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Das Problem der Religion in der multikulturellen Ehe:


Bei den von uns interviewten Paaren haben sich kaum Konflikte aus verschiedenen Glaubenskonfessionen ergeben.

Das liegt möglicherweise daran, daß die Paare der Religion nicht besonders viel Bedeutung beimessen (vor allem bei den jungen Paaren ist dies der Fall) oder ohnehin derselben Konfession angehören. Im Fall von Walter und Andrea ist es zum Beispiel so, daß beide tiefen katholischen Glaubens sind (Walter ist sogar Religionslehrer) und mehr oder weniger erst dadurch zusammengefunden haben.

Als ich aber nach weiteren Informationen über das Problem der Religion in der multikulturellen Ehe suchte, stieß ich in der Universitätsbibliothek auf ein Buch, das vor den Gefahren der "gemischten Ehe" warnt.

Das Buch "Die gemischte Ehe" stammt von August Ackermann und erschien 1958, also vor genau 40 Jahren, in der Schweiz. Bei der Lektüre des Textes drängt sich der Verdacht auf, daß Ackermann ein sehr strenger und auch sehr konservativer Katholike ist, der mit allen Mitteln versucht, seine "Schäfchen" nicht vom rechten Wege abkommen zu lassen.

Schon im Vorwort schreibt er:

Die gemischte Ehe ist eine der größten Gefahren für den katholischen Glauben und damit für die katholische Kirche. Das Wachsen der Städte, das heutige Industrieleben mit seiner gewaltigen konfessionellen Verschiebung der Bevölkerung und der oft indifferente, glaubenslose Zeitgeist haben in den letzten Jahren eine Aufsehen und Besorgnis erregende Zunahme dieser Gefahr verursacht. Die gemischte Ehe ist eines jener vielen Zeichen der Auflösung und des Zerfalles, die eine verhängnisvolle Zukunft, einen Niedergang und Untergang der Völker ankünden. Eifrige Abwehr tut not.[1]


Hier ist zu bedenken, daß Ackermann unter einer gemischten Ehe eine "Ehe zwischen zwei getauften Personen, von denen die eine katholisch ist, die andere aber einer protestantischen oder schismatischen Sekte angehört"[2], versteht. Es geht also hier vor allem um Partnerschaften zwischen Christen (!), die Argumente könnten aber auch auf andere Religionsgemeinschaften angewandt werden.



"Das Glück der katholischen Kirche"


Das erste Kapitel des Buches handelt davon, wie vollkommen glücklich ein braves, streng katholisches und tief gläubiges Paar sein muß. Ackermann zitiert einen Abschnitt aus der Bibel, wo steht, daß der "Mann das Haupt der Kirche [ist], wie Christus das Haupt der Kirche ist"[3].

Der Autor weiß sehr richtig, wie wichtig große und intakte Familien sind, um den katholischen Glauben weiterzuverbreiten:

Aus der Lehre des Glaubens und aus der täglichen Erfahrung weiß die katholische Kirche, daß der Erfolg ihrer Tätigkeit, die Erfüllung ihrer Bestimmung und damit ihre Zukunft von der guten katholischen Familie abhängt.[4]


Ein gutes katholisches Brautpaar sei "ein Bild des Glückes und des Friedens", da die "Herzen durch die gute Brautbeicht gereinigt" und "die heilige Kommunion sie "gestärkt hat und selbst die natürliche Freude und Liebe verklärt und übernatürlich geadelt."[5]

Natürlich beschönigt Ackermann hier das Glück eines rein katholischen Brautpaares. Ihre Ehe ist einig, heilig und unauflöslich. Nur durch den Tod können sie geschieden werden. Daß die Realität ganz anders aussieht und daß schon Ende der fünfziger Jahre, als dieses Buch entstand, viele Ehen geschieden wurden, verschweigt Ackermann:

Die Einheit und Treue zwischen Christus und der Kirche ist das Bild der Einheit zwischen Mann und Frau. Es ist die Einheit der Liebe [].

Die Einheit, Heiligkeit und Unauflösbarkeit der christlichen Ehe sind göttliche Gesetze, an denen niemand rütteln darf. Sobald ein Stein dieses Fundamentes der Ehe weggenommen wird, fällt das ganze Gebäude zusammen. Die Folge ist der Ruin von Familie, von Kirche und Staat. Eine Gefahr für die katholische Familie ist die gemischte Ehe. Darum ist die gemischte Ehe das große Sorgenkind der katholischen Kirche.[6]


Erst bei der Lektüre des zweiten Kapitel wird vollends klar, welche Schwarzweißmalerei hier betrieben wird: Im zweiten Kapitel geht es um die "gemischte Ehe".




"Die gemischte Ehe"


Laut Ackermann treffen die drei Fundamente der katholischen Ehe nicht auf Mischehen zu:

[Die] einigende Liebe ist durch die Verschiedenheit des Glaubens gefährdet. Der Mangel an Liebe führt in der Folge öfters zur Scheidung. []

Dem Protestanten ist die Ehe kein Sakrament. Er wendet die Heiligungsmittel der katholischen Kirche nicht an. Der Katholik läuft selber Gefahr, lau zu werden im Bestreben sich selbst zu heiligen.[7]

Den schlimmsten und größten Konflikt zwischen beiden Konfessionen sieht Ackermann aber in dem letzten der drei Fundamente: der Unauflöslichkeit der Ehe.

Luther forderte ja bekanntlich, daß man sich wegen Ehebruch, Unvermögen und fortgesetzter Weigerung, die eheliche Pflicht zu leisten trennen lassen kann.

Auch die staatliche Zivilgesetzgebung erlaubt noch aus anderen Gründen die Ehescheidung, wie böswilliges Verlassen, Raserei, Wahnsinn, Nachstellen nach dem Leben [] Wo bleibt da die gleiche Unauflösbarkeit, wenn der katholische Teil schwört bis in den Tod?[8]


Ackermann versucht im nächsten Kapitel statistisch zu belegen, daß weit mehr Mischehen geschieden wurden, als katholische Ehen. Diese Tatsache läßt sich aber auch so interpretieren, daß es Ende der 50er Jahre sehr viele katholische Ehen im Sinne Ackermanns gab, die unglücklich waren und sich nur wegen ihres Glaubens nicht scheiden ließen.

Außerdem sei die Fruchtbarkeit in Mischehen weit geringer, was der Autor als weiteren Beweis für die Schlechtheit der gemischten Ehen nimmt. Ob kinderreiche Familien wirklich glücklicher als kinderarme sind, sei dahingestellt.


Ein ganzes Kapitel des Buchs ist dem Verlauf des "gemischten Ehe"-Lebens gewidmet, das selbstverständlich voller Unglück sein muß:



"Das unglückliche Eheleben":


Das Unglück beginne bei schon bei der Trauung, die oft nicht mehr kirchlich, sondern nur zivil sei. Eine Ziviltrauung aber sei für einen Katholiken ungültig.

Das sind trübe Aussichten für den katholischen Teil schon am ersten Tag der gemischten Ehe. Das hat er gewußt und trotzdem ist er die gemischte Ehe eingegangen. Welch gläubiges Herz kann das fassen?

Wie schmerzvoll für die Kirche! Könnte sie weinen, sie würde jetzt schon bitter weinen.[9]

Auch das spätere Eheleben könne nicht funktionieren, da "Eintracht und Frieden, die auf einer übernatürlichen Liebe ruhen"[10], fehlten.

Der katholische Teil verliere seine katholischen Grundsätze und unterlasse seine katholischen Glaubensübungen. Dagegen nehme er die Meinungen und Grundsätze des nichtkatholischen Teiles auf.



"Die gefährdeten Kinder":


Die Kinder seien die Leidtragenden in Mischehen, so Ackermann, denn sie würden häufig gar nicht einmal mehr getauft.

Er befürchtet, daß durch den Zwiespalt in den verschiedenen Konfessionen der Eltern das Kind indifferent wird: "Das Kind [] schließt später auch eine Mischehe und in der dritten Generation ist die Mischehe ganz protestantisch."[11]

Wie weit Ackermann in seinen Bemühungen geht, gemischte Ehen zu vermeiden, zeigt das Kapitel VI. "Verhängnisvolle Ausreden". Er versucht hier die häufigsten Gegenargumente zu entkräften, wobei er oft ziemlich weit geht, um den Zweifelnden ins Gewissen zu reden:


11. "Er ist mir zu lieb."


Um menschlicher Liebe willen willst du deinen Glauben und den Glauben deiner Kinder gefährden? Das ist nicht Liebe, von der du sprichst, das ist pure Leidenschaft. Stehe hin vor das Bild des gekreuzigten Heilandes, betrachte seine Wunden, schau in sein liebevolles, brechendes Auge. Wagst du da noch zu sagen: "Er" ist mir zu lieb? [12]





"Seliges Sterben"


Im letzten Kapitel des Buches geht Ackermann aber noch weiter: Er appelliert an die Urängste des Menschen: die Angst vor dem Tod:

Wie selig ist der Tod einer guten katholischen Mutter, die in einer rein katholischen Ehe ihre Pflichten nach Möglichkeit erfüllt hat. Sie hat ihr höchstes Gut, das Gut des katholischen Glaubens, treu bewahrt. Ihrem Gatten hat sie ein gutes Beispiel gegeben. Wie in der Ehe, so waren sie eins im Glaubensleben. Kreuz und Leid haben sie einander tragen helfen. Die Freuden haben sie geteilt. Ihre zahlreichen Kinder hat die gute Mutter für Gott erzogen. Im Himmel werden sie ihre Krone sein. [] Nun liegt die gute Mutter auf dem Sterbebette. Sie muß diese Welt verlassen. Noch ein letztes Mal sieht sie alle ihre Kinder um ihr Sterbebett versammelt. Jedem einzelnen und allen zusammen gibt sie ein letztes Mal den mütterlichen Segen und die letzten heilsamen Ermahnungen für die Zukunft. Die braven Kinder versprechen Treue zum katholischen Glauben. []



Ein letzter Abschiedsblick der sterbenden Mutter! Ihre Seele ist zur Reise in die Ewigkeit gestärkt durch den guten Empfang der hl. Sterbesakramente. Ihr heiteres Antlitz verkündet den Kindern zum letzten Male die große Mutterliebe. []

Willst nicht auch du einst so sterben? Dann trete niemals in eine gemischte Ehe und bleibe deinem katholischen Glauben treu bis in den Tod.[13]



Die Ehegesetzgebung der Kirche:


Die katholische Kirche verbietet die Mischehen aufs strengste, kann aber Ziviltrauungen nicht verhindern. So steht z.B. im Katechismus: "Die Mischehen bringen für die Eheleute und ihre Kinder Gefahren und Belastungen durch die Verschiedenheit der Bekenntnisse.[14]

Der katholische Teil muß versprechen, treu nach seinem Glauben zu leben, und sich darum bemühen, daß die Kinder katholisch getauft und erzogen werden.[15]

Die gemischte Ehe ist aber auch durch ein "göttliches" Gesetz verboten. (Can. 1060 C.J.C.)

Auf mehr als 30 Synoden und Konzilien hat die Kirche seit dem 4. Jahrhundert die Gläubigen vor der gemischten Ehe gewarnt. Auf dem Konzil von Chalcedon wurde beschlossen: "Mit Irrgläubigen  oder Juden oder Heiden soll keine eheliche Verbindung geschlossen werden. Diejenigen, welche zuwiderhandeln, verfallen einer kanonischen Strafe, und auch die Eltern, welche dazu mitwirken, werden zu einer Kirchenbuße von fünf Jahren verurteilt."

Klemens XIII. (1758 - 1769) legte in einem Schreiben an den Bischof von Straßburg, Kardinal Rohan dar, daß man sich "von der Kindererziehung in solchen Ehen nichts versprechen könne, daß dadurch vielmehr der Weg zur Ausbreitung der Irrlehre und, was noch schlimmer ist, zur Herrschaft der religiösen Gleichgültigkeit gebahnt wird."[17]


Schon das Alte Testament verbietet die Ehe mit Irrgläubigen, heidnischen Nachbarn: "auch darfst du dich nicht mit ihnen verschwägern, weder deine Tochter einem ihrer Söhne zur Frau geben, noch eine ihrer Töchter deinem Sohne zur Frau nehmen."[18]

Die 16jährige Franziska von Chantal Frémiot (1572-1641) erklärte, als ein Hugenotte um ihre Hand bat: Lieber das Leben lang im Gefängnis, als im Hause eines Irrgläubigen.[19]


Für das Verbot der Mischehe gibt es auch Ausnahmen:

Canon 1061. § 1. Die Kirche dispensiert vom Hindernis der gemischten Religion nur, wenn:

gerechte und schwere Gründe dazu drängen;

der nichtkatholische Eheteil Garantie geboten hat, die Gefahr des Abfalles vom katholischen Eheteile fernzuhalten, und wenn beide Ehegatten garantieren, alle Kinder katholisch zu taufen und zu erziehen;

moralische Sicherheit über die Erfüllung der Garantien vorhanden ist.

§ 2. Die Kautionen sollen für gewöhnlich schriftlich verlangt werden.


Canon 106. § 1. Der katholische Eheteil hat die Verpflichtung, für die Konversion des nichtkatholischen Eheteiles klug zu sorgen.

§ 2. Wenn der Pfarrer sicher weiß, daß die Brautleute dieses Gesetz verletzen werden oder schon verletzt haben, so darf er ihrer Ehe nicht assistieren, außer aus äußerst wichtigen Gründen, nachdem das Argernis beseitigt und der Bischof vorher zu Rate gezogen worden ist.


Diese Dispens kann man aber sicherlich nicht als Erlaubnis werten. Die Kirche läßt also nur gezwungen die gemischte Ehe zu, billigt sie aber nicht. Bei Nichtachtung des Kirchengesetzes blüht Bestrafung:

Canon 2319 C.J.C., § 1.:

Katholiken verfallen der dem Bischof vorbehaltenen Exkommunikation:

wer vor nicht katholischem Religionsdiener eine Ehe eingeht, entgegen der Vorschrift von Can. 1063, §1;

wer eine Ehe eingeht mit ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung, alle oder einen Teil der Kinder außer der katholischen Kirche zu erziehen;

wer sich vermißt, seine Kinder wissentlich nichtkatholischen Kindern zur Taufe zu übergeben;

Eltern oder Stellvertreter der Eltern, welche die Kinder wissentlich zur Erziehung und zum Unterricht in einer nichtkatholischen Religion übergeben.


§ 2.: Jene, von denen in § 1, 2-4, die Rede ist, sind überdies der Häresie verdächtig.[20]


Aus all diesen Gesetzen der Kirche kann man herauslesen, daß diese sehr um ihren Fortbestand besorgt ist. Die Sorge, daß ein Ehepartner Elemente aus dem Glauben des anderen aufnehmen könnte, ist durchaus berechtigt.

Ich finde jedoch nicht, daß dies etwas schlechtes ist, denn jeder muß selbst wissen, woran er glaubt.

Außerdem ist es meiner Meinung nach von Vorteil für ein Kind, wenn es konfessionslos aufwächst, da ihm die Entscheidung selbst überlassen wird, ob er später einer der beiden Konfessionen der Eltern angehören will.



August Ackermann, Die gemischte Ehe, Altstätten SG (Schweiz), 1958, S.6

Ackermann zitiert hier den Codex Juris Canonici (Canon 1060)

Eph. 5, 23

A.A., Die gem. Ehe, S. 7

op. cit., S. 10

op. cit., S. 13 - 15

op. cit., S. 17 - 18

op. cit., S. 19

op. cit., S.28

op. cit., S.30

op. cit., S.63

op. cit., S. 76

op. cit., S. 100-101

Katholischer Kurz-Katechismus, gemäß dem Directorium Catechisticum Generale, Rom           Vatikan 1971, dt. Ausgabe Parzeller-Fulda 1973, S. 38

Katechismus, S. 39

Allgemeines Konzil von Chalcedon, 451

Ludwig Pastor, Die Kirchengeschichte der Päpste, Bd. 16, Abt.1, S. 963

Deut. 7, 3-5

Ludwig Pastor, Die Kirchengeschichte der Päpste, Bd. 12, S. 363

Canon 2319 Canon Juris Canonici, § 1, § 2; neues Kirchenrecht 1917