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Museum für Kunsthandwerk - LEIPZIG

Museum für Kunsthandwerk - LEIPZIG

Adresse: Johannisplatz 5-l1,04103 Leipzig.

Telefon: (0341) 2142175.
Telefax: (0341) 2142113.

Öffnungszeilen: Di., Do.-So. 10.00-l8.00 Uhr, Mi. 12.00-20.00 Uhr.

Sammlungsschwerpunkte: mittelalterliche Bildschnitzwerke, Plastiken, Glas des 17. und 18. Jhs., Zinn, Gold- und Silberschmiedearbeiten, Keramik des 15.-l8. Jhs., Porzellan, Textilkunst, Möbel, Ornamentstiche, Kunsthandwerk des Jugendstils und der 20er- und 30er-Jahre, Design der Gegenwart.

Museumspädagogik: thematische Führungen, Sonderausstellungen, Veranstaltungen.
Führungen: jeweils So. 14.30 Uhr, Mi. 18.30 Uhr und nach Voranmeldung.

Die Gründung des Museums für Kunsthandwerk Leipzig als Kunstgewerbemuseum im )ahre 1874 geht auf eine Anregung der Gemeinnützigen Gesellschaft der Messestadt zurück und stand ganz im Zeichen der Gewerbeförderung in gestalterischer und technischer Hinsicht. Ahnlich anderen Neugründungen wie denen in London oder Budapest wurde das Leipziger Kunstgewerbemuseum zunächst als Muster- und Vorbildersammlung angelegt - zum Studium des als nachahmenswert angesehenen Erbes und zum praktischen Nutzen von Handwerk und Industrie. Kunstförderung als Wirtschaftslörderung war also von Beginn an das Leitmotiv für die Wirksamkeit des Museums. Historisches Kunst- und Kulturgut wurde bewusst in den Dienst eines niauvollen zeitgenössischen Gestaltens gestellt. Dabei galten die Bemühungen um die Hebung des allgemeinen Geschmacks sowohl Produzenten wie Konsumenten.




Den künstlerischen Gradmesser für die Beurteilung des jeweiligen Gegenwartsschaffens lieferten die rasch anwachsenden wertvollen Sammlungs-beständc der unterschiedlichen Materialgruppen vor allem aus dem europäischen, aber auch aus dem vorder- und ostasiatischen Raum. Sie reflektieren den bürgerlichen Anspruch einer weltoffenen und traditionsreichen Handelsstadt und setzen sich zusammen aus Ankäufen auf Welt- und anderen großen Ausstellungen und Auktionen, aus Erwerbungen im Kunsthandcl, aus Privatbesitz und künstlerischen Werkstätten und Betrieben sowie aus wesentlichen Teilen des alten Leipziger Ratsschatzes. Nach provisorischer Unterbringung fanden die Bestände 1896 ihr Domizil im Neubau des ersten Grassimuseums, der aus Mitteln der Stiftung des Leipziger Bankiers Franz Dominic Grassi nach den Plänen von Hugo Licht, dem späteren Baumeister des Neuen Rathauses, errichtet worden war. Um die Jahrhundertwende rstärkte sich das Engagement für neue ästhetische und soziale Ideen. Nach seinem Eintreten für die Reformbewegung des Jugendstils unterstützte das seit 1904 unter städtischer Verwaltung stehende Museum in der Folgezeit Gedanken des Deutschen Werkbundes, die u.a. auf Matrialgerechtigkeit, Zweckmäßigkeit und schöpferische Wechselwirkung von Einzelstück und Serienprodukt gerichtet waren. Der Bereitschaft des Hauses, in die dirgierenden stilistischen Auffassungen der Zeit einzugreifen, soziale Verantwortlichkeiten wahrzunehmen und letztlich die »gute Form für alle« durchsetzen zu helfen, entsprach in besonderem Maße die 1920 durch den damaligen Direktor Dr. Richard Graul begründete Grassimesse, die in eigener Regie - unterbrochen nur durch die Kriegsjahre -zweimal jährlich durchgeführt und erst 1956 vom Leipziger Messeamt übernommen wurde. Nach strenger Auswahl durch eine Jury waren »erlesene Arbeiten des Handwerks und der Manufaktur«, aber auch qualitätvolle Industrieerzeugnisse einem breiten Publikum zugänglich gemacht und zum Teil in den Museumsbestand aufgenommen worden.
Die Grassimesse als Gegenpol zur rein kommerziell ausgerichteten Messe des Leipziger Messeamtes leistete nicht nur einen vielbeachteten Beitrag zur Geschmacksbildung, sondern trug auch zum Wiederaufblühen des deutschen Kunsthandwerks und nicht selten zur Existenzsicherung kleinerer Werkstätten bei, die hier einen speziellen Käuferkreis gewannen. Neben namhaften Unternehmen präsentierten sich auch Kunstschulen von Rang im »Grassi«, dessen Name in den 20er-)ahren zu einem Qualitätsbegriff wurde, ja Weltgeltung erlangte. Einen Höhepunkt erreichte die Museumsarbeit dieses Jahrzehnts mit der Ausstellung »Europäisches Kunstgewerbe 1927«, die den internationalen Stand der Auseinandersetzung zwischen Individualisierung und Typisierung, zwischen Unikat und Serie, zwischen luxuriöser Verfeinerung und Funktionalismus dokumentierte. Trotz politisch bedingter Einschränkungen konnte auch in den 30er-)ahren - der Zeit der reifen Industrieformgestaltung - progressis Gedankengut (Bauhaus) lebendig erhalten und der Erwerb zahlreicher gültiger Sammlungsstücke gesichert werden. Um dem Ausbreitungsbedürfnis der Sammlungen gerecht werden zu können, war von 1925 bis 1928 das »Neue Grassimuseum hinter der Johan-niskirche« erbaut und 1929 offiziell eingeweiht worden. In den heute unter Denkmalschutz stehenden Gebäudekomplex zogen auch das Museum für Völkerkunde und das neu gegründete Musikinstrumentenmuseum ein. Der von den Architekten Voigt und Zweck entworfene Bau, der funktionale Sachlichkeit mit Schmuckelementen des Art Deco rbindet, ist der einzige in Leipzig, der von Anfang an nach museumsspezi-lischen Gesichtspunkten konzipiert und ausgeführt wurde.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Grassikomplex zu 90% zerstört. Das hatte den Verlust aller eingebauten Sammlungsstückc und historischen Raumeinrichtungen sowie einer Anzahl von Objekten der modernen Sammlung zur Folge. Durch rechtzeitige Auslagerung konnte dagegen der größte Teil des beweglichen Sammlungsgutes gerettet werden. Dazu gehörten bedeutende mittelalterliche Bildschnitzwerke mit Altarfiguren des Peter Breuer; kunstvolle nezianische Glasschöpfungen, farbenprächtiges Emailglas und virtuos in Schnitt- und Zwischengoldtechnik rzierte Glasgefäße; eine umfangreiche Zinnsammlung mit Erzeugnissen der berühmtesten europäischen Meister; sakrale und profane Gold-und Silberschmiedearbeiten mit der Leipziger Eidbibel von 1597 und anderen Kostbarkeiten des ehemaligen Leipziger Ratsschatzes; die vielgestaltige Keramiksammlung mit italienischen Majoliken und holländischen Fayencen des 15.-l8. Jahrhunderts, mit Renaissance- und Barocksteinzeugkrügen der deutschen Landschaften und uren- und Geschirrporzcllanen vor allem aus der Frühzeit Meißens und Thüringens; Zeugnisse der Textilkunst seit der Spätantike und die in ihrer Art einmalige Ornamentstichsammlung (Zeitraum etwa 1500 bis 1830). Nach Wiederaufbau und Eröffnung eines Teils der Schauräume (1952) gelang es dem Museum erneut, zu einer Stätte der Begegnung, der Anregung und Ausstrahlung zu werden. Wichtige Neuerwerbungen konnten getätigt werden, darunter das weltbekannte karolingische Elfenbeinrelief des hl. Michael als Sieger über den Drachen (um 800), Permosers Elfenbeingruppe Triumph des Kreuzes und die Musterblätter für Höroldt-Chinoiserien aus dem Nachlass von G. W. Schulz. Die Umbe-nennung in Museum des Kunsthandwerks entsprach der stärkeren Orientierung auf die persönliche künstlerische Leistung als individueller Ausgleich zum standardisierten Industriccrzcug-nis, ohne allerdings deren wechselseitiges Bedingtsein aus den Augen zu rlieren. In den Bestandsaufbau fand die ausgewählte Industrieform ebenso Eingang wie die nicht-funktionale Gestaltung und die Matcrialkunst als Träger geistiger Sachrhalte und sich wandelnder Postula-te. Mehr und mehr wurde das Profil des Hauses durch die Präsenz der Produktkultur des 20. Jahrhunderts bestimmt, wobei das künstlerische Schaffen in der ehemaligen DDR eine differenzierende Berücksichtigung erfuhr. Unter der Teilung Deutschlands hat das Museum in gravierender Weise zu leiden gehabt. Es rlor viele seiner weitreichenden organisch gewachsenen Verbindungen und Partnerbeziehungen, einen Großteil seines Publikums und - zumindest in einer Richtung - den engen Kontakt zum internationalen Kunstgeschehen.

Trotz dieser ungünstigen äußeren Bedingungen, trotz eines desolaten Gebäudezustands und der langjährigen Blockierung seiner Ausstellungsräume durch Fremdnutzung und stockende Baumaßnahmen hat es das Museum in den letzten Jahrzehnten rstanden, seinen Wirkungskreis zu erweitern, in seiner Ausstellungs- und Publikationstätigkeit grenzüberschreitende Aktivitäten zu entfalten und ungeachtet aller Beschränkungen wiederum eine Heimstatt moderner Kunstäußerungen zu sein. Das Neue, in diesem Land Umstrittene, Experimentelle erhielt hier seinen Platz und sein Forum - auch als Kontrastprogramm zu dem Angebot des Messeamtes, dessen Messen die Bezeichnung »Grassi« zu Unrecht trugen.
Seit 1988 werden in der hinzugewonnenen Neuen Kunstgalerie des Museums repräsentati Sonderausstellungen aus eigenem und Fremdbesitz gezeigt.







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