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Friedrich Torberg - Der Schuler Gerber



Autor



Friedrich Torberg wurde am 16. September 1901 in Wien geboren. Torberg studierte in Prag und Wien und begann nach ersten Buchveröffentlichungen, Theaterkritiken zu schreiben. Er setzte sich in seinen Romanen vor allem mit der Tragik des Judentums im 20. Jahrhundert auseinander. 1938 emigrierte er in die Schweiz und flüchtete 1940 aus Frankreich nach Amerika. 1951 kehrte er nach Wien zurück. Von 1954 bis 1965 gab er die kulturpolitische Zeitschrift "Forum" heraus. 1979 erhielt Torberg den österreichischen Staatspreis. Er starb am 10. November 1979 in Wien.


Mit dem Roman "Der Schüler Gerber hat absolviert" (Neubearbeitung 1954 - "Der Schüler Gerber") errang Friedrich Torberg 1930 seinen ersten entscheidenden Erfolg.




Seine Werke:


" und glauben, es wäre die Liebe" (1932)

"Die Mannschaft" (1935)

"Abschied" (1937)

"Mein ist die Rache" (1943)

"Hier bin ich mein Vater" (1948)

"Die zweite Begegnung" (1950)

"PPP. Pamphlete, Parodien, Post Scripta" (1964)

"Das fünfte Rad am Thespiskarren" (1966; Auswahl unter dem Titel "Der Beifall war   endenwollend", dtv-Band 1488)

"Golems Wiederkehr" (1968)

"Süßkind von Trimberg" (1972)

"Die Tante Jolesch oder der Umgang des Abendlandes in Anekdoten" (1975)

"Die Erben der Tante Jolesch" (1978)

sowie zahlreiche Übersetzungen (z.B. Ephraim Kishon) und Editionen.


Mit der Niederschrift des Buches "Der Schüler Gerber" wurde (nach einem seit Jahresfirst bestehenden Entwurf) im Winter 1929 begonnen. In einer einzigen Woche dieses Winters, vom 27. Januar bis zum 3. Februar 1929, gelangten durch Zeitungsnotizen zehn Schülerselbstmorde zur Kenntnis des Schreibenden.

Inhalt



Kurt Gerber, ein intelligenter aber nicht unterwürfiger Schüler, hat gerade das letzte Jahr des Realgymnasiums vor sich. In diesem Jahr steht die Matura bevor und alle Schüler sind gespannt, wer der neue Klassenvorstand wird. Sie bekommen überraschenderweise Artur Kupfer, einen der gefürchtetsten Lehrer der Schule als Klassenvorstand zugeteilt. Er wird wegen seiner Unfehlbarkeit auch "Gott Kupfer" genannt. Kupfer, der seinen Spitznamen gar nicht ungern hört, läßt keine Gelegenheit aus, Schüler zu demütigen und hat es von Anfang an auf Gerber abgesehen, da dieser als Individualist an der Schule gilt. Schon in der ersten Stunde fällt Gerber unangenehm auf. Leider sind Kupfers Fächer Mathematik und Darstellende Geometrie - Gerbers schwächste Seiten.

Sein schwer herzkranker Vater will ihn noch die Schule wechseln lassen, aber Gerber nimmt den unfairen Kampf auf und bleibt. Im ersten Semester wird er tatsächlich in Mathematik und Darstellender Geometrie negativ beurteilt. Außerdem wird er von seiner unerfüllten Liebe zu Lisa Berwald, einer alten Klassenkollegin, die ihn nicht besonders ernst nimmt, stark belastet. Von einem Schiurlaub mit ihr wird er vom Vater, der inzwischen einen schweren Herzanfall hinter sich hat, vorzeitig zurückgerufen. Sein Vater macht ihm den Vorschlag einen Hauslehrer zu nehmen, aber davon will Kurt nichts wissen. Als die Matura näher rückt, beginnt er zuerst mit Mitschülern zu lernen, kommt dann aber selbst wieder auf den Hauslehrer zurück. So wird er schließlich zur Matura zugelassen.

Die Angst, bei der Matura durchzufallen, was den Tod seines Vaters bedeuten würde, läßt ihm keine Ruhe. Bei der Reifeprüfung ist er sehr nervös und unkonzentriert und schneidet bei Kupfer deutlich negativ ab. Die restlichen Prüfungen meistert er durchschnittlich.

Die Kommission zieht sich zurück, aber Gerber hält die letzten Minuten vor der Entscheidung nicht mehr aus und springt aus einem offenen Fenster, obwohl er, entgegen Kupfers Einspruch, für reif erklärt worden wäre.

Charakteristik



Kurt Gerber:

Zu Beginn des Schuljahres ist Kurt Gerber der souveräne, humorvolle, von allen Mitschülern geachtete Maturant. Während seiner Mittelschulzeit hat er sich den Ruf des überaus intelligenten, gerechtigkeitsliebenden Schülers erworben, der sich jedoch von seiten der Lehrer nichts gefallen lässt und manchem als ungebärdig erscheint. Seine ungewöhnlichen Talente liegen nur nicht im Bereich der Mathematik. In diesem Jahr wird Kurt, der den Spitznamen "Scheri" hat, der Mathematiklehrer zum Verhängnis.

Gott Kupfer, der neue Klassenvorstand, erklärt ihm in der ersten Stunde den Krieg. Kurt glaubt nicht, dass er diesen Kampf verlieren könnte. Er schlägt die Warnung seines schwer herzkranken Vaters in den Wind. Kurt ist jung, ein Kämpfer und er ist der beliebteste Schüler der Klasse - denkt er. Doch Kupfer hat Erfahrung in der Zerstörung einer jungen Seele und langsam wird Kurt müde. Er verliert nach und nach seine überschäumende Energie. Kupfers ständige Attacken treffen ihn immer tiefer, beginnen seine Persönlichkeit zu zerstören, bis Kurt nicht mehr weiß, was richtig und was falsch ist.

Da ist auch noch Lisa, die er auf eine ehrenhafte Weise liebt, die jedoch gerade diese Art von Liebe nicht erwidern kann. Sie weiß mit der hohen Achtung, die Kurt vor ihr hat, nichts anzufangen.  Kurt verzweifelt an der Aussichtslosigkeit dieser Situation.

Die Sorge um seinen kranken Vater treibt ihn an. Er arbeitet verbissen, um zur Matura zugelassen zu werden. Am Tag der mündlichen Prüfungen spitzt sich Kurts Verunsicherung zu. Er tritt völlig übermüdet an. Er ist unkonzentriert und hat fast fieberhafte Zustände. Kupfers Zerstörungsarbeit hat gefruchtet. Kurt verzweifelt und springt in den Tod.



Lisa Berwald:

Sie ist Kurt Gerbers geliebte Mitschülerin, die gerade im entscheidenden Maturajahr die Schule verlässt, um in einer Galerie zu arbeiten. Ihre auffallende Schönheit nimmt sie als Tatsache, ohne sich besonders darum zu kümmern. Auch die Verehrung und Liebe, die die Männer ihr entgegenbringen bereiten ihr keine außerordentlichen Gefühlsstürme. Sie nimmt das Leben wie es kommt, ohne sich viele Gedanken zu machen. Kurts edle Liebe gefällt ihr zwar, sie, die jedoch eher ein realistischer Mensch ist, kann mit so wenig handfesten Gefühlen nichts anfangen und weist Kurt immer wieder zurück.




Gott Kupfer:

Sein richtiger Name lautet Artur Kupfer, von den Schülern wird er aber wegen seiner Unfehlbarkeit Gott Kupfer genannt. Er weiß, dass ihn die Schüler so nennen und hat beschlossen, seinem Namen Ehre zu machen - es ist ihm auch gelungen und er hört ihn nicht ungern. Ja, er ist wahrhaftig ein Gott! Er duldet nicht das geringste Vergehen.

Gott Kupfer wählt seine Opfer mit System und Bedacht: weder Schwächlinge, die sofort umkippen, noch Unintelligente will er als Beute. Ihn reizt der innerlich gefestigte, intelligente Schüler. Ein einflussreiches Elternhaus macht für ihn die Sache noch pikanter. Das Opfer der schützenden Protektion zu entreißen und Scheibchen für Scheibchen zu tranchieren , das ist für ihn die wahre Lust.

Er findet nur Gefallen an jenen, die sich ihm untergeben, die ihn jammernd um Erbarmen anflehen, wenn es ihnen schlecht geht, und ihm mit krummem Rücken danken, wenn es ihnen gut geht.

Und jene, die es wagen aufzumucken - gnade ihnen Gott! Sie werden sofort gedemütigt, zur Schnecke gemacht.  Blicke, Gesten oder Prüfungsabläufe allein genügen und schon weiß man, was einem bevorsteht. Es ist wie die Diagnose eines Arztes auf eine unheilbare Krankheit. Man ist todgeweiht. Alles was manchmal positiv von seiner Seite aus wirkt, ist ein Trug, man bleibt sein Opfer und man kann sich nicht wehren.

Manche, die im letzten Moment einen Rettungsversuch starten, vor Kupfer zu kriechen beginnen, sich den Kopf mit Wissen vollstopfen, haben auch keine Chance. Sie erfahren dann, dass es leider zu spät ist.

Es gibt auch viele Schüler, die zwischendurch auf der Strecke bleiben, diese überrascht nichts mehr. Aber kein einziger Schüler hat den Kampf zu Ende gekämpft, mit der Kraft, die am Anfang vorhanden gewesen ist, jeder verliert.

Gegen einen Gott kann man nicht gewinnen!

Kupfer braucht die Schule und die Schüler um seiner Eitelkeit zu genügen. Am liebsten würde er die Schüler in Kutten stecken, um der einzig modisch Gekleidete zu sein! In seinem Privatleben ist er eine Niete. Hier kann er niemandem und mit nichts imponieren. Er ist unfähig eine Beziehung zum anderen Geschlecht aufzubauen. Sein ganzes Dasein beruht darauf, den Ruf des gefürchteten, mächtigen Mathematikprofessors in sein Privatleben hineinzuretten.

Er ist ein Psychopath!!!!

Lesefrüchte



Umschlag

Sie wissen nichts von Wahrheit?

Sie wissen nichts von Gerechtigkeit?

Sie wissen nichts von Liebe?

Davon wissen Sie nichts?!

Ich danke, es genügt.

Wir sind fertig, Kandidat Leben!


"Das ist kein Schulroman mehr, das ist ein

hellsichtiger, überwacher, visionärer

Durchblick ins Gesamtbild unseres Daseins.

Das Rätsel >Schule< wird nach allen

Richtungen hin in das größere Rätsel

>Leben< eingebaut"



S. 288

Mein Herz dem Tod entgegenträumt.

Nein! Nein!! Kein Tod!! Weiter leben! Und weiter hassen! Immer dran denken, immer, immer! O jauchzender, o schluchzender, o schöner, schöner Haß! Ich liebe dich, du Haß.


S. 162

Die Erniedrigten können erhoben, die Erhobenen können gestürzt werden.


S. 131

Vorher freilich, da ist nur ein schwellendes Freudegefühl in der Brust, als hätte man ein neues Stück Erde entdeckt und nähme nun jauchzend von ihm Besitz. Und wenn nur das Ende der aufwärts gebogenen Spitzen aus dem Schnee herausragt und wie ein verzauberter Knopf dem Körper vorangleitet, und wenn feine, weiße Wolken um die Füße pulvern, die starken Drucks dem Willen ihres Körpers gefügig sind, und wenn man nichts als leises Knirschen hört und nichts als klare befreite Luft spürt und nichts als glitzernden Himmel sieht, dann - ja, was ist dann?

Dann versagt das Hirn vor Unvergleichlichem.


S. 292

"Gerber!! Um Gottes willen!! Was machen Sie?!"

Die Sonne ist so rot. Sie fällt auf mich herab, ganz





S. 290

Sie wissen nicht mehr weiter, Kandidat Leben? Es ist genug. Mehr dürfen wir wohl nicht verlangen. Sie können sich setzen.

Wie? Bitte, es ist ja ganz egal. Versuchen wir es also noch mit diesem Beispiel. Das zweite erste Beispiel. Schön. Was bedeutet das? Gut, Sie haben recht. Es wäre zwar besser anders zu lösen gewesen, aber - wie Sie wollen.


Zur Liebe kann man niemanden zwingen.

Wahrheit als Grundfaktor ist hingegen unerläßlich.


S. 233

Muß man ihr denn nicht alles erlauben, nicht alles hinnehmen, was sie tut? Darf man denn in die leuchtende Planlosigkeit dieses Tuns eingreifen wollen mit dunkel erquältem Vorsatz, mit Kleinheit und Begehr? War es nicht schon Schändung, dass er sie eingeladen hat in seine Wohnung, wo er vielleicht sich über sie geworfen hätte, besinnungslos? Und war nicht die Vorstellung, dass sie ihn wahrscheinlich hätte gewähren lassen schrecklicher als alles andre, zerstörender?


S. 165/S. 291

Kurt hat eine feierliche Vision: er steht da, in langem, schwarzem Gewand, zu priesterlicher Höhe gereckt, mit ausgebreiteten Armen und spricht mit großer Stimme: "Im Angesicht des Todes! Dreimal verflucht die Schule! Alles Übel kommt von ihr her!" Der Priester hebt und senkt die Arme. Dreimal. Dann ist er fort.


Pst! Psst! Das Unbestimmbare schreitet voran.

Ich komme selbst, mich freuen an euerer Freude.

Der Priester breitet die Arme aus: Dreimal verflucht



S. 20

Er befahl, und es wurde gehorcht. Er rief, und es wurde geantwortet. Er sprach: "Es werde Ruhe!", und es ward Ruhe. Er sprach - - und es ward Licht um ihn von gleißender Machtbefugnis und strahlender Vollkommenheit. Gott Kupfer.

DEUTUNG



Die Geschichte des Schülers Kurt Gerber, die als "Schulroman" in eine Dichtungskategorie gereiht wurde, ist eine psychologische Studie über die verheerenden Auswirkungen, die Macht an Unterlegenen anrichtet.

Der krankhaft eitle, machtsüchtige "Gott" Kupfer sagt dem persönlichkeitsstarken, intelligenten Schüler Gerber, "Scheri" genannt, den Kampf an. Kupfer, dessen Lebensinhalt die Verteidigung seiner Machtposition in der Schule ist, hat an Generationen von Schülern seine Kampfmethoden erprobt. Er sucht sich starke Opfer, bei denen er sein krankes Spiel voll und ganz auskosten kann. Er attackiert sie mit allen Mitteln, fachlich und persönlich. Sein System geht weit über den einzelnen Schüler hinaus! Er versteht es, die Stellung der Opfer in der Klassengemeinschaft zu schwächen, indem er den weniger Versklavten Freiheiten gewährt, die sie dann stärker als das Opfer machen. Letztendlich steht Kurt in seiner Klasse als Aufwiegler da. Sein Gerechtigkeitssinn und sein Widerspruchsgeist, für die er bislang geschätzt und geliebt wurde, werden ihm zum Verhängnis. Die Welt Kurt Gerbers zerfällt langsam und alles, woran er bisher geglaubt hat, gerät ins Wanken.

Die Schule greift immer mehr in Kurts Privatleben ein. In seiner Familie wird die Zulassung zur Matura und die Reifeprüfung selbst zu einer Frage auf Leben und Tod, denn Kupfer versteht es auch hier, seine Macht zu beweisen! Statt den herzkranken Vater aus den Mathematikproblemen seines Sohnes herauszuhalten, zieht er ihn mitten in den Konflikt hinein, wohl wissend, dass dies Kurts Lage noch mehr belastet.

Für Kurt wankt das Weltbild. Schule verfolgt ihn überall, er beginnt das Leben mit der Schule zu verwechseln. Sein Scheitern in Mathematik wird nach und nach zum Versagen im richtigen Leben.


In dieses Chaos fällt auch noch die unglückliche Liebe zu Lisa Berwald. Kurt verehrt sie in einer Weise, die an die Minne des Mittelalters erinnert. All seine Gefühle und Versuche einer Annäherung sind ehrenhaft und überlegt. Lisa ist dieser Art von Zuneigung gar nicht würdig, sie merkt nicht einmal, wie sehr Kurt unter ihrer Unbekümmertheit, mit der sie ihn hinhält, leidet.

So bricht auch in dieser Beziehung für "Scheri" die Realität zusammen.

In den Kampf mit Kupfer und in die Verehrung seiner Lisa hat Kurt sehr viel Kraft investiert. Langsam wird er schwach. Er lebt die Tage und Nächte in einem Alptraum.

Seine Persönlichkeit wird Stück für Stück zerstört, nur weil ein psychopathischer Lehrer die Schule mit einer Kampfarena verwechselt, nur weil Kupfer in Wirklichkeit ein Nichts ist und sich nur am Untergang seiner Opfer befriedigen kann.

Dass diese Geschichte nicht nur erfunden ist, weiß man aus dem Leben des Autors, der kurz vor der Niederschrift des Romans selbst an der Matura gescheitert ist. Die unfehlbare Macht der Lehrer und des Schulsystems zeigen auch die zehn Zeitungsmeldungen über Schülerselbstmorde, die in der Zeit der Romanverfassung auftauchten.

"Der Schüler Gerber" wurde zwar vor beinahe siebzig Jahren geschrieben, Meldungen über Schülerselbstmorde sind aber auch heute noch an der Tagesordnung. Hat sich am System seither etwas verändert?









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