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Grenzüberschreitende Zusammenarbeit als notwendige Voraussetzung für ein zusammenwachsendes Europa

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit als notwendige Voraussetzung für ein zusammenwachsendes Europa

Ein zusammenwachsendes Europa kann nur dann erreicht werden, wenn die benachbarten Länder in allen Lebensbereichen gemeinsame Ziele, insbesondere in den grenznahen Räumen, anstreben.
An der gesamten deutschen Außengrenze sind deshalb auch aus diesem Grunde in den letzten Jahren zahlreiche Regionen abgegrenzt worden, in denen intensive sozio-ökonomische Verbindungen entstehen und aufgebaut werden. Es sind dies die sogen. Euroregionen, die den Prozeß des Zusammenwachsens intensivieren.
Euroregionen sind freiwillige regionale grenzüberschreitende Zusammenschlüsse von lokalen Gebietskörperschaften in Europa zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Es können dabei auch natürliche oder juristische Personen miteinbezogen werden (Linthout 1996).
Ziel dieser grenzüberschreitenden Tätigkeit ist die Überwindung der staatlichen Grenzen als Barriere für Kooperationen auf sozialem, wirtschaftlichem, infrastrukturellem, technologischem und kulturellem Gebiet sowie im Umweltbereich (Gabbe 1991, S. 174).
Drei Arten von Euroregionen sind zu unterscheiden. Man spricht von Euroregionen an der EU-Binnengrenze, wenn es sich dabei um einen Raum handelt, der Gebiete zweier benachbarter EU-Länder erfaßt, und man spricht von einer Euroregion an der EU-Außengrenze, wenn Gebiete eines EU-Landes und eines Nicht-EU-Landes umschlossen werden. Euroregionen gibt es allerdings auch dort, wo zwei Nicht-EU-Länder zusammentreffen. Das ist z. B. im polnisch-tschechischen Grenzraum der Fall.



Neben der Bezeichnung Euroregion werden synonym auch die Begriffe Europaregion und Euregio verwendet. Einige dieser Regionen sind bereits sehr alt. Sie wurden schon Ende der 1950er Jahre gebildet, wie z. B. die Euregio zwischen Rhein, Ems und Ijssel im deutsch- niederländischen Grenzgebiet (. 12.1). Für die Grenzregion Regio-Rhein-Waal wird das Gründungsjahr 1978 angegeben (Jansen u. a. 1989, S. 14).
Die Euroregionen im Westen und Süden entstanden jeweils zwischen zwei Ländern mit ähnlichen oder gleichen politischen Systemen und Gesellschaftsstrukturen. Vergleichbare ökonomische, kulturelle und soziale Probleme führte diese Länder relatifrüh zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Europäischen Gemeinschaft zusammen, weil Grenzen dort keine unüber-windbaren Hindernisse darstellten.

Die EUREGIO im Westen Deutschlands

Im Jahre 1958 erfolgte ein erster organisatorischer Zusammenschluß von niederländischen und deutschen Gemeinden, Städten und Kreisen für grenzüberschreitende Zusammenarbeit unter dem Namen EUREGIO. Die Menschen auf beiden Seiten der in früheren Zeiten zufällig und willkürlich gezogenen Grenze sollten einander nähergebracht werden.
Die EUREGIO im Bereich der Flüsse Rhein, Ems und Ijssel besteht auf niederländischer Seite aus den Provinzen Over-ijssel, Achterhoek, Gelderland und Zuid-Oost Drenthe und auf deutscher Seite aus den westmünsterländischen Kreisen Steinfurt, Borken und Coesfeld, dem Landkreis Grafschaft Bentheim sowie einigen Gemeinden des südlichen Emslandes (Abb. 12.1) und hat sich nach anfänglichen Schwierigkeiten inzwischen als Modell für andere Euroregionen mit deutscher Beteiligung entwickelt. Im Laufe der Zeit konnte in diesem Raum der Zusammenschluß von deutschen und niederländischen Verbänden auf der Basis von 105 Gemeinden, Städten und Kreisen erweitert werden. 1995 lebten dort auf mehr als 8000 km2 etwa 2 Mio. Menschen: 950000 Deutsche und ca. 1 Mio. Niederländer (Euregio: Das alltägliche Europa... 1995, S. 8).

Der EUREGIO-Rat ist das höchste Organ des Zusammenschlusses. In dieser parlamentarischen Versammlung arbeiten z. Z. 60 gewählte Politiker. Sie haben sich in grenzüberschreitenden Fraktionen zusammengeschlossen. Der Hauptausschuß ist die EUREGIO-Arbeitsgruppe. In ihr sind die hohen Verwaltungsbeamten von beiderseits der Grenze vertreten. Vertreter aller gesellschaftlichen Gruppierungen, Organisationen und Instanzen von deutscher und niederländischer Seite arbeiten in Arbeitskreisen und bilden Beiräte. Sie entwickeln gemeinsam Programme und Projekte. Eine besondere Aufgabe auf sozialem und kulturellem Gebiet erfüllt dabei die EUREGIO-Mozer-Kommission. Sie organisiert z.B. Sportfeste, Begegnungen von Jugend, Familien und Senioren und führt Sprachkurse durch.
In der Geschäftsstelle der EUREGIO arbeiten z. Z. 30 Deutsche und Niederländer unter einem Dach.
Die EUREGIO hat umfangreiche und vielfältige grenzüberschreitende Aufgaben zu erfüllen:
- Drehscheibe für alle deutsch-niederländischen Kontakte (mehr als 300 000 Personen jährlich),
- EU-Aktionsprogramme und INTERREG-Programme für die EUREGIO (ca. 110 Mio. DM Fördergelder 1996 - 2001),
- EURO-Info-Center EUREGIO (Informationen für kleine und mittlere Betriebe), - EU-Sozialschalter EURES und Konsumentenberater,
- Berufsausbildung und Informationen über den Arbeitsmarkt,
- Tourismusentwicklungskonzept sowie Umwelt- und Abfallrecyclingprogramme im agrarwirtschaftlichen Netzwerk,
- Beratung von Pendlern (18000 Personen pro Jahr) und in alltäglichen Grenzproblemen (Krankenhaus, Feuerwehr, Rettungswesen, Kooperation im Dienstleistungssektor etc.),
- Plattform für Raumordnung und Infrastruktur (Straße, Schiene, Öffentlicher Personennahverkehr),
- kulturelle Zusammenarbeit (Jugendbegegnungen, Seniorenbegegnungen, Familienseminare, Kooperation der Schulen im Sport, in der Musik, Treffen von Fachleuten im öffentlichen Dienst etc.),
- Kooperation der Drogenfachleute, der Polizei, Universitäten, Fachhochschulen, Schulen, Schulaufsichtsbehörden, Sprachunterricht etc.),
- Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen (Geschäftsstelle) mit dem Zentrum der europäischen Grenzregionen aus dem EU-Pilotprojekt LACE zur Beratung aller europäischen Grenzregionen (Informationsbroschüre EUREGIO 1998).


Die grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Hilfsprogramme INTERREG I und II für die EUREGIO

INTERREG I
Obwohl die Euroregionen im Westen Deutschlands schon z.T. sehr lange bestehen, haben sie doch einen bedeutsamen Entwicklungsschub erst Anfang des Jahres 1990 bekommen. Mit der Vorbereitung der Mitgliedsstaaten der EG auf den Binnenmarkt zum 1. Januar 1993 rückten die Probleme der innergemeinschaftlichen Grenzregionen verstärkt in die Interessensphäre der EG-Kommission. Plötzlich wurde klar, daß das Zusammenwachsen der Völker an den Grenzregionen beschleunigt und finanziell unterstützt werden müßte.
Es wurde deshalb am 25. Juli 1990 von der Kommission das INTERREG-Programm verabschiedet. Europaweit wurde dafür ein Finanzvolumen von etwa 1 Mrd. ECU bereitgestellt.
Eines der erfolgreichsten grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Hilfsprogramme für die Grenzgebiete der EU ist INTERREG. Dieses Programm hat zum Ziel, schwache Wirtschaftsstrukturen der Grenzgebiete zu verbessern und vielseitiger zu gestalten.
Das INTERREG-I-Programm galt für die Zeit von 1991 - 1993. Während dieser Zeit wurden etwa 60 Mio. DM in die EUREGIO investiert. Davon belief sich die Förderung von der EU auf 24 Mio. DM. Zur Verwirklichung eines INTERREG-Projektes mußten nicht nur die Vorschläge aus der Region kommen, sondern auch mindestens 50% der Kosten national und regional getragen werden. INTERREG-Projekte Nr.
Bezeichnung des Aktionsbereiches
Netzbildung - Informationsaustausch und Kommunikation Verkehr, Transport, Infrastruktur Erholung und Tourismus Schulung und Arbeitsmarkt Umweltschutz und Landwirtschaft Innovation und Technologietransfer Forschung und Projektmanagement
Übersicht 12.1:
Aktionsbereiche von INTERREG-Projekten
Quelle:
NRW im europäischen Binnenmarkt... 1993, S. 10 mußten immer grenzüberschreitende Bedeutung haben. Das Geld sollte für mehrere Aktionsbereiche bereitgestellt werden. Diese sind Übersicht 12.1 zu entnehmen.
Schon im August 1990 hatten die beteiligten Regierungen von Belgien, den Niederlanden und Deutschland ein gemeinsames Konzept für die operatio-nellen INTERREG-Programme entlang ihrer gemeinsamen Grenze ausgearbeitet. Es wurden den Euroregionen mehrere Aktionsbereiche benannt, für die sie Operationelle INTERREG-Programme erstellen mußten.
Für den Aktionsbereich 1 (Netzbildung -Informationsaustausch und Kommunikation) wurden Mittel aus dem INTERREG-Programm für die einzelnen Euregios in unterschiedlichem Umfang bewilligt (Tab. 12.2).
Fünf Aufgabenbereiche sollten mit diesem Finanzvolumen entwickelt und finanziert werden:
- Die Unterschiede in den Verwaltungs- und Rechtssystemen, die nach wie vor das Zusammenwachsen der Regionen verhinderten, sollten überwunden werden.
- Grenzüberschreitende Kooperationen von kleinen und mittleren Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sollten erleichtert werden.

- Die Standardisierung von Informationssystemen und des Informationsaustausches sollte weiterentwickelt werden.
- Der wachsende grenzüberschreitende Tourismus stellt neue Anforderungen an den Natur- und Umweltschutz.
- Der schwach entwickelte Dienstleistungssektor sollte gestärkt werden
(NRW im europäischen Binnenmarkt
...1993, S. 8). Von den zahlreichen durchgeführten und realisierten INTERREG-Projekten in der EUREGIO sind im folgenden einige aufgeführt:
- touristischer Rahmenplan für den grenzüberschreitenden Fluß Vechte,
- grenzüberschreitende Radwege: Haaks-bergen - Ahaus, Schoonebeek - Emlich-heim und Denekamp - Laagsestraat -Neuenhaus - Lage,
- grenzüberschreitende Kunstroute zwischen Schöppingen - Ahaus - Haaks-bergen - Diepenheim,
- grenzüberschreitendes Laserzentrum für praktische industrielle Fertigung in Klein- und Mittelbetrieben unter Federführung der Fachhochschule Münster, Abteilung Steinfurt und der Universität Twente (EUREGIO: Das alltägliche Europa ...1995, S. 36).
INTERREG II
Phase I des INTERREG-Programms war Ende 1993 beendet. Ende 1993 war auch die erste Fünfjahrsphase seit der Reform der Strukturfonds der EG (1989 - 1993) beendet. Für die nun beginnende zweite Programmphase (1994 - 1999) wurden weitere Finanzmittel für weitere Projekte mit dem INTERREG-Il-Programm zur Verfügung gestellt.

Die besondere Grenzsituation im Osten Deutschlands

Es ist zunächst wichtig sich zu erinnern, daß es sich beim Raum an der heutigen Ostgrenze um ein Gebiet handelt, das in den letzten 60 Jahren radikale Veränderungsprozesse über sich ergehen lassen mußte. Man sollte sich vergegenwärtigen, daß der größte Teil des Raumes, der hier im Zusammenhang mit den Euroregionen zur Diskussion steht, damals zum Deutschen Reich gehörte bzw. daß - wie im Sudetenland - mehr als 50 % der Bevölkerung aus Deutschen bestand. Nach der Vertreibung und Zwangsaussiedlung der Deutschen aus diesen Gebieten und der Wiederan-siedlungsaktion der polnischen und tschechischen Regierungen ist hier eine Bevölkerung angesiedelt worden, die der deutschen Sprache nicht mächtig war. Es bestanden kaum verwandtschaftliche und familiäre Kontakte, und es war auch nicht der Wunsch vorhanden, grenzübergreifende Kontakte in größerem Umfange zu knüpfen.

Es wurde zwar das Grenzgebiet in den letzten 50 Jahren den Neusiedlern zur Heimat, aber sie hatten keine Tradition des Zusammenlebens mit den Deutschen. Und während der Zeit der kommunistischen Regimes verringerte dieser kulturelle und historische Abstand zusätzlich die Motivation für grenzüberschreitende Kontakte. Zwar wurden im Rahmen des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) mit dem RGW-Komplexprogramm ab 1971 zwischen den sozialistischen Ländern über Arbeitsteilung und Kooperation engere wirtschaftliche Kontakte hergestellt, doch auf den Grenzsaum zwischen der DDR und Polen und der DDR und der Tschechoslowakei wirkte sich das kaum aus.
Auf der anderen Seite, in der Bundesrepublik Deutschland, organisierten sich die Heimatvertriebenen in Verbänden und nahmen großen Einfluß auf die Politik. Ihre Ansprüche bezogen sich auf das Recht auf Heimat als eines der von Gott geschenkten Grundrechte der Menschheit und auf Wiedergutmachung der Vertreibung. Von der östlichen Propaganda wurden diese Wünsche immer als Revanchismus bezeichnet.
So waren der deutsch-polnische und der deutsch-tschechische Grenzraum stets politisch brisante Räume, Räume mit großen Spannungen und mit großem politischen Zündstoff. Es ist klar, daß diese Situation auf oberster Regierungsebene zunächst geklärt werden mußte, bevor an konkrete grenzüberschreitende Zusammenarbeit gedacht werden konnte.

Regierungsabkommen als Grundlage für die Entwicklung grenzüberschreitender Zusammenarbeit

Betrachten wir zunächst die Regierungsabkommen, die zwischen Deutschland und Polen abgeschlossen worden sind.
Deutsch-Polnischer Grenzvertrag Der erste grundlegende Vertrag ist der deutsch-polnische Grenzvertrag vom 14. November 1990 (BGBL 1991, Teil II, S. 1329 - 1330). Mit diesem wurde der deutsch-polnische Grenzkonflikt gelöst. Es heißt darin in Artikel 2: Die Vertragsparteien erklären, daß die zwischen ihnen bestehende Grenze jetzt und in Zukunft unverletzlich ist und verpflichten sich gegenseitig zur uneingeschränkten Achtung ihrer Souveränität und territorialen Integrität. In Artikel 3 heißt es weiter: Die Vertragsparteien erklären, daß sie gegeneinander keinerlei Gebietsansprüche haben und solche auch in Zukunft nicht erhoben werden.
Deutsch-Polnischer Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit Die zweite wichtige Grundlage ist der deutsch-polnische Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991 (BGBL 1991, Teil II, S. 1315 - 1327). Darin heißt es:
Artikel 1
(1) Die Vertragsparteien werden ihre Beziehungen im Geiste guter Nachbarschaft und Freundschaft gestalten.

Sie streben eine enge friedliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit auf allen Gebieten an. In europäischer Verantwortung werden sie ihre Kräfte dafür einsetzen, den Wunsch ihrer beiden Völker nach dauerhafter Verständigung und Versöhnung in die Tat umzusetzen.
Artikel 12
(1) Die Vertragsparteien messen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Regionen, Städten, Gemeinden und anderen Gebietskörperschaften, insbesondere im grenznahen Bereich, hohe Bedeutung bei.
(2) Die Vertragsparteien werden diese Zusammenarbeit, insbesondere die Tätigkeit der Regierungskommission für regionale und grenznahe Zusammenarbeit, auf allen Gebieten erleichtern und fördern.
Artikel 13
Die Vertragsparteien stimmen darin überein, daß in einem zusammenwachsenden Europa die Abstimmung der Raumordnungspolitik der einzelnen Staaten, insbesondere zwischen unmittelbaren Nachbarstaaten, notwendig ist. Sie werden deshalb in der Raumordnung und der räumlichen Planung auf allen Ebenen grenzüberschreitend zusammenarbeiten.

Deutsch-polnische Raumordnungskommissionen als Grundlage für grenzüberschreitende Planungsarbeit
Eine weitere Grundlage für grenzüberschreitende Zusammenarbeit wurde mit Bildung einer Raumordnungskommission geschaffen. Schon am 2. Juli 1992 erfolgte die Einrichtung einer Deutsch-Polnischen Raumordnungskommission, in der das polnische Ministerium für Raumwirtschaft und Bauwesen und das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Brandenburg und Sachsen sowie die vier Wojewodschaften Szczecin (Stettin), Gorzow Wielkopolskie (Landsberg), Zielona Gora (Grünberg) und Jelenia Gora (Hirschberg) eng zusammenarbeiten. Ergebnis dieser Kooperation sind die mit der Entschließung vom 24. 5. 1995 von der Kommission angenommenen Raumordnerischen Leitbilder für den Raum entlang der deutsch-polnischen Grenze. Damit liegt erstmals eine von beiden Seiten gemeinsam erarbeitete und getragene raumordnerische Entwicklungsvorstellung für den Grenzraum als einheitliches Siedlungsgebiet vor.
Bei diesen raumordnerischen Leitbildern handelt es sich um Visionen für die gewünschte Entwicklung der Städte und Regionen. Es ist keine mit vorgegebenem Finanzvolumen vorbestimmte Entwicklungsplanung für den Grenzraum, vielmehr für Gemeinden, andere öffentliche Stellen und Investoren eine Orientierungshilfe für gewünschte raumordnerische Entwicklungen. Die Umsetzung dieser Leitbilder obliegt den staatlichen Behörden in ihrer eigenen Verantwortung. Die Aussagen der Leitbilder haben keinen rechtsverbindlichen Charakter. Die Leitbilder betreffen drei Themenschwerpunkte: 1 .Schutz der Naturpotentiale und Sanierung
geschädigter Gebiete,
2. Entwicklung bzw. Förderung einer dezentralen Siedlungsstruktur und
3. Entwicklung der technischen Infrastruktur.
Wesentlich schwieriger, komplizierter und langwieriger war die Klärung grundsätzlicher Fragen zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik, obwohl auch hier schon relativ früh Anstrengungen unternommen worden waren.
Deutsch-Tschechoslowakischer Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit
Am 27. Februar 1992 wurde zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik ein Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit (BGBL 1992, Teil II, S. 463 bis 473) unterzeichnet.
Darin heißt es in Artikel 3: (1) die Vertragsparteien bestätigen die zwischen ihnen bestehende Grenze. Sie bekräftigen, daß sie gegenseitig keinerlei Gebietsansprüche haben und solche auch in Zukunft nicht erheben werden.
(2) Sie verpflichten sich, die Souveränität und territoriale Integrität der anderen Vertragspartei uneingeschränkt zu achten.
(3) Sie werden einen Vertrag über die Feststellung, Berichtigung, Vermessung, Vermarkung und Erhaltung der gemeinsamen Grenze auf der Grundlage einer gemeinsamen kartographischen Dokumentation sowie über eine Errichtung einer ständigen Grenzkommission abschließen.
In Artikel 13 kann man weiterhin lesen: (1) Die Vertragsparteien unterstützen und erleichtern die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Regionen und anderen Gebietskörperschaften, insbesondere im Grenzbereich.
(2) Zu diesem Zwecke wird eine gemischte Kommission gebildet, an der insbesondere Vertreter der grenznahen regionalen und kommunalen Körperschaften sowie der nichtstaatlichen Organisationen beteiligt sind.
(3) Einzelheiten dieser Zusammenarbeit, insbesondere Zusammensetzung und Aufgabenstellung der gemischten Kommission, werden in einer gesonderten Vereinbarung geregelt.
(4) Die Vertragsparteien fördern die partnerschaftliche Zusammenarbeit und die direkten Kontakte zwischen Städten und Gemeinden.
Der Vertrag vom 27.02.1992 war für die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen. Danach sollte er sich um jeweils weitere 5 Jahre verlängern. Weil aber sudetendeutsche Organisationen immer noch Anspruch auf das Heimatrecht erhoben, weil der Vertrag die Frage der Rückkehrmöglichkeiten oder Entschädigung der Vertriebenen immer noch nicht endgültig geklärt hatte, konnte der Vertrag noch nicht In Kraft treten.
Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung.
Am 21. Januar 1997 unterzeichneten Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl und der Ministerpräsident der Tschechischen Republik, Prof. Dr. Vaclav Klaus, die Deutsch-Tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung (BGBL 1997, Teil II).
Darin heißt es u.a.: (II) Die deutsche Seite bekennt sich zur Verantwortung Deutschlands für seine Rolle in einer historischen Entwicklung, die zum Münchner Abkommen von 1938, der Flucht und der Vertreibung von Menschen aus dem tschechoslowakischen Grenzgebiet sowie zur Zerschlagung und Besetzung der Tschechoslowakischen Republik geführt hat. Sie bedauert das Leid und das Unrecht, das dem tschechischen Volk durch die nationalsozialistischen Verbrechen von Deutschen angetan worden ist. Die deutsche Seite würdigt die Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft und diejenigen, die dieser Gewaltherrschaft Widerstand geleistet haben.

(III) Die tschechische Seite bedauert, daß durch die nach dem Kriegsende erfolgte Vertreibung sowie zwangsweise Aussiedlung der Sudetendeutschen aus der ehemaligen Tschechoslowakei, die Enteignung und Ausbürgerung unschuldigen Menschen viel Leid und Unrecht zugefügt wurde, und dies auch angesichts des kollektiven Charakters der Schuldzuweisung. Sie bedauert insbesondere Exzesse, die im Widerspruch zu elementaren humanitären Grundsätzen und auch den damals geltenden rechtlichen Normen gestanden haben, und bedauert darüber hinaus, daß es aufgrund des Gesetzes Nr. 115 vom 8. Mai 1946 ermöglicht wurde, diese Exzesse als nicht widerrechtlich anzusehen, und daß infolge dessen diese Taten nicht bestraft wurden. (IV) Beide Seiten stimmen darüber überein, daß das begangene Unrecht der Vergangenheit angehört und werden daher ihre Beziehungen auf die Zukunft ausrichten. Gerade deshalb, weil sie sich der tragischen Kapitel ihrer Geschichte bewußt bleiben, sind sie entschlossen, in der Gestaltung ihrer Beziehungen weiterhin der Verständigung und dem gegenseitigen Einvernehmen Vorrang einzuräumen, wobei jede Seite ihrer Rechtsordnung verpflichtet bleibt und respektiert, daß die andere Seite eine andere Rechtsauffassung hat. Beide Seiten erklären deshalb, daß sie ihre Beziehungen nicht mit aus der Vergangenheit herrührenden politischen und rechtlichen Fragen belasten werden. Wegen der oben behandelten und erläuterten Schwierigkeiten gibt es bis heute immer noch keine deutschtschechische Raumordnungskommission, und deswegen liegen entsprechende Ergebnisse über raumordnerische Leitbilder wie bei der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen nicht vor.


Das Interesse der EU an der Entwicklung der Euroregionen im Osten

Das Interesse an einer grenzüberschreitenden Planung und Zusammenarbeit ist nicht nur das Interesse der Nationalstaaten, sondern ganz besonders auch das Interesse der EG bzw. EU. Erinnert sei an die Assoziierungsabkommen und Europaverträge (BGBL, Teil II), die die EG mit Polen und Tschechien abgeschlossen hat. Als dann ernsthaft über eine Osterweiterung der EU diskutiert wurde, erfuhren diese Räume plötzlich Aufmerksamkeit. Spätestens auf dem EU-Gipfel in Essen im Jahre 1994 wurde eine Heranführungsstrategie für die Transformationsländer entwickelt. Und in diesem Zusammenhang spielt auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit eine große Rolle. Man spricht in der Literatur seit dieser Zeit von Scharnieren, die zwei nebeneinanderliegende Räume miteinander verbinden sollten, man spricht von Brücken, die geschaffen werden müssen. Sie sollen dynamische Entwicklungspole darstellen für die Anbindung Ostmitteleuropas an Westeuropa. Seit dieser Zeit werden auch gezielt Finanzmittel bereitgestellt.

Entstehung und räumliche Entwicklung der Euroregionen an der deutschen Ostgrenze

Die heute im deutsch-polnischen und deutsch-tschechischen Grenzraum bestehenden Euroregionen sind alle in der Zeit von 1991 bis 1993 entstanden. Knapp 6 Mio. Einwohner gibt es in diesem Raum auf einer Fläche von rd. 29000 km2 (Abb. 12.2).
Die Euroregion Neiße - Nysa - Nisa erfaßt drei Länder. Im deutschen Teil gehören dazu drei Landkreise: Niederschlesischer Oberlausitzkreis, Löbau - Zittau, Bautzen, dazu kommen die kreisfreien Städte Görlitz und Hoyerswerda. Im polnischen Teil sind es die südlichen und westlichen Teile der Wojewodschaft Dolnoslgskie (Hauptstadt Wroclaw = Breslau) und im Nordwesten drei Gemeinden der Wojewodschaft Lubuskie (Hauptstadt Zielona Gora = Grünberg). Im tschechischen Teil rechnen die Kreise Ceska Lipa (Böhmisch Leipa), Jablonec (Gablonz), Semily (Semil), Liberec (Reichenberg) sowie Gemeinden des Kreises Decin (Tetschen) dazu (Informationsbroschüre der Euroregion 1998).
In jeder Teilregion gibt es ein Sekretariat. Für die Euroregion Neiße ist das in Übersicht 12.2 verdeutlicht.

Im deutsch-tschechischen Grenzraum liegt die kleine Euroregion Elbe/Labe. Sie umfaßt den Raum zu beiden Seiten der Elbe von Litomerice bis Meißen. Die Gründungsmitglieder waren die Stadt Dresden sowie die Kreisverwaltungen sowie die Städte und Gemeinden der Kreise Decin, Teplice, Usti n. L. und Litomerice auf der tschechischen Seite und Dippoldiswalde, Freital, Pirna, Sebitz, Dresden-Land und Meißen auf der deutschen Seite (Informationsbroschüre der Euroregion Elbe/Labe 1997).
Die Euroregion Erzgebirge/Krusne hory liegt zwischen Elbe und Egerland. Sie ist ein Zusammenschluß des sächsischen Grenzgebietes im Erzgebirge mit den Kreisen Annaberg, Freiberg, Mittleres Erzgebirge und Stollberg sowie den Städten und Gemeinden der Kreise Louny, Most und Chomutov im Nordböhmischen Becken (Informationsbroschüre der Euroregion Erzgebirge/ Krusne hory 1997).
Weiterhin ist die Euregio Egrensis zu nennen. Sie umfaßt auf der bayerischen Seite Teile Oberfrankens (kreisfreie Städte Bayreuth, Hof; Landkreise Bayreuth, Hof, Kulmbach, Wunsiedel i. F.) und Teile der Oberpfalz (kreisfreie Städte Amberg, Weiden; Landkreise Amberg-Sulzbach, Neustadt a.d.W., Tirschenreuth). Auf der sächsischen Seite kommen dazu das Vogtland (kreisfreie Stadt Plauen; Vogtlandkreis) und das Westerzgebirge (Landkreis Aue-Schwarzen-berg). Auf thüringischer Seite gehören zur Euregio Egrensis die Landkreise Greiz und Saale-Orla, auf der tschechischen Seite kommen die Kreise Cheb (Eger), Karlovy Vary (Karlsbad), Sokolov (Falkenau) und Tachov (Tachau) hinzu (Informationsbroschüre der Euroregion Egrensis o. J.).


Organisationsstruktur der Euroregionen im Osten Deutschlands

Die Abgrenzung der Euroregionen erfolgte nicht in erster Linie aufgrund bestehender Regionen, die historisch gewachsen sind und einheitliche Wirtschafts- und Lebensräume darstellen. Es sind eher pragmatische Zweckbündnisse zur Entwicklung der neuen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Es geht in erster Linie um die Zusammenarbeit zwischen Institutionen in überschaubarem Rahmen. Die räumliche Ausdehnung der Euroregionen ergibt sich aus der Mitgliedschaft einzelner Gebietskörperschaften.
Mit der Gründung von juristischen Personen nach dem jeweiligen nationalen Recht hat man das Problem bei der Institutionalisierung der Kooperation umgangen. Vertragspartner der Euroregion sind die gleichberechtigten Teilregionen. In Deutschland sind es die Kreise. Sie haben sich in einem privatrechtlich organisierten eingetragenen Verein zusammengeschlossen. Zusätzlich zu diesen kommunalen Gebietskörperschaften können aber auch juristische und natürliche Personen Mitglied der eingetragenen Vereine werden, z. B. Bürgerinitiativen und Banken.
Seit dem Gesetz über die kommunale Selbstverwaltung vom 08. März 1990 (Wollmann/Hellstern 1994, S. 111 - 126) können in Polen Gemeinden kommunale Zweckverbände gründen (Piatek 1990, S. 717 - 722). Aber nur die Städte und Gemeinden (also nicht die Zweckverbände, Landkreise gibt es nicht) dürfen institutionelle Mitglieder werden.
Ebenso ist es in der Tschechischen Republik. Es dürfen sich dort zwar tschechische Gemeinden und Städte zu juristischen Personen zusammenschließen (Zich 1993), aber auch dort muß jede einzelne Gemeinde Mitglied des Partnerverbandes der jeweiligen Euroregion werden.
Die lokalen Gebietskörperschaften, die sich beiderseits der Grenze zusammenschließen, bilden das Gebiet der Euroregion. Für den grenzüberschreitenden Zusammenhalt gibt es eine Rahmenvereinbarung. Darin ist die Gleichberechtigung der Vertragspartner als grundlegendes Prinzip festgelegt. Jeder Vertragspartner stellt eine eigenständige Einheit dar. Diese hat mehrere Organe. Der Rat bildet das höchste beschlußfähige Organ der Euroregion. Zur Vertretung der Euroregion nach außen und zur Ausführung der Rechtsbeschlüsse kann ein Präsidium gebildet werden. Arbeitsgruppen zur Erarbeitung von Vorschlägen für Projekte und Initiativen können in verschiedenen Bereichen gebildet werden. Ein Sekretariat ist zuständig für die Verwaltung, Koordination der Arbeitsgruppen und der laufenden Projekte, ebenso für Information-und Öffentlichkeitsarbeit.

Aufgabenbereiche der Euroregionen

In den Rahmenvereinbarungen werden für alle Euroregionen die Hauptziele genannt: 1 .Integration auf individueller, regionaler und
europäischer Ebene, 2. Entwicklung der Grenzregionen. So geht es also zunächst um das Forcieren der Begegnung der Menschen in den Regionen, um die Anknüpfung grenzüberschreitender Kontakte. Es soll die geographische, psychologische und ideologische Trennung der Bevölkerung, die in den letzten Jahrzehnten vorherrschte, überwunden werden. Dafür sind persönliche grenzüberschreitende Kontakte und ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis und internationale Verständigung notwendig.
Das zweite Hauptziel ist die Entwicklung der Euroregion. Sie umfaßt die Bereiche Wirtschaft, Umwelt und Verbesserungen der Lebensbedingungen, außerdem die Entwicklung der grenzüberschreitenden Infrastruktur.
Alle hier behandelten Euroregionen haben thematische Arbeitsgruppen, die inhaltliche Projektvorbereitungen betreiben und Abstimmungen von Initiativen vorbereiten. Es gibt eine Vielfalt von Themen, mit denen sich die Arbeitsgemeinschaften beschäftigen. Es lassen sich drei große Themenkomplexe herausstellen (Linthout 1996, S. 40-41):
- die Durchlässigkeit der Grenze und Mobilität: Grenzübergänge, Verkehr, Infrastruktur, Telekommunikation;
- Begegnung der Bevölkerung: Kultur, Jugend, Sport, Denkmalpflege;
- die Entwicklung der Grenzregion: Regionalplanung, Umwelt, Naturschutz und Energie, Landwirtschaft, Wirtschaft und Arbeitsmarkt, Tourismus, Soziales und Gesundheit, Bildung, Aus- und Weiterbildung, Forschung, Brand- und Katastrophenschutz.
Es versteht sich von selbst, daß die Finanzierung der Projekte ein großes Problem darstellt. Dabei muß man außerdem unterscheiden, daß es sog. weiche und harte Projekte gibt. Sportfeste, Jugendlager, Musikveranstaltungen sind weiche Projekte und erfordern relativ geringe finanzielle Mittel. Harte Projekte dagegen, z. B. der Bau von Kläranlagen oder der Bau einer neuen Autobahn erfordern nicht nur wesentlich höheren finanziellen Einsatz, sondern auch lange Planungszeit und lange Bauzeit.

Finanzierungsmoglichkeiten grenzüberschreitender Projekte durch die EU

Für die Finanzierung grenzüberschreitender Projekte stellt die EU Gelder zur Verfügung. Diese wurden aus bisherigen Fonds ausgegliedert bzw. abgezweigt. Für die Schaffung des INTERREG-Il-Programms griff man auf die bereits existierenden drei Strukturfonds zurück (Übersicht 12.3). Für die Schaffung des PHARE-CBC-Pro-gramms hielt man eine Abzweigung vom Hilfsfonds PHARE für notwendig.

Das INTERREG-Il-Programm

Seit 1990 gibt es die Gemeinschaftsinitiative INTERREG, speziell für die Grenzgebiete innerhalb der EU. Von Bedeutung für den hier behandelten Raum an der deutschen Ostgrenze ist jedoch INTERREG-II. Die Gemeinschaftsinitiative gilt für den Zeitraum von 1994 - 1999. Sie soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördern und den Grenzgebieten an den Binnen- und Außengrenzen der EU helfen, die spezifischen Probleme aufgrund ihrer relativen Isolierung in der jeweiligen nationalen Volkswirtschaft und in der EU insgesamt zu überwinden.
Die förderungsfähigen Gebiete liegen entlang der Landesgrenze der EU. Die INTERREG-Il-Mittel werden den Bundesländern anhand Operationeller Programme zugewiesen, die unter ihrer Koordination vorbereitet und im Sommer 1995 von der Europäischen Kommission verabschiedet worden sind. Tabelle 12.3 stellt die erhaltenen Mittel und die Kofinanzierung je Bundesland dar. Das Bundesland Sachsen hat für die Zeit von 1994 - 1999 von der EU 146,4 Mio. ECU zu erwarten. Allerdings muß Sachsen noch 68,5 Mio. ECU dazugeben, damit die Programme durchgeführt werden können. Kofinanzierung ist dafür der Terminus technicus. Wie zu erkennen ist, stammen diese Mittel zum größten Teil aus dem EFRE-Fonds, einem der drei EU-Strukturfonds. Die von der EU für Sachsen bereitgestellten Mittel in Höhe 146 Mio. ECU verteilen sich schwerpunktmäßig auf Infrastruktur und Umwelt. Mit 73 Mio. ECU sind das 50%. Auf die Landwirtschaft entfallen 20%.
Das Antrags- und Genehmigungsverfahren für INTERREG-Il-Projekte ist sehr langwierig. Es vollzieht sich zwischen den zuständigen deutschen Akteuren auf lokaler und Landesebene. Die Europäische Kommission und die polnische Seite haben jeweils nur einen Beobachterstatus. Sie werden lediglich über die Befürwortung oder Ablehnung informiert. Die polnische Seite hat kein Mitentscheidungsrecht (Morhard 1995).

Das PHARE-CBC-Programm
Damit auch Polen und Tschechien bei der Realisierung ihrer Projekte finanzielle Hilfe bekommen, kann auf das von der EG 1989 bereits eingerichtete Hilfsprogramm PHARE (Poland and Hungary Assitance of Restructuring the Economies) zurückgegriffen werden. Es war zunächst nur für Polen und Ungarn vorgesehen. Später wurden auch andere osteuropäische Transformationsländer in dieses Hilfsprogramm miteinbezogen. Aus diesem Hilfsprogramm wird seit 1995 ein Teil abgezweigt. Er steht seit dieser Zeit unter der Bezeichnung PHARE-Cross Border Cooperation (CBC)-Programm zur Verfügung.
PHARE-CBC, das Programm zur Förderung grenzüberschreitender Zusammenarbeit, ist also ein Teil des PHARE-Programms zur Förderung des Prozesses wirtschaftlichen Umgestaltung und Stärkung der in ihren Partnerstaaten neu entstandenen demokratischen Gesellschaften (Europäische Kommission 1994). Polen wurden daraus für den Zeitraum der Jahre 1995 bis 1999 260 Mio. ECU zur Verfügung gestellt (Tab. 12.6). Die Tschechische Republik bekam aus diesem Programm 125 Mio. ECU. Außer für die Bereiche Verkehr, Versorgungseinrichtungen, Infrastruktur und Umweltschutz konnten Gelder auch für Projekte in den Bereichen Wirtschaftsentwicklung, Landwirtschaft und ländliche Gebiete, menschliche Ressourcen und Technische Hilfe bereit gestellt werden.
Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, daß die Euroregionen im Osten Deutschlands eine wichtige Brückenfunktion zu erfüllen haben. Denn wenn man die Verteilung der Phare-CBC-Mittel betrachtet, dann kann man erkennen, daß der größte Teil der Gelder in den Verkehrssektor fließt. Für Polen ist das mit 143 Mio. ECU für den Zeitraum 1995 - 1999 mehr als die Hälfte.
Die Antragstellung für Gelder aus PHARE-CBC-Programm verläuft in Polen und Tschechien anders als die Antragstellung für INTERREG-II in Deutschland. PHARE ist ein Programm von Regierung zu Regierung und ein Teil der Außenwirtschaftspolitik der EU. Zielsetzung, Umfang, Mittel und Methoden werden im Dialog zwischen der Europäischen Kommission (Generaldirektion 1, GD 1) und den Partnerländern in mehreren Schritten festgelegt.

Zur Koordinierung der Aktivitäten des polnischen Programms auf der Grundlage der Aktion PHARE-CBC sowie der Maßnahmen der deutschen Operationellen Programme INTERREG-II wurde am 20.12.1994 in Warschau ein Rahmenabkommen zwischen dem Projektmanager für das polnische Programm und dem Bundesministerium für Wirtschaft über den Einsatz von Mitteln der EU für grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Zeitraum von 1995 - 1999 in Kraft gesetzt. Darin wurde ein Deutsch-Polnischer Pro-grammierungs- und Monitoring-Ausschuß (1995 - 1999) mit folgenden Aufgaben eingerichtet.
Er sollte: ... im Rahmen seiner Tätigkeit die Entwicklungsnotwendigkeiten beobachten, geeignete Maßnahmen und Projekte vorschlagen sowie den Realisierungsstand der angenommenen Programme der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Rahmen der Aktion PHARE und der Operationellen Programme von INTERREG-II, die diesem Abkommen unterliegen, evaluieren (Morhard 1995, S. 40).

Perspektiven

In der Praxis gestaltet sich die Koordination und Stimulation der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im deutsch-polnischen und deutsch-tschechischen Grenzraum wesentlich schwieriger als es im Optimismus und Enthusiasmus nach der Wende erwartet wurde. Es wurden zunächst nur die Chancen für die Zusammenarbeit infolge von Grenzöffnung und Systemänderung gesehen. Die strukturellen, politischen und psychisch-emontionalen Hemmschwellen für eine Institutionalsierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit wurden hingegen völlig unterschätzt. Weil ein Rechtsrahmen für rechtsverbindliche grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf lokaler Ebene fehlt, sind Euroregionen nur Beratungsgremien ohne Beschlußfassungsrecht. Sie sind weiterhin keine juristische Person. Deshalb haben sie auch kein eigenes Budget. So kann die Euroregion auch kein finanziell-verantwortlicher Projektträger sein. Die Projekte werden nur von einer Seite der Euroregion getragen.

Die EU-Außengrenze ist eine Wohlstandsgrenze und wird das, selbst wenn Polen und die Tschechische Republik in die EU aufgenommen werden, auf längere Sicht auch wohl bleiben.
Das ist leicht einsehbar, wenn man die zur Verfügung gestellten Mittel für den Zeitraum von 1995 - 1999 betrachtet. Große Unterschiede bestehen hinsichtlich der Projektmittelbeantragung. Obwohl sich die beiden Programme ergänzen sollen, gibt es doch viele Probleme. Wenn aber in etwa fünf Jahren Polen und Tschechien Vollmitglieder der EU sein werden, dann werden allerdings die hier behandelten Euroregionen nicht mehr solche an der EU-Außengrenze sein, sondern an den EU-Binnengrenzen. Da ohnehin die Finanzierungsprogramme der EU (INTERREG-II und PHARE-CBC) nur bis Ende 1999 geplant waren, wird dann wohl auch ein auf beiden Seiten gültiges Finanzierungsmodell gelten und werden für die beide Seiten gleiche Entwicklungschancen bestehen.







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