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Der Nordirland-Konflikt


Der Nordirland-Konflikt


Nordirland-Konflikt, der Kampf der Iren um Unabhängigkeit von englischer Herrschaft. Der irische Freiheitskampf dauerte 750 Jahre. Er begann im 12. Jahrhundert mit den ersten anglo-normannischen Eroberungen und dauerte bis zur Gründung des irischen Freistaates im Jahr 1922 (Irish Free State, heute: Republik Irland, gälisch: Eire). Damit wurden 26 von 32 Grafschaften der Insel unabhängig.



Die anglo-normannische Eroberung

1172 setzte der englische König Heinrich II. mit einer starken Armee nach Irland über. Danach eroberten anglo-normannische Barone Irland Stück für Stück und führten ihr Feudal- und Rechtssystem ein. Um 1300 hatte England seine Herrschaft über die Insel gesichert.

Während der Pestepidemie 1348 halbierte sich die irische Bevölkerung. Danach war Irland keine reiche Einkunftsquelle mehr; die englischen Landbesitzer lebten daher nur noch im Ausland (Absentismus). Im 15. Jahrhundert war lediglich ein schmaler Gebietsstreifen an der Ostküste zwischen Dublin und Drogheda tatsächlich von England beherrscht (Pale).

Die englische Vorherrschaft

Die Situation änderte sich, als Heinrich VII. eine Armee unter dem Befehlshaber Sir Edward Poynings nach Irland entsandte. Als Vizekönig von Irland erließ Poynings 1494 ein Gesetz, nach dem alle Gesetzesvorlagen des irischen Parlaments der Billigung des englischen Königs bedurften. Dieses Gesetz bestimmte die Beziehung zwischen den beiden Ländern bis zur Union von 1800.

Vollständige Eroberung durch Heinrich VIII.

Später sandte Heinrich VIII. eine Armee nach Irland, um den Aufstand des Grafen von Kildare niederzuschlagen und Irland zu unterwerfen. Es folgte ein sechsjähriger erbitterter Kampf, in dessen Verlauf es Heinrich VIII. gelang, Irland erstmals in seiner Geschichte vollständig zu erobern (1541). Im gleichen Jahr ernannte das irische Parlament Heinrich VIII. zum König von Irland.

Kämpfe um die Religion

Mit Englands Ablehnung der päpstlichen Autorität entstanden Auseinandersetzungen wegen der Religion. Die Iren widersetzten sich erbittert der Abschaffung der Messe unter Eduard VI. Bald entstand ein neuer Aufstand in der Provinz Munster. Truppen vom europäischen Festland halfen ihn niederzuwerfen (1569-1583). Königin Elisabeth I. ersetzte irische Pächter durch englische Siedler. Schließlich wurde eine nationalistische Revolte unter dem Grafen von Tyrone brutal unterdrückt (1593-1603) und die Voraussetzungen für eine weitere Anglisierung des Landes unter den Stuarts geschaffen.

Die Flucht des gälischen Adels und die Ulster Plantation

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstand ein Kreislauf aus Rebellion gegen die Engländer, militärischer Unterdrückung, Landnahme auf dem Gebiet der Aufständischen und Besiedelung dieser Gebiete mit Menschen von der britischen Hauptinsel. 1607 floh nach mehreren gescheiterten Aufständen der gälische Adel (Earl of Tyrone u. a.) aus Ulster, dem Zentrum des irischen Widerstands. Daraufhin siedelte England circa 100 000 schottische Presbyterianer in sechs Grafschaften der nordirischen Provinz Ulster an (Ulster Plantation). So schuf es sich eine breite Bevölkerungsbasis im Norden der Insel.

Ab 1650 weitere Enteignungen unter Oliver Cromwell

Die katholischen Bauern waren nun Pächter und damit abhängig von den neuen protestantischen Grundherren. Den Aufstand der enteigneten katholischen Landbesitzer in Ulster schlug Oliver Cromwell 1649/1650 grausam nieder. Er enteignete alle Katholiken in Ulster oder siedelte sie um und gab ihr Land Protestanten. Die Restauration unter Karl II. änderte nichts an der neuen Ordnung.

Jakob II. und die Schlacht am Boyne

Die Thronbesteigung des römisch-katholischen Königs Jakob II. 1685, seine Absetzung und sein gescheiterter Versuch, an der Spitze einer irisch-jakobinischen Armee seinen Thron wiederzuerlangen, führten zu der katastrophalen Schlacht am Boyne am 1. Juli 1690. Jakob II. wurde von den protestantischen Streitkräften des Wilhelm von Oranien besiegt. Danach erließ das protestantische irische Parlament eine Reihe von Strafgesetzen gegen die irischen Katholiken, die ihnen verboten, die Messe zu besuchen und Land zu kaufen oder zu erben. Damit zerstörten sie die Grundlage für eine wirtschaftliche Betätigung der katholischen Iren. Die protestantische Vorherrschaft in Irland hielt die Rebellion fast ein Jahrhundert lang in Schach.

Die Union mit Großbritannien

1795 bekamen durch William Pitts Catholic Relief Act die Katholiken gleiches aktives Wahlrecht und das passive Wahlrecht für fast alle Amter. Aber 1798 folgte der Aufstand von Wolfe Tones United Irishmen und seine brutale Niederschlagung durch britische Streitkräfte. 1800 handelte Pitt den Act of Union aus, und Irland wurde ein Teil des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Irland. Das irische Parlament wurde abgeschafft, und Irland bekam eine volle parlamentarische Vertretung in Westminster. Pitt mußte jedoch zurücktreten, als Georg III. sich weigerte, den Katholiken volle Gleichstellung zu gewähren.

Emanzipation der Katholiken

Im 19. Jahrhundert änderte sich die politische Lage in Irland grundlegend. Daniel O'Connells Massenbewegung hatte 1829 Erfolg, als unter Wellingtons Regierung Ungerechtigkeiten gegen die Katholiken abgeschafft und damit ihre Emanzipation erreicht wurde. Das entscheidendste Ereignis für Irlands Zukunft war jedoch die große Hungersnot zwischen 1845 und 1848, in der eine dreiviertel Million Iren starben und über eine Million auswanderte, vor allem in die Vereinigten Staaten. Diese Emigranten nahmen einen tiefsitzenden Groll gegen die britische Anwesenheit in Irland mit. Sie und ihre irisch-amerikanischen Nachfahren spielten eine wichtige Rolle bei der Finanzierung des irischen Kampfes um Unabhängigkeit.

Kampf um Home Rule

In der Zwischenzeit verschwörten sich in Irland die Fenier vergeblich, um mit Gewalt die britische Herrschaft zu stürzen. Schließlich erwachte mit der Forderung nach Home Rule der irische Nationalismus wieder, und es entstand eine Massenbewegung unter der Führerschaft von Charles Stuart Parnell. Der britische Premierminister William E. Gladstone bekannte sich 1880 zu den Ideen Parnells und sorgte damit für eine Sensation, aber er scheiterte zweimal (1886 und 1895) bei dem Versuch, die Gesetzesvorlage zur Home Rule durch das Parlament zu bringen.

Als Folge dieser Enttäuschung radikalisierten sich viele junge Iren. Sie schlossen sich Arthur Griffiths Sinn Féin und anderen Organisationen an, die für ein freies Irland kämpften. Am Vorabend des 1. Weltkrieges wurde unter der Asquith-Regierung die dritte Home-Rule-Gesetzesvorlage im Parlament eingebracht. Sie wurde jedoch 1914 bis zum Ende des Krieges suspendiert.

Der Osteraufstand

Die Tatsache, daß die britischen Energien im Krieg gebunden waren, beschleunigte eine Entscheidung in der Irlandfrage. Unter der Leitung von Patrick Pears, James Connolly und Roger Casement wurde ein Aufstand geplant, der am Ostersonntag 1916 in Dublin stattfand. Der Osteraufstand scheiterte nach fünf Tagen. Die darauffolgenden Exekutionen erschütterten die öffentliche Meinung grundlegend. Sinn Féin und ihr militärischer Arm, die Irisch-Republikanische Armee (IRA), gewannen tausendfachen Zulauf an neuen Rekruten. Als der 1. Weltkrieg 1918 endete, brach in Irland ein Untergrundkrieg (der sogenannte anglo-irische Krieg) zwischen der IRA und der Royal Irish Constabulary aus. Letztere wurde von britischen Armeeeinheiten, den Black and Tans, unterstützt. Die Taktik der IRA, Polizisten zu töten, wo immer sie ihnen begegnete, ließ die öffentliche Ordnung zusammenbrechen.

Gründung des irischen Freistaates

Die Greueltaten, die von beiden Seiten zwischen 1919 und 1921 begangen wurden, erregten die britische und US-amerikanische Öffentlichkeit so sehr, daß Premierminister Lloyd George im Juli 1921 bereit war, mit Sinn Féin zu verhandeln. Nach fünfmonatigen Gesprächen einigte man sich darauf, einen irischen Freistaat zu gründen. Die sechs Grafschaften der ehemaligen Provinz Ulster, die im 17. Jahrhundert von schottischen Presbyterianern besiedelt worden waren, gehörten nicht dazu. Sie bildeten die politische Einheit Nordirland und blieben im Vereinigten Königreich. Der Vertrag zur Gründung des irischen Freistaates wurde im Dezember 1921 unterzeichnet. Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Freistaat auch formal eine Republik und schied aus dem Commonwealth aus.







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