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Gaarden ist anders - Kiel

Gaarden ist anders - Kiel

Dort, wo die Elisabethstraße sich, verkehrsberuhigt, fast zu einem Platz verbreitert, sitzen auf einer großen Rundbank einige Männer im Seniorenalter unter jungen Bäumen. Sie reden, diskutieren, kommentieren. Ein zwangloser Rentnertreff zur Morgenstunde. Etwa die Hälfte der Männer sind Türken. »Wir waren mit die ersten, die damals als Gastarbeiter gekommen sind«, sagt einer. Die Deutschen und die Türken parlieren miteinander. Hier in Gaarden ist das ganz selbstverständlich, normal eben. »Den kenne ich ja schon von früher von der Werft«, lacht einer der Türken, zeigt auf einen Deutschen in der Runde.

Die Werft, die ist hier ganz nahe. Wer die Elisabethstraße hinuntersieht, erblickt die großen, blauen Portalkräne von HDW Es scheint, als ob sie brückenartig die Elisabethstraße überspannen. Der Schein trügt natürlich. Die Apotheke, auf der anderen Straßenseite, gegenüber der Rentnerrunde, heißt Werft-Apotheke. Die Werft gehört zu Gaarden. So und so.

Gaardens Zentrum, das ist die Elisabethstraße mit dem Vinetaplatz. Einige hundert Meter zum Einkaufen, zum Bummeln, zum Sich-Treffen. Das alles geschieht ruhiger, gemütlicher, nicht so hastig und hektisch wie drüben »in Kiel«, in der Holstenstraße. Das Ambiente der Gegend trägt dazu bei. Hier wachsen ele junge Bäume, erfreuen mit ihrem Grün, spenden Schatten an heißen Julitagen. Sitzbänke - nicht nur am Rentnertreff - werden el genutzt. Moderne Plastiken, Stiftungen zumeist, sind aufgestellt. Auf dem Vinetaplatz, eingeschlossen von einem Baum-Viereck, sprudelt ein Brunnen, gekrönt von einem jungen Paar aus Bronze. Hier feiern alle zwei Jahre die Gaardener und ihre Gäste das große Brunnenfest, eine fröhliche Wochenendparty für jung und alt. Wolfgang Strunk, Sprecher des Handels- und Gewerbevereins »Ostufer City Gaarden«, erläutert: »Wir möchten unserem Stadtteil etwas Gutes tun.« DderVinetapIatz ist auch Marktplatz, zweimal die Woche. »Gaarden hat sich herausgeputzt«, urteilt ein »West-Kieler«, drüben von der anderen Hafenseite. Zehn Jahre ist es her, daß er hier war. »Gaarden - bunt und elfältig« steht werbend auf Stadtbussen. Das ist mehr als Werbung, es ist Tatsachenfeststellung.



In diesem Stadtteil, noch immer die Gegend langer, geschlossener, hoher Mietshausfronten, hat sich el getan, sich eles positiv entwickelt. Und wo es irgend ging, wurden Bäume gepflanzt, in der Kaiserstraße, Augustenstraße, Jägerstraße, Wikingerstraße, Johannesstraße und, und, und: das »Grüne Gaarden«.

Durchaus interessant ist der Bautenmix in elen Straßen. Da stehen Häuser aus den Gründerjahren vor und kurz nach 1900 mit stuckverzierten Giebelfronten neben Neubauten aus der Nach-l945-Zeit. Die Neubauten wurden überwiegend dort errichtet, wo durch Bomben und Brand im letzten Krieg Häuser zerstört worden sind. Andere Häuser, wie jenes im Jahr 1902 erbaute Gebäude Ecke Karlstal/Elisabethstraße, gehören nicht zur üblichen Kategorie Gaardener Mietshäuser, sondern fallen eher unter den Begriff »llenartig«. Allerdings soll, wie eine Bautafel verkündet , hier ein Neubau entstehen, unter dem Vorzeigenamen »Karlstalhaus«. Ein Stück vom schönen Alt-Gaarden könnte dabei auf der Strecke bleiben.
Noch dieses: Die hohen Altbauten aus der Um-l900-Ara haben elfach auf der Rückseite, zum Hof, doppelte Balkonreihen, für jede Wohnung einen Balkon. Darunter befindet sich manch kleines, ganz persönliches Idyll.

Gaarden zu Kiel

»1901: Die Eingemeindung Gaardens (vorher zum Kreis Plön gehörig) wird im April vollzogen, wodurch die Zahl der Stadtverordneten von 24 auf die nach der schleswig-holsteinischen Städte-Ordnung höchste gesetzliche Zahl von 30 gebracht wird. (Die Eingemeindung Wiks war 1893 erfolgt).«

(Aus einem Beitrag von Oberbürgermeister Dr. Fuß, veröffentlicht in »Topographie des Herzogtums Holstein« von Henning Oldckop, 1908)

Das kleine grüne Paradies
Weil der Leipziger Arzt Daniel Gottlieb Moritz Schreber (geb. 1808, gest. 1861) sie »erfunden« hat, nennt man sie auch »Schrebergärten«, die Kleingärten, die Pachtgärten sind. Organisiert sind die Kleingärtner in Kleingärtnervereinen, deren es im Bezirk Kiel 25 gibt. Auch in unserer total (auto-)mobilen Zeit sind diese zumeist zwischen 400 bis 500 Quadratmeter großen Kleingärten für viele Kieler, jung wie alt, noch immer ihr »kleines grünes Paradies«. Nach Auskunft von Uwe Jancke, dem Vorsitzenden des Landesbundes Schleswig-Holstein der Kleingärtner e.V., werden im Bezirk Kiel per Stand Sommer 1999 insgesamt noch 10.500 Kleingärten bewirtschaftet, gepflegt, gestaltet, genutzt. Nach wie vor besteht genügend Interesse an der Übernahme von Kleingärten. Neben dem Landesbund bestätigte das unter anderen auch Vereinsvorsitzender Rolf-Dieter Barth vom Kleingärtner-Verein Wellsee e.V. und Heinz Voelz, Vorsitzender des Kleingärtnervereins Elm-schenhagen von 1946 e.V. Die Kleingärten sind grüne und blüten-blumen-bunte Oasen. Auch von Nicht-Kleingärtnern gern zum Spazierengehen genutzt. Wo sonst kann man in einer Großstadt beispielsweise die Obstbaumblüte so intensiv erleben?


Pachtgärten

»Große Bedeutung hat die Einrichtung der städtischen Pachtgärten. Kiel ist wohl die erste Stadt, welche systematisch größere Gelände zu Pachtgärten ausgelegt hat. 1830 wurden 2% ha zunächst für die arme Bevölkerung zu Gärten eingerichtet, die gegen geringe Vergütung zur Verfugung gestellt wurden. 1868 waren schon 12lh ha städtischer Pachtgärten da. Zur Zeit sind 3569 Gärten mit 175 ha Fläche vorhanden. Manche Gärten befinden sich 30-40 Jahre in der Hand desselben Pächters. Abgesehen von dem pekuniären Gewinn, den die Pächter aus den Gärten erzielen, bietet der Aufenthalt die beste Erholung.«
(Aus einem Vortrag von Stadtrat Dr. Thode, gehalten in der Aula der Universität im Februar 1908. In Auszügen veröffentlicht in »Topographie des Herzogtums Holstein« von Henning Oidekop, 1908)

Der Fang
»Von Ellerbek aus segelt allabendlich vor Eintritt der Dämmerung eine stattliche Flotille von Fischerbooten seewärts, deren Insassen nachtsüber draußen ihr hartes Gewerbe treiben und morgens, je nach der Jahreszeit, mit den gefangenen Goldbutt und Makrelen, Heringen oder Sprotten, Dorsch und anderen Meeresbewohnern heimkehren, die teils von des Fischers Ehehälfte im rüstig über's Wasser geschaufelten Ein-baum auf den Kieler Frischfischmarkt befördert, teils in den zahlreichen Räuchereien des Dorfs goldgelb geschwält und als delikates Frühstücksgericht in alle Welt gesandt werden. In der richtigen Fangzeit ist man im Dorf so eifrig bei der Arbeit, daß dieses samt dem benachbarten Wel-lingdorf bis ans Ufer der hier von Osten her in die Kieler Föhrde mündenden Schwentine vom dichten Rauch bis zur Unsichtbarkeit verhüllt ist.«
(Aus: »Schleswig-Holstein mcerumschlungen in Wort und Bild«, Verlagsbuchhandlung Üpsius & Tischer, Kiel, 1896)

Erinnerung an Alt-Ellerbek
Vom einstigen Idyll längst eingemeindeter, vormaliger, inzwischen zu normalen Stadtteilen gewandelter Dörfer spricht kein Mensch mehr. Mit einer Ausnahme: Alt-Ellerbek. Die Vertreibung dieser Fischersiedlung und ihre Neuansied-lung an der Schwentinemündung in der Zeit kurz vor bis kurz nach 1900 ist gedanklich, ist in mancherlei Darstellungen, in Gebräuchen, in der Traditionspflege gegenwärtig. Die Werften benötigten Platz, die Fischer und Räucherer mußten weichen. Das ist der Stoff, aus dem Geschichten werden.Geschichten, die auch heute noch, 100 Jahre nach dem Auslöschen von Alt-Ellerbek, Herz und Gemüt anrühren. Tröstlich in einer Zeit, deren Menschen man doch so gern kalt-nüchterne Sachlichkeit nachsagt. Vor dem Wellingdorfer Sportboothafen hat der EWSK, der Ellerbek-Wellingdorfer-Segelklub, vor ein paar Jahren einen Findling aufgestellt. Darauf eingemeißelt ist die Abbildung eines Alt-Ellerbeker Fischerkahns und dieser Text: »To Erinnerung an de Umsiedlung ut dat Dörp Old-Ellerbek 1904. EWSK«







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