein geschlagener Hund.

BIEDERMANN  Ich halte Sie nicht für Brandstifter, meine Herren, das ist nicht wahr, Sie tun mir Unrecht, ich halte Sie nicht für – Brandstifter

EISENRING Hand aufs Herz!

BIEDERMANN  Nein! Nein, nein! Nein!

SCHMITZ Aber wofür halten Sie uns denn?

BIEDERMANN Für meine – Freunde

Sie klopfen ihm auf die Schulter und lassen ihn stehen.

 Wohin gehen Sie jetzt?

EISENRING ‚s ist Zeit.

BIEDERMANN Ich schwöre Ihnen, meine Herrn, bei Gott!

EISENRING Bei Gott?

BIEDERMANN Ja!

Er hält den Schwurfinger langsam hoch.

SCHMITZ Er glaubt nicht an Gott, der Willi, so wenig wie Sie, Herr Biedermann – da können Sie lange schwören.

Sie gehen weiter zur Türe.

BIEDERMANN Was soll ich tun, daß Sie mir glauben?

Er vertritt ihnen den Ausgang.

EISENRING Geben Sie uns Streichhölzchen.

BIEDERMANN Was – soll ich?

EISENRING Wir haben keine mehr.

BIEDERMANN Ich soll –

EISENRING Ja. Wenn Sie uns für keine Brandstifter halten.

BIEDERMANN Streichhölzchen?

SCHMITZ Als Zeichen des Vertrauens, meint er.

Biedermann greift in seine Tasche.

EISENRING Er zögert. Siehst du? Er zögert.

BIEDERMANN  Still! – aber nicht vor meiner Frau

 

Nun ist es zum Handeln schon zu spät. Er behält bis zum Schluß die Hoffnung, dass seine „Freunde“ nur mit der Brandstifterei scherzen wollen.
 
 

Interpretation(en)

„Das Lehrstück ohne Lehre“ ist ein einfachgebautes Stück und bleibt vieldeutig. Man könnte es als einepolitische Parabel auffassen. Aber auch in der Gesellschaft findet manParallelen zu Biedermann und seiner Familie.

Die Uraufführung war am 29. 3. 1958 in Zürich. Das Premierenpublikum fühlte sich vor der kommunistischen Infiltration gewarnt, die in der Nachkriegszeit sehr hoch war.

In Deutschland wurde das Stück als eine Parabel auf die faschistische Machtübernahme 1933 gedeutet.

„Biedermann und die Brandstifter“ könnte indie heutigen Zeit mit der Machtübernahme Hitlers verglichen werden.

Gottlieb Biedermann ist ein kalter und leichtgläubiger Mann, derpassiv zusah, als sein Haus in Brand gesteckt wurde. Er tröstete sichbis zuletzt mit der Hoffnung, daß es nicht wahr sei.

Obwohl Schmitz und Eisenring am Schluß so klar und deutlich gezeigt und gesagt haben, was sie als Brandstifter vorhaben. Schließlichgab Biedermann ihnen sogar „die Streichhölzer“.
 







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