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Referat Klebstoffe





Facharbeit


aus dem Fach


Chemie



Thema: Klebstoffe


Einleitung

Wahrscheinlich hatte jeder von uns schon einmal mit klebrigen Substanzen zu tun, sei es unfreiwillig wie bei einem Kaugummi unter dem Schuh, oder in voller Absicht,  wenn wir z.B. etwas mit einem tesa®-Film befestigen. Klebungen findet man überall, zumal diese Fügetechnik bereits seit ungefähr 6000 Jahren vom Menschen angewendet wird.

Doch obwohl Klebstoffe selbst im Raketenbau verwendet werden, hat für viele das Kleben zu unrecht immer noch den Beigeschmack des eher behelfsmäßigen Flickens.

Häufig wird anstatt von "Klebstoff" das Wort "Kleber" verwendet, eine umgangssprachliche, veraltete Bezeichnung für Klebstoffe. Der Korrektheit halber sollte man aber stets von "Klebstoffen" sprechen.

Aber, was ist eigentlich ein Klebstoff?

DIN 16 920 definiert Klebstoffe folgendermaßen: "Nichtmetallischer Stoff, der Fügeteile durch Flächenhaftung und innere Festigkeit (Adhäsion und Kohäsion []) verbinden kann." ([5], Abschnitt 1, Z. 1-3) Dabei versteht man unter "Adhäsion" die Bindungskräfte zwischen der Klebschicht und den Fügeteilen und unter Kohäsion die Bindungskräfte innerhalb der Klebschicht. Es heißt in DIN 16 920 weiter, daß Klebstoff ein Oberbegriff ist und andere gebräuchliche Begriffe für unterschiedliche Klebstoffarten einschließt, wie z.B. Leim, Kleister, Dispersionsklebstoff ([5], Abschnitt 1, Z. 4-9). Nach dieser Definition ist also auch ein Kaugummi ein Klebstoff, und wie gezeigt werden wird, hat er vieles mit einem zum Zweck des Klebens hergestellten Klebstoff gemein.

Auch in der Natur finden wir viele Lebewesen, die Klebstoffe benützen, z.B. Kopfläuse oder Muscheln. Die Kitte dieser Tiere sind oft fester und beständiger gegen Chemikalien und Hitze als viele der Hochleistungsklebstoffe der Industrie.


Das langfristige Entwicklungsziel der Klebstoffhersteller ist - aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen - die Abkehr von organischen Lösungsmitteln hin zur Entwicklung lösungsmittelfreier Systeme oder zu Klebstoffen, die in Wasser vorliegen.

In Deutschland sind rund 100 Unternehmen ([4], S. 186, Z. 2, 3) in diesem Bereich tätig. Sie stellten, gemäß dem Industrieverband Klebstoffe e.V., 1997 knapp 482 000 t Klebstoffe im Wert von 1,9 Mrd. DM her. Der größte Anbieter von Klebstoffen - auch weltweit - ist dabei die Henkel KGaA, dicht gefolgt von den amerikanischen Unternehmen H. B. Fuller Co. und National Starch and Chemical Co. Interessant ist, daß die Firma Henkel mit der Klebstoffherstellung begann, weil sie einen Leim für ihre Waschmittelverpackungen brauchte. Andere Großunternehmen in diesem Sektor sind die Minnesota Mining and Manufacturing Company (bekannt als 3M Company) und die Beiersdorf AG (Hamburg). Neben diesen Riesen gibt es eine Menge kleiner und mittelständischer Betriebe in der Klebstoffherstellung, die sich v.a. auf Spezialanwendungen konzentrieren.


"Klebstoff verbindet Weltweit!" (Leitspruch des Industrieverbandes Klebstoffe e.V.)


Adhäsion

Aber warum kleben eigentlich Klebstoffe, bzw. worauf beruht Adhäsion? Nun, man weiß es nicht genau.

Abbildung 2- : Aufbau einer Klebung ([2], S. 156, Bild 6.1)

Auf Grund der vielen verschiedenen physikalischen und chemischen Kräfte, die in Klebungen wirken, gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Theorien. Folglich kann aber auch keine Theorie alle Aspekte umfassen, zumal die verschiedenen Ursachen der Adhäsion gegenseitig aufeinander Einfluß nehmen. Hinzu kommt, daß allen Theorien idealisierte Voraussetzungen zugrunde liegen. Andererseits liefern die Theorien zusammengefaßt durchaus Anhaltspunkte, welche Voraussetzungen überhaupt gegeben sein müssen, damit es zur Ausbildung von Adhäsion kommt, welche Kräfte dabei mitwirken und in welchen Größenbereichen sie auftreten.

Man unterscheidet drei Arten der Adhäsion: die spezifische Adhäsion, die mechanische Adhäsion und die Auto(ad)häsion.

Wie ein Klebung schematisch aussieht, zeigt Abbildung 2-1.


Spezifische Adhäsion

Die spezifische Adhäsion beruht auf Haupt- (also homöo-, hetero-, und halbpolare sowie metallische Bindungen) und Nebenvalenzbindungen (d.h. elektrostatische und Dipol-Wechselwirkungen ferner Dispersionskräfte). Der Wirkungsbereich dieser Bindungskräfte liegt bei ca. 0,2-1,0 nm. ([2], S. 165, Z. 14, 15)

Erscheinungen, die an den Grenzflächen heterogener Systeme auftreten, werden durch die Adsorptionstheorie beschrieben, chemische Wechselwirkungen werden mit der Chemisorptionstheorie erklärt.

Ein Ansatz der Adsorptionstheorie geht vom Beispiel der Metallklebungen aus, an dem man sehen kann, daß u.a. zwischenmolekulare Kräfte der Adhäsion zugrunde liegen.

Die zwischenmolekularen Kräfte sind unterteilt in die van-der-Waals-Kräfte (Orientierungskräfte[1], Induktionskräfte und Dispersionskräfte ) und die Wasserstoffbrückenbindungen. Die Bedeutung der Polarität im Zusammenhang mit der Adhäsion konnte u.a. experimentell nachgewiesen werden, indem man durch den Einbau zusätzlicher polarer Gruppen (wie z.B. -OH oder -COOH) in die Klebstoffmoleküle eine größere Adhäsion erzielte.

Andererseits hat sich es gezeigt, daß in diesem Fall sowohl die Fügeteile als auch der Klebstoff im Grenzschichtbereich keine chemische Veränderungen erfahren, noch daß sich neue Verbindungen bilden. Heteropolaren Bindungen konnten nicht entstanden sein, da der stattfindende Energieumsatz zu gering war, um ein Ionengitter aus dem Metall und den Makromolekülen des Klebstoffs zu bilden. Homöopolare Bindungen wiederum konnten sich auf Grund der vorliegenden Elektronenkonfigurationen nicht ausbilden.

Die Adsorpion kann man auch mit der Thermodynamik erklären. Gemäß diesem Ansatz kommt die Adhäsion durch den Unterschied der Oberflächenenergien des Klebstoffes und des Fügeteils zustande. Dabei muß die spezifische Oberflächenenergie des Klebstoffes geringer als die des Fügeteils sein. Folglich sind Materialien um so leichter zu kleben, je höher ihre Oberflächenenergie ist. Materialien mit einer hohen Oberflächenenergie sind Metall, Holz und Papier. Andererseits ist es schwierig, Materialien zu kleben, die eine sehr geringe Oberflächenenergie haben, wie z.B. Polytetrafluorethylen. Dabei ist zu beobachten, daß die Anziehungskräfte zweier Materialien nicht wechselseitig austauschbar sind. So ist es bspw. sehr schwer, Polyethylen mit einem flüssigen Epoxidharz zu kleben, wohingegen die Klebwirkung von flüssigem Polyethylen bei festen Epoxidharzen sehr groß ist.

Die Praxis hat jedoch gezeigt, daß auch diese Theorie nicht frei von Widersprüchen ist.

Ein Schwachpunkt bei diesem Erklärungsansatz ist, daß man mit ihm keine festen Zahlenwerte für die Stärke einer Klebung errechnen kann.

Das große Problem bei diesem Ansatzes liegt in der Tatsache, daß die für thermodynamische Berechnungen erforderlichen Grundvoraussetzungen nicht gegeben sind, da zum einen der Abbindevorgang wegen der Chemisorption nicht reversibel ist, und zum anderen auf Grund der Diffusion keine klaren Phasengrenzen vorliegen.


Neben den Adsorptionskräften wirken bei bestimmten Fügeteilen und Klebstoffen auch chemische Bindungen. Man spricht hier von der Chemisorption. Sie kann experimentell durch die hohen Bindungsenergien nachgewiesen werden, sowie dadurch, daß die an der Klebung beteiligten Stoffe nicht völlig desorbierbar sind. Die hohen Festigkeistwerte der Grenzschicht lassen sich auch nur durch solche Bindungen erklären.

Mechanische Adhäsion

Die Theorie der mechanischen Adhäsion ist zweifellos die älteste. Sie wird hauptsächlich in Verbindung mit Holz und ähnlich rauhen Materialien verwendet. Man versteht unter mechanischer Adhäsion eine Art Verklammerung des gehärteten Klebstoffes mit der Oberfläche, in deren Poren oder Kapillaren der flüssige Klebstoff eingedrungen ist. Folglich ist nach dieser Theorie die Klebfestigkeit durch die Hinterschneidungen der Fügeteiloberfläche bestimmt. Beim Anwenden dieser Theorie muß man allerdings unterscheiden zwischen einer echten mechanischen Verklammerung und einer Vergrößerung der Oberfläche des Fügeteils auf Grund von Unebenheiten. Diese Unebenheiten führen nicht zu einer mechanischen Adhäsion sondern einer größeren Fläche zum Ausbilden von Kräften, auf denen die spezifische Adhäsion und die Autoadhäsion beruhen. Dabei ist der Übergang von der mechanischen Adhäsion zur Autoadhäsion fließend, da auch dann von einer mechanischen Verklammerung gesprochen werden kann, wenn es zu einem Diffusionsprozeß und somit zu einer Molekülverklammerung zwischen dem Klebstoff und der Fügeteiloberfläche kommt.

So ist es unbestritten, daß diese Art der Adhäsion existiert, wenn auch ihr Anteil an der Gesamtadhäsion gering ist.


Autoadhäsion / Diffusion

Polymere sind auf Grund der Autoadhäsion oft klebrig. Diese kann mit Hilfe der Diffusionstheorie erklärt werden. Nach dem ersten Fickschen Gesetz (auch wenn dieses Gesetz nur für hochverdünnte Lösungen gilt, was bei Klebstoffen eigentlich nicht der Fall ist) fördern eine längere Kontaktzeit und eine höhere Temperatur den Diffusionsvorgang, wohingegen ein größerer Teilchenradius sich negativ auswirkt. Genau dieses Verhalten konnte in der Praxis bei Diffusionsklebungen beobachtet werden, wobei der größere Teilchenradius im Zusammenhang mit Klebstoffen bedeutet, daß die Seitenketten größer und die Polymere höher verzweigt sind. Kurz gesagt: Je kleiner die Polymerketten, desto höher die Klebrigkeit.

Nach dieser Theorie wird die Stärke der Adhäsion durch die Anzahl der in beide Richtungen diffundierenden Moleküle und deren Eindringtiefe festgelegt. Erreicht die Eindringtiefe einen bestimmten Wert, werden die zwischenmolekularen Kräfte so groß, daß die Klebstoffmoleküle nicht mehr aus dem Fügeteil herausgezogen werden können. Folglich wäre dann die Haftkraft gleich der Kohäsion des Klebstoffes oder Fügeteils. Im Idealfall verschwindet die Grenzfläche völlig.

Die Voraussetzung für einen Diffusionsprozess, d.h. brownsche Bewegungen im submolekularen Bereich, wird dabei durch die Kettenstruktur der Polymere erfüllt.

Die Klebstoffmoleküle spielen wegen ihrer Beweglichkeit die entscheidende Rolle im Diffusionsvorgang. Ist der Klebstoff jedoch in Lösung, und ist das Material des Fügeteil ebenfalls darin löslich, diffundieren auch Moleküle des Fügeteils in die Klebschicht.

Diese Theorie ist z.B. auf Kunststoffklebungen anwendbar, bei Metallklebungen hingegen ist sie völlig sinnlos, da hier keine Molekülbewegungen stattfinden können.

Einflüsse auf die Adhäsion

Neben diesen Theorien werden noch verschiedene Spezialfälle in der Literatur behandelt.

Abbildung 2- : Einfluß der Seitengruppen auf die Schälfestigkeit (in Anlehnug an [3], S. 129, Abb. 8)


Seitengruppen haben z.B. einen großen Einfluß auf die Adhäsion, wie aus Abbildung 2-2 erkennbar ist: Die Haftfestigkeit steigt mit zunehmender Größe der Seitengruppen, da große Seitengruppen die Polymerstruktur "auflockern", so daß einige Molekülbereiche beweglicher werden, und sich somit polare Klebstoffgruppen zur Oberfläche hin ausrichten können. Allerdings beeinflussen zu große Seitengruppen die Kohäsion negativ, da u.a. die Löslichkeit zunimmt und der Schmelzpunkt sinkt.


Weitere Faktoren sind die Oberflächenbeschaffenheit des Fügeteils, die Art der Belastung und Fehler in der Klebschicht, wie z.B. Lufteinschlüsse.

Im Zusammenhang mit der Oberflächenbeschaffenheit des Fügeteils ist auch die Viskosität des Klebstoffes von Interesse. Je geringer sie ist, desto gleichmäßiger kann das Fügeteil benetzt werden.

In enger Beziehung mit der Viskosität steht die Oberflächenspannung des Klebstoffes. Sie sollte möglichst gering sein, so daß selbst kleine Unregelmäßigkeiten in der Oberfläche vom Klebstoff ausgefüllt werden. So ist einerseits die wirksame Oberfläche und infolgedessen die Adhäsion größer und andererseits werden Schwachstellen in der Klebung vermieden.

Daß trotz allem nie die ganze Oberfläche mit Klebstoff benetzt wird, zeigt die Erfahrung, daß Klebungen, die unter Druck durchgeführt werden, stets zu besseren Ergebnissen führen, gleich wie hoch der Druck war. Die Benetzung konnte also immer noch verbessert werden.

Auch der Oberflächenzustand ist von Bedeutung. Ein häufiges Problem ist, daß die Fügeteiloberfläche durch Oxidationsvorgänge verändert und so die Oberflächenaktivität des Fügeteils verringert wird.

Desweiteren müssen bestimmte Materialien wie z.B. inerte Kunststoffe vor der Verklebung behandelt werden. Durch Techniken wie Abflammen oder Atzen entstehen reaktive Zentren oder polare Gruppen, die eine Chemisorption erst ermöglichen. Eine bedeutende Rolle spielen dabei auch Haftvermittler (siehe 6.4)

Es gibt also eine Vielzahl von Einflüssen auf die Adhäsion, die alle zusammen schwer faßbar sind.

Kohäsion

Ein entscheidendes Kriterium, wie stark die Kohäsion ist, ist die Stabilität der Bindungen in den Polymeren. Dies muß je nach Art des Klebstoffes für sich untersucht werden, und würde daher den Rahmen dieser Facharbeit sprengen. Ein Beispiel für besonders haltbare Polymere sind Polyimide oder Polybenzimidazole, deren Moleküle auf Grund von kondensierten Kohlenstoff- und Stickstoffringsystemen kaum drehbar sind.

Aber es lassen sich auch allgemeingültige Aussagen machen, von denen hier kurz einige vorgestellt werden.


Abbildung 3- : Zugfestigkeit TS eines Polymers in Abhängigkeit vom Polymerisationsgrad DPn ([3], S. 129, Abb. 7)

Das Molekulargewicht spielt eine bedeutende Rolle bei der Kohäsion: Je höher das Molekulargewicht, desto größer der Polymerisationsgrad, desto größer die Kohäsion.

Die Zugfestigkeit nimmt bspw. logarithmisch mit linear steigendem Polymerisationsgrad zu (siehe Abbildung 3-1).



Ein anderer Aspekt ist der Grad der Klebstoffvernetzung. Zum einen wird durch die Vernetzung die Beweglichkeit der Polymere drastisch gesenkt, so daß die Klebschicht schwerer schmelzbar ist. Zum anderen ist ein vernetztes Polymer auch weniger löslich. Die Vernetzungsdichte sollte allerdings möglichst gering sein, um Sprödigkeit zu vermeiden.

Auch die Struktur des Polymers beeinflußt stark die Kohäsion. Bildet das Polymer ein Kristallgitter, so weist dies natürlich eine deutlich höhere Kohäsion auf als amorphe Strukturen.

Ein entscheidender Gesichtspunkt für die Kohäsion ist also die Beweglichkeit der Polymere und folglich der Schmelzpunkt der Klebschicht.

Das Problem ist, daß eine große Kohäsion meist mit einer geringen Adhäsion einhergeht. Man muß daher bei Klebstoffen zwischen einer hohen Kohäsion und einer geringen Adhäsion und einer hohen Adhäsion jedoch geringen Kohäsion abwägen, v.a. in Bezug auf den Verwendungszweck.

Neben diesen Punkten, die den Aufbau des Klebstoffes betreffen, gibt es auch äußere Faktoren. Dies können z.B. Lufteinschlüsse in der Klebschicht sein.


So sieht man, daß es eine Vielzahl von Faktoren gibt, die auf die Kohäsion Einfluß nehmen. Dasselbe gilt, wie gezeigt, auch für die Adhäsion. Diese Vielzahl an Variablen erschwert natürlich die Klebstoffentwicklung sehr und dadurch kommt Erfahrungswerten und dem einfachen Ausprobieren eine große Bedeutung zu.

Systematik

Da es eine Vielzahl von verschiedenen Klebstoffen für verschiedene Materialien gibt, verliert man leicht den Überblick. Dies hat zu einer Anzahl unterschiedlicher Systematiken zur Gliederung von Klebstoffen geführt.

Eine Gliederung sollte sich auf höchstens zwei Ordnungsprinzipien beschränken, wobei eine Darstellung, je universeller sie ist, immer weniger Aussagekraft für den einzelnen Anwender hat.

So kann man Klebstoffe nach Verwendungszweck, Verarbeitungstechnik oder Funktion (z.B. Klebstoffe für hochfeste Verbindungen) einteilen.

Eine häufig verwendete Einteilung geht vom chemischen Grundstoff des Klebstoffes aus, ob organisch oder anorganisch, ob synthetisch oder natürlich.

"Eine scherzhafte [] Charakterisierung [] [verglich] Klebstoffe mit menschlichen Charakteren []: Der Kontaktklebstoff[4] entspricht der Verliebtheit zweier Teenager. Sie packen sich sehr schnell sehr fest, aber sobald es heiß wird, geht die Verbindung auseinander. Ein Zweikomponenten-Klebstoff entspricht der monogamen Ehe: die beiden gehen ineinander auf und bilden eine beständige, dauerhafte Verbindung. Der Haftklebstoff hingegen ist der Casanova unter den Klebstoffen; er haftet an fast jeder Oberfläche, aber nirgendwo fest. Der Alleskleber ist der Hochstapler - den wirklichen Alleskönner gibt es nämlich nicht." ([4], S. 27, Z. 30 bis S. 28, Z. 7) Diese Einteilung unterscheidet also nach Klebstoffarten.

Abbildung 4- : Klebstoffsystematik

Im Rahmen dieser Facharbeit sei eine Einteilung nach dem Abbindemechanismus vorgestellt. Sie ist in Abbildung 4-1 dargestellt. Anders als bei den chemisch abbindenden Klebstoffen wird bei den physikalisch abbindenden Klebstoffen danach unterschieden, wie die Moleküle vor dem Abbinden vorliegen, d.h. ob sie gelöst, dispergiert oder emulgiert sind oder durch Schmelzen in einen benetzungsfähigen Zustand gebracht werden.

Grundsätzlicher Aufbau von Klebstoffen

Klebstoffe auf anorganischer Basis

Klebstoffe auf anorganischer Basis gibt es eigentlich nicht, da Klebstoffe definitionsgemäß organisch sind, wobei das Silicium zum organischen Bereich gezählt wird. Deshalb erscheinen sie nicht in der Systematik. Dennoch sollen sie hier kurz angeführt werden, da man ab 350°C ([2], S. 62, Z. 34) keine Klebstoffe sondern anorganische Verbindungen zum Fügen verwendet, weil Kohlenstoffverbindungen bei solchen Temperaturen auseinanderbrechen. Das Fügen mit anorganischen Substanzen ist dem Kleben vom Ablauf her sehr ähnlich.

"Anorganische Klebstoffe" setzen sich zusammen aus Glasgrundbestandteilen wie SiO2, Na2CO3, B2O3 oder Al2O3 und metallischen Bestandteilen wie Nickel, Eisen, Kupfer oder pulverisierten Loten. Entsprechend den Schmelztemperaturen dieser Substanzen sind die Verarbeitungstemperaturen relativ hoch. "Das Auftragen erfolgt normalerweise in einer Aufschlämmung des pulverisierten Glases (ca. 0,1 mm Korngröße) in kolloidaler Kieselsäure oder auch als Formteil." ([2], S. 63, Z. 22-24)


Klebstoffe auf organischer Basis

Wie aus der Systematik hervorgeht, gibt es eine Vielzahl von verschiedenen Abbindemechanismen bei den organischen Klebstoffen. Dabei sind die grundlegenden Dinge zumeist gleich.

Man muß beim Aufbau grundsätzlich zwischen natürlichen und synthetischen Klebstoffen unterscheiden.

Die Grundstoffe für die natürlichen Klebstoffe sind Stärke (aus Kartoffeln, Mais, Tapioka und Maniok), Proteine (v. a. Milch-Proteine und Collagen aus Tierhäuten und -knochen), Cellulose-Ether und -Ester, verschiedene Gummiarten, sowie Harze.

Die  künstlichen Klebstoffe sind - in gehärtetem Zustand - Polymere. Sie sind mit Kunststoffen sehr eng verwandt.

Für die künstlichen Klebstoffe werden sowohl Homo- als auch Copolymere verwendet, wobei der Zeitpunkt der Polymerisation je nach Abbindemechanismus unterschiedlich ist: Nur Reaktionsklebstoffe polymerisieren während des Abbindens, bei allen anderen geschieht dies während der Herstellung; sie liegen bei der Anwendung in Lösung vor. Die wichtigsten funktionellen Gruppen, die eingesetzt werden, sind die Hydroxy-, Amino-, Carboxyl-, Carbonyl-, Cyan-, Merkapto (-SH), Chlorid-, Vinyl-,

Allyl- (-CH2-CH=CH2), Isocyanat (-N=C=O) und die Epoxid- () Gruppe . Diese müssen gewährleisten, daß die entstehenden Bindungen und Gruppen

polar sind, so daß Adhäsion auftritt, und

thermisch und mechanisch stabil sind, damit die Kohäsion gewährleistet ist.

Häufig bildet man aus unterschiedlichen Monomerarten Polymere, um so unerwünschte Eigenschaften zu vermeiden, die ein Polymer aus nur einer bestimmten Monomerart hätte. Andererseits können mit solchen Copolymeren auch Klebgrundstoffe mit einem ganz bestimmten, gewünschten Verhalten hergestellt werden.


Polymere lassen sich nach ihrem Verhalten in drei Gruppen aufteilen: Thermoplaste[6], Duromere und Elastomere . Für Klebstoffe werden mit Ausnahme einiger Silikone nur Monomere verwendet, deren Polymerisate Thermoplaste oder Duromere sind.


Trotz allem kann man aus der Kenntnis des Aufbaus der Monomere und Polymere keine Rückschlüsse auf deren Verhalten als Klebstoffe ziehen, da entsprechende, sichere Theorien fehlen.

Chemie der Klebstoffe

Versuche

Im Rahmen dieser Facharbeit sind zwei Klebstoffe exemplarisch für die Vielzahl der unterschiedlichen Arten hergestellt worden:

für die natürlichen Klebstoffe ein "Kontorleim",

für die synthetischen Klebstoffe eine Polyacrylatmasse.

Die beiden hergestellten Klebstoffe binden physikalisch durch Verdampfen des Lösungsmittels ab.

"Kontorleim"

Eine sehr bekannte und auch sehr alte Klebstoffart sind die Leime.

Ein "Kontorleim" wird nach folgender Rezeptur hergestellt:

Bestandteile:       10 cm3 Gummi arabicum

1ml Glycerin

2ml verdünnte Ameisensäure

0,6g Al2(SO4)3

Lösungsmittel:    14 ml Wasser

(abgewandelt nach [7], S. 42 - Versuch 8)

Für diesen Versuch ist ein 100 ml Becherglas verwendet worden, zum Umrühren eignet sich ein Glasrührstab.

Zuerst wird das Gummi arabicum im Wasser gelöst, dann werden der Reihe nach das Glycerin, die Ameisensäure und das Aluminiumsulfat hinzugegeben.

Dabei ist zu beobachten, daß die Gummi arabicum-Lösung an sich bereits eine gewisse Klebrigkeit aufweist (vgl. 2.3), die deutlich zunimmt, wenn man Säure dazugibt. Das Glycerin zusammen mit der Säure steigert die Klebrigkeit wiederum. Dies deutet auf eine Veresterung hin, die entweder eine Vernetzung bewirkt, oder durch die sich weitere längerkettige Moleküle bilden, welche eine höhere Klebrigkeit bewirken.

Interessanterweise ist die Rezeptur für diesen Leim ähnlich der einer Kaugummigrundmasse. Kaugummigrundmasse besteht zumeist aus einer 30-50%igen, wäßrigen Kautschuk-Dispersion, der 1%ige Ameisen- oder 0,5%ige Essigsäure zugesetzt wird. Wie beim Leim liegt ein kolloidales System vor. Als Füllstoff, um die uns bekannte Konsistenz zu erreichen, verwendet man CaCO3 und MgCO3. Die dabei verwendeten Kautschukarten sind weniger klebrige Gummimassen wie Latex; aber auch Gummi arabicum ist eingesetzt worden. (lt. S. R. Arthur, Wiedenbauer GmbH & Co. Süßwarenwerk KG, Produktion). Für den Alltag ist dies eine interessante Parallele zum Verständnis der teils hervorragenden Klebewirkung eines Kaugummis unter Schuhen oder Tischen.

Butylacrylat-Klebstoff

Sehr oft verwendete Grundstoffe für synthetische Klebstoffe sind die Polyacrylate. (Ein "Acrylat" ist ein Acrylsäureester.) Die Klebschicht des tesa®-Films beruht z.B. auf diesen Polymeren.

Die Polyacrylatmasse wird nach folgender Rezeptur erstellt:

Monomere: 96% Butylacrylat

4% Acrylsäure

Die Summe der Monomere ergibt 55% der Gesamteinwaage

Lösemittel: 45% Aceton

Initiator: 0,1% Dibenzoylperoxid

(nach einem Vorschlag von C. Grobe, Beiersdorf AG, Anwendungstechnik, BU Fastening Systems)


Nachstehend wird die Synthese beschrieben:


Abbildung 6- : Schematischer Versuchsaufbau zur Synthese einer geringen Menge einer Polyacrylatmasse


Der in Abbildung 6-1 gezeigte Aufbau ist nur für kleine Ansätze, wie in diesem Fall mit einem Volumen von ca. 10ml, geeignet. Für größere Mengen muß man den Ansatz im Flüssigkeitsbad, z.B. in Glycerin, erwärmen, da nur so die erforderliche gleichmäßige Temperaturverteilung und dadurch eine gleichmäßige Polymerisation gewährleistet ist.

Die Monomere werden im Aceton gelöst, das in den Erlenmeyerkolben gegeben wird. Um den, wie sich herausgestellt hat, reaktionshemmenden Sauerstoff zu verdrängen, wird der Kolben mit Stickstoff gespült. Nachdem die Temperatur von ca. 60°C erreicht ist, wird der Initiator zugegeben.

Etwa 20 Minuten nach Zugabe des Radikalstarters ist eine deutliche Zunahme der Viskosität zu beobachten.

Da die Reaktionstemperatur oberhalb des Siedepunktes des Acetons liegt, verdampft Lösungsmittel und steigt in den Rückflußkühler. Hier kondensiert es und fließt wieder dem Reaktionsgemisch zu.

Das Lösungsmittel trägt damit zur Entfernung eines Teils der Reaktionswärme (diese Polymerisation verläuft exotherm) aus dem Reaktionsgemisch bei.

Bei dem durchgeführten Versuch ist die Polymerisation nicht vollständig verlaufen, was daran erkennbar war, daß der Klebstoff immer noch den intensiven Geruch des Butylacrylates hatte. Dies liegt zum einen an der thermischen Zersetzung des Initiators. Man sollte daher nach einiger Zeit weiteren Radikalstarter zugeben. Zum anderen kann der vollständige Polymerisationsvorgang bis zu 22 Std. dauern. Bei diesem Versuch wurde der Rührer, die Heizplatte und die Kühlung aber bereits eine ½ Stunde nach Reaktionsbeginn wieder ausgeschaltet.


Acrylate werden sowohl für physikalische als auch für chemisch abbindende Klebstoffe eingesetzt. Dabei gibt es gerade im Hinblick auf die Molekülstruktur und den Reaktionsmechanismus die unterschiedlichsten Möglichkeiten, diesen Klebgrundstoff für verschiedene chemisch abbindende Klebstoffe einzusetzen. Deshalb wird dieser Klebgrundstoff bei den chemisch abbindenden Klebstoffen (6.3) diskutiert.

Physikalisch abbindende Klebstoffe

Anmerkung: Im folgenden wird häufig über Lösungsmittel gesprochen. Zu diesen werden der Einfachheit halber - wenn auch chemisch nicht korrekt - die Flüssigkeiten gezählt, in denen der Klebgrundstoff dispergiert oder emulgiert ist.


Bei physikalisch abbindenden Klebstoffen muß man zwischen zwei Systemen unterscheiden:

lösungsmittelfreie Klebstoffe,

Klebstoffe, die in Lösung vorliegen.

Letztere sind nochmals zu unterteilen nach dem Zeitpunkt, wann das Lösungsmittel entweicht, d.h. vor oder während dem Abbinden.

Klebstoffe ohne Lösungsmittel

Zu den lösungsmittelfreien Klebstoffen zählen die Schmelz- und Plastisolklebstoffe.

Plastisol-Klebstoffe sind in Weichmachern dispergierte Polymere zusammen mit niedermolekularen, hitzereaktiven Substanzen.

Sowohl bei den Schmelz- als auch bei den Plastisolklebstoffen wird der Klebstoff durch Hitze in einen benetzungsfähigen Zustand gebracht. Da es bei den hohen Verarbeitungstemperaturen zur Zersetzung des Grundstoffes kommen kann, werden Antioxidantien und Stabilisatoren eingesetzt. Manchmal werden auch Pigmente verwendet, z.B. TiO2 für weiße Buchbindeklebstoffe.

Schmelzklebstoffe basieren größtenteils auf Ethylen-Vinyl-Copolymeren, für Plastisole wird hauptsächlich PVC eingesetzt.

Klebstoffe in Lösung

Zu den natürlichen Klebstoffen, die in Lösung vorliegen, zählen die Leime, die auf der Stärke und ihren Spaltprodukten, sowie auf Casein und Glutin basieren. Des weiteren werden wie beim Kontorleim auch Kautschukarten verwendet.

Kautschuke sind Polymere, die bei Raumtemperatur amorph und sehr weitmaschig vernetzt sind und eine niedrige Glasübergangstemperatur haben. Da Kautschuke elastomere Eigenschaften haben, was bei Klebstoffen für hochfeste und beständige Klebungen unerwünscht ist, werden sie nicht rein, sondern nur als entsprechende Copolymere ("thermoplastische Elastomere") hergestellt. Die Copolymere haben dann gute Klebeigenschaften. Teilweise werden sie auch vulkanisiert.

In Copolymeren dienen Kautschuke auch häufig als innere Weichmacher, sie gehören also zum Molekülverbund, im Gegensatz zu äußeren Weichmachern, die als zusätzliche Substanzen zwischen dem Klebgrundstoff vorliegen (siehe 6.4). Die wichtigsten künstlichen Kautschuke sind Styrol-Butadien- und Styrol-Isopren-Blockpolymere, Chloroprenkautschuk, Nitrilkautschuk und Butylkautschuk.


Leime binden ab, indem das Lösungsmittel verdunstet und durch den zurückbleibenden Klebgrundstoff die Adhäsion ausgebildet wird. Man bezeichnet solche Klebstoffe als Adhäsionsklebstoffe.

Neben den bisher erwähnten natürlichen Grundstoffen werden für Klebstoffe in Lösung hauptsächlich Nitrocellulose, Polyvinylacetat (wie beim "Alleskleber") oder Polyacrylate verwendet. Polyacrylate sind gegen Hitze, Sauerstoff und Licht widerstandsfähiger als PVC.

Im Gegensatz zu den Adhäsionsklebstoffen lösen und quellen anlösende Klebstoffe die Kunststoffe an, für die sie ausschließlich eingesetzt werden. In den angelösten Schichten diffundieren gegenseitig Moleküle des einen Fügeteils in das andere. Die Fügeteile verschmelzen gewissermaßen miteinander und werden so dauerhaft verbunden.

Bei all diesen Klebstoffen verdunstet das Lösungsmittel während des Abbindens.


Ferner gibt es auch Klebstoffsysteme, bei denen das Lösungsmittel vor dem Abbinden verdunstet. Man unterscheidet hier zwischen Heißsiegel-Klebstoffen, Hochfrequenz (HF)-Heißsiegel-Klebstoffen, Kontaktklebstoffen und Haftklebstoffen. Für den alltäglichen Gebrauch sind v.a. die beiden letzten von Interesse. Wir kennen sie u.a. vom Fahrradreifenflicken und von Haftetiketten her.

Chemisch abbindende Klebstoffe

In der Praxis werden die chemisch abbindenden Klebstoffe als Ein- und Zweikomponenten-Klebstoffe, sowie als "No-Mix"-Klebstoffe verkauft.

Die Einkomponenten-Klebstoffe binden nach verschiedenen Mechanismen ab, z.B. durch Hitze, katalytische Einflüsse des Substrats oder durch atmosphärische Einflüsse, wie der Luftfeuchtigkeit. Häufig werden die reaktiven Gruppen durch hitzeunbeständige Substanzen blockiert. Der Klebstoff bindet dann erst bei Wärmezufuhr ab. Zweikomponenten-Klebstoffe müssen im richtigen Verhältnis angemischt und dann sofort verarbeitet werden. Bei No-Mix-Klebstoffen bringt man auf einer Seite das Harz auf und auf der anderen einen Haftvermittler. Die Klebschicht wird gebildet, sobald man die beiden Seiten zusammenfügt.

Abbindemechanismen

Vor dem Abbinden bestehen die chemisch abbindenden Klebstoffe aus reaktiven, niedermolekularen Mono- oder Oligomeren. Während des Abbindens reagieren sie zu hochmolekularen, oft vernetzten, Polymeren. Dabei sind die  Reaktionsmechanismen der Polymerisation, Polyaddition und der Polykondensation zu unterscheiden. Die Vulkanisation nimmt eine Sonderstellung ein.

Beim Abbinden kann es nicht nur zur Bildung von Makromolekülen mit bestimmten Eigenschaften  kommen, sondern auch zu Reaktionen mit der Fügeteiloberfläche selbst, was - je nach Fügeteilmaterial - manchmal erwünscht ist.


Wie das Abbinden eines Klebstoffes aussehen kann, wird am Beispiel der im Rahmen dieser Arbeit erfolgten Synthese einer Polyacrylatmasse aus Butylacrylat und Acrylsäure, vorgestellt (siehe 6.1.2).


Reaktionen:


1. Initiatorzerfall (am Beispiel des Dibenzoylperoxids)



Kettenstart (am Beispiel des Butylacrylats)


Erhöht man die Konzentration der Startradikale, d.h. verwendet man hohe Initiatorkonzentrationen, steigt die Zahl der parallel ablaufenden Kettenreaktionen. Da die Anzahl der Monomermoleküle begrenzt ist, und sich diese auf die wachstumsfähigen Polymerradikale verteilen, sinkt der mittlere Polymerisationsgrad.


3. Kettenwachstum (am Beispiel einer möglichen Kettenwachstumsreaktion bei der Copolymerisation von Butylacrylat mit Acrylsäure) und fertiges Polymer


Soll der durchschnittliche Polymerisationsgrad gesenkt werden, kann man auch einen Regler (z.B. Isopropanol) einsetzen, der mit dem radikalischen Ende des Polymers reagiert, ohne aber ein neues radikalisches Ende zu bilden. Dieser Regler spaltet sich jedoch wieder selbst als Radikal ab, das Polymer bleibt aber weiterhin nicht radikalisch. Der Regler startet dann eine neue Kettenwachstumsreaktion. Dadurch entstehen statt eines großen Polymers mehrere kurzkettige Polymere.

Da die Polymerisation schrittweise durch die Rekombination zweier Radikale zum Stillstand kommt, sollte man nach einer bestimmten Zeit, wie bereits erwähnt, nochmals Initiator zugegeben. Einerseits tragen die durch diesen Initiator gebildeten Primärradikale zu einer Minimierung der Restmonomere bei, andererseits werden dadurch die Polymere vernetzt.


Die bereits erwähnte reaktionshemmende Wirkung des Sauerstoffs ist folgendermaßen zu erklären:


Zu diesen Reaktionen kommt es, da die Acrylate gegenüber Sauerstoff sehr reaktiv sind. Die so gebildeten peroxidhaltigen Radikale zerfallen jedoch wieder (vgl. Zerfall der Dibenzoylperoxids) und folglich bilden sich keine Polymere.

Klebstoffmodifikationen

Der hier besprochene Klebgrundstoff eignet sich nur als physikalisch abbindender Klebstoff, bei dem die fertige Polyacrylatmasse in Lösung vorliegt. Dies liegt zum einen an der langen Polymerisationsdauer und zum anderen an dem sehr unangenehmen Geruch der Monomere.

Dieser Klebgrundstoff kann jedoch leicht so verändert werden, daß er auch für chemisch abbindende Klebstoffe geeignet ist.

Häufig wird anstatt Butylacrylat Methacrylat verwendet. Dies senkt zwar die Schälfestigkeit, erleichtert aber die praktische Anwendung.

Um die Reaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen, werden Amine oder Schwermetallsalze als Reaktionsbeschleuniger eingesetzt.

Auch die Reaktivität der Acrylate selbst kann erhöht werden, in dem man bspw. anstatt der Acrylsäure die a-Cyanacrylsäure verwendet. Die Cyanid-Gruppe bewirkt bei Cyanacrylaten zusammen mit der Estergruppe eine starke Polarisierung der Acryldoppelbindung und so die enorm hohe Reaktivität dieser Verbindungen. Deshalb werden solche Klebstoffe als Sekundenkleber verwendet.

Da Polyacrylate allgemein eine sehr hohe Härte besitzen, bildet man Copolymere aus Acrylaten und Monomerarten, aus denen Kautschuke hergestellt werden. Der Klebschicht wird so eine gewisse Flexibilität verliehen. Die Härte der Polyacrylate selbst wiederum läßt sich durch die Wahl des Alkohols, mit dem die Acrylsäure verestert wird, beeinflussen. Die größte Härte weist das Polymethylmethacrylat auf, das auch als Acrylglas (z.B. Plexiglas®) bekannt ist.

Eine höhere Alterungsbeständigkeit erreicht man durch Anwesenheit von Polyvinylformal oder Elastomeren bei der Polymerisation. Man nimmt an, daß diese Stoffe durch räumliche Behinderung der Polymerisation bewirken, daß sich vor allem linear gebaute Polymere mit eher thermoplastischen Eigenschaften ausbilden.

Eine weitere Klebstoffmodifikation beruht auf der bereits erwähnten reaktionshemmenden Wirkung des Luftsauerstoffs. Man macht sich dies bei anaerobe Klebstoffsysteme zu nutze, die erst zwischen den beiden Fügeteilen abbinden, da dort kein Sauerstoff gegenwärtig ist.


Neben diesen Klebstoffarten gibt es noch die durch Polyaddition abbindenden Epoxidharze, die zu den leistungsfähigsten Klebstoffen zählen, sowie die Polyurethanklebstoffe, die durch Isocyanatgruppen Makromoleküle bilden. Gerade bei diesen Klebstoffen werden häufig die reaktiven Gruppen mit Stoffen wie Caprolactam "verkappt", um Einkomponenten-Klebstoffe herzustellen. Die Blockierung löst sich bei Hitzeanwendung, so daß der Klebstoff erst dann abbindet.


Desweiteren wird häufig anstatt des Kohlenstoffs Silicium eingesetzt, um höhere Temperaturbeständig-keiten zu erzielen. Man spricht dann von Silicon-Klebstoffen. Diese Klebstoffe binden über eine Polykondensation ab. Sollen diese Klebstoffe als Einkomponenten-Systeme verwendet werden, liegen die mit Wasser reagierenden OH-Gruppen der Siloxane, das sind Prepolymere aus Polyhydroxysilicium (Silanol), durch einen Vernetzer blockiert vor. Der Vernetzer bindet auch das evtl. sich im Klebstoff befindliche Wasser. "Der Abbindevorgang erfolgt unter Einfluß von Feuchtigkeit, die zu einer Hydrolyse des Vernetzers und der Freisetzung des resultierenden Spaltproduktes unter gleichzeitiger Vernetzung der Siloxanketten über Sauerstoffbrücken führt. In dieser Phase erfüllt der Vernetzer die ihm von Namen her gegebene Funktion" ([2], S. 53, Z. 15-19).


Zu den Klebstoffen, die ebenfalls über eine Polykondensation abbinden, zählen die Polysulfon-Klebstoffe, ferner Klebstoffe, die auf Polyhydroxymethyl-Verbindungen (zumeist Umsetzungsprodukte des Phenols, Resorcins, Harnstoffs oder des Melamins mit Formaldehyd) basieren, sowie den Polyimiden und Polybenzimidazolen. Polyimide entstehen bei der Umsetzung von aromatischen Diaminen mit aromatischen Tetracarbonsäuren, Polybenzimidazole durch Kondensation von Tetraminen mit aromatischen Diphenylcarbonsäureestern. Polyamide und Polybenzimidazole sind sehr hitzebeständig, unlöslich und nicht schmelzbar auf Grund der Verbindung von Kohlenstoff-6-Ringen mit stickstoffhaltigen 5-Ringen, da solche Strukturen kaum drehbar sind.


Eine besondere Art der Klebstoffe bindet durch Vulkanisation ab. Mit ihnen kann man nicht vulkanisierte Elastomere unter Vulkanisationsbedingungen an Metalle oder Kunststoffe kleben. Sie bestehen aus in organischen Lösungsmitteln gelösten Gemischen aus dem Klebgrundstoff, den Vernetzern oder Härtern und Stabilisatoren. Die Klebgrundstoffe sind vorwiegend halogenierte Polymere. Als Vernetzer können Amine oder Isocyanate dienen. Häufig werden auch Haftvermittler verwendet, um die Metalloberfläche gegen Korrosion zu schützen.

Klebstoffzusätze und Haftvermittler

Wie bereits häufig erwähnt, bestehen Klebstoffe meist nicht nur aus einem Grundstoff, sondern auch  aus Zusatzstoffen.


Härter ermöglichen eine Vernetzung des Klebstoffes, ohne aber an dem Aufbau der Polymerschichten beteiligt zu sein.


Vernetzer bewirken ähnlich wie die Härter die Vernetzung eines Klebstoffes, sie sind allerdings an der Molekülstruktur der gebildeten Klebschicht beteiligt. Sie versehen z.B. lineare Molekülketten mit reaktionsfähigen Gruppen, so daß eine räumliche Struktur entsteht.


Weichmacher verleihen harten oder spröden Klebstoffschichten elastische Eigenschaften. Sie können auch die Klebrigkeit steigern. Weichmacher sind niedermolekulare Verbindungen (hauptsächlich Phtalsäureester), die sich beim Abbinden zwischen die schon gebildeten Polymere lagern und so deren räumliche Vernetzung stören. Sie erhöhen folglich das Verformungsvermögen und verringern die Sprödigkeit der ausgehärteten Klebschicht. Der Einsatz dieser Stoffe hat aber seine Grenzen, da sie die Widerstandsfähigkeit der Klebschicht in jeder Hinsicht negativ beeinflussen. Des weiteren können sie auch aus der Klebschicht in das Fügeteil diffundieren wodurch eine nachträgliche Vernetzung möglich wird. Man muß hier allerdings unterscheiden zwischen den eben besprochenen äußeren Weichmachern und den inneren Weichmachern, die ein Teil der Polymerschicht sind.


Füllstoffe sind ein weiterer häufiger Zusatz. Man setzt sie ein, um Klebstoffe mit bestimmten mechanischen, physikalischen und chemischen Eigenschaften herzustellen, manchmal aber auch nur, um die Kosten zu senken. Füllstoffe sind den Molekülen des Klebgrundstoffes gegenüber inert. Es werden meist feste, nicht flüchtige, anorganische, kristalline Substanzen verwendet wie pyrrogene und gefällte Kieselsäure, Quarzmehl, Kreide, Leicht- und Schwerspat, Glas- oder Asbestfasern und Metallpulver. Füllstoffe können ferner den Temperaturanwendungsbereich von Klebstoffen vergrößern, indem sie durch ihre eigene geringe Wärmeausdehnung die der Polymerschicht begrenzen. Sie verhindern so Risse, die durch Wärmespannungen entstehen würden und wirken auch allgemein einer Schrumpfung entgegen. Eine weitere Aufgabe ist es, daß sie die Belastbarkeit der Klebschicht gegenüber physikalischen Kräften, v.a. gegenüber Schälspannungen, durch ihre hohe Festigkeit steigern. Manchmal erzielt man mit Füllmitteln auch bestimmte elektrische und physikalische Eigenschaften wie z.B. eine gewisse Wärmeleitfähigkeit mit metallischen Füllstoffen. Bei all diesen Einsatzmöglichkeiten haben sie den Nachteil, daß sie die Abbindegeschwindigkeit herabsetzen, da sie zu einer Verdünnung des Klebgrundstoffes führen. Des weiteren verdicken sie die Klebschicht, was eine geringere Kohäsion zur Folge hat.



Harze sind feste, harte bis weiche, polymere Stoffgemische, die meist amorph sind und einen Schmelz- und Erweichungsbereich haben. Sie sind in organischen Substanzen löslich. Harze können einer Klebschicht bestimmte Eigenschaften verleihen, wie z.B. eine besondere Klebrigkeit. Aber auch sie beeinflussen das Fließ- und Kriechverhalten sowie die Viskosität des Klebstoffes negativ.


Stabilisatoren sind ein sehr wichtiger Klebstoffzusatz, da sie unerwünschte Reaktionen von Polymeren der Klebschicht unterbinden und Mono- oder Polymere bei der Verarbeitung, z.B. unter Hitze, vor der Zersetzung schützen. Antioxidantien können bspw. den oxidativen Abbau von Polymeren verhindern, indem sie schneller als das Polymer mit dem Sauerstoff reagieren.


Haftvermittler dienen zum Verbessern der Haftungseigenschaften von Klebschichten auf den Fügeteilen. Es sind Substanzen, die mindestens zwei funktionelle Gruppen besitzen. Die eine reagiert mit dem Fügeteil, die andere mit dem Klebstoff. Wegen der unterschiedlichen Strukturen ist es folglich vorteilhaft, wenn die Gruppen nach verschiedenen Mechanismen reagieren, z.B. durch Substitution und einen radikalischen Mechanismus.

Abbildung 6- : Chemischer Aufbau und Reaktionsmöglichkeit zweier Haftvermittler ([3], S. 127, Abb. 4)


Als Haftvermittler werden vor allem niedermolekulare Stoffe eingesetzt wie Titanate, Chlorsilane und Chromkomplexe ungesättigter Carbonsäuren. Beispiele zeigt Abbildung 6-2.

Definiertes Ziel von Haftvermittlern ist es, "einer Klebung eine optimale Festigkeit und Beständigkeit zu vermittlen." ([5], S. 2, Z. 96-98)




Ausblick

Verhalten von Klebungen unter Krafteinwirkung

Da neben chemischen Betrachtungen von Klebstoffen, wie sie im Rahmen dieser Arbeit gemacht worden sind, die praktische Klebstoffanwendung großer Aufmerksamkeit bedarf, soll kurz anhand von drei Punkten das Verhalten von Klebungen betrachtet werden, wenn physikalische Kräfte auf sie einwirken.


1. Belastungsspitzen in Klebungen sind um so geringer, je dünner die Klebschicht ist. Folglich sollte eine Klebschicht so fein wie möglich sein.

2. Klebungen sind nur für bestimmte Belastungen geeignet, wie Abbildung 7-1 zeigt.


Abbildung 7- : Beanspruchungsarten von Klebungen


3. Bei Klebungen treten nur an den beiden Enden der Klebschicht Kraftmaxima auf (siehe Abb. 7-2). Daher ist es vorteilhaft, diese Stellen gegen zusätzliche, z.B. chemische, Beanspruchungen zu schützen. Ferner ist die Kräfteverteilung in Klebungen symmetrisch, wie u.a. aus Abbildung 7-2 hervorgeht


Abbildung 7- : Modell und FEM-Berechnung einer Zugscherung (nach W. Breddin)

Anwendungsgebiete des Klebens

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, sind wir überall von Klebstoffen umgeben. Deshalb soll noch kurz ein Überblick über die Vielfalt der Anwendungsgebiete für Klebstoffe gegeben werden - nicht mit dem Anspruch auf Vollständigkeit sondern nur als ein Einblick in die Möglichkeiten dieser Fügetechnik.


Abbildung 7- : Klebestellen im Haus und Auto (nach [7], S. 76 und S. 78)


Ein sehr wichtiger Einsatzbereich von Klebstoffen ist die Automobilindustrie. So werden Blechverbundteile wie Türen und Motorhauben zusammengeklebt, Heck- und Windschutzscheiben werden in die Karosserie "eingeklebt" und noch viele andere Dinge wie Bremsklötze oder Luftfilter werden verklebt (vgl. Abb. 7-3).

Auch in der Luft- und Raumfahrt werden Klebstoffe verwendet - hauptsächlich zum Herstellen von Leichtmetallwaben, aus denen u.a. die Außenhaut besteht.

Neben diesen Anwendungen mit sehr hohen Anforderungen finden wir Klebstoffe aber auch in vielen Konsumartikeln wie Büchern, Babywindelhöschen, Schuhen, Textilien oder Sportartikeln.

Ferner werden im Bau und in der Inneneinrichtung häufig Klebstoffe verwendet, wie Abbildung 7-3 zeigt.


Ansonsten wird auch in der Verpackungsindustrie sehr viel mit Klebstoffen gearbeitet. Z.B. sind Verbundverpackungen erst durch Klebstoffe möglich.

Ein weiteres, sehr interessantes Anwendungsgebiet für Klebstoffe ist die Medizin - nicht nur für Wundpflaster und medizinisches Zubehör wie Spritzen, sondern auch für Wundverklebungen als Ersatz für das Nähen in der Chirurgie. Außerdem werden Klebstoffe im Dentalbereich verwendet.


So sieht man, daß das Kleben nicht nur für behelfsmäßige Reparturen geeignet ist, sondern eine echte Alternative zu mechanischen Fügetechniken wie Schweißen darstellt.

Ja, "Klebstoff verbindet Weltweit!" (Leitspruch des Industrieverbandes Klebstoffe e.V.)



Literaturverzeichnis


Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, 5. Ausgabe

Art. "Adhesives", Bd. A 1

© 1985, VCH Verlagsgesellschaft mbH, 6940 Weinheim


G. Habenicht: Kleben

© 1986 Springer Verlag, Berlin - Heidelberg


Dr. rer. nat. E. Wistuba: "Kleben und Klebstoffe"

in: Chemie in unserer Zeit, 14. Jahrg. 1980, Nr. 4, S. 124-133

© Verlag Chemie GmbH, 6940 Weinheim


Dr. H. F. Huber: Dauerhaft kleben: Eine Einführung für den Praktiker

Hrsg.: Ulrich Zorll

© 1994, Curt R. Vincentz Verlag, 30062 Hannover


DIN 16 920; Juni 1981


Enzyklopädie Naturwissenschaft und Technik

© 1979 Verlag Moderne Industrie Wolfgang Dummer & Co, 8000 München 50


G. Gierenz, F. Röhmer: Klebstoffe - Arbeitsbuch Kleben und Klebstoffe

© 1989, Cornelsen Verlag Schwann-Girardet, Düsseldorf


Römpp-Chemie-Lexikon, 9. erweiterte und neubearbeitete Auflage

Hrsg.: Prof. Dr. J. Falbe und Prof. Dr. M. Regitz

© 1990 Georg Thieme Verlag, Stuttgart



Ich danke den Herren

C. Grobe, Beiersdorf AG, Anwendungstechnik, BU Fastening Systems für Informationen zur Herstellung von Klebstoffen,

S. R. Arthur, Wiedenbauer GmbH & Co. Süßwarenwerk KG, Produktion für Informationen zu Kaugummirezepturen

sowie meinem Vater W. Breddin für die FEM-Berechnungen.




Orientierungskräfte treten zwischen Molekülen mit permanenten Dipolen auf

Induktionskräfte entstehen bei der Annäherung eines Moleküls mit permanentem Dipol an ein polarisierbares Molekül

Dispersionskräfte beruhen auf der nicht konstanten Ladungsverteilung dipolloser Moleküle, die zu momentanen Dipolen führt, welche im Nachbarmolekül ebenfalls Dipolmomente induzieren.

Kontaktklebstoff: scheinbar trockener Klebstoff(film), der unter Druckeinwirkung arbeitet

Haftklebstoff: Klebstoff, der nach beliebiger Zeit unter geringem Druck haftet und auch nach dem Trocknen klebrig bleibt

Thermoplast: Kunststoff, der in Wärme verformbar ist, ohne dabei seine Eigenschaften zu verändern

Duroplaste: Gruppe von Kunststoffen, die zwar nach dem Zusammenmischen ihrer Komponenten einmal durch Hitze aushärtbar sind, sich aber nicht wieder erweichen lassen

Elastomere: gummiartige Kunststoffe

Gummi arabicum besteht aus den saueren Alkali- und Erdalkalisalzen der Polyarabinsäure.

Sie ist ein verzweigtes Polymer aus L-Arabinose, D-Galaktose, L-Rhamnose und D-Glucuronsäure im Verhältnis 3 : 3 : 1 : 1.






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