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Nordstrand



Nordstrand

Schafe, Wolken und überall Deiche. Bummel durch Süden, das Dorf der Töpfer. Surfen und Baden am Holmer Siel. Natur pur im Beltringharder Koog.

Ein weiter Himmel wölbt sich über einem Flickenteppich von Kögen: Elisabeth-Sophien-Koog, Pohnshal-lig-Koog, Morsum-Koog, Oster-Koog, Alter Koog, Neu-Koog und Trendermarsch-Koog. Eingerahmt wird das fruchtbare Marschland, das durchschnittlich über einen halben Meter unter dem mittleren Hochwasser liegt, von einem 8-9 m hohen, 28 km langen Seedeich. Saftige Weiden mit schwarzweißem Vieh, goldene Raps- und wogende Getreidefelder prägen die von ehemaligen Sccdeichen durchzogene Landschaft. Weit rstreut liegen stattliche, von windgeschorenen Bäumen gesäumte Höfe auf hohen Warften. Im Vorland und auf den Außendeichen weiden Tausende von Schafen, die Badestrände sind Crünstrände -vieles ist genauso wie auf Pell-worm. Mit einem feinen Unterschied: Durch den Bau des 3 km langen Straßendamms zum Festland im Jahr 1935 hat Nordstrand seinen insularen Charakter weitgehend rloren, erst recht, seit in den 80er jähren die ehemalige Nordstrander Bucht, jetzt Beltringharder Koog, eingedeicht wurde.

Allen diesen Tatsachen zum Trotz: Die Nordstrander fühlen sich als Insulaner, und wer mit dem Fahrrad oder zu Fuß die grüne Halbinsel durchstreift, wird den Einheimischen zustimmen. Nordstrand ist eine Welt für sich, wenn man das Auto stehen läßt und nicht jeden Tag zum Shopping ins 11 km entfernte Husum fährt.



Geschichte

Nirgends läßt sich die Geschichte der leidgeprüften nordfriesischen Küste, der unerbittliche Kampf gegen den »Blanken Hans« besser nachvollziehen als am Beispiel der Insel Nordstrand. Nach der Sturmflut von 1634 verließen viele Bewohner, die nur ihr nacktes Leben hatten retten können, ihre zerstörte Heimat. Der Landesherr, Herzog Friedrich III., reiste zwar höchstpersönlich an, um die verheerenden Schäden in Augenschein zu nehmen, doch trotz tiefer Erschütterung angesichts der unvorstellbaren Not der Zurückgebliebenen blieb die notwendige staatliche Hilfe zur Wiedergewinnung der Gesamtinsel aus. Und vom Mitleid allein ließ sich noch nie leben. Während die Pellwormer mit niederländischer Unterstützung innerhalb weniger lahre einen Großteil ihrer Harde wieder eindeichen konnten, blieben die restlichen Teile des alten Nordstrandes noch fast zwei lahrzehnle ohne neuen Deich und wurden bei jeder größeren Flut überspült. Die Landreste zwischen Nordstrand und Pcllworm gingen verloren, das Watt breitete sich aus. Vergeblich suchten die Nordstrander kapitalkräftige Interessenten für die Neucindcichung zu finden. Erst 1652, 17 jähre nach der großen Flut, konnten einige Niederländer für das Projekt gewonnen werden. Die erleichterte Landesregierung sprach den Teilhabern, Partizipanten genannt, neben der ganzen Insel samt Kirchen, Pfarrhäusern, Schleusen und Sielen umfangreiche Freiheiten und Rechte, darunter auch die Religionsfreiheit, zu - sehr zum Nachteil der eingesessenen Nordstrander, die damit praktisch enteignet wurden, ihren Besitz und ihre Rechte verloren. Eine neue Auswanderungswelle folgte - die, die blieben, wurden Untertanen und traten als Tagelöhner in die Dienste der neuen Landherren. Zwei jähre dauerte die Eindeichung des ersten Nordstrander Kooges, des heutigen Allen Kooges. Die Kosten lagen weit höher als ursprünglich veranschlagt, was u. a. dem Unwillen der einheimischen Deicharbeiter gegen die neuen Herren zuzuschreiben war. Die Partizipanten wären ohne die tatkräftige Unterstützung der Bra-banter Arbeitskolonnen vermutlich »durch die feindlich gesinnten Insulaner massacrieret« worden, heißt es in einem zeitgenössischen Bericht. Auch für die Eindeichung des Oster-Kooges wurde Hilfe aus Brabant geholt. Um sich »gegen die Wut der einheimischen Koyer, die zweimal revoltierten«, zu wehren, mußte während der Deichbauarbeiten sogar eine Schanze aufgeworfen werden. Die Zahl der Partizipanten stieg auf 24, zehn davon kamen aus Brabant, acht aus Holland und sechs aus Frankreich, Die fruchtbaren Marschböden in den neuen Kögen brachten schon bald reiche Ernte und Überschüsse ein, bis mit einer Reihe schwerer Sturmfluten in der ersten Hälfte des 18. Jh. wieder einmal Not und Elend über die Insulaner hereinbrachen. Der nordöstlich des Oster-Kooges unter großen Schwierigkeiten gewonnene Christians-Koog, dessen Deiche im September 1751 brachen, mußte wieder aufgegeben werden. Die ohnehin hochverschuldeten Partizipanten konnten die Mittel zur Wiederbedeichung nicht mehr aufbringen und übertrugen nun die Deichreparaturen ihren einheimischen Pächtern, überwiegend Nachkommen der nach der Sturmflut von 1634 noch aul der Insel verbliebenen Nordstrander. Viele der niederländischen Partizipanten kehrten - finanziell erschöpft und müde des Kampfes gegen die Naturgewalten - in ihre Heimat zurück. Die Zahl der Einheimischen, ihr Besitz und Einfluß nahmen wieder zu. 1768 kam ein neuer Landinteressent nach Nordstrand. Graf Desmercieres, der sehr erfolgreich bereits zwei Köge vor Bredstedt eingedeicht und besiedelt hatte, erwarb eine Teilfläche des verlorengegangenen Christians-Kooges, deichte ihn bis 1771 ein und verkaufte dann das nach seiner Frau Elisabeth-Sophien-Koog genannte Land zu ungemein günstigen Bedingungen. Ihm ging es nicht darum, »reiche vermögende Käufer zu finden, die mit barem Gelde davon Besitz nehmen können, als vielmehr andere ..., denen das Glück nicht so gewollt...« hatte. Durch ihn kamen einheimische Familien wieder zu Landbesitz. Trotz erneuter schwerwiegender Zerstörungen in den großen Sturmfluten des 19. Jh. konnte 1866 der Morsum-Koog gewonnen werden. Es folgte im Jahre 1926 der Pohns-Hallig-Koog - als erster der Nord-slrander Köge aus Staatsmitteln finanziert.

Der bereits im Jahre 1906 zwischen der Pohns-Hallig und dem Festland errichtete Lahnungsdamm, der zunächst nur von Fußgängern und Radfahrern genutzt werden konnte, wurde Mitte der 30er Jahre zu einem hochwassersicheren Autodamm ausgebaut. Am 14. Juli 1935 erfolgte die feierliche Einweihung des Nordslrander Dammes. Mit der Eindeichung der Nordstrander Bucht zum Bcltring-harder Koog im Sommer 1987 wurde schließlich die letzte große Baumaßnahme zum Abschluß gebracht (s. S. 198). Nordstrand erhielt seine endgültige Gestalt. Als Halbinsel ragt es jetzt ins Wattenmeer.
Die Nordstrander leben von der Landwirtschaft - es gibt noch etwa 50 Vollerwerbsbelriebe - und dem Fremdenverkehr. Auf 2400 Einwohner kommen rund 2500 Gästebetten. Seit 1990 ist Nordstrand anerkanntes Secheilbad - gedankt sei es dem aus Landesmitteln finanzierten Westküstenprogramm, dessen Ziel es ist, die Wirtschaft der Region zu verbessern.

Inselerkundung

Wer mit dem Aulo über den Nordstrander Damm nach Nordstrand kommt, gelangt in zehn Minuten quer über die Insel ans andere Ende zum Hafen nach Strucklah-nungshörn. Um das Festlandgefühl zu verlieren, ist es aber schöner, die Insel erst entlang des Deiches zu erkunden und von der Hauptstraße der ersten Abzweigung nach Süderhafen zu folgen. Der kleine Ort entwickelte sich nach der Gewinnung des Morsum-Kooges im Jahre 1867 mit der Anlage des Hafens, von dem aus bis 1935 der Passagier- und Frachtverkehr sowie die Viehtransporte zwischen Nordstrand und Husum abgewickelt wurden. Nach dem Bau des Nordstrander Autodammes verlagerte sich der Inselverkehr immer mehr auf die Straße. Der Siloturm des Landwirtschaftlichen ßezugsverci-ns überragt den 1963 neu angelegten Hafen, in dem heute vor allem Sportboote und Jachten vor Anker liegen. Als höchste Erhebung ist er zugleich das Wahrzeichen Nordstrands. Auf der anderen Straßenseite steht die 1890 erbaute, 1982 restaurierte Engel-Mühle, eine zu ihrer Zeit technisch hochmoderne Mühle, die über einen Winddynamo zum Aufladen von Batterien für elektrischen Strom verfügte. Der Strom reichte zwar nur für die Beleuchtung der Mühle, aber das immerhin schon ein halbes Jahrhundert, bevor die Insel ans Stromnetz angeschlossen wurde. Die bereits 1924 in der Mühle eingerichtete Bäckerei wurde 1970 um ein Cafe; erweitert.

Einkaufstip: In der Südhafen-Töpferei wird sehr schöne Keramik mit Nordseemotiven angefertigt, Tegelislraat 22, Igl. von 12-18 Uhr.

Nordstrands eigentliches Zentrum liegt in Süden, einem der hübschesten Flecken der Insel, an dem sich viele Töpfer und Kunsthandwerker niedergelassen haben. »Auf dem Süden« stehen zwei der drei dicht zusammenliegenden Nordstrander Kirchen. Die Kirchengeschichte Nordstrands ist bemerkenswert: Nach der Zerstörung der alten Insel Strand gestand man den zur Sicherung der Inselreste eingewanderten Niederländern die Religionsfreiheit zu. Drei der vier Hauptpartizipan-ten waren katholischen Glaubens, ebenso wie ein Großteil ihrer für die Deicharbeiten nach Nord-slrand geholten Landsleule. Seither existieren drei Religionsgemeinschaften auf Nordslrand, die alle ihre eigene Kirche besitzen: Die im 13. Jh. gebaute evangelische Kirche von Odenbüll überstand die große Sturmflut von 16.34 unbeschadet. Ihr ursprüngliches äußeres Erscheinungsbild ist nach mehrmaligen, umfassenden Renovierungsarbeiten total verändert, doch die reiche Innenausstattung ist noch älteren Datums. Der spätgotische figurenreiche Schnitzaltar stammt aus der Zeit um 1480. Die mit biblischen Szenen üppig geschmückte Kanzel wurde 1605 gestiftet. Auf dem alten Friedhof erinnert ein Gedenkstein an den Nordslrander Ingwer Ludwig Nommensen, den »Apostel des Batak-Volkes«. Nommensen ist der Gründer der Balak-Kirche auf Sumatra/Indonesien, sie ist die größte evangelische Kirche in Asien. Die heutige alt-katholisehe Kirche St. Theresia (1662) ist die ursprüngliche Pfarrkirche der flämischen und niederländischen Katholiken, die sich in der Mitte des 17. Jh. auf Nordstrand niederließen. Sie steht seit 1972 unter Denkmalschutz. Vor dem Altar sind mehrere große Grabplatten in den Boden eingelassen. Als sich in Holland die sogenannten Janseni-sten von der römisch-katholischen Kirche trennten, führte dies im Jahre 1740 auch zur Spaltung der Katholiken auf Nordstrand. Die Gemeinde der Alt-Katholiken zählt nur noch ein Dutzend Mitglieder, weshalb der Nordstrander Pastor noch weitere alt-katholischPtnkla-ven in Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen betreut. Das weißgetünchte, reetgedeckte Friesenhaus auf dem Deich neben der Kirche ist das alt-katholische Pastorat, in dem eine wertvolle Bibliothek mit historischen und geistlichen Werken untergebracht ist.

Die römisch-katholische Kirche St. Knud wurde 1866 auf der Deichwarft Süden errichtet. Zur Gemeinde zählen auch die Halligen Süderoog, Südfall und Nordstrandischmoor sowie Pellworm -doch im Gegensatz zu Nordstrand, wo etwa 20 % der Einwohner katholischen Glaubens sind, wohnen dort insgesamt nur etwa ein Dutzend Katholiken.

Am Trendermarschkoog entlang geht es Richtung Westen nach Fu-lehörn. Von der beliebten Badebucht aus werden Kulschfahrten und Wattwanderungen zur Hallig Südfall unternommen. Ein Stück weiter nördlich ragt ein windschiefes kleines Wäldchen mitten im platten Land auf- die 1905 angelegte Vogelkoje im Nordstrander Alten Koog. Ebenso wie auf Pellworm (s. S. 194) besaß der Wyker Wildentenkonservenfabrikant Heinrich Boysen Anteile an der Anlage. Die Fänge, es sollen in der Fangzeit bis zu 2000 Tiere täglich gewesen sein, wurden zum Anbraten und Einmachen nach Wyk geschickt. Durch den Bau des Nordstrander Dammes im Jahre 19.3.5 gingen die Fänge drastisch zurück, die Enten zogen fortan den Schutz des Dammes dem Kojenteich als Rastplatz vor. Die Fangeinrichtung verfiel, und vom Menschen vernachlässigt, entwickelte sich aus dem Wäldchen ein dichter Urwald. Ein Teil der Vogelkoje wurde 1995 als kulturhistorisches Denkmal wieder instandgesetzt, während ein abgegrenzter Bereich des Urwaldbiotops völlig unberührt blieb. Die Vogelkoje ist über eine Zugbrücke zu erreichen und nur im Rahmen von Führungen zugänglich (tgl. außer Mo um 1.5 Uhr). Ein paar hundert Meter führt der Weg am Deich entlang, dann ist man in Strucklah-nungshörn, dem Heimathafen der Nordstrander Krabbenkutter und der Station des Rettungskreuzers der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). Von hier fahren die Fähren nach Pellworm und die Ausflugsschiffe zu den Halligen ab. Wer zu Fuß unterwegs ist, kann auf dem Deich immer weiter nach Norderhafen spazieren. Er bestand bereits Ende des 17. Jh. - erlangte aber wegen seiner ungünstigen seeseitigen Lage nie die Bedeutung der Häfen und Siele an der Ostseite der Insel. Eine Stichstraße führt in das 1973 erbaute Kurzentrum, das mit Schwimmbad, Solarium, Fitneßcenter und medizinischen Bädern ausgestattet ist. Restaurantbetriebe, eine Bäckerei sowie einige Blocks mit modernen Ferienappartements runden das etwas nüchtern geratene Viertel ab. Im Kurzentrum ist außerdem das Nationalpark-Infozentrum untergebracht. Es informiert über Entstehung und Geschichte des Wattenmeeres, über die Tier- und Pflanzenwelt im Watt und deren Gefährdung (Mitte März-Ende Okt. tgl. 9.30-16.30 Uhr, im Winter kürzere Öffnungszeiten, 80 09).

Der Holmer Fährweg führt bin-nendeichs zum Elisabeth-Sophien-Koog, der als eigenständige Gemeinde 1994, vier Jahre nach Nordstrand, als Seeheilbad anerkannt und in das Gesamtkurgebiet der Insel integriert wurde. Die Windräder des Ulhlander Windparks prägen die flache Landschaft. Im Norden schließt sich das vogelreiche Naturschutzgebiet Beltring-harder Koog an. Am südwestlichsten Zipfel der einzigartigen Lagunenlandschaft, am Holmer Siel, liegt der beliebteste Badestrand der Insel, der sogar über einen breiten Streifen Sand verfügt. Ein schöner Blick über den binnendeichs gelegenen Speichersee hat man von der Cafeterrassc. Eine Radwanderung von Holmer Siel zum Lüttmoor Siel über den Deich bietet Natur pur - zwischen Wattenmeer und Lagune. Von Lüttmoor Siel führt ein l.orendamm zur Hallig Nordstrandischmoor.













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