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Erdbeben und Vulkanismus

Erdbeben und Vulkanismus

Erdbeben
Erdbeben sind die Naturkatastrophen, die auf der Welt bei weitem die meisten Opfer fordern. Sie sind historisch vielfach belegt.
In den letzten 15 Jahren haben Erdbeben in der Europäischen Union nahezu 5.000 Menschen das Leben gekostet. Allerdings ist das Erdbebenrisiko sehr unterschiedlich, wie die Karte aller historisch nachweisbaren Erdbeben ab Stärke 6,5 auf der Richter-Skala belegt. Sie beruht auf einer im Auftrag der EU-Kommission n der BR in Hannover erstellten historischen Datenbank (Abb. 2.19).
Das gesamte Gebiet des alpidischen Faltensystems ist am stärksten n Erdbeben betroffen, während andererseits der Baltische Schild und die Russische Tafel eine konsolidierte, überwiegend aus kristallinen Gesteinen bestehende Masse bilden, in welcher tektonische Bewegungen zum Stillstand gekommen sind.
Im alpidischen Gebirgssystem sind Hebungsund Senkungsrgänge noch nicht abgeschlossen. Erdwissenschaftler erwarten, dass die sich nordwärts bewegende Afrikanische Platte in ferner geologischer Zukunft an die Europäische Platte andocken und das Mittelmeer zum Verschwinden bringen wird. In diesem geotektonischen Großrgang bildet die Halbinsel Italien eine Art "Knautschzone in einem Areal stärkster platten-tektonischer Dynamik.



Italien ist daher das am meisten durch Erdbeben gefährdete Land Europas, wenn auch die Gegenküste des Dinarischen Gebirges und der Beckenraum Südosteuropas sowie Griechenland in der Erdbebenstatistik der EU ebenfalls hohe Rangplätze einnehmen.
In den Bruchschollengebirgen der mittleren Zone zählen die erwähnten Grabenbrüche, u.a. n Rhein und Rhone, noch zu den erdbebengefährdeten Räumen mit allerdings schwächerer Ausprägung der seismischen Intensität.
Eine kleine Tabelle der katastrophalen Erdbeben in Europa ab dem 17. Jahrhundert mit mehr als 5.000 Toten belegt die Sonderstellung Italiens. Ganze Landschaften erlitten schwerste Schäden:

1688 Neapel, Kampanien 10.000 Tote
1693 Catania, Syrakus 60.000 Tote
1694 Irpinien 6.500 Tote
1703 Umbrien 10.000 Tote
1783 Kalabrien 29.000 Tote
1857 Basilicata 12.300 Tote
1908 Messina u.Umland 160.000 Tote
1915 Avezzano 29.978 Tote

Quelle: Historische Erdbebendatenbonk Hannover.

Das für das europäische Weltbild wichtigste Ereignis war jedoch das Erdbeben n Lissabon am 1. November 1755 mit rund 30.000 Toten. Portugals Hauptstadt war schon 1531 durch ein schweres Erdbeben mit annähernd der gleichen Zahl n Toten heimgesucht worden, dies jedoch zwei Jahrhunderte r dem Einsetzen der Aufklärung und der medialen Information mittels Zeitungen. Voltaires "Poeme sur le desastre de Lisbonne hat aus der Zerstörung Lissabons 1755 ein Ereignis im kulturellen Gedächtnis n ganz Europa gemacht. Der Tod n etwa 30.000 Menschen unter den Trümmern einer der bedeutendsten europäischen Handelsstädte hat das Selbstverständnis der Menschen in der Mitte des 18. Jahrhunderts verstört. Mit den drei schweren Erdstößen m Allerheiligentag 1755 wurde festgeschrieben, was sich schon länger in Diskursen des 18. Jahrhunderts abgezeichnet hatte: Die "aufgeklärte Gesellschaft musste lernen, sich in einer Welt einzurichten, in der die Ideologie n Sünde, Schuld und göttlicher Bestrafung durch die Vorstellung n Katastrophe und Risiko zu ersetzen war. Im Gefolge dieser Katastrophe hat sich der moderne Umgang mit Katastrophen herausgebildet. Die Formierung der modernen "Risikogesellschaft begann. Die Katastrophentheorie eröffnete die geologische Forschung.
Nicht mehr die Zahl der Toten und auch nicht die Zerstörung n Städten und ländlichen Siedlungen sind der Maßs des 20. Jahrhunderts in Europa. In diesem Jahrhundert mit zwei Weltkriegen und Millionen n Toten ist die Erinnerung an Erdbebenkatastrophen in einer immer raschlebigeren Gesellschaft erstaunlich kurzlebig geworden.

Wer erinnert sich noch an das Erdbeben 1963 in Skopje in Mazedonien, als die Innenstadt nahezu dem Erdboden gleichgemacht worden ist? Wer erinnert sich noch an das große Erdbeben 1969, welches die damals 75.000 Einwohner zählende Stadt Banja Luka in Bosnien und Teile ihrer Umgebung zerstörte? Wer an das Erdbeben 1940 in Bukarest und die Wiederholung des Ereignisses 1977, bei dem es 1.581 Tote gab? Mit sanftem Schaudern liest der Tourist im Reiseführer für Dalmatien n den Erdbeben, welche die meisten Städte irgendwann in ihrer jüngeren Geschichte weitgehend zerstört haben. Jeder Griechenlandführer verweist auf das Fehlen älterer Bauten in nahezu allen Siedlungen der Peloponnes. Andererseits wurde bereits in den 1970er Jahren im kommunistischen Albanien mit Stolz jedes Gebäude herrgehoben, welches "erdbebensicher gebaut war.
Erdbeben hat es immer gegeben. Sie sind bis heute nicht rhersehbar und daher in ihren Wirkungen nicht rausberechenbar. Dabei sind heute die Risikogebiete wesentlich dichter besiedelt als noch im 19. Jahrhundert. Gas- und Erdölleitungen, Dämme sowie Chemiefabriken sind entstanden und können mit ihrer Zerstörung eine weitere Katastrophe bewirken.
Die Europäische Kommission nimmt diese Bedrohung ernst und hat seit 1987 ca. 50 Projekte im Bereich der Erdbebenforschung finanziell unterstützt. Einige zielen auf die Erdbebenrhersage, ein Gebiet, auf dem noch viel zu klären bleibt, andere beschäftigen sich mit der erdbebensicheren Konstruktion n Bauten und technischer Infrastruktur. Bereits 1996 entwickelte die Europäische Kommission ein System n Normen für erd-bebenresistente Bauten, wobei, anders als bei Marktprodukten, die reale Umsetzung bisher nicht n Gesetzen begleitet wird.

Vulkane

Nur die Insel Island lebt mit und von aktivem Vulkanismus. Ansonst "schlafen derzeit die Vulkane im süditalienischen Vulkangürtel vom Vesuv bis zum Ätna. Erneute Ausbrüche sind jedoch jederzeit möglich. Neapel lebt mit einem derartigen schlafenden Vulkan, dem Vesuv, der nach Meinung von Wissenschaftlern irgendwann wieder aktiv werden kann. Im kollektiven Gedächtnis des Bildungsbürgertums ist der Ausbruch des Vesuvs im Jahre 79 n.Chr. festgeschrieben. Der Ausbruch kam für die umliegenden Städte vollkommen unerwartet, denn der Vulkan galt als erloschen. Er begrub drei Städte mitsamt ihren im Schlaf überraschten Bewohnern unter einer sieben bis neun Meter dicken Aschenschicht und schuf damit eines der großartigsten archäologischen Dokumente des Römischen Reiches. Der Vesuv schweigt seit dem großen Ausbruch ^9kk. Die Zerstörung von Pompeji hat ihm einen Nimbus von Gefährlichkeit verliehen. Im Satellitenbild (Abb. 2.20) ist zu erkennen, dass die Flanken des Vulkans weit hinauf von Intensivkulturen genutzt werden und sich ein Kranz von Siedlungen längs der Fußzone hinzieht.
Sehr viel eindrucksvoller als jenes vom Vesuv ist das Satellitenbild des Ätna (Abb. 2.21). Er ist Europas aktivster und mit rund 3.3W) Höhenmetern der bei weitem höchste und flächenmäßig mit Abstand größte Vulkan sowie überdies der am besten untersuchte. Die Liste der dokumentierten Eruptionen ist die längste auf der Welt. Sie beginnt mit Anfang des 17. Jahrhunderts und registriert allein von 1600 bis 1669 acht Flankenausbrüche in verschiedenen Sektoren von unterschiedlicher Dauer und mit einem Volumen von 1 bis 2 Kubikkilome-ter. Vorangekündigt durch einige Erdbeben öffnete sich am 11. März des Jahres 1669 eine 12 Kilometer lange Spalte, aus der Lava herausquoll. Die Lavaströme erreichten die Stadt Catania und zerstörten sie. Ebenso wurde der Gipfel beseitigt und ein neuer gebildet.
Die vergangenen WO Jahre sind durch einen mehrfachen Wechsel im Ausbruchsverhalten gekennzeichnet. Für nahezu ein Jahrhundert nach diesem großen Ausbruch verhielt sich der Ätna verhältnismäßig ruhig (Hughes et al. 1990), sieht man von bescheidenen Flankeneruptionen ab. Zwischen 1767 und 1865 erfolgten insgesamt neun, klar durch einen Abstand von jeweils etwa ein Jahrzehnt voneinander getrennte Eruptionen. Seit 1865 formierten sich die Flankeneruptionen in einer Serie von insgesamt vier Clustern: (1) 187^ -1892, (2) 1908 -1928, (3) 19« -1951, M 1971 -1993. Hierbei lag zwischen den einzelnen Eruptionen ein Intervall von 1,5Jahren. Als 2001 der Ätna wieder aktiv wurde, erschien es wahrscheinlich, dass weitere Eruptionen folgen würden. Tatsächlich begann die Eruption 2002/2003 nach weniger als 1,5 Jahren. Hierbei wurde am 16. Dezember 2002 das in 2.9« m Höhe befindliche Rifugio Sapienza zerstört.

Die komplexe Struktur des Ätna wird durch die Falschfarben im Satellitenbild dokumentiert.
Der Stromboli gehört mit zahlreichen weiteren Eruptionszentren auf den Liparischen Inseln und im südwestlichen Bereich des italienischen Stiefels zu den Vulkanen des italienischen Vulkanbogens. Der als "Leuchtturm des Mittelmeers bekannte Stromboli ist seit Menschengedenken ununterbrochen tätig. Tagsüber ist die aufsteigende Aschenwolke schon von weitem zu sehen, nachts beleuchten glühende Schlacken die Kraterregion. Der Berg ist die Typlokalität für "strombolianische Aktivität. Charakteristisch sind kleine Explosionen im Abstand von wenigen Minuten bis Stunden. Sie werden von großen, in der Magmasäule aufsteigenden Blasen verursacht, die oberflächennah platzen und glühende Lavafetzen einige zehn bis wenige hundert Meter emporschleudern. Diese vergleichsweise "harmlose, für den Tourismus attraktive Dauertätigkeit lässt leicht vergessen, dass der Stromboli bei seinem letzten größeren Ausbruch im Jahr 1930 eine Ortschaft mit bis zu dreißig Tonnen schweren Gesteinsblöcken bombardiert hat und die Lavaströme bis zum Meer hinabgeflossen sind (Seyfried, GEOMAR, Kiel).

Atomkraftwerke

Der Einschub dieses Kapitels mag erstaunen, doch ist es dem menschlichen Fortschritt inzwischen gelungen, mit Atomkraftwerken ähnliche potentielle Katastrophenzentren zu schaffen, wie sie von den tektonischen Vorgängen durch Erdbeben und Vulkane im historischen Gedächtnis der Menschheit gespeichert sind.

Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl am 26..1986 hat weit größere flächenhafte Schäden verursacht und zahlenmäßig mehr Menschen gesundheitlich schwerstens geschädigt als je zuvor ein in der europäischen Geschichte von Naturkatastrophen verursachtes Ereignis. Das Satellitenbild ((Abb. 2.22) vermittelt eine Vorstellung von den unmittelbar betroffenen Gebieten. In Lexika und im Internet sind die Schäden verzeichnet. Laufende Berichte bieten die Medien.

Durch den Reaktorunfall von Tschernobyl wurde
Iin der ehemaligen Sowjetunion ein Gebiet von rund 150.000 Quadratkilometern radioaktiv verseucht, eine Fläche mehr als dreimal so groß wie die Schweiz. In diesem Gebiet, das sich über die Ukraine, Weißrussland und Russland erstreckt, leben heute noch rund sieben Millionen Menschen. 300.000 bis WO.000 Menschen wurden evakuiert und in anderen Regionen angesiedelt. Am schlimmsten traf die Katastrophe Weißrussland, wo rund 70% der freigesetzten Radioaktivität niedergingen. Mehr als zwei Millionen Menschen waren der Strahlung direkt ausgesetzt. Rund ein Viertel des Staatsgebietes wurde verseucht. Betroffen sind etwa (+0% der landwirtschaftlich genutzten Fläche. Über die Zahl der Strahlentoten gibt es keine exakten Angaben. Die Schätzungen variieren und reichen bis zu einigen Hunderttausend.

Durch die atmosphärische Ausbreitung der freigesetzten radioaktiven Stoffe wurden große Teile Europas, u.a. Finnland, Schweden, Polen und Rumänien, aber auch Deutschland und Österreich, unterschiedlich stark belastet (SWR PG-Multimedia April 2001).
Es ist einsichtig, dass der Super-GAU auf dem Territorium der Ukraine nur rund 120 km nördlich der Hauptstadt Kiew die europäische Öffentlichkeit ebenso aufgestört hat wie seinerzeit das Erdbeben in Lissabon. Die Auseinandersetzungen zwischen Kernkraftbefürwortern und -gegnern, denen die biologischen Risken zu hoch sind, werden auch in Zukunft die Energiepolitik der Europäischen Union beschäftigen. Das Problem der Endlagerung der ausgebrannten Brennstäbe ist noch immer ungelöst.








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