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Gottfried Keller deutsch


Die missbrauchten Liebesbriefe:


Viggi Störteler betreibt in Seldwyla ein einträgliches Speditios- und Warengeschäft. Dazu besitzt er ein hübsches und gutmütiges Weibchen, das ihm ein ziemliches Vermögen eingebracht hat, welches ihr von auswärts zugefallen war. Ihr Geld war ihm sehr förderlich zur Ausbreitung seiner Geschäfte. Der gerissene Kaufmann hat ausserdem literarischen Ehrgeiz. Als "Kurt vom Walde" befruchtet er die deutsche Dichtung und will eine Revolution der Dichtkunst herbeiführen. Aber jeder Dichter braucht seine Muse. Neuen Aufschwung gewann er stets auf seinen kürzeren oder längeren Geschäftsreisen, wo er dann in den Gasthöfen manchen Gesinnungsverwandten traf.


Viggi wollte seine biedere Hausfrau zur Dichterin der Liebe erziehen. So beschloss er mit männlicher Strenge seinen Willen durchzusetzen und seine Gattin zu dem zwingen, wofür sie ihm einst danken würde. Er machte schnell einen Erziehungsplan, legte eine Anzahl Bücher zurecht, trat fest vor seine Frau hin und wies sie an, diese zu lesen und daraus zu lernen, was er ihr vorlege. Dadurch geriet sie in grosse Not; sie sah, dass der Friede in Gefahr war, gänzlich zerstört zu werden; auch getraute sie sich nirgends Rat zu holen, um ihren Mann nicht zu verraten und dem Spotte der Leute auszusetzen, welchen diese Geschichte ein "gefundenes Fressen" gewesen wäre. Sie fügte sich also, obgleich mit zornigem Herzen, und tat, wie er verlangte, indem sie die Bücher in die Hand nahm und diese so aufmerksam wie möglich durchlas. Auch hörte sie seinen Reden und Vorträgen fleissig zu, nahm sich vor dem Einschlafen in Acht und stellte sich sogar, als ob ihr das Verständnis für manches aufginge, weil sie glaubte, dadurch dem Unglück zu entrinnen. Heimlich aber vergoss sie Tränen. Sie schämte sich selber in dieser törichten und schimpflichen Lage, denn der Teufel ritt ihren Mann, dass er ihr alles in die Hand gab, was er von langweiliger und herzloser Ziererei und Schöntuerei nur zusammenschleppen konnte. Anfäglich war er zufrieden mit ihrer Fügsamkeit, aber nach einigen Wochen bemerkte er, dass sie immer noch keine Begeisterung zeigte. Daraufhin sagte er eines Morgens, dass er eine längere Reise antreten werde, da er Herbstgeschäfte tätigen müsse. Aber es galt immer noch die Empfindungen und Gedanken seiner Frau in Fluss zubringen. Deshalb startete er einen Briefwechsel zwischen sich und Gritli. Sie solle ihm immer auf die Liebesbriefe, die er schreiben wird, im gleichen Sinne antworten. Bereits nach sechzig Stunden, nachdem er abgereist war, erreichte Gritli der erste Brief:




ZITAT:

"Teuerste Freundin meiner Seele!"


Wenn sich zwei Sterne küssen, so gehen zwei Welten unter! Vier rosige Lippen erstarren, zwischen deren Kuss ein Gifttropfen fällt! Aber dieses Erstarren, und jener Untergang sind Seligkeit und ihr Augenblick wiegt Ewigkeiten auf! Wohl hab' ich's bedacht und hab' es bedacht und finde meines Denkens kein Ende: - Warum ist Trennung? --- Nur eines weiss ich dieser furchtbaren Frage entgegenzusetzen und schleudere das Wort in die Wagschale: Die Glut meines Liebeswillen ist stärker als Trennung, und wäre diese die Unverneinung selbst - solange dies Herz schlägt, ist das Universum noch nicht um die Urbejahung gekommen! Geliebte! Fern von Dir umfängt mich Dunkelheit - ich bin herzlich müde! Einsam such' ich mein Lager - schlaf wohl!

ZITAT ENDE


Mit diesem Brief in der Hand sass Gritli nun da und wusste nichts darauf zu antworten. Während des Überlegens fiel ihr Blick auf das Gärtchen eines Nachbarhauses, welches von ihrem Garten nur durch eine grüne Hecke getrennt war. Durch ihre Frauenlist fand sie nun einen wunderlichen Ausweg, welchen sie auch sogleich antrat.



In dem Nachbarhäuschen wohnte ein armer Unterlehrer, namens Wilhelm, ein junger, für unklug oder beschränkt geltender Mensch, mit etwas schwärmerischen und dunklen Augen. Dieser sah für sein Leben gern Frauen, war aber ausserordentlich still und schüchtern. Er durfte überdies wegen seiner ärmlichen Stellung nicht daran denken, sich zu verheiraten oder sonst dem schönen Geschlechte den Hof zu machen. Daher begnügte er sich, die Schönheit mehr aus der Ferne zu bewundern, und da für sein Verlangen gleich erfolglos war, ob er eine Frau oder ein Mädchen zum Gegenstand seiner Bewunderung machte, wählte er bald diese, bald jene zum Ziel seiner Gedanken.


Diesen jungen Schulmeister wählte sich Gritli zu ihrem Retter. Dass er sie gerne sah, wusste sie seit einiger Zeit. Ebenso wusste sie, dass er ein ganz stiller und schüchterner Mensch war. Er erschien ihr gerade von der rechten Art zu sein, um ein Geheimnis zu verschweigen. So schrieb sie also den Brief ihres Mannes ab, und zwar dargestellt, als ob eine Frau an einem Mann schreibe. Danach faltete sie das Papier zierlich zusammen und versiegelte es, ohne aber eine Adresse darauf zu setzen. Sie ging nun mit diesem Brief in den Garten, wo Wilhelm eben seine paar Blümchen nahe der Hecke begoss. Diesen rief sie ganz leise beim Namen. Zitternd und verstohlen zeigte sie ihm den Brief und sagte, er solle diesen lesen und eine passende Antwort für sie hier unter die Hecke legen. Es handle sich um keinen Scherz und er solle dabei keinen Schaden nehmen. Daraufhin zog sich Wilhelm in sein kleines Gemach zurück und las dort den Brief. Dabei fing sein Herz übermächtig zu schlagen an, überglücklich von diesem wahrhaftigen Liebesbrief. Es schien ihm kurios und töricht geschrieben zu sein, aber er beschloss eine Antwort in gleicher Weise zu schreiben, da Gritli es so liebt und versteht. Nachdem er die Antwort geschrieben hatte, faltete er das Blatt sorgfältig zusammen und legte es unter die Hecke. Am nächsten Morgen fand Gritli die Antwort und schrieb sie sogleich mit den nötigen Veränderungen ab. Mit der ersten Post versandte sie den Brief und erhielt bereits nach zwei Tagen eine Antwort von vier Seiten mit folgendem Beizettel:


ZITAT:

"Hier wäre der zweite Brief von mit, liebe Frau! Ich bin ordentlich stolz darauf, dass ich nun endlich das richtige Verfahren eingeschlagen; denn, ohne Schmeichelei, Du hast Dich vortrefflich gehalten! Aber nun nicht locker gelassen! Du sieht, dass ich schon tüchtig ins Zeug mit Dir gehe und vier Seiten mit lauter energischen Gedanken und Bildern angefüllt habe. Ich sage abermals nichts weiter als: mach Dich dahinter!

ZITAT ENDE


Sie schrieb diese vier Seiten wieder ab und legte sie unter die Hecke. In weniger als einer Stunde lag bereits die Antwort dort, welche an Schwung und Zärtlichkeit Viggis Kunstwerk weit hinter sich liess. Diese Antwort schrieb sie wieder ab und sendete sie an ihren Ehemann. Auf diesen Brief erfolgte von Viggi ein noch grösserer mit der Beilage, dass es nun so gut gehe, dass man täglich einander schreiben könne. In einiger Zeit sogar zweimal täglich. Nun ging also die seltsame Briefpost tagtäglich und nach einiger Zeit zweimal täglich. Gritli hatte nun alle Tage vier lange Briefe abzuschreiben, weshalb ihre feinen und rosigen Finger fast immer mit Tinte befleckt waren. So ging der Verkehr wie besessen, und an drei Orten häufte sich ein Stoss gewaltiger Liebesbriefe an. Viggi sammelte die vermeintlichen Briefe seiner Frau sorgfältig. Gritli verwahrte die Originale von beiden Seiten und Wilhelm bewahrte Gritlis feine Abschriften in einer dicken Brieftasche auf, die er immer auf seiner Brust trug.


Eines Tages schrieb Viggi, dass seine Geschäfte nun zu Ende seien. Der Briefwechsel sei aber nun in so einen glücklichen Zug geraten, dass er noch zwei Wochen fortbleiben werde, damit diese Angelegenheit, an welcher ihm sehr viel liege, recht ausgebildet und zur glücklichen Vollendung geführt werden könne. Daher wurde aufs neue geschrieben und geschrieben, dass die Federn flogen. Zuletzt begab er sich auf den Heimweg, nachdem er noch eine Gelegenheit


gefunden hatte, einen guten Handel mit Strohwaren abzuschliessen. Auf der letzten Station stieg er aus; da es ein schöner Herbsttag war, wollte er zu Fuss Seldwyla erreichen. Dabei stiess er auf Wilhelm, der sofort davonlief, als er Viggi kommen sah. Dabei liess er seine Brieftasche liegen, welche Viggi aufhob und öffnete. Er fand eine Unzahl Briefe Gritlis, von denen er sogleich den Ersten öffnete. Beim durchlesen erkannte er die Handschrift seiner Frau, und dass es seine, vom Inhalt her, geschriebenen Briefe waren. Einige Minuten stand er da wie verstört. Danach schritt er wütend heimwärts. Zu Hause angekommen, sah er die Kellertür offenstehen. Er ging hinein und sah seine Frau einige Apfel auswählen, das Licht in der Hand. Unversehens trat er vor sie hin und betrachtete sie einen Augenblick. Beide sagten kein Wort. Plötzlich nahm er ihr das Licht aus der Hand, ging hinaus, schloss die Kellertür zu und steckte den Schlüssel bei sich ein. Darauf ging er in die Wohnstube hinauf und öffnete dort Gritlis Schreibtisch. In einer Schublade fand er neben seinen eigenen Briefen auch die anderen Originale zu den Briefen seiner Frau, von fremder Hand geschrieben und mit der Unterschrift des Schulmeisters. Er schloss das Zimmer ab und ging wieder hinunter, öffnete die Kellertür, holte Gritli, welche dort totenblass auf einem alten Schemel gesessen hat und setzte sie mit folgenden Worten vor die Haustüre:


ZITAT:

"Hiermit verstosse und verjage ich dich, verbrecherisches Weib, und nie mehr wirst du diese Schwelle betreten!"

ZITAT ENDE


Gritli ging nun zu ihrer einzigen Verwandten, einer Base, welche sie sorglich aufnahm. Bald darauf kam der Scheidungsprozess, welchen Gritli mit besseren Argumenten gewann. Somit musste Viggi das Vermögen Gritlis herausgeben. Verstört ging er nach Hause und fand einen Brief von der Jungfer Kätter Ambach, welche ihm ihre Dienste anbot, um sein Unglück vielleicht lindern zu können. Diese schöngeistige und habgierige Person, umgarnte den eingebildeten Dichter bald so stark, dass er sie heiratete.


Wilhelm wurde durch den Scheidungsprozess für zwei Jahre ausser Amtes gesetzt und stand nun brot- und erwerbslos da. Er schnürte sein Bündel, um anderwärts ein Unterkommen zu suchen und zwar als ein armer Feldarbeiter bei den Bauern sein Brot  zu verdienen. In dieser Absicht wanderte er an einem trüben Märzmorgen über den Berg; als er aber auf der Höhe angekommen war, begann es zu regnen. Wilhelm sah sich nach einem Obdach um. Er bemerkte in einiger Entfernung ein Rebhäuschen, welches zuoberst in einem grossen Weinberge stand, am Rande des Gehölzes. Das Vordach dieses Winzerhäuschen gewährte guten Schutz, und er ging hin, um sich auf die steinerne Treppe darunter zu setzten. Wie er so da sass, regte es sich in der kleinen Stube, die Tür ging auf und der Eigentümer des Weinberges, ein Tuchscherer trat heraus. Dieser lud Wilhelm ein, ins Innere zu kommen und mit ihm zusammen den Regen abzuwarten. Er fragte Wilhelm, wo er hin wolle und was er im Sinne habe; denn er wusste noch nichts von seiner Absetzung. Wilhelm sagte, dass er bei Landleuten sein Auskommen suchen wolle, indem er ihnen in allem an die Hand gehe, was zu tun sei. Indessen hatte sich der Regen gelegt und die Sonne beschien sogar die weite Gegend. Der Eigentümer schickte sich an, den Weinberg zu besehen, und forderte Wilhelm auf, ihm noch eine Stunde Gesellschaft zu leisten. In den Reben sah der Tuchscherer, dass Wilhelm in diesen Dingen ebenso sichere Kenntnis als guten Verstand besass, und als er hier und da eine Rebe schnitt und aufband, um seine Meinung zu zeigen, erwies sich auch eine geübte Hand. Er ging daher mit ihm auch in die Matten und Acker und befragte ihn dort um seine Meinung. Wilhelm riet ihm kurzweg, die Acker ebenfalls wieder in Matten umzuarbeiten, was sie früher auch gewesen seien; denn was an Ackerfrüchten hier oben gedeihe, sei nicht der Rede wert, während vom Walde her genug Feuchtigkeit da sei, die Wiesen zu tränken. Dadurch würde ein



Viehstand erhalten, der an Milch und verkäuflichen Tieren schönen Vorteil verspräche; schon die Herbstweide allein sei reiner Gewinn. Das leuchtete dem Tuchscherer ein; er besann sich

kurze Zeit, worauf er dem Lehrer antrug, in seinen Dienst zu treten. Er solle arbeiten, was er leicht möge, und im übrigen das Gut in Ordnung halten und alles beaufsichtigen. Wilhelm bedachte sich einige Minuten und schlug dann ein, aber unter der Bedingung, dass er in dem Rebhäuschen auf dem Berge wohnen dürfe und nicht in der Stadt zu verkehren brauche. Das war jenem sogar lieb, und so hatte der Flüchtling schon am Beginne seiner Wanderschaft ein Obdach gefunden.


Noch ehe die Sonne im Osten heraufstieg, war er täglich auf den Füssen und suchte seinen Frieden in rastloser Bewegung, bis der letzte Rosenschimmer im Hochgebirge verblichen war. Dadurch wurde seine Zeit ausgiebig und reichlich, dass er frei wurde in der Verwendung der Stunden, ohne seine Pflicht zu vernachlässigen. Als der Tuchscherer nun seine Rechnung machte, fand er, dass er für seine Zukunft wohl bestehen würde, wenn es so fortginge.


Die Bauern der Umgegend sprachen von ihm als von einem halben Weisen und Propheten, was hauptsächlich von seinem Treiben im Walde herrührte. Sobald die Bauern einen solchen Heiligen aufspürten, der von Reue über irgendeinen geheimnisvollen Fehltritt ergriffen, sich auf ausserordentlichem Wege zu helfen sucht, sprachen sie ihm besondere Einsichten und Kräfte zu. Zuerst kam eine bedrängte Witwe mit einem ungeratenen Kinde, welches in der Schule nichts lernen wollte und sonst allerlei Streiche verübte, und bat ihn um Rat, indem sie vor dem Kinde ihre bittere Klage vorbrachte. Wilhelm sprach freundlich mit dem Sünder, fragte, warum es dies und jenes tue und nicht tue, und ermahnte es zum Guten, indem es sich bessern solle. Der weite Gang, die feierliche Klage der Mutter, die abenteuerliche Einrichtung des Propheten und dessen freundlich-ernste Worte machten einen solchen Eindruck auf das Kind, dass es sich in der Tat besserte, und die Witwe verbreitete den Ruhm Wilhelms. Bald darauf kam eine andere Frau, welche über eine böse Nachbarin klagte; dann kam ein alter Bauer, der sich das Schnupfen abgewöhnen wollte, weil er es für eine Sünde hielt. Wilhelm sagte, er solle nur fortschnupfen, es sei keine Sünde, und dieser lobte und pries den Ratgeber, wo er hinkam. Bald darauf verging kein Tag, wo er nicht solchen Besuch empfing, und alle möglichen moralischen und häuslichen Gebrechen enthüllten sich vor ihm.


Von diesen Taten hörte auch Frau Gritli häufig erzählen und wurde dabei neugierig. Als eine auswärtige Freundin sie für einige Tage besuchte, beschlossen die beiden den Einsiedler zu besuchen. Sie verkleideten sich als junge Bäuerinnen und machten sich auf den Weg zum Rebhäuschen. Dort angekommen begann Annchen, die Freundin, sofort ein geläufiges Kauderwelsch, in welchem sie eine Anzahl Fragen und Anliegen bunt durcheinander vorbrachte und wenn Wilhelm den Mund aufmachte, unterbrach sie ihn sogleich, widersprach ihm, sie habe nicht das, sondern jenes gemeint. In der Zeit stand Gritli da, die Hände unter der Schürze, und rührte sich nicht, aus Furcht, sich zu verraten. Annchen machte aber ihre Sache so gut, dass er keinen Verdacht schöpfte und ein tolles Weibsstück zu sehen glaubte, begleitet von einer blöden und schüchternen Person. Als ihm der Handel endlich zu bunt wurde, unterbrach er die Schwätzerin gewaltsam und sagte, dass die Rechnung über Stroh und Kuh so und so viel betrüge, und alles übrige sei dummes Zeug. Sie solle in Gottes Namen nun gehen und ihn in Ruhe lassen. Darauf erwiderte Annchen:


ZITAT:
"Auf die Weise! Aha! So So! Nun, so habt Dank, Herr Hexenmeister, und nichts für ungut! Behüt' Euch Gott wohl und zürnet nicht!

ZITAT ENDE




Kaum waren sie ausser Hörreichweite des Rebhäuschen sagte Annchen, dass dies schon ein netter Kerl, obgleich auch ein Lümmel, sei. Sie vereinbarten, dass sie ihn auf die Probe stellen wollen. Einige Tage später, ging Annchen in einer vollständigen, stattlichen Sonntagstracht einer Landfrau wieder zu Wilhelm. Sie fragte ihn, ob sie ihm die Rechnung über Stroh und Kuh, die er für sie gemacht hatte und ihr grosse Dienste geleistet habe, noch einmal vorrechnet. Sie habe einen grossen Hof, und deshalb sollte sie auch Wissen, wie man so etwas ausrechnet. Er brachte ihr dies bei, obwohl es nicht einfach war. Nach einiger Zeit stand sie auf und meinte es sei nun genug für Heute, sie komme übermorgen wieder. Also machte sich Annchen am zweiten Tage wieder auf den Weg. Diesmal konnte sie plötzlich alle Rechnungen rasch und korrekt lösen. Da merkte es Wilhelm, das sie keine echte Bäuerin ist. Er fragte sie was sie hier wolle. Sie habe mit einer Freundin vereinbart, den Einsiedler zu beschauen, der so viel von sich reden macht, antwortete sie. Daraufhin verabschiedete sie sich lief lachend den Berg hinunter.


Alle Geister der Leidenschaft waren nun aufgeweckt und taumelten wie trunken in Wilhelms Herzen umher. Er verbrachte die Nacht schlaflos und aufgeregt. Dem wollte er abhelfen: Er liess sich vom Tuchscherer beurlauben und packte das zweite Mal sein Bündel zusammen. Als er einige Schritte gelaufen war, stand plötzlich Gritli vor ihm und gestand ihre Zuneigung zu ihm. Damit begründete sie eine neue und glückliche Ehe, deren Hochzeit im darauffolgenden Mai unter blühenden Bäumen stattfand.


Eigene Meinung:

Obwohl ich dem Buch Anfangs abgeneigt war, hat mich sowohl der Stil, als auch die Handlung sofort gefesselt. Keller schreibt seine Geschichte klar und frei in einem Zug hindurch. Ich habe das Buch gerne gelesen und kann es herzlich weiter empfehlen.


Quellenangaben:

Gottfried Keller - Meistererzählungen (Diogenes-Verlag)

Kleines Lehrbuch der deutschen Literaturgeschichte (Stolte)

Reclam Romanführer

RoRoRo Bildmonographien







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